1. Zur still­schwei­gen­den Ab­be­din­gung der Con­ven­ti­on on Contracts for the In­ter­na­tio­nal Sa­le of Goods (CISG) bei und nach Ab­schluss ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges.
  2. Zur Län­ge der „an­ge­mes­se­nen Frist“ zur Er­klä­rung ei­ner Ver­trags­auf­he­bung nach Art. 49 II lit. b CISG.

OLG Stutt­gart, Ur­teil vom 31.03.2008 – 6 U 220/07

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, ei­ne Ka­pi­tal­ge­sell­schaft let­ti­schen Rechts, be­gehrt von der Be­klag­ten, ei­ner deut­schen Kfz-Händ­le­rin, die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags.

Das Fahr­zeug war bei der B-Bank als Dienst­fahr­zeug ver­wen­det wor­den und hat­te wäh­rend die­ser Zeit ei­nen Scha­den er­lit­ten, zu des­sen Be­he­bung un­ter an­de­rem La­ckier­ar­bei­ten für über 500 € durch­ge­führt wor­den wa­ren. Die Be­klag­te er­warb das – zu die­sem Zeit­punkt vier Jah­re al­te – Fahr­zeug über we­nigs­tens ei­nen Zwi­schen­händ­ler, nach­dem die B-Bank es mit ei­ner Lauf­leis­tung von über 100.000 km ver­kauft hat­te.

Nach dem Kauf in­se­rier­te die Be­klag­te das Fahr­zeug im In­ter­net. So wur­de das In­ter­es­se ei­nes Mit­ar­bei­ters der Klä­ge­rin, der das Fahr­zeug even­tu­ell für pri­va­te Zwe­cke ver­wen­den woll­te, ge­weckt, und es kam zu te­le­fo­ni­schen Ver­hand­lun­gen zwi­schen der Be­klag­ten und der Klä­ge­rin oder ei­nem in Deutsch­land wohn­haf­ten Ver­tre­ter der Klä­ge­rin. Schließ­lich schlos­sen die Par­tei­en per Te­le­fax ei­nen schrift­li­chen Kauf­ver­trag über das Fahr­zeug, oh­ne dass die Klä­ge­rin das Fahr­zeug be­sich­tigt oder der Be­klag­ten mit­ge­teilt hat­te, dass das Fahr­zeug für ei­nen ih­rer Mit­ar­bei­ter sein soll­te.

In den Kauf­ver­trag hat­te die Be­klag­te auf In­sis­tie­ren der Klä­ge­rin hand­schrift­li­chen „kei­ne Nachla­ckie­run­gen“ ein­ge­tra­gen. Das Kauf­ver­trags­for­mu­lar nimmt im Üb­ri­gen auf All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten Be­zug, die ei­nen Ge­richts­stand am Sitz des Ver­käu­fers vor­se­hen.

Nach­dem die Klä­ge­rin den Kauf­preis von 11.500 € ge­zahlt hat­te, wur­de das Fahr­zeug auf ih­re Kos­ten nach Ri­ga trans­por­tiert. Dort stell­te die Klä­ge­rin bei der ers­ten Be­sich­ti­gung am 07.07.2006 die Nachla­ckie­rung fest. Mit Schrei­ben vom 15.07.2006 wand­te sich des­halb der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin an die Be­klag­te und ver­lang­te von ihr un­ter Frist­set­zung die Zah­lung von 2.500 €. Er be­rief sich auf ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den, der nicht fach­ge­recht re­pa­riert sei und des­sen Be­sei­ti­gung cir­ca 900 € kos­te, so­wie dar­auf, das die Be­klag­te ge­schul­de­te Win­ter­rei­fen nicht ge­lie­fert ha­be.

Der frü­he­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Be­klag­ten räum­te mit Schrei­ben vom 20.07.2006 an den Klä­ger­ver­tre­ter zwar die Nachla­ckie­rung ein, be­haup­te­te aber, ihr lie­ge nur ein ge­ring­fü­gi­ger Van­da­lis­mus­scha­den zu­grun­de. Au­ßer­dem sei die La­ckie­rung ord­nungs­ge­mäß er­folgt, da­her stün­den der Klä­ge­rin kei­ne An­sprü­che zu. Er ver­wies die Klä­ge­rin auf den Kla­ge­weg. Im We­ge ei­ner au­ßer­ge­richt­li­chen Bei­le­gung sei die Klä­ge­rin al­ler­dings ku­lanz­hal­ber be­reit, ei­nen Satz Win­ter­rei­fen nach­zu­lie­fern.

