Hat sich ein Kfz-Verkäufer gegenüber dem Käufer verpflichtet, noch vor Übergabe eines Gebrauchtwagens Wartungsarbeiten (hier: Ölwechsel) durchzuführen und lässt er diese Arbeiten in einer Drittwerkstatt erledigen, so ist er dem Käufer bei mangelhafter Durchführung der Wartungsarbeiten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
AG Heidenheim, Urteil vom 29.01.2010 – 1 C 1012/09
Sachverhalt: Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 27.02.2009 einen gebrauchten Pkw. Die Parteien vereinbarten, dass die Beklagte noch vor Übergabe des Fahrzeugs auf ihre Kosten einen Ölwechsel durchführen lässt. Mit dem Ölwechsel beauftragte die Beklagte die Firma A.
Am 19.03.2009 befuhr der Sohn der Klägerin mit dem Fahrzeug eine längere Strecke auf der Autobahn. Die Klägerin trägt vor, ihr Sohn habe nach etwa 120 km Fahrt plötzlich ein Poltern gehört, die Ölwarnleuchte sei angegangen, und die Fahrzeugleistung habe rapide nachgelassen. Dieser Umstand habe den Sohn dazu veranlasst, sofort die Autobahn zu verlassen und das Fahrzeug auf der Standspur abzustellen. Er habe feststellen können, dass sich unter dem Fahrzeug eine große Öllache bildete. Das liegengebliebene Fahrzeug sei von einem Abschleppdienst zur nächstgelegenen Vertragswerkstatt geschleppt worden. Dort sei festgestellt worden, dass an der Ölwanne die Ölablassschraube fehlte.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.03.2009 wurde der Beklagten der Vorgang mitgeteilt und sie wurde aufgefordert, den Mangel nachzubessern und die eingetretenen Schäden auszugleichen. Die Beklagte lehnte jedoch sämtliche Gewährleistungsansprüche ab.
Die beauftragte Reparaturwerkstatt hatte sich ohne vorherige Untersuchung des Fahrzeugs außerstande gesehen, es zu reparieren, weshalb die Klägerin das Fahrzeug beim Ingenieurbüro B überprüfen ließ. Der Gutachter stellte fest, dass kein hörbarer Motorschaden vorliege; aufgrund des eingetretenen Ölmangels könnten jedoch Kleinstschäden an den Motorlagern entstanden sein. Dass sich die Ölablassschraube selbstständig gelöst habe, sei auf ein unzureichendes Anzugsdrehmoment der Schraube zurückzuführen. Für die Überprüfung des Fahrzeugs musste die Klägerin an Gutachterkosten 942,72 € aufbringen.
Nach dem Liegenbleiben des Fahrzeuges mussten durch das Abschleppunternehmen auf der Autobahn Bindemittel aufgebracht werden. Eine Plateau- und Straßenreinigung musste durchgeführt werden. Hierfür musste die Klägerin 179,69 € aufwenden. Für das Wiedereinfüllen des ausgetretenen Motoröls, die Durchführung einer Motorwäsche und eines Ölfilterwechsels sowie das Anbringen einer neuen Ablassschraube musste die Klägerin weitere 158,27 € bezahlen. Ein neuer Ölwechsel wurde nach kurzer Fahrzeit durchgeführt, wofür die Klägerin weitere 92,58 € bezahlte.
Darüber hinaus macht die Klägerin einen Minderwert an dem Fahrzeug in Höhe von 500 € geltend. Bei einem Weiterverkauf des Fahrzeuges sei sie gehalten, auf mögliche Kleinstschäden am Motor aufgrund des Betriebes des Motors ohne Motoröl hinzuweisen. Hierdurch werde der zu erzielende Wiederverkaufswert des Fahrzeuges um zumindest 500 € gemindert.
Die im Wesentlichen auf Zahlung von 1.873,26 € gerichtete Klage hatte weitestgehend Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der klägerische Anspruch ergibt aus §§ 280 I, 249 BGB.
1. Zwischen den Parteien wurde ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen, der die Verpflichtung der Beklagten zur Durchführung eines ordnungsgemäßen Ölwechsels vor Übergabe des Fahrzeug beinhaltete (§ 433 BGB).
