1. Es ist kein Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB, wenn ein Ca­brio nicht se­ri­en­mä­ßig mit ei­ner Dieb­stahl­warn­an­la­ge aus­ge­rüs­tet ist. Weist der Ver­käu­fer den Kun­den nicht auf das Feh­len ei­ner Warn­an­la­ge hin, so liegt dar­in kei­ne Ver­let­zung ei­ner Auf­klä­rungs­pflicht.
  2. Wenn sich das Ver­deck ei­nes Ca­bri­os mit­tels der Fern­be­die­nung nicht stets pro­blem­los öff­nen lässt, son­dern es in Ein­zel­fäl­len zu ei­nem „Ha­ken“ des Ver­decks kommt, liegt dar­in al­len­falls ein i. S. des § 323 V 2 BGB un­er­heb­li­cher Sach­man­gel, der nicht zu ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt.

LG Bie­le­feld, Ur­teil vom 09.12.2008 – 5 O 381/07

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Pkw-Kaufs.

Die Klä­ge­rin be­stell­te bei der Be­klag­ten am 27.03.2006 ein Ca­brio zu ei­nem Kauf­preis von 25.803 €. Fer­ner er­warb sie für das be­stell­te Fahr­zeug ei­nen Satz Win­ter­rei­fen zum Preis von 727,36 €. Am 14.07.2006 über­gab die Be­klag­te den ge­kauf­ten Pkw an die Klä­ge­rin. Nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs stell­te sich her­aus, dass beim au­to­ma­ti­schen Öff­nen des Ca­brio-Dachs mit der Fern­be­die­nung der Öff­nungs­vor­gang un­ter­bro­chen und nicht be­en­det wur­de und erst nach mehr­fa­chen Drü­cken des Schal­ters be­en­det wer­den konn­te. Die Klä­ge­rin rüg­te die­sen Man­gel bei der Be­klag­ten und zahl­te am 20.07.2006 den ver­ein­bar­ten Kauf­preis un­ter Vor­be­halt der Män­gel­frei­heit. Im Zeit­raum vom 25.10. bis zum 29.10.2006 und im Zeit­raum vom 13.03. bis zum 16.03.2007 nahm die Be­klag­te an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten vor. Am 06.05.2007 stellt die Klä­ge­rin bei dem Öff­nungs­vor­gang des Ca­brio-Dachs mit der Fern­be­die­nung ei­ne Fehl­funk­ti­on fest. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 08.05.2007 er­klär­te sie den Rück­tritt von dem Pkw-Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te auf, bis zum 22.05.2007 die Rück­ab­wick­lung vor­zu­neh­men. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 14.05.2007 wies die Be­klag­te das Rück­ab­wick­lungs­be­geh­ren der Klä­ge­rin zu­rück.

Mit ih­rer Kla­ge be­gehrt die Klä­ge­rin im We­sent­li­chen die Rück­zah­lung des Fahr­zeug­kauf­prei­ses so­wie Er­stat­tung der Auf­wen­dun­gen für die Win­ter­rei­fen, Zug um Zug ge­gen ge­gen Rück­über­eig­nung und Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw. Nach­dem der Sach­ver­stän­di­ge S sein Gut­ach­ten er­stat­tet hat­te, ha­ben sich die Par­tei­en im lau­fen­den Rechts­streit dar­auf ver­stän­digt, dass die Be­klag­te ei­ne drit­te Ge­le­gen­heit zur In­stand­set­zung der Fern­be­die­nungs­funk­ti­on nach Maß­ga­be der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen er­hält. In der Zeit vom 14.04. bis zum 09.05.2008 nahm die Be­klag­te ei­nen drit­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such an der au­to­ma­ti­schen Dach­öff­nungs­funk­ti­on des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ca­bri­os vor. Die Klä­ge­rin trägt vor, dass es trotz die­ses drit­ten Nach­bes­se­rungs­ver­suchs nach wie vor zu Fehl­funk­tio­nen bei der Öff­nung des Ca­brio-Dachs mit­tels Fern­be­die­nung kom­me. Die Fehl­funk­ti­on bei der Dach­au­to­ma­tik tre­te nun­mehr so­gar teil­wei­se dann auf, wenn man die Öff­nungs­funk­ti­on an dem in dem Pkw be­find­li­chen Schal­ter be­die­nen wür­de. Au­ßer­dem feh­le dem Ca­brio ei­ne funk­tio­nie­ren­de Dieb­stahl­warn­an­la­ge.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Zah­lung von 25.756,27 € aus §§ 346, 347, §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 440, § 323 BGB (Kauf­preis Pkw und Win­ter­rei­fen) Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkws.

