Ein die so­for­ti­ge Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags recht­fer­ti­gen­des In­ter­es­se des Käu­fers bzw. ein ent­spre­chen­des In­ter­es­se, oh­ne vor­he­ri­ge Frist­set­zung Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­lan­gen zu kön­nen, ist im Re­gel­fall an­zu­neh­men, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen hat.

BGH, Be­schluss vom 08.12.2006 – V ZR 249/05

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von den Be­klag­ten mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag ein Haus­grund­stück un­ter Aus­schluss der Haf­tung für Sach­män­gel. Ge­stützt auf die Be­haup­tung, bei star­ken Re­gen­fäl­len drin­ge – was die Be­klag­ten arg­lis­tig ver­schwie­gen hät­ten – Ober­flä­chen- und Grund­was­ser in die Ga­ra­ge und den Kel­ler des Hau­ses ein, hat der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Er hat un­ter an­de­rem die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung von 257.030,38 € (Kauf­preis und Er­stat­tung von Ver­trags­kos­ten) Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Grund­stücks be­gehrt.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge im We­sent­li­chen statt­ge­ge­ben, das Ober­lan­des­ge­richt hat sie ab­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on hat der Klä­ger die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils er­strebt, be­vor die Par­tei­en den Rechts­streit für er­le­digt er­klärt ha­ben. Der BGH hat die Kos­ten des Rechts­streits ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben.

Aus den Grün­den: [1]    I. Nach­dem die Par­tei­en den Rechts­streit in der Haupt­sa­che über­ein­stim­mend für er­le­digt er­klärt ha­ben, ist über die Kos­ten un­ter Be­rück­sich­ti­gung des bis­he­ri­gen Sach- und Streit­stands nach bil­li­gem Er­mes­sen zu ent­schei­den (§ 91a I ZPO). Dem steht § 98 Satz 2 ZPO nicht ent­ge­gen, wo­nach die Kos­ten ei­nes Rechts­streits, der sich – wie hier – durch Ver­gleich er­le­digt hat, als ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben an­zu­se­hen sind, oh­ne dass es auf Wei­te­res an­kä­me (vgl. da­zu BGH, Beschl. v. 26.06.2003 – III ZB 57/02, BGH­Re­port 2003, 1046). Denn die­se Norm kommt nicht zur An­wen­dung, wenn die Par­tei­en sie aus­ge­schlos­sen und die Kos­ten­tra­gung ei­ner ge­richt­li­chen Ent­schei­dung un­ter­stellt ha­ben (Mu­sielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 98 Rn. 3; Hüß­te­ge, in: Tho­mas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 98 Rn. 4; Zöl­ler/Her­get, ZPO, 26. Aufl., § 98 Rn. 3, je­weils m. w. Nachw.). So liegt es hier. Der Ver­gleich ent­hält die Re­ge­lung, dass die Par­tei­en über­ein­stim­mend be­an­tra­gen, „durch Be­schluss ge­mäß § 91a ZPO die Kos­ten des Rechts­streits ge­gen­ein­an­der auf­zu­he­ben“. Es soll da­nach ei­ne Kos­ten­ent­schei­dung durch das Ge­richt nach dem Maß­stab des § 91a ZPO her­bei­ge­führt wer­den. Hät­ten die Par­tei­en die Gel­tung des § 98 Satz 2 ZPO ge­wollt, wä­re ei­ne ge­richt­li­che Ent­schei­dung nicht in Be­tracht ge­kom­men; die Rechts­fol­ge wä­re un­mit­tel­bar ein­ge­tre­ten (da­her ist die Ent­schei­dung BGH, Beschl. v. 26.06.2003 – III ZB 57/02, BGH­Re­port 2003 1046, in ei­nem sol­chen Fall aus­drück­lich nur zur Klar­stel­lung er­gan­gen). Dass in dem Ver­gleich das Ziel be­stimmt ist, „die Kos­ten … ge­gen­ein­an­der auf­zu­he­ben“, kann folg­lich nur – wie stets bei bei­der­sei­ti­ger Er­le­di­gungs­er­klä­rung – als An­re­gung ver­stan­den wer­den, die der Klä­ger mit sei­nem Kos­ten­an­trag auf­ge­nom­men hat, wäh­rend sich der Be­klag­te dar­auf be­schränkt hat, um ei­ne „Kos­ten­ent­schei­dung nach § 91a ZPO“ nach­zu­su­chen.