Mit Schrei­ben ih­res Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 09.08.2006 be­harr­te die Klä­ge­rin auf ih­rer Rechts­po­si­ti­on und ver­lang­te wei­ter Scha­dens­er­satz in Hö­he von 2.500 €, wo­bei sie der Be­klag­ten ei­ne „letz­te Frist“ bis 23.08.2006 setz­te. Der frü­he­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Be­klag­ten re­agier­te hier­auf mit Schrei­ben vom 11.08.2006 und bot an, dass die Be­klag­te das Fahr­zeug auf ei­ge­ne Kos­ten zu­rück­neh­me. Die Zah­lung von Scha­dens­er­satz kom­me aber nicht in Be­tracht.

Die Klä­ge­rin hielt mit Schrei­ben vom 15.08.2006 an ih­rer Rechts­po­si­ti­on fest, re­du­zier­te aber den ver­lang­ten Scha­dens­er­satz, der bis 23.08.2006 zu leis­ten sei, auf 1.500 €.

Mit Schrei­ben vom 25.09.2006, das beim frü­he­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Be­klag­ten spä­tes­tens am 28.09.2006 ein­ging, er­klär­te der Klä­ger­ver­tre­ter für die Klä­ge­rin den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung der Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Ur­teil des Land­ge­richts ist ab­zu­än­dern, weil der Klä­ge­rin die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che nicht zu­ste­hen.

Auf den Ver­trag zwi­schen den Par­tei­en ist die CISG (Con­ven­ti­on on Contracts for the In­ter­na­tio­nal Sa­le of Goods) an­wend­bar (nach­ste­hend 1). Sie kennt zwar mit Art. 81 II 1 ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach ei­ner Ver­trags­auf­he­bung, wie ihn die Klä­ge­rin … gel­tend macht. Er schei­tert im kon­kre­ten Fall aber je­den­falls dar­an, dass die Klä­ge­rin die da­für er­for­der­li­che Auf­he­bung des Kauf­ver­tra­ges mit der Be­klag­ten nicht in­ner­halb der in Art. 49 II lit. b CISG vor­ge­schrie­be­nen an­ge­mes­se­nen Frist er­klärt hat (nach­ste­hend 2). Auf Scha­dens­er­satz­an­sprü­che lässt sich der Rück­zah­lungs­an­spruch von vor­ne­her­ein nicht stüt­zen. Zwar kennt die Kon­ven­ti­on ne­ben der Ver­trags­auf­he­bung mit an­schlie­ßen­der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses auch Scha­dens­er­satz­an­sprü­che. Sie um­fas­sen nach dem Re­ge­lungs­sys­tem der CISG in­des nicht die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, viel­mehr sol­len sie nur den nach Rück­ab­wick­lung noch ver­blei­ben­den Scha­den er­set­zen. Schei­det da­mit ei­ne Rück­ab­wick­lung des ge­sam­ten Ver­tra­ges aus, dann kann we­der der … An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­ge­stellt wer­den, noch kann [die Klä­ge­rin] die von ihr … gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­po­si­tio­nen ver­lan­gen. Sie sind nicht Fol­ge ei­ner nicht ord­nungs­ge­mäß er­füll­ten Pflicht der Be­klag­ten (nach­ste­hend 3).

1. Auf den Ver­trag zwi­schen den Par­tei­en ist die CISG an­wend­bar.

a) So­wohl Deutsch­land als auch Lett­land sind Mit­glieds­staa­ten der CISG, so­dass es für ih­re An­wen­dung noch nicht ein­mal dar­auf an­kommt, ob das deut­sche In­ter­na­tio­na­le Pri­vat­recht deut­sches oder let­ti­sches Recht für an­wend­bar er­klärt.

