In einer formularmäßigen Vereinbarung über eine Anschlussgarantie für Material- oder Herstellungsfehler eines Kraftfahrzeugs, die der Fahrzeughersteller einem Fahrzeugkäufer gegen Entgelt gewährt, ist eine Klausel, nach der Garantieansprüche davon abhängen, dass der Garantienehmer die nach den Herstellerangaben erforderlichen Wartungen in den vorgegebenen Intervallen von einer Vertragswerkstatt des Herstellers durchführen lässt, wegen unangemessener Benachteiligung des Garantienehmers unwirksam, wenn sie Garantieansprüche unabhängig davon ausschließt, ob eine Verletzung der Wartungsobliegenheit für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist (Fortführung von Senat, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559).
BGH, Versäumnisurteil vom 06.07.2011 – VIII ZR 293/10
Tatbestand: Der Kläger kaufte am 18.02.2005 von der Beklagten, der deutschen Tochtergesellschaft des schwedischen Fahrzeugherstellers, einen am 30.06.2004 erstmals zugelassenen Vorführwagen Saab 9.5. Bei dem Kauf erhielt er für das Fahrzeug eine Urkunde über eine auf die Beklagte als Garantiegeberin bezogene „Saab Protection“-Garantie, deren formularmäßig gestaltete Bedingungen (im Folgenden: Garantiebedingungen) auszugsweise wie folgt lauten:
„2. Allgemeines
Saab garantiert bei Material- oder Herstellungsfehlern die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler. Die Garantie ist an das in diesem Dokument beschriebene Fahrzeug gebunden und geht beim Weiterverkauf des Fahrzeugs auf den nächsten Erwerber über …
4. Garantie-Dauer
Die vorliegende Garantie beginnt mit Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. Sie hat eine Laufzeit von einem Jahr, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Herstellergarantie …
6. Garantie-Voraussetzungen
Garantieansprüche können nur bei einem Saab-Vertragshändler unter folgenden Bedingungen geltend gemacht werden:
– Das Fahrzeug muss gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem Saab-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von Saab Originalteilen gewartet worden sein.
– Die ordnungsgemäße Wartung muss im Serviceheft bestätigt sein.
– Das Nachweisdokument ist bei der Schadensmeldung vorzulegen.“
Am 27.12.2006 kam es bei einem Kilometerstand von 69.580 zu einem Defekt an der Dieseleinspritzpumpe, den der Kläger im Saab-Zentrum W. beseitigen ließ. Dieses führte anlässlich der Reparatur zugleich die nach den Herstellerangaben im Serviceheft erforderliche, bis dahin jedoch unterbliebene 60.000-Kilometer-Inspektion durch. Nachdem die Beklagte wegen einer Überschreitung der vorgeschriebenen Serviceintervalle eine Eintrittspflicht abgelehnt hatte, stellte das Saab-Zentrum W. dem Kläger unter dem 07.05.2007 für die Reparatur 3.138,23 € in Rechnung.
Der Kläger, der die Reparaturrechnung nicht bezahlt hat, begehrt von der Beklagten die Freistellung von einer Inanspruchnahme durch das Saab-Zentrum W. aus der genannten Reparaturrechnung zuzüglich Zinsen und angefallener vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten sowie hilfsweise die Feststellung, dass die der Rechnung zugrunde liegende Reparatur ein Garantiefall im Sinne der zwischen den Parteien bestehenden „Saab Protection“-Garantie ist. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Aus den Gründen: [4] Über das Rechtsmittel ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagte in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urt. v. 04.04.1962 – V ZR 110/60, BGHZ 37, 79 [81 ff.]).