1. Zwi­schen den Par­tei­en hat­te zwar ein Kauf­ver­trag (§ 433 BGB) be­stan­den. Es steht nicht im Streit, dass die Klä­ge­rin bei der Be­klag­ten das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zu ei­nem Preis von 25.803,00 € be­stellt hat, und sich die Par­tei­en aus­ge­hend von der Be­stel­lung vom 27.03.2006 über ei­nen Kauf (§ 433 BGB) des streit­ge­gen­ständ­li­chen Opel As­tra … ge­ei­nigt hat­ten.

2. Das Feh­len der Dieb­stahls­warn­an­la­ge stellt je­doch kei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB dar. Un­strei­tig hat­te die Klä­ge­rin ei­ne sol­che nicht be­stellt. Ent­ge­gen der An­sicht der Klä­ge­rin kann die Kam­mer auch kei­ne Pflicht­ver­let­zung i. S. des § 241 II BGB in Form ei­ner Auf­klä­rungs­pflicht­ver­let­zung er­ken­nen. Wel­che Ex­tras ein Kun­de bei ei­ner Fahr­zeug­be­stel­lung wünscht, ist der Sphä­re des Kun­den zu­zu­ord­nen. Wenn es der Klä­ge­rin dar­auf an­ge­kom­men wä­re, dass das be­stell­te Fahr­zeug über ei­ne Dieb­stahls­warn­an­la­ge ver­fügt, so hät­te sie die­se ein­fach be­stel­len müs­sen. Ei­ne be­son­de­re Auf­klä­rung durch ei­nen Ver­käu­fer, wel­che Ex­tras ent­hal­ten oder mit­zu­be­stel­len sind, ist recht­lich nicht ge­for­dert.

3. Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die im Ter­min vom 20.08.2008 bei ei­nem Öff­nungs­ver­such mit der Fern­be­die­nung fest­ge­stell­te ein­ma­li­ge Fehl­funk­ti­on („Ha­ken im Öff­nungs­vor­gang“) über­haupt als Man­gel i. S. des § 434 BGB ein­zu­stu­fen wä­re; ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf die in sich ge­schlos­se­nen und wi­der­spruchs­frei­en Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen S zu dem tech­ni­schen Stand von Ca­brio-Stahl­dä­chern. Bei An­nah­me ei­nes Man­gels wä­re ein sol­cher, wie noch aus­ge­führt wird, oh­ne­hin nicht er­heb­lich i. S. des § 323 V BGB.

4. So­fern man die par­ti­ell auf­tre­ten­de, leich­te Fehl­funk­ti­on der Fern­be­die­nung zum Ca­brio­dach als Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB ein­zu­stuft, so ist die­ser Sach­man­gel (§ 434 BGB) nicht er­heb­lich i. S. des § 323 V BGB, so dass ein Rück­tritt we­gen die­ser Pflicht­ver­let­zung oh­ne­hin aus­ge­schlos­sen ist.

In­wie­weit der Wer­tungs­ge­sichts­punkt der Er­heb­lich­keit i. S. des § 323 V BGB auf­zu­fas­sen ist, wird in Rechts­spre­chung und Li­te­ra­tur noch nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet. Teil­wei­se wird auf den Auf­wand ab­ge­stellt, der zur Be­sei­ti­gung des Sach­man­gels er­for­der­lich ist. Hier fin­den sich für den Kfz-Be­reich un­ter­schied­li­che Pro­zent­sät­ze (OLG Düs­sel­dorf, Beschl. v. 27.02.2004 – I-3 W 21/04, NJW-RR 2004, 1060: 2–3 %; OLG Bam­berg, Urt. v. 10.04.2006 – 4 U 295/05, DAR 2006, 456: 10 %). In den ein­schlä­gi­gen Kom­men­tie­run­gen wird teil­wei­se auch ein weit grö­ße­rer Auf­wand im Ver­hält­nis zum Kauf­preis ver­langt (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 4. Aufl., § 323 Rn. 243: 20–50 % m. w. Nachw.). Teil­wei­se wird auch auf wei­te­re Kri­te­ri­en ab­ge­stellt, z. B. Dau­er der Scha­dens­be­sei­ti­gung oder die Aus­wir­kun­gen des Sach­man­gels auf die Taug­lich­keit der Kauf­sa­che zu ih­rem be­stim­mungs­ge­mä­ßen Ge­brauch (vgl. zu den Fall­bei­spie­len bei Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 65. Aufl., § 323 Rn. 32 m. w. Nachw.).