Auch die sach­li­chen und per­sön­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die An­wen­dung der CISG sind er­füllt:

Im Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses konn­te und durf­te die Be­klag­te da­von aus­ge­hen, dass die Klä­ge­rin das Fahr­zeug für ih­ren ei­ge­nen ge­schäft­li­chen Ge­brauch er­wer­ben woll­te (Art. 2 lit. a CISG). Selbst wenn die Be­klag­te zu die­sem Zeit­punkt kei­ne ge­naue Vor­stel­lung von der Rechts­form der Klä­ge­rin hat­te, war ihr doch klar, dass sie als Un­ter­neh­me­rin tä­tig wur­de. Ge­nau des­halb lie­fer­te sie näm­lich die Win­ter­rei­fen nicht mit, die nach der In­ter­net­an­zei­ge bei ei­nem Kauf durch ei­nen Pri­va­ten im Kauf­preis ent­hal­ten sein soll­ten. Dass das Fahr­zeug in Wirk­lich­keit even­tu­ell pri­va­ten bzw. per­sön­li­chen Zwe­cken ei­nes Mit­ar­bei­ters der Klä­ge­rin die­nen soll­te, war ihr da­ge­gen erst­mals in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat be­kannt ge­wor­den.

Auch die wei­te­re Vor­aus­set­zung, dass die Ver­trags­par­tei­en ih­ren Sitz in un­ter­schied­li­chen Staa­ten hat­ten und dass dies bei Ver­trags­ab­schluss, na­ment­lich aus dem schrift­li­chen Ver­trag, er­kenn­bar war (Art. 1 I und II CISG), ist ge­ge­ben.

b) Die Par­tei­en ha­ben die Gel­tung der CISG nicht ab­be­dun­gen.

Zwar herrscht auch im An­wen­dungs­be­reich der CISG Ver­trags­frei­heit, das heißt, die Par­tei­en kön­nen ver­ein­ba­ren, dass die CISG ge­ra­de kei­ne An­wen­dung fin­den soll (Art. 6 CISG), was dann zur An­wen­dung des all­ge­mei­nen Kauf­rechts des nach dem IPR be­ru­fe­nen na­tio­na­len Rechts führt. An ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung fehlt es hier aber. Das gilt so­wohl für den Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags als auch da­nach.

aa) Aus­drück­li­che Ver­ein­ba­run­gen über an­wend­ba­re Rechts­vor­schrif­ten ha­ben die Par­tei­en bei Ab­schluss des Ver­tra­ges nicht ge­trof­fen, auch nicht in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen, de­ren wirk­sa­me Ein­be­zie­hung oh­ne­hin strei­tig ist.

Da­bei ist zu be­ach­ten, dass die CISG in­kor­po­rier­tes deut­sches Recht ist, so­dass ei­ne Vor­stel­lung, dass „selbst­ver­ständ­lich deut­sches Recht“ zur An­wen­dung kom­me, mit­nich­ten be­deu­tet, dass nur BGB und HGB gel­ten (Fer­ra­ri, in: Schlech­triem/Schwen­zer, CISG, 4. Aufl., Art. 6 Rn. 22). Es wä­re schon ei­ne For­mu­lie­rung wie „Der Ver­trag un­ter­liegt dem Kauf­recht des BGB“ er­for­der­lich (Fer­ra­ri, in: Schlech­triem/Schwen­zer, a. a. O., Art. 6 Rn. 21).

Aus der Be­stim­mung ei­nes Ge­richts­stands in Deutsch­land in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten kann eben­falls nicht ge­schlos­sen wer­den, dass die CISG kei­ne An­wen­dung fin­den soll. Zwar wird die Be­stim­mung ei­nes Ge­richts­stands in All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen häu­fig ein In­diz sein, dass das Recht des Staa­tes An­wen­dung fin­den soll, des­sen Ge­rich­te ei­nen Rechts­streit ent­schei­den sol­len. Dem liegt die Über­le­gung zu­grun­de, dass die An­wen­dung ei­nes dem Ge­richt frem­den Rechts häu­fig zeit­auf­wen­dig und kost­spie­lig sein wird. Dies ist bei der CISG als ein­heit­li­chem, je­dem der Ver­trags­staa­ten der CISG ein­fach zu­gäng­li­chem Recht aber nicht der Fall. Dem­entspre­chend führt al­lein schon die Wahl deut­schen Rechts zur An­wen­dung der CISG (BGH, Urt. v. 25.11.1998 – VI­II ZR 259/97, NJW 1999, 1259). Da­mit hät­te es schon deut­li­che­rer Hin­wei­se be­durft, um ei­nen Aus­schluss der An­wen­dung der CISG an­zu­neh­men. Au­ßer­dem gilt glei­cher­ma­ßen bei An­wen­dung des BGB wie der CISG die Re­gel con­tra pro­fe­ren­tem (Stau­din­ger/Ma­gnus, BGB, Neu­be­arb. 2005, Art. 8 CISG Rn. 18). Es kann al­len­falls über­legt wer­den, ob die Wahl ei­nes Ge­richts­stands in ei­nem Nicht­mit­glieds­staat zur Ab­be­din­gung führt. Solch ein Fall liegt hier aber nicht vor.

bb) Auch spä­ter ha­ben die Par­tei­en die Un­an­wend­bar­keit der CISG nicht ver­ein­bart.