[5] I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
[6] Die Beklagte brauche für die Reparatur an der Dieseleinspritzpumpe schon deshalb nicht einzustehen, weil der Kläger die Inspektion für sein Fahrzeug nicht – wie vorgesehen – bei 60.000 km, sondern erst zusammen mit der streitigen Reparatur bei einem Stand von 69.580 km habe durchführen lassen. Ob die unterbliebene Inspektion bei 60.000 km für den eingetretenen Defekt, wie von der Beklagten geltend gemacht, ursächlich gewesen sei, sei unerheblich. Denn für eine Inanspruchnahme der Beklagten aus dem Garantieversprechen sei die in Nr. 6 der Garantiebedingungen genannte Eintrittsvoraussetzung der regelmäßigen Wartung nicht erfüllt. Es gehe hier – vergleichbar mit der „mobilo-life“-Garantie, wie sie dem Urteil des BGH vom 12.12.2007 (VIII ZR 187/06) zugrunde gelegen habe – um eine sich an die zweijährige Herstellergarantie ab Erstzulassung anschließende Neuwagengarantie des Fahrzeugherstellers i. S. von § 443 I BGB, welche der Kläger mit dem Erwerb des Fahrzeugs übernommen habe, und nicht um die im Zusammenhang mit dem Fahrzeugkauf erst neu begründete Gebrauchtwagengarantie eines Dritten, für die der BGH in seinem Urteil vom 17.10.2007 (VIII ZR 251/06) einen von der Schadensursächlichkeit unabhängigen Haftungsausschluss des Garantiegebers bei Nichteinhaltung vorgeschriebener Wartungsintervalle als unwirksam angesehen habe.
[7] Unerheblich sei auch, ob die von der Beklagten eingeräumte Garantie vom Kläger nur gegen eine besondere Gegenleistung oder unentgeltlich übernommen worden sei. Abgesehen davon, dass derartige Entgeltbestandteile häufig mehr oder weniger versteckt in einem meist runden Gesamtpreis enthalten seien, sodass sie im Nachhinein kaum noch als gesondertes Entgelt nachvollzogen werden könnten und schon deshalb nicht als trennscharfes rechtliches Kriterium taugten, habe der Kläger das Fahrzeug gerade nicht als Neuwagen erworben. Ob die Beklagte in den Jahren 2004/2005 oder auch heute noch ihre zusätzliche Garantie grundsätzlich nur gegen gesonderte Vergütung angeboten habe, spiele angesichts der Besonderheiten der Preiskalkulation weder bei Neufahrzeugen noch bei sog. Tageszulassungen oder Vorführwagen eine entscheidende Rolle. Maßgeblich für die Abgrenzung sei daher nicht die Frage der (möglicherweise versteckten) Entgeltlichkeit, sondern der Umstand, ob es sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers oder um eine Gebrauchtwagengarantie eines Dritten handele. Denn das Garantieversprechen aus einer Neuwagengarantie habe der Hersteller in zulässiger Weise von einer Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle und einer Erfüllung entsprechender Dokumentationspflichten abhängig machen können.
[8] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Freistellungsanspruch des Klägers aus der „Saab Protection“-Garantie nicht verneint werden.
[9] Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es für die Wirksamkeit der unter Nr. 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen nicht nur darauf an, dass es sich um eine Neuwagengarantie des Herstellers – und nicht um eine Gebrauchtwagengarantie eines Dritten – handelt, sondern auch darauf, ob die Beklagte die von ihr eingeräumte Anschlussgarantie entgeltlich oder unentgeltlich übernommen hat. Für das Revisionsverfahren ist dabei zu unterstellen, dass die Garantie, wie von dem Kläger behauptet, jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Übernahme nur gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts gewährt worden ist. Zumindest für diesen Fall unterliegen die unter Nr. 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 I 1 BGB. Dieser Inhaltskontrolle halten sie jedoch, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht stand, weil die darin geregelten Garantieeinschränkungen den Garantienehmer – hier gemäß Nr. 2 Satz 2 der Garantiebedingungen den Kläger – entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen, sodass die von ihm aus Nr. 2 Satz 1 der Garantiebedingungen beanspruchte Reparaturkostenerstattung nicht allein schon wegen der unterbliebenen 60.000-Kilometer-Inspektion ausgeschlossen ist.