[2]    II. Vor­lie­gend ent­spricht es un­ter Be­rück­sich­ti­gung des bis­he­ri­gen Sach- und Streit­stands bil­li­gem Er­mes­sen, die Kos­ten des Rechts­streits ge­gen­ein­an­der auf­zu­he­ben. Die Re­vi­si­on hät­te zur Auf­he­bung und Zu­rück­ver­wei­sung ge­führt, die Ent­schei­dung über die Ge­gen­an­sprü­che der Be­klag­ten wä­re of­fen­ge­blie­ben.

[5]    2. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat ei­nen Sach­man­gel des Kauf­grund­stücks be­jaht. Es hat fer­ner an­ge­nom­men, dass sich die Be­klag­ten auf den ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen könn­ten, da sie den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hät­ten. Es hat ein Rück­tritts­recht gleich­wohl nicht für ge­ge­ben er­ach­tet, weil der Klä­ger kei­ne nach § 323 I BGB er­for­der­li­che Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt ha­be. Die Nach­er­fül­lung sei we­der un­mög­lich noch un­zu­mut­bar ge­we­sen, noch sei die Frist­set­zung aus­nahms­wei­se nach Ab­satz 2 der Vor­schrift ent­behr­lich ge­we­sen. Ei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung sei­tens der Be­klag­ten lie­ge nicht vor. Das arg­lis­ti­ge Ver­schwei­gen des Man­gels al­lein ma­che die Nach­er­fül­lung bei nicht per­sön­lich zu er­brin­gen­den Leis­tun­gen in der Re­gel nicht un­zu­mut­bar.

[6]     3. Die­se Aus­füh­run­gen hät­ten ei­ner re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung nicht stand­ge­hal­ten. Die von dem Klä­ger gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 346 BGB und auf Auf­wen­dungs- bzw. Scha­dens­er­satz nach § 437 Nr. 3, §§ 280, 281, 284 BGB konn­ten mit der von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung nicht ver­neint wer­den.

[7]    a) Al­ler­dings ist das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der un­zu­rei­chen­de Schutz der Ga­ra­ge und des Kel­lers vor Über­schwem­mun­gen ei­nen Man­gel des ver­kauf­ten Haus­grund­stücks dar­stellt, den die Be­klag­ten bei dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­ben, so­dass sie sich nach § 444 Fall 1 BGB auf den ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen kön­nen.

[8]    Ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen setzt vor­aus, dass der Ver­käu­fer den Feh­ler kennt oder ihn zu­min­dest für mög­lich hält, wo­bei es ge­nügt, dass er die den Feh­ler be­grün­den­den Um­stän­de kennt (oder für mög­lich hält). Ob er sie recht­lich zu­tref­fend als Feh­ler im Sin­ne des Ge­set­zes ein­ord­net, ist dem­ge­gen­über oh­ne Be­lang (Se­nat, Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Da­mit kann – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung – ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten nicht mit dem Ar­gu­ment ver­neint wer­den, die Be­klag­ten hät­ten die Ge­fahr ge­le­gent­li­cher Über­schwem­mun­gen für den „Nor­mal­fall“ ge­hal­ten. Maß­geb­lich und aus­rei­chend ist viel­mehr al­lein, dass ih­nen die­se Ge­fahr, die al­lein schon den Sach­man­gel be­grün­det, nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts tat­säch­lich be­kannt war.

[9]    Ne­ben der Kennt­nis des Man­gels setzt ein arg­lis­ti­ges Han­deln des Ver­käu­fers wei­ter vor­aus, dass die­ser weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Feh­ler nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (st. Rspr. des BGH, vgl. nur Se­nat, Urt. v. 10.06.1983 – V ZR 292/81, WM 1983, 990; Urt. v. 20.03.1987 – V ZR 27/86, NJW 1987, 2511; Urt. v. 07.07.1989 – V ZR 21/88, NJW 1989, 42; Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, NJW-RR 2003, 989, 990). Von ei­nem sol­chen je­den­falls be­ding­ten Vor­satz der Be­klag­ten ist das Be­ru­fungs­ge­richt oh­ne Rechts­feh­ler aus­ge­gan­gen.