Zwar ha­ben sie vor­ge­richt­lich und erst­in­stanz­lich wie selbst­ver­ständ­lich auf Ba­sis des BGB ar­gu­men­tiert; ei­ne nach­träg­li­che Ab­be­din­gung der CISG liegt hier­in aber nicht. Es fehlt an über­ein­stim­men­den Wil­lens­er­klä­run­gen der Par­tei­en, denn die­se set­zen die Kund­ga­be ei­nes Rechts­fol­ge­wil­lens vor­aus, für den die An­wen­dung un­zu­tref­fen­der Vor­schrif­ten in­fol­ge Ver­ken­nung der Rechts­la­ge nicht ge­nügt (Fer­ra­ri, in: Schlech­triem/Schwen­zer, a. a. O., Art. 6 Rn. 25 ff.).

2. Ei­ne wirk­sa­me Auf­he­bung des Kauf­ver­tra­ges zwi­schen den Par­tei­en schei­tert je­den­falls dar­an, dass die Klä­ge­rin sie nicht in­ner­halb „an­ge­mes­se­ner Frist“ er­klärt hat (Art. 49 II lit. b CISG). Un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de hat sich die Klä­ge­rin zu lan­ge Zeit ge­las­sen, bis sie am 25.09.2006 den Rück­tritt er­klär­te und da­mit zwei Mo­na­te und 18 Ta­ge nach dem 07.07.2006, an dem sie die nicht ord­nungs­ge­mä­ße Er­fül­lung des Kauf­ver­tra­ges fest­ge­stellt hat­te. Da­bei ist des­we­gen für den An­fang der Frist auf den 07.07.2006 ab­zu­stel­len, weil ein der Ver­trags­auf­he­bung vor­an­ge­hen­des Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen mit Frist­set­zung nicht in Be­tracht kam – der Man­gel Nachla­ckie­rung ist un­be­heb­bar (vgl. hier­zu Stau­din­ger/Ma­gnus, a. a. O., Art. 49 CISG Rn. 40).

Bei der Be­stim­mung der Län­ge der Frist ist zu­nächst zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Zweck der Frist vor al­lem dar­in be­steht, dem Ver­käu­fer in­ner­halb be­grenz­ter Zeit Klar­heit über ei­ne ge­ge­be­nen­falls er­for­der­li­che Wei­ter­ver­wen­dung der Wa­re zu ver­schaf­fen (z. B. OLG Ko­blenz, Urt. v. 31.01.1997 – 2 U 31/96, OLGR 1997, 37 [38]). Das ist bei ei­nem Au­to zwar nicht so drin­gend er­for­der­lich wie bei ver­derb­li­cher Wa­re …, aber auch Kraft­fahr­zeu­ge ver­lie­ren al­lein durch Stand­zeit an Wert, selbst wenn sie wie hier schon über vier Jah­re alt sind. Vor­lie­gend kommt noch hin­zu, dass der Ver­käu­fer bei ei­ner Rück­ab­wick­lung über Scha­dens­er­satz zur Zah­lung von Stand­geld her­an­ge­zo­gen wer­den kann, was eben­falls für ei­ne ei­ni­ger­ma­ßen zü­gi­ge Rück­ab­wick­lung spricht. Kä­men kei­ne wei­te­ren Um­stän­de hin­zu, so wä­ren da­mit schon zwei Mo­na­te zu lang (so auch OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 20.04.1994 – 13 U 51/93, RIW 1994, 593 [ver­trags­wid­ri­ge Ver­pa­ckung]; s. auch OLG Ham­burg, Urt. v. 26.11.1999 – 1 U 31/99, IHR 2001, 19: 22 Ta­ge noch recht­zei­tig, wenn es um den Kauf von Klei­dungs­ge­gen­stän­den geht; vgl. i. Ü. die Recht­spre­chungs­über­sicht bei Stau­din­ger/Ma­gnus, a. a. O., Art. 49 CISG Rn. 38). Im Fall des Be­ru­fungs­ge­richts Tur­ku (IHR 2003, 277 [281]) muss­te die Frist für ei­ne Auf­he­bung ei­nes Kauf­ver­trags über ein An­bau­teil für ei­ne forst­wirt­schaft­li­che Ma­schi­ne nicht ge­nau fest­ge­legt wer­den; man­gels ei­nes funk­tio­nie­ren­den Zweit­mark­tes könn­ten dort tat­säch­lich auch et­was mehr als zwei Mo­na­te an­ge­mes­sen ge­we­sen sein, kei­nes­falls aber die drei Jah­re, die sich der dor­ti­ge Käu­fer mit der Ent­schei­dung Zeit ließ und die auch dem dor­ti­gen Ge­richt nicht ge­nüg­ten.