[10] 1. Die unter Nr. 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen sind nicht gemäß § 307 III 1 BGB einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle entzogen. Zwar ist danach insbesondere § 307 I 1 BGB nicht auf solche Abreden anzuwenden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (Senat, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 24.03.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050; jeweils m. w. Nachw.). Diese Freistellung gilt jedoch nur für den unmittelbaren Leistungsgegenstand. Dagegen werden Regelungen, die die Leistungspflicht des Verwenders einschränken, von der Freistellung nicht erfasst, sodass Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle unterworfen sind, wenn sie anordnen, dass der Verwender unter bestimmten Voraussetzungen die versprochene Leistung nur modifiziert oder überhaupt nicht zu erbringen hat. Für die der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung bleibt deshalb nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 24.03.1999 – IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137 [141]; jeweils m. w. Nachw.). Darum geht es bei den in der genannten Klausel geregelten Garantie-Voraussetzungen indessen nicht.
[11] a) Eine Kontrollfreiheit der Klausel ergibt sich nicht schon daraus, dass der Garantievertrag gesetzlich nicht geregelt ist. Auch Vertragstypen, die im Gesetz ungeregelt geblieben sind, können am Maßstab der §§ 307 ff. BGB gemessen werden (Senat, Urt. v. 23.03.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 [90]). Dementsprechend hat der Senat in der Vergangenheit Garantieverträge einer AGB-rechtlichen Kontrolle insoweit unterworfen, als es um Klauseln ging, die über die vertragliche Festlegung des unmittelbaren Leistungsgegenstandes hinaus das hierin gegebene Leistungsversprechen wieder eingeschränkt oder sonst modifiziert haben (Senat, Urt. v. 24.04.1991 – VIII ZR 180/90, WM 1991, 1384 [unter II]; Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 354/08, NJW 2009, 3714; vgl. auch Senat, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559) oder die in ansonsten bestehende (Gewährleistungs-)Rechte des Vertragspartners eingegriffen haben (Senat, Urt. v. 23.03.1988 – VIII ZR 58/87, BGHZ 104, 82 [90 f.]).
[12] b) Der Senat hat dabei allerdings die Frage offengelassen, ob eine – wie hier – als negative Anspruchsvoraussetzung formulierte Garantieklausel, die Leistungen aus der Garantie nicht durch die Aufstellung bestimmter Obliegenheiten einschränkt, sondern nach der gewählten Formulierung von vornherein nur unter der Voraussetzung durchgeführter Wartungsarbeiten verspricht, als eine der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibung zu qualifizieren ist (Senat, Urt. vom 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263).
[13] aa) Vor allem in der Instanzrechtsprechung wird die gewählte Klauselformulierung für maßgeblich erachtet, sodass in Fällen, in denen die Durchführung vorgeschriebener Wartungsarbeiten nicht als Einschränkung der zuvor gegebenen Garantie, sondern als Voraussetzung des Garantieanspruchs formuliert ist, die Möglichkeit einer Klauselkontrolle verneint wird, solange der Inhalt der Garantiezusage nicht hinter dem verkehrstypischen und vom Kunden nach Treu und Glauben zu erwartenden Deckungsumfang zurückbleibt (OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186; LG Freiburg, zfs 2006, 627 [628]; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 307 BGB Rn. 69; offengelassen von OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1464). Die Abhängigkeit der Garantiezusage von der Durchführung vorgeschriebener Inspektions- und Wartungsarbeiten dergestalt, dass deren Unterlassen zwingend zum Anspruchsverlust führt, wird dabei jedenfalls im Neuwagenhandel für verkehrstypisch erachtet mit der Folge, dass der Kunde auch keine darüber hinausgehenden Rechte aus der Garantie erwarten könne (OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186; LG Freiburg, zfs 2006, 627 [628]).
[14] bb) Demgegenüber lehnt das Schrifttum eine Maßgeblichkeit der gewählten Klauselformulierung überwiegend ab. Es wird stattdessen vorgeschlagen, lediglich den Kernbereich der Garantiezusage wie die Garantiezeit und die Art der Garantieleistung (z. B. Nachbesserung, Ersatzlieferung, finanzielle Erstattungsleistungen oder eine Kombination hiervon) gemäß § 307 III 1 BGB kontrollfrei zu stellen (Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, a. a. O., Teil 3 Garantieklauseln/-verträge Rn. 3). Ansonsten sei unabhängig von der Formulierung einer Garantiebeschränkung als Inhaltsbeschreibung oder als Einschränkung oder Modifizierung der versprochenen Garantieleistung grundsätzlich vom Vorliegen einer kontrollfähigen Leistungsbeschränkung auszugehen, die am Maßstab der Schutzwürdigkeit des Garantienehmers, insbesondere seiner berechtigten Erwartungen an den Inhalt der Garantie, gemäß § 307 I BGB auf eine Unangemessenheit der darin liegenden Benachteiligung zu überprüfen sei (Christensen, a. a. O., Rn. 4; Dammann, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., Klauseln Rn. G 21; Abeling, ZGS 2010, 66 [67 f.]; Niebling, DAR 2008, 22 [24]; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 2055).
