1. Al­ters­üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nun­gen ei­nes Ge­braucht­wa­gens sind kein Sach­man­gel.
  2. Die Fra­ge ob ein ge­ris­se­ner Zahn­rie­men als „nor­ma­ler“ Ver­schleiß oder als Man­gel ein­zu­ord­nen ist, ist je nach Ein­zel­fall zu be­ant­wor­ten.


LG Bonn, Be­schluss vom 26.02.2009 – 8 S 191/08
(vor­her­ge­hend: AG Bonn, Ur­teil vom 25.09.2008 – 15 C 42/08)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger macht ge­gen­über der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus ei­nem Pkw-Kauf­ver­trag gel­tend.

Am 15.11.2007 ver­äu­ßer­te die Be­klag­te an den Klä­ger ei­nen ge­brauch­ten Pkw zum Preis von 3.900 €. Das Fahr­zeug wies zum Ver­kauf­zeit­punkt ei­ne Lauf­leis­tung von ca. 173.000 km auf. Der Zahn­rie­men hät­te tur­nus­mä­ßig erst bei ei­ner Lauf­leis­tung von 120.000 km ge­wech­selt wer­den müs­sen; die Be­klag­te muss­te ihn je­doch be­reits bei ei­ner Lauf­leis­tung von 91.166 km wech­seln. Sie hat dem Klä­ger wäh­rend der Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen un­strei­tig emp­foh­len, eben­falls in nächs­ter Zeit ei­nen Zahn­rie­men­wech­sel durch­zu­füh­ren.

Bei ei­ner der ers­ten Fahr­ten des Klä­gers mit dem er­wor­be­nen Fahr­zeug ist der Zahn­rie­men un­mit­tel­bar nach dem Start ge­ris­sen, was zu ei­nem Mo­tor­scha­den ge­führt hat.

Der Klä­ger meint, die Be­klag­te ha­be ihn be­züg­lich des Zahn­rie­mens nicht hin­rei­chend auf­ge­klärt, und be­haup­tet, der Riss des Zahn­rie­mens sei im Zeit­punkt des Kfz-Ver­kaufs be­reits an­ge­legt ge­we­sen. Wei­ter be­haup­tet der Klä­ger, er ha­be zur Be­sei­ti­gung des Scha­dens Kos­ten in Hö­he von 946,85 € auf­ge­wandt.

Die auf  Zah­lung die­ses Be­tra­ges ge­rich­te­te Kla­ge hat das Amts­ge­richt (AG Bonn, Urt. v. 25.09.2008 – 15 C 42/08) mit der Be­grün­dung ab­ge­wie­sen, dass Rech­te des Klä­gers we­gen ei­nes Sach­man­gels schon des­halb nicht be­ste­hen könn­ten, weil es sich bei ei­nem Zahn­rie­men um ein Ver­schleiß­teil han­de­le.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg: Das Land­ge­richt hat sie zu­rück­ge­wie­sen, nach­dem es un­ter dem 28.01.2009 auf die­se Ab­sicht hin­ge­wie­sen hat­te. 

Aus den Grün­den: Das Vor­brin­gen des Klä­gers … gibt kei­nen An­lass zu ei­ner ab­wei­chen­den Ent­schei­dung.

Zu­zu­ge­ben ist dem Klä­ger, dass al­lein der Um­stand, dass der Ge­währ­leis­tungs­an­spruch auf ein „Ver­schleiß­teil“ ge­stützt wird, nicht zwin­gend zur Fol­ge hat, dass kein Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB vor­lie­gen kann. Die Fra­ge ob der Riss ei­nes Zahn­rie­mens als „nor­ma­ler“ Ver­schleiß oder Man­gel ein­zu­ord­nen ist, ist je nach Ein­zel­fall zu be­ant­wor­ten.

Die Kam­mer hält je­doch dar­an fest, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw kei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­wies. Der Wa­gen ent­sprach hin­sicht­lich des Zu­stands des Zahn­rie­mens dem­je­ni­gen, der bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und den der Klä­ger nach der Art der Sa­che er­war­ten durf­te. Nach die­sem Ver­gleichs­maß­stab sind beim Kauf ei­nes ge­brauch­ten Pkw das Al­ter, der Preis und die Lauf­leis­tung maß­geb­li­che Be­ur­tei­lungs­kri­te­ri­en, ob es sich um ei­ne nor­ma­le al­ters­üb­li­che Ver­schleiß­er­schei­nung oder um ei­nen Sach­man­gel han­delt (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2005 – VI­II ZR 43/05, NJW 2006, 434 [435]). An­ge­sichts des ho­hen Al­ters des Pkw von neun Jah­ren, der re­la­tiv ho­hen Lauf­leis­tung von 173.000 km und dem Um­stand, dass der Zahn­rie­men be­reits fünf Jah­re alt war und ei­ne Lauf­leis­tung von ca. 82.000 km hat­te, stellt sich der Zahn­rie­men­riss als nor­ma­le, al­ters­üb­lich be­triebs­be­ding­te Ver­schleiß­er­schei­nung dar. Al­lein die Tat­sa­che, dass der Zahn­rie­men vor Er­rei­chen des her­stel­ler­seits emp­foh­le­nen Wech­sel­in­ter­val­les riss, recht­fer­tigt nicht die An­nah­me, dass ein De­fekt des Zahn­rie­mens bei Über­ga­be des Pkw vor­lag, der auf ei­ne ver­schlei­ß­un­ab­hän­gi­ge Ur­sa­che zu­rück­zu­füh­ren ist. Die­se Emp­feh­lun­gen des Her­stel­lers be­grün­den zum ei­nen kei­ne Bin­dungs­wir­kung da­hin ge­hend, dass de­ren Nicht­ein­hal­tung ei­nen Sach­man­gel be­grün­det. Es ist zu­dem ge­richts­be­kannt, dass Zahn­rie­men ab­nut­zungs­be­dingt vor Er­rei­chen des emp­foh­le­nen In­ter­valls rei­ßen. Be­son­de­re Um­stän­de, die ei­ne an­de­re als ver­schleiß­be­ding­te Ur­sa­che des Zahn­rie­men­ris­ses na­he­le­gen, sind klä­ger­seits nicht vor­ge­tra­gen und auch nicht er­sicht­lich, so­dass die Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens nicht ge­bo­ten war.

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