Be­son­de­re Grün­de, die ei­ne Ver­län­ge­rung auf über 2½ Mo­na­te recht­fer­ti­gen wür­den, lie­gen nicht vor:

Zwar ver­län­gert sich die Frist, wenn die Fest­stel­lung der Tat­sa­chen- und Rechts­la­ge kom­pli­ziert ist …, das war hier aber nicht der Fall, weil die Klä­ge­rin die Nachla­ckie­rung so­fort er­kannt hat­te und ih­re Ver­trags­wid­rig­keit ein­deu­tig im Ver­trag ge­re­gelt war. Wenn sich die Klä­ge­rin im Schrift­satz vom 14.03.2008 nun­mehr dar­auf be­ruft, dass sie das Fahr­zeug erst nach dem 28.08.2006 vom Zoll­ge­län­de ha­be ab­trans­por­tie­ren und da­mit erst über 1½ Mo­na­te nach der ers­ten Rü­ge ha­be ge­nau un­ter­su­chen las­sen kön­nen, spielt dies für die Ent­schei­dung des Rechts­streits kei­ne Rol­le. Im­mer­hin war sich die Klä­ge­rin nach ih­rer ei­ge­nen Un­ter­su­chung vom 07.07.2006 so si­cher, dass sie die Kos­ten ei­ner Nachla­ckie­rung mit 900 € be­nen­nen und ei­nen ge­nau be­zif­fer­ten Preis­nach­lass ver­lan­gen konn­te; dann ist aber nicht er­kenn­bar, war­um für ei­ne Ent­schei­dung über ei­ne Ver­trags­auf­he­bung ei­ne nä­he­re Un­ter­su­chung durch ei­ne Fach­werk­statt hät­te er­for­der­lich sein sol­len, selbst wenn die Be­klag­te in der wei­te­ren Kor­re­spon­denz den Um­fang des Lack­scha­dens … in­fra­ge ge­stellt hat­te. Aus die­sem Grund kann of­fen­blei­ben, ob die spä­te Über­sen­dung der für die Zoll­frei­ga­be er­for­der­li­chen Pa­pie­re nicht von der Klä­ge­rin selbst ver­schul­det war … Wei­ter braucht des­halb nicht un­ter­sucht zu wer­den, war­um die ers­te Rech­nung über Stand­platz­ge­büh­ren für das Fahr­zeug vom 07.08.2006 stammt und da­mit ei­nen Zeit­raum ab­deckt, wäh­rend des­sen das Fahr­zeug noch auf dem Zoll­ge­län­de ge­stan­den ha­ben soll, sich die Rech­nung aber in nichts von de­nen un­ter­schei­det, die für Stand­ge­büh­ren nach der an­geb­li­chen Frei­ga­be des Fahr­zeugs nach dem 28.08.2006 aus­ge­stellt wor­den sein sol­len.

Auch kann ei­ne Häu­fung von Fei­er­ta­gen ei­ne Frist­ver­län­ge­rung nach sich zie­hen … Ei­nen sol­chen Sach­ver­halt hat die Klä­ge­rin für Lett­land in den Mo­na­ten Ju­li bis Sep­tem­ber aber nicht be­haup­tet.