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist davon auszugehen, dass die [Firma A], die die Beklagte mit dem Ölwechsel betraut hat, diesen nicht korrekt ausgeführt hat. Der Sachverständige Dipl.-Ing. D hat dargelegt, dass nach dem tatsächlichen Geschehensablauf die Ölablassschraube nicht dem technischen Standard entsprechend eingesetzt wurde. Entweder sei sie nicht mit einer neuen Kupferdichtung versehen und damit ausreichend abgedichtet worden, oder die Schraube sei nicht den Vorgaben entsprechend angezogen worden. Die Schraube müsse grundsätzlich mit einem Drehmomentschlüssel entsprechend dem vom Hersteller vorgegebenen Drehmoment angezogen werden. Werde dies durchgeführt, sei ausgeschlossen, dass sich die Ölablassschraube durch auftretende Schwingungen des Motors nachher wieder löse. Ein Lösen der Schraube komme nur dann in Betracht, wenn beispielsweise eine alte Dichtung verwendet oder die Schraube nicht mit dem vorgegebenen Anzugsmoment angezogen worden sei. Aus technischer Sicht könne deshalb davon ausgegangen werden, dass ein standard- und ordnungsgemäßes, zuverlässiges Verschrauben der Ölablassschraube hier nicht vorgelegen haben kann. Die Angaben des [Sohns der Klägerin] zu dem Ölverlust sind mit den sachverständigen Feststellungen in Einklang zu bringen.
Insoweit ist festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin das streitbefangene Fahrzeug mit einem Sachmangel, nämlich einer nicht an die Ölwanne korrekt angebrachten Ölablassschraube, überlassen hat.
3. Der Mangel ist von der Beklagten zu vertreten (§§ 280 I 2, 276, 278 BGB). Die Beklagte traf zwar keine eigene Untersuchungspflicht, da die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 II BGB) von dem Verkäufer regelmäßig keine Untersuchung der Kaufsache verlangt. Die Beklagte muss sich jedoch das Verschulden der von ihr beauftragten Werkstatt zurechnen lassen (§ 278 BGB), der sie sich zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten bedient hat.
4. Ein Ausschluss der Mängelhaftung ergibt sich nicht aus der Anlage zum Kaufvertrag. Dort ist weder die Ölablassschraube noch die Ölwanne erwähnt. Die Klägerin wird im Übrigen wohl kaum gehalten gewesen sein, eine Unterbodenbesichtigung vorzunehmen.
In der Folge hat die Beklagte deshalb Schadenersatz zu leisten.
II. 1. Die Klägerin darf die Kosten des vorgerichtlich zur Schadensfeststellung eingeholten Sachverständigengutachtens verlangen. Dieses diente im Zeitpunkt der Beauftragung der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i. S. des § 249 BGB. Die Beurteilung dieser Frage hat sich daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Unter diesem Blickpunkt kommt eine Erstattung der Kosten eines Privatgutachtens dann in Betracht, wenn die Partei infolge fehlender Sachkenntnisse nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.05.2001 – 1 W 16/01, NZV 2001, 432 = DAR 2002, 125; OLG Frankfurt a. M., … Beschl. v. 29.03.2000 – 25 W 105/99, SP 2000, 323; KG, Beschl. v. 06.10.1998, AGS 1999, 63 [64]; OLG Koblenz, Beschl. v. 07.05.2002 – 14 W 250/02, Rpfleger 2002, 483). Das kann das Gericht unter den gegebenen Umständen bejahen. Die Klägerin ist als technisch nicht versierte Partei nicht in der Lage, Schadensgrund und -höhe oder die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu prüfen.
2. Die Klägerin darf nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ferner die Kosten für die Ölwechsel und die Motorwäsche verlangen. Der Sachverständige Dipl.-Ing. D hat die Ölwechsel aus technischer Sicht eindeutig für erforderlich gehalten, nachdem das Motoröl entwichen und zunächst mit gebrauchtem Öl der Motor testweise laufen gelassen worden war. Es musste sichergestellt werden, dass nicht ansatzweise an Lagern oder sonstigen Bauteilen Minimalschäden eingetreten sind. Um dies zu ermitteln, mussten sämtliche aufgetretenen Späne aus dem Ölkreislauf entfernt werden, weshalb ein weiterer Ölwechsel unabdingbar erforderlich gewesen war. Zwischen den Ölwechseln war es erforderlich, den Motor zu reinigen. Die Kosten sind der Höhe nach nicht zu beanstanden, von der Klägerin konnte insbesondere nicht verlangt werden, die Motorwäsche außerhalb der Werkstatt durchzuführen.
3. Die weiteren Kosten für das Abschleppen und das Binden des Öls auf der Autobahn sind ebenfalls Mangelfolgeschäden und daher von der Beklagten zu erstatten.
4. Lediglich die verlangte Wertminderung war um 100 € zu reduzieren, nachdem der Sachverständige die Höhe der Wertminderung mit etwa 10 % eines Tauschmotors in Ansatz gebracht hat. Den Tauschmotor beim vorliegenden Fahrzeug hat er mit 4.000 € bewertet.
III. Der Zinsanspruch und die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung sind unter Verzugsgesichtspunkten nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Die Beklagte hat ihre Einstandspflicht verneint …