[15] c) Der Senat entscheidet die Frage nunmehr im Sinne der zuletzt genannten Auffassung.
[16] aa) Nach der Rechtsprechung des BGH verbleibt – wie vorstehend unter II 1 ausgeführt – für die gemäß § 307 III 1 BGB der Überprüfung entzogene Leistungsbeschreibung nur der enge Bereich der Leistungsbezeichnungen, ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhaltes ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann (BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 24.03.1999 – IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137 [141]; jeweils m. w. Nachw.). Von diesen zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung gehörenden und deshalb nicht der Inhaltkontrolle unterliegenden Abreden sind die kontrollfähigen Nebenabreden zu unterscheiden, also Abreden, die zwar mittelbare Auswirkungen auf Preis und Leistung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlt, dispositives Gesetzesrecht treten kann (Senat, Urt. v. 24.03.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050 m. w. Nachw.). Anders als die unmittelbaren Leistungsabreden bestimmen sie nicht das Ob und den Umfang der zu erbringenden Leistungen, sondern treten als ergänzende Regelungen, die lediglich die Art und Weise der Leistungserbringung und/oder etwaige Leistungsmodifikationen zum Inhalt haben, „neben“ eine bereits bestehende Leistungshauptabrede (vgl. BGH, Urt. v. 26.01.2001 – V ZR 452/99, BGHZ 146, 331 [338]; Urt. v. 24.03.2010 – VIII ZR 304/08, WM 2010, 1050).
[17] bb) Um eine solche lediglich ergänzende Regelung handelt es sich bei den unter Nr. 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen jedenfalls dann, wenn die von der Beklagten gewährte Anschlussgarantie – wie hier für die revisionsrechtliche Beurteilung zu unterstellen ist – nur gegen Zahlung eines dafür zu entrichtenden Entgelts zu erlangen war.
[18] (1) Ob die genannte Klausel das abgegebene Garantieversprechen unmittelbar regelt oder lediglich ergänzt, kann der Senat selbst feststellen. Denn die formularmäßig gestalteten Garantiebedingungen der Beklagten unterliegen der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung. Nach der Rechtsprechung des BGH, an die der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 545 I ZPO angeknüpft hat (BT-Dr. 16/9733, S. 302), sind Allgemeine Geschäftsbedingungen wie revisible Rechtsnormen zu behandeln und infolgedessen vom Revisionsgericht – ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten durchschnittlichen Vertragspartners unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise – frei auszulegen, da bei ihnen ungeachtet der Frage, ob sie über den räumlichen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden, ein Bedürfnis nach einheitlicher Handhabung besteht (Senat, Urt. v. 09.06.2010 – VIII ZR 294/09, NJW 2010, 2877 m. w. Nachw.). Diese Auslegung ergibt, dass die genannte Klausel das auf Gewährung einer Anschlussgarantie gerichtete Hauptleistungsversprechen der Beklagten lediglich durch Hinzufügung einer Einschränkung ergänzt.
[19] (2) Anders als in dem Fall, in dem die Garantie dem Kunden nur „um den Preis“ der regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste in den Vertragswerkstätten gewährt wird, die Durchführung der Wartungsdienste also – bei wirtschaftlicher Betrachtung – die „Gegenleistung“ für die Garantiegewährung darstellt (vgl. Senat, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559), bildet aus Kundensicht das vom Garantienehmer zu entrichtende Entgelt die Gegenleistung für das unter Nr. 2 Satz 1 der Garantiebedingungen dahin umschriebene Hauptleistungsversprechen der Beklagten, bei Material- oder Herstellungsfehlern für die kostenlose Reparatur oder den kostenlosen Ersatz des betreffenden Teils bei jedem Saab-Vertragshändler einstehen zu wollen.