Ur­laubs­zeit kann bei Be­tei­li­gung von Un­ter­neh­men nur in be­son­de­ren Fäl­len zu ei­ner Frist­ver­län­ge­rung füh­ren. Denn der Ge­schäfts­ver­kehr darf da­von aus­ge­hen, dass bei Ur­laub ins­be­son­de­re der Ge­schäfts­füh­rung ei­ner Ka­pi­tal­ge­sell­schaft ei­ne Ver­tre­tungs­re­ge­lung greift, die si­cher­stellt, dass das Un­ter­neh­men trotz­dem hand­lungs­fä­hig bleibt. Das gäl­te erst recht, wenn die be­haup­te­te Orts­ab­we­sen­heit der Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin vom 01.09. bis 20.09.2006 be­ruf­lich be­dingt ge­we­sen sein soll­te. So­weit in ei­nem Land die Übung be­steht, ins­be­son­de­re im Hoch­som­mer all­ge­mei­ne Be­triebs­fe­ri­en zu ma­chen, mag an­de­res gel­ten, wo­bei dann noch zu dis­ku­tie­ren wä­re, ob nicht wei­ter er­for­der­lich wä­re, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer dies un­ver­züg­lich mit­teilt oder dass sol­che all­ge­mei­nen Be­triebs­fe­ri­en dem Ver­käu­fer un­ter Aus­nut­zung üb­li­cher In­for­ma­ti­ons­quel­len er­kenn­bar sein müs­sen. Das kann in­des al­les of­fen­blei­ben, denn die Klä­ge­rin be­haup­tet nicht, dass ei­ne sol­che Übung in Lett­land be­steht. Au­ßer­dem hät­te ei­ne sol­che Übung vor­lie­gend auch kei­ne Aus­wir­kun­gen mehr, denn in die­sen Fäl­len muss er­war­tet wer­den, dass die dann we­ni­gen Vor­gän­ge, die wäh­rend der lan­des­wei­ten all­ge­mei­nen Be­triebs­fe­ri­en an­fal­len, nach de­ren En­de zü­gig auf­ge­ar­bei­tet wer­den, und das hät­te hier bis zum Ab­lauf der oben als ma­xi­mal an­ge­setz­ten Zwei­mo­nats­frist am 07.09.2006 ge­sche­hen sein müs­sen.

