1. Nor­ma­le Ver­schleiß-, Ab­nut­zungs- und Al­te­rungs­er­schei­nun­gen stel­len bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen kei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB dar.
  2. Bei Ver­schleiß­tei­len kann die Ver­mu­tung, dass ein Man­gel be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Käu­fer vor­han­den war (§ 476 BGB), mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar sein, so­dass es nicht zu ei­ner Be­weis­last­um­kehr kommt. Ein Mo­tor­steu­er­ge­rät ist in­des­sen eben­so we­nig ein Ver­schleiß­teil wie ei­ne Dros­sel­klap­pe.

AG Schwä­bisch Hall, Ur­teil vom 20.12.2011 – 5 C 557/11

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt von dem Be­klag­ten die Rück­zah­lung von Zah­lun­gen, die er auf ei­ne Re­pa­ra­tur­rech­nung ge­leis­tet hat.

Mit For­mu­lar­ver­trag vom 27.02.2010 er­warb der Klä­ger von dem Be­klag­ten, der ein Au­to­haus be­treibt, ei­nen Ge­braucht­wa­gen Opel Za­fi­ra A zum Preis von 4.600 €. Die Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs war am 30.06.2000 er­folgt; die Lauf­leis­tung be­trug ca. 133.000 km. Un­strei­tig nahm der Klä­ger mit dem Fahr­zeug ei­ne Pro­be­fahrt vor. Eben­so un­strei­tig wur­den an dem Fahr­zeug ei­ne Haupt­un­ter­su­chung und ei­ne Ab­gas­un­ter­su­chung durch­ge­führt.

Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 06.03.2010 über­ge­ben. Hef­tig um­strit­ten ist, ob es zu die­sem Zeit­punkt man­gel­haft war. Ins­be­son­de­re ist um­strit­ten, ob ein Steu­er­ge­rät und ei­ne Dros­sel­klap­pe de­fekt wa­ren.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 12.05.2010 for­der­te der Klä­ger von dem Be­klag­ten zu­nächst bis zum 20.05.2010 Nach­er­fül­lung we­gen ei­nes sei­ner An­sicht nach de­fek­ten Mo­tor­steu­er­ge­räts. Au­ßer­dem for­der­te er die Be­he­bung der Man­gel­er­schei­nung „Ab­ster­ben des Mo­tors“ so­wie wei­te­rer Man­gel­er­schei­nun­gen. Die dem Be­klag­ten ge­setz­te Frist wur­de mit wei­te­rem an­walt­li­chem Schrei­ben ver­län­gert.

Im An­schluss dar­an nahm der Be­klag­te das Fahr­zeug ent­ge­gen und führ­te Re­pa­ra­tur­maß­nah­men durch. Un­ter an­de­rem er­neu­er­te er ei­ne de­fek­te Dros­sel­klap­pe und setz­te das de­fek­te Steu­er­ge­rät in­stand. Hier­für for­der­te der Be­klag­te mit Rech­nung vom 02.06.2010 Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 925,17 €. Zur Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs war er nur Zug um Zug ge­gen voll­stän­di­ge Zah­lung die­ses Be­trags be­reit. Auf­grund des­sen zahl­te der Klä­ger 925,17 € an den Be­klag­ten, be­hielt sich je­doch de­ren Rück­for­de­rung vor.

Ei­ne Ga­ran­tie­ver­si­che­rung hat ei­nen Teil der Re­pa­ra­tur­kos­ten über­nom­men. Der Klä­ger for­dert des­halb nur die Rück­zah­lung des Rest­be­trags in Hö­he von 605,17 € nebst Zin­sen. Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger steht ge­gen den Be­klag­ten ein Rück­zah­lungs­an­spruch in der gel­tend ge­mach­ten Hö­he … aus § 812 I 1 Fall 1 BGB zu.

Der Be­klag­te hat die Gut­schrift über die Geld­sum­me in Hö­he von 605,17 € oh­ne Rechts­grund durch die Leis­tun­gen des Klä­gers er­hal­ten, da er dem Klä­ger ge­gen­über im Rah­men des Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens ge­mäß § 439 I BGB zur Be­sei­ti­gung der Män­gel an der Dros­sel­klap­pe und am Steu­er­ge­rät als Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung ver­pflich­tet war.

Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me ist zur Über­zeu­gung des Ge­richts ge­mäß § 286 ZPO auf der Grund­la­ge der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen fest­zu­stel­len, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs, näm­lich der Über­ga­be, mit ei­nem Man­gel am Steu­er­ge­rät und ei­ner Dros­sel­klap­pe be­haf­tet war.