Die Kam­mer ist der Auf­fas­sung, dass sich bei dem Wer­tungs­ge­sichts­punkt der Er­heb­lich­keit i. S. des § 323 BGB ei­ne rein sche­ma­ti­sche Be­ur­tei­lung ver­bie­tet, da die­se zu zu­fäl­li­gen Er­geb­nis­sen füh­ren kann. Viel­mehr sind in ei­ner Ge­samt­schau der zur In­stand­set­zung er­for­der­li­che Auf­wand nach Hö­he und Zeit und die Aus­wir­kun­gen des Man­gels auf die Ge­brauchs­taug­lich­keit zu wür­di­gen.

Vor­lie­gend ist fest­zu­stel­len und nach­zu­hal­ten, dass sich das Ca­brio­dach mit der Fern­be­die­nung bei zwei von drei Ver­su­chen im Ter­min vom 20.08.2008 oh­ne Pro­ble­me öff­nen und schlie­ßen ließ, und dass die Öff­nungs­funk­ti­on über den im Fahr­zeug be­find­li­chen Schal­ter bei drei Ver­su­chen im Ter­min vom 20.08.2008 kei­nen Fehl­ver­such er­ge­ben hat. Un­strei­tig ist es auch nach dem Klä­ger­vor­trag zu kei­nem Zeit­punkt da­zu ge­kom­men, dass sich das Ca­brio­dach nicht öff­nen bzw. nicht schlie­ßen ließ, auch wenn in Ein­zel­fäl­len die Funk­ti­on „ha­ken“ soll­te und sich erst bei dem zwei­ten oder drit­ten Drü­cken der Fern­be­die­nung ord­nungs­ge­mäß schlie­ßen lässt. Die tech­ni­sche Nutz­bar­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkws als Kraft­fahr­zeug ist durch die fest­ge­stell­te mar­gi­na­le Fehl­funk­ti­on der Fern­be­die­nung nicht ein­ge­schränkt. Auch die vol­le Nutz­bar­keit des Pkws als Ca­brio ist nach dem Ein­druck der Kam­mer zu 100 % ge­ge­ben. Die par­ti­ell auf­tre­ten­de Fehl­funk­ti­on der Fern­be­die­nung mag zwar aus Sicht des pe­ni­blen Au­to­lieb­ha­bers ein Är­ger­nis dar­stel­len. Nach Auf­fas­sung der Kam­mer schränkt die­ses Är­ger­nis je­doch al­len­falls den Kom­fort in ei­nem ver­schwin­dend ge­rin­gen Um­fang ein und führt nicht da­zu, dass – wie im Ter­min vom 20.08.2008 von der Klä­ge­rin be­tont – der Pkw seit über zwei Jah­ren nicht als Ca­brio zu nut­zen ist. Es schränkt den Kom­fort des Pkws nur un­we­sent­lich ein, falls bei ei­nem Ha­ken im Öff­nungs­vor­gang die Fern­be­die­nung ein­mal oder zwei­mal ge­drückt wer­den muss, oder wenn in Ein­zel­fäl­len, an­statt die Fern­be­die­nung ne­ben dem Pkw ste­hend zu nut­zen, der Öff­nungs­schal­ter im Pkw sit­zend ge­nutzt wer­den müss­te. Wenn man die Fehl­funk­tio­nen der Öff­nungs­funk­ti­on als Man­gel i. S. des § 434 BGB über­haut ein­ord­nen will, dann wür­de dies al­len­falls zu ei­ner ge­rin­gen Min­de­rung des Kauf­prei­ses, nicht je­doch zu ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­ti­gen.

Nach al­le­dem war die Kla­ge ab­zu­wei­sen …

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