Da­mit hät­te sich ei­ne Frist­ver­län­ge­rung nur noch mit der Be­grün­dung recht­fer­ti­gen las­sen, dass der Klä­ge­rin nicht zu­zu­mu­ten war, ei­ne Ver­trags­auf­he­bung zu er­klä­ren, wäh­rend zwi­schen den Par­tei­en Ver­hand­lun­gen für ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung statt­fan­den (vgl. hier­zu auch OLG Ko­blenz, Urt. v. 31.01.1997 – 2 U 31/96, OLGR 1997, 37 [38]; es be­darf da­zu al­so kei­nes vom Klä­ger­ver­tre­ter be­für­wor­te­ten Rück­griffs auf das deut­sche Recht). Aber auch das kann vor­lie­gend nicht da­zu füh­ren, dass sich die Frist über zwei Mo­na­te hin­aus ver­län­ger­te: Ge­gen ei­ne sol­che Frist­ver­län­ge­rung spricht hier be­reits grund­sätz­lich, dass sich die Be­klag­te ent­ge­gen den Be­haup­tun­gen im Schrift­satz des Klä­ger­ver­tre­ters vom 14.03.2008 von vor­ne­her­ein je­der Ei­ni­gung ver­sperr­te, die auf ei­ne Re­du­zie­rung des Kauf­prei­ses hin­aus lief. So bot sie auf die ers­te schrift­li­che Gel­tend­ma­chung des Man­gels durch die Klä­ge­rin im Schrei­ben vom 15.07.2006, bei der die­se ei­nen Preis­nach­lass von 2.500 € for­der­te, mit Schrei­ben vom 20.07.2006 le­dig­lich die Lie­fe­rung des von der Klä­ge­rin oh­ne­hin zu­sätz­lich ver­lang­ten Sat­zes Win­ter­rei­fen an und ver­wies die Klä­ge­rin knapp, aber be­stimmt auf den Kla­ge­weg. Da­mit setz­te sie ihr zwar strei­ti­ges, aber ge­ra­de von der Klä­ge­rin be­haup­te­tes vor­he­ri­ges Ver­hal­ten naht­los fort, das dar­in be­stan­den hat­te, ei­ne te­le­fo­ni­sche Man­gel­rü­ge un­ter bar­schem Hin­weis auf ei­ne Man­gel­frei­heit zu­rück­zu­wei­sen.Zwar folg­te noch­mals ei­ne Kor­re­spon­denz der Par­tei­ver­tre­ter vom 09.08., 11.08. und 15.08.2006, die Be­klag­te ließ aber auch in ihr nicht er­ken­nen, dass sie zu ei­ner Min­de­rung des Kauf­prei­ses be­reit wä­re. Viel­mehr bot sie im Schrei­ben vom 11.08.2006 die Rück­nah­me des Fahr­zeugs an. Dem­entspre­chend lief die von der Klä­ge­rin im Schrei­ben vom 15.08.2006 der Be­klag­ten bis 23.08.2006 ge­setz­te Frist frucht­los ab, sich mit ei­ner Min­de­rung in Hö­he von 1.500 € ein­ver­stan­den zu er­klä­ren. Nach­dem da­mit ei­ne Ei­ni­gung für die Be­klag­te von An­fang an oh­ne­hin nur auf der Ba­sis ei­ner Ver­trags­auf­he­bung in Be­tracht kam, be­stand für die Klä­ge­rin un­ter kei­nem Ge­sichts­punkt die Not­wen­dig­keit, ih­re Er­klä­rung zur Ver­trags­auf­he­bung zu­rück­zu­stel­len, um die Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen nicht zu ge­fähr­den. Und nur auf Rück­sicht­nah­men durch die Klä­ge­rin, nicht aber dar­auf kommt es an, ob die Be­klag­te mit ei­ner Ver­trags­auf­he­bung rech­nen muss­te, was an­ge­sichts der da­ma­li­gen Kor­re­spon­denz im Üb­ri­gen oh­ne­hin nicht der Fall war, weil die Klä­ge­rin sich nach ei­ner an­fäng­li­chen Rück­trittsan­dro­hung ei­nes an­de­ren be­son­nen und in der wei­te­ren Kor­re­spon­denz nur noch auf ei­ner Min­de­rung be­stan­den hat­te. Selbst wenn man dem aber nicht folgt, wa­ren die Ver­gleichs­ver­hand­lun­gen mit Ab­lauf der von der Klä­ge­rin bis zum 23.08.2006 ge­setz­ten Frist ge­schei­tert. Dann hät­te die Klä­ge­rin aber ma­xi­mal noch zwei Wo­chen Über­leg­zeit ge­habt, wie sie wei­ter vor­ge­hen will, wenn die er­for­der­li­chen Über­le­gun­gen auf Klä­ger­sei­te auf­grund der von An­fang an ab­leh­nen­den Hal­tung der Be­klag­ten zu ei­ner Min­de­rung nicht schon vor­her hät­ten an­ge­stellt wer­den müs­sen, so­dass un­mit­tel­bar nach dem 23.08.2006 hät­te re­agiert wer­den kön­nen. Da­mit wä­re Frist­ab­lauf wie­der­um spä­tes­tens der 07.09.2006 ge­we­sen, al­so zwei Mo­na­te nach Fest­stel­lung der nicht ver­trags­ge­rech­ten Er­fül­lung des Kauf­ver­tra­ges. Dar­an än­dert die be­haup­te­te Orts­ab­we­sen­heit der Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin ab 01.09.2006 nichts, da sie die Ent­schei­dung ent­we­der ei­nem Ver­tre­ter hät­te über­tra­gen oder sie sie noch bis 31.08.2006 hät­te tref­fen müs­sen (s. oben). Aus den schon oben dar­ge­leg­ten Grün­den er­gibt sich ei­ne Frist­ver­län­ge­rung auch nicht we­gen ei­ner Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs im Sep­tem­ber 2006 in ei­ner Fach­werk­statt.

Ob bei ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung über die Man­gel­haf­tig­keit oder bei grob fahr­läs­si­ger Un­kennt­nis des Ver­käu­fers vom Man­gel in ana­lo­ger An­wen­dung des Art. 40 CISG jeg­li­che Frist ent­fällt oder we­nigs­tens ei­ne Frist­ver­län­ge­rung an­zu­neh­men ist, kann of­fen­blei­ben. Denn die Klä­ge­rin kann für ih­ren strei­ti­gen Vor­trag, dass die Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges von der Nachla­ckie­rung wuss­te – mag er als erst­ma­li­ger Vor­trag in der Be­ru­fung auch nach § 531 II 1 Nr. 1 Fall 1 ZPO ent­schul­digt sein –, kei­nen Be­weis an­bie­ten. Für ei­ne gro­be Fahr­läs­sig­keit fehlt es da­zu­hin be­reits am Vor­trag der Klä­ge­rin. Und schon aus der For­mu­lie­rung des Art. 40 CISG folgt, dass in­so­weit der Käu­fer, hier al­so die Klä­ge­rin, dar­le­gungs- und be­weis­be­las­tet ist.