[20] Dieses Hauptleistungsversprechen reicht aus, um einen wirksamen Garantievertrag anzunehmen. Dagegen gehören die unter Nr. 6 der Garantiebedingungen geregelten Garantie-Voraussetzungen nicht mehr zum kontrollfreien Minimum, ohne das dem Vertrag ein so wesentlicher Bestandteil fehlte, dass ihm die Wirksamkeit zu versagen wäre. Diese Regelung beschränkt das in Nr. 2 Satz 1 der Garantiebedingungen bereits vollständig geregelte Garantieversprechen vielmehr in der Weise, dass sie eine Inanspruchnahme der Beklagten aus der Garantie von einer Wahrung der beschriebenen Wartungsanforderungen und deren Nachweis abhängig macht, und modifiziert dadurch das gegebene Hauptleistungsversprechen entsprechend (vgl. BGH, Urt. v. 24.03.1999 – IV ZR 90/98, BGHZ 141, 137 [141 f.]; Urt. v. 26.09.2007 – IV ZR 252/06, NJW-RR 2008, 189).
[21] 2. Der in Nr. 6 der Garantiebedingungen als Folge einer unterlassenen Durchführung der dort beschriebenen Wartungsarbeiten vorgesehene Verlust der Garantieansprüche benachteiligt den Kläger unangemessen und ist deshalb gemäß § 307 I 1 BGB unwirksam.
[22] a) Eine Formularklausel ist nach der Rechtsprechung des BGH nangemessen, wenn der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senat, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263; Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559; Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 354/08, NJW 2009, 3714; jeweils m. w. Nachw.). Dies ist bei den in der genannten Klausel aufgestellten Garantie-Voraussetzungen der Fall, wenn – wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist – die Beklagte die Gewährung der Anschlussgarantie von der Zahlung eines gesonderten Entgelts abhängig macht.
[23] b) Zwar ist ein Interesse der Beklagten anzuerkennen, zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der von der Garantie erfassten Fahrzeuge auf die Einhaltung der vorgegebenen Wartungsintervalle zu dringen, um auf diese Weise das Risiko von Garantiefällen zu vermindern. Auch mag ihr ein Interesse daran nicht abzusprechen sein, ihre Neuwagenkunden über die gesetzliche Gewährleistungszeit hinaus an ihr Werkstattnetz zu binden, um dadurch nicht nur dessen Auslastung, sondern auch eine sachgerechte, nach ihren Vorgaben durchzuführende Wartung der Fahrzeuge und darüber zugleich den qualitativen Ruf der Fahrzeugmarke zu fördern sowie die von ihr eingegangenen Garantieverpflichtungen hinreichend kalkulierbar gestalten zu können. Diese Gesichtspunkte rechtfertigen es für sich allein jedoch noch nicht, den Garantiegeber von seiner Leistungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf freizustellen, ob der Verstoß des Garantienehmers gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsarbeiten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist.
[24] aa) Zwar ist ein Fahrzeughersteller, der eine gesetzliche Haftung durch eine zusätzlich zum Kaufvertrag übernommene Herstellergarantie freiwillig erweitert, in der Bestimmung von Inhalt und Reichweite dieser zusätzlich gewährten Garantie grundsätzlich frei, was auch bei einer AGB-rechtlichen Beurteilung nicht unberücksichtigt bleiben kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.1997 – I ZR 46/95, WM 1997, 2043 [unter II 3b] – Herstellergarantie). Dementsprechend hat der Senat das von vorstehenden Erwägungen getragene Interesse eines garantiegebenden Herstellers, von einer für Neuwagen übernommenen zusätzlichen Garantieverpflichtung bereits bei Nichteinhaltung der dem Kunden auferlegten Wartungsobliegenheiten in verkehrsüblichen Intervallen vollständig frei zu werden, für Fall als berechtigt anerkannt, dass ungeachtet einer möglichen Bereitschaft des Kunden, für das mit einer solchen Garantie versehene Neufahrzeug einen höheren Preis zu zahlen, die Garantie als zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf angeboten wird und der Kunde, um in deren Genuss zu kommen, als – wirtschaftlich gesehen – „Gegenleistung“ lediglich zur regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste in den Vertragswerkstätten gehalten ist. Für diesen Fall hat der Senat die Interessen des Kunden, die – ohnehin regelmäßig notwendigen – Wartungsarbeiten zwecks Erhalts des Garantieanspruchs nach den Vorgaben des Herstellers in dessen Werkstattnetz durchführen zu lassen, durch die betreffende Verfallklausel nicht für unangemessen beeinträchtigt erachtet, da es der freien Entscheidung des Kunden überlassen bleibt, ob und ab wann er – etwa im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs – von den regelmäßigen Wartungen Abstand nehmen oder diese bei anderen (preisgünstigeren) Werkstätten durchführen lassen will (Senat, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559).