An dem Steu­er­ge­rät und der Dros­sel­klap­pe des Fahr­zeugs lag ein Sach­man­gel ge­mäß § 434 BGB vor.

Zwar ent­spricht es der ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung (vgl. zu­letzt OLG Hamm, Urt. v. 10.06.2010 – 28 U 15/10 mit Ver­weis auf BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 und zahl­rei­che wei­te­re Fund­stel­len …), dass nor­ma­le Ver­schleiß-, Ab­nut­zungs- und Al­te­rungs­er­schei­nun­gen aus dem Sach­man­gel­be­griff aus­zu­klam­mern sind und in­so­fern als üb­li­che Be­schaf­fen­heit kei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB dar­stel­len.

Nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen un­ter­liegt in­des­sen ein Steu­er­ge­rät so­wie die Dros­sel­klap­pe kei­nem al­te­rungs­be­ding­tem Ver­schleiß, da kein Ab­rieb me­tal­li­scher oder an­de­rer Ober­flä­chen vor­liegt. Auf die Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen im Rah­men der Be­weis­auf­nah­me kann Be­zug ge­nom­men wer­den. Dem ist nichts hin­zu­zu­fü­gen. Et­was an­de­res könn­te nur in Be­zug auf die La­ger der Dros­sel­klap­pe gel­ten. Dass in­des­sen die Ur­sa­che der De­fek­te der Dros­sel­klap­pe und des Steu­er­ge­räts ge­ra­de an die­sem La­ger ge­le­gen hat, hat kei­ne der Par­tei­en sub­stan­zi­iert be­haup­tet, ins­be­son­de­re hat hier­zu der Be­klag­te nichts Sub­stan­zi­el­les vor­ge­tra­gen. Das hät­te ihm in­des­sen im Rah­men sei­ner Sub­stan­zi­ie­rungs­last ob­le­gen, ge­ra­de weil er das Fahr­zeug un­strei­tig in­stand­ge­setzt hat und auch den Man­gel an der Dros­sel­klap­pe be­sei­tig­te.

Die Män­gel am Steu­er­ge­rät und der Dros­sel­klap­pe la­gen zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor. Zu­guns­ten des Käu­fers greift hier die Be­weis­last­um­kehr des § 476 BGB ein, zu­mal sich der De­fekt un­strei­tig im Rah­men des zeit­li­chen An­wen­dungs­be­reichs von sechs Mo­na­ten ab Ge­fahr­über­gang ge­zeigt hat.

§ 476 BGB ist an­wend­bar. Die Ver­mu­tung ist ins­be­son­de­re mit der Art der Sa­che oder des Man­gels ver­ein­bar. Zwar ent­spricht es der Recht­spre­chung, dass ins­be­son­de­re bei Ver­schleiß­tei­len an ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­gen die Ver­mu­tung des § 476 BGB we­gen der Art des Man­gels aus­ge­schlos­sen sein kann, da die Ver­mu­tung we­gen der Art des Man­gels in die­sen Fäl­len un­ver­ein­bar ist (vgl. da­zu Pa­landt/, BGB, 71. Aufl. [2012], § 476 Rn. 11 m. w. Nach.). Wie be­reits aus­ge­führt, sind das Steu­er­ge­rät und die Dros­sel­klap­pe in­des­sen kei­ne Ver­schleiß­tei­le, wes­halb es bei der Ver­mu­tung des § 476 BGB bleibt.

Wi­der­legt ist die Ver­mu­tung auch nicht et­wa durch die be­stan­de­ne Haupt­un­ter­su­chung und Ab­gas­un­ter­su­chung des Fahr­zeugs im Rah­men der Ver­äu­ße­rung. Wie der Sach­ver­stän­di­ge nach­voll­zieh­bar aus­ge­führt hat, kann ein de­fek­tes Steu­er­ge­rät oder ei­ne de­fek­te Dros­sel­klap­pe im Rah­men die­ser Un­ter­su­chun­gen nicht zwin­gend er­kannt wer­den; auch müs­sen die Man­gel­er­schei­nun­gen im Rah­men die­ser Un­ter­su­chung nicht zwin­gend auf­tre­ten. Ei­ne Über­prü­fung die­ser Tei­le wird bei die­sen Un­ter­su­chun­gen oh­ne­hin nicht vor­ge­nom­men.

Nach­dem auch die wei­te­ren An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen der Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung – Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen mit Frist­set­zung etc. – vor­lie­gen, war der Be­klag­te dem Klä­ger als Käu­fer ge­gen­über zur un­ent­gelt­li­chen Be­sei­ti­gung die­ser Män­gel ver­pflich­tet …

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