3. Die von der Klä­ge­rin ne­ben der Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ver­lang­ten Be­trä­ge ste­hen ihr eben­falls nicht zu.

a) Die Trans­port­kos­ten für die Über­füh­rung des Fahr­zeugs zur Klä­ge­rin sind nicht als Scha­dens­er­satz (Art. 74 ff. CISG) er­stat­tungs­fä­hig, da die Klä­ge­rin das Fahr­zeug bei dem ihr ver­blei­ben­den Rechts­be­helf be­hal­ten muss und der Trans­port des Fahr­zeugs da­her nicht auf die ver­trags­wid­ri­ge Lie­fe­rung zu­rück­zu­füh­ren ist.

b) Auch die ein­ge­klag­ten Stand­platz­kos­ten kann sie schon dem Grun­de nach nicht ver­lan­gen.

Je­den­falls für den Zeit­raum nach dem Ver­lust des Rechts zur Ver­trags­auf­he­bung folgt dies dar­aus, dass die Klä­ge­rin durch die dann nur noch ver­blei­ben­de Min­de­rung nach Art. 50 CISG an der Ver­wer­tung des Fahr­zeugs oder sei­ner Nut­zung nicht ge­hin­dert ist, so­dass die Stand­platz­kos­ten auch nicht auf die nicht ver­trags­ge­rech­te Er­fül­lung der Be­klag­ten zu­rück­ge­führt wer­den kön­nen. Zu­min­dest hät­te die Klä­ge­rin die Fol­gen des ver­spä­te­ten Er­grei­fens des rich­ti­gen Rechts­be­helfs im We­ge des Mit­ver­schul­dens nach Art. 77 CISG selbst zu tra­gen.

Für den Zeit­raum bis zum Ver­lust des Rechts auf Ver­trag­auf­he­bung ist zu­dem bis heu­te nicht klar, was die Klä­ge­rin mit dem Fahr­zeug ei­gent­lich be­ab­sich­tig­te, so­dass auch kein Ver­gleich an­ge­stellt wer­den kann, ob und ge­ge­be­nen­falls wie lan­ge die Klä­ge­rin bei ver­trags­ge­mä­ßer Er­fül­lung ver­gleich­ba­re Kos­ten (z. B. für die An­mie­tung ei­ner Ga­ra­ge) hät­te be­zah­len müs­sen. Hat­te der Ver­tre­ter der Klä­ge­rin in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat noch er­klärt, dass das Fahr­zeug auf In­itia­ti­ve ei­nes Mit­ar­bei­ters der Klä­ge­rin ge­kauft wor­den war – un­ter Um­stän­den so­gar als des­sen Pri­vat­an­schaf­fung –, muss den Aus­füh­run­gen im Schrift­satz vom 14.03.2008 ent­nom­men wer­den, dass sich doch die Klä­ge­rin selbst um das Fahr­zeug küm­mer­te.

c) Auch die ein­ge­klag­ten In­spek­ti­ons­kos­ten kön­nen nicht zu­ge­spro­chen wer­den.

Es fehlt trotz Mo­nie­rung des Se­nats in der Ter­mins­ver­fü­gung jeg­li­cher Vor­trag, was sie mit der nicht ver­trags­ge­rech­ten Er­fül­lung des Kauf­ver­trags im Hin­blick auf den Lack­scha­den zu tun ha­ben sol­len. Ins­be­son­de­re stammt die zu­ge­hö­ri­ge Rech­nung nicht von der Fir­ma, die das Fahr­zeug nach der Frei­ga­be durch die Zoll­be­hör­den un­ter­sucht ha­ben soll.

So­weit die Kos­ten im Zu­sam­men­hang mit ei­nem wei­te­ren be­haup­te­ten Man­gel des Fahr­zeugs ste­hen soll­ten, sind sie nicht er­stat­tungs­fä­hig, weil in­so­weit – was die Klä­ge­rin auch nicht in Ab­re­de stellt – der von den Par­tei­en für an­de­re Män­gel als Lack- und Un­fall­schä­den ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss greift.

d) Die Über­set­zungs­kos­ten sind des­halb nicht er­stat­tungs­fä­hig, weil schon die zu­grun­de lie­gen­den Po­si­tio­nen nicht er­stat­tungs­fä­hig sind …

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