[25] Ebenso hat es der Senat außerhalb dieser besonderen Interessenlagen beim Absatz von Neuwagen nicht missbilligt, wenn ein Garantiegeber in seinen Garantiebedingungen von einer Obliegenheit des Kunden ausgegangen ist, vom Fahrzeughersteller vorgeschriebene oder empfohlene Wartungsarbeiten in zumutbarer Weise (dazu Senat, Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 354/08, NJW 2009, 3714) durchführen zu lassen, und bei versäumter Fahrzeugwartung dem Kunden den Beweis fehlender Ursächlichkeit zwischen dem Wartungsversäumnis und dem Garantiefall auferlegt hat (Senat, Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06, WM 2008, 263 m. w. Nachw.).
[26] bb) Um solche Fallgestaltungen geht es hier aber nicht. Die mit dem Fahrzeugkauf auf den Kläger übergegangene Anschlussgarantie der Beklagten stellt nicht lediglich eine zusätzliche Leistung des Herstellers beim Neufahrzeugkauf zwecks Schaffung eines absatzfördernden Qualitätsmerkmals seiner Fahrzeuge dergestalt dar, dass sich die „Gegenleistung“ für die gewährte Garantie weitgehend in einer bis zum Garantiefall durchgeführten regelmäßigen Fahrzeugwartung im Werkstattnetz des Herstellers erschöpft (vgl. Senat, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559). Vielmehr handelt es sich – wie revisionsrechtlich zu unterstellen ist – um eine gesondert zu erwerbende und zu vergütende Garantie. Für diesen Fall kann das grundsätzlich anzuerkennende Interesse eines Fahrzeugherstellers, seine Kunden bei dem Absatz von Neufahrzeugen zu den vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungsarbeiten in seinem Werkstattnetz anzuhalten, um dadurch den Ruf seiner Marke als wenig schadensanfällig zu stärken und den Kunden an das eigene Werkstattnetz zu binden (vgl. Senat, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, WM 2008, 559; Christensen, a. a. O., Rn. 4), keinen Vorrang vor dem Interesse des Kunden an einem Schutz vor einer Aushöhlung von Garantiezusagen durch einschränkende Nebenbestimmungen beanspruchen. Vielmehr verdient, wenn die Garantieleistungen nicht automatisch als zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf mitgewährt werden, sondern erst durch ein gesondertes Entgelt erkauft werden müssen, die berechtigte Erwartung des Kunden am (Fort-)Bestand der erkauften Garantieleistung jedenfalls dann den Vorrang, wenn die mangelnde Beachtung der vorgeschriebenen Wartungsobliegenheiten keinen Einfluss auf den Eintritt des Garantiefalls hat. Die in diesem Fall eintretende Belastung des Garantiegebers mit der Klärung von Kausalitätsfragen rechtfertigt – wie der Senat in seinem Urteil vom 17.10.2007 (VIII ZR 251/06, WM 2008, 263) entschieden hat – unter den genannten Umständen ebenfalls keinen Untergang des Garantieanspruchs allein schon wegen einer Säumnis des Garantienehmers mit seiner Wartungsobliegenheit.
[27] III. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, es ist aufzuheben (§ 562 I ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 I ZPO).