[10]   b) Nicht zu fol­gen wä­re ihm in­des ge­we­sen, so­weit es ge­meint hat, die ver­lang­te Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags so­wie der gel­tend ge­mach­te Scha­dens- und Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruch schei­ter­ten dar­an, dass der Klä­ger den Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat.

[11]   aa) Zu­tref­fend ist le­dig­lich der Aus­gangs­punkt, dass näm­lich der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag we­gen ei­nes Sach­man­gels wie auch das dar­auf ge­stütz­te Ver­lan­gen von Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung so­wie von Auf­wen­dungs­er­satz seit In­kraft­tre­ten des Schuld­recht­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes in grund­le­gen­der Ab­kehr vom frü­he­ren Recht im Re­gel­fall den er­folg­lo­sen Ab­lauf ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung vor­aus­setzt. Der Vor­rang der Nach­er­fül­lung er­gibt sich für den Rück­tritt aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I BGB und für den Scha­dens- bzw. Auf­wen­dungs­er­satz aus § 437 Nr. 3, §§ 281 I 1, 284 BGB.

[12]   bb) Er gilt in­des­sen nicht aus­nahms­los (§ 281 I, § 323 II, § 440 BGB). Ei­ne Aus­nah­me greift na­ment­lich dann ein, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Aus­übung des Rück­tritts­rechts oder Gel­tend­ma­chung des Scha­dens- bzw. Auf­wen­dungs­er­satz­an­spruchs recht­fer­ti­gen (§ 281 II Fall 2, § 323 II Nr. 3 BGB). Ge­mes­sen an den an­de­ren nor­mier­ten Aus­nah­me­tat­be­stän­den kommt die­sen Re­ge­lun­gen Auf­fang­cha­rak­ter zu. Sie sol­len den Ge­rich­ten Be­wer­tungs­spiel­räu­me er­öff­nen und Ein­zel­fäl­le er­fas­sen. Bei­spiel­haft wird da­bei die ver­spä­te­te und da­her nicht mehr ver­wend­ba­re Lie­fe­rung von Sai­son­wa­re oder Dün­ger für die Land­wirt­schaft ge­nannt (BT-Drs. 14/6040, S. 186). Ein die so­for­ti­ge Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags recht­fer­ti­gen­des über­wie­gen­des Käu­fer­in­ter­es­se wird von der Li­te­ra­tur und der un­ter­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ganz über­wie­gend auch dann be­jaht, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen ihm be­kann­ten Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags ver­schwie­gen hat (Anw­Komm-BGB/Dau­ner-Lieb, § 281 Rn. 42 und § 323 Rn. 28; De­dek, in: Hens­s­ler/Graf von West­pha­len, Pra­xis der Schuld­rechts­re­form, 2. Aufl., § 281 Rn. 36; Lo­renz/Riehm, Lehr­buch zum neu­en Schuld­recht, Rn. 521; KK-Schuld­recht/Wil­ling­mann/Hir­se, § 281 Rn. 16 und § 323 Rn. 17; i. E. eben­so, doch ge­stützt auf § 440 Satz 1 BGB [Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung]: LG Köln, Urt. v. 30.08.2005 – 5 O 479/04, ju­ris; LG Bonn, Urt. v. 30.10.2003 – 10 O 27/03, NJW 2004, 74, 75; Anw­Komm-BGB/Bü­den­be­n­der, § 440 Rn. 18; Anw­Komm-BGB/Raab, § 636 Rn. 23; Faust, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, § 4; Gru­ber, Jb­jZi­vR­Wiss 2001, 187, 199; KK-Schuld­recht/Ton­ner/Crell­witz, § 440 Rn. 16, ; MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 4. Aufl., § 440 Rn. 8; Pa­landt/Putzo, BGB, 65. Aufl., § 440 Rn. 8; Schmidt, in: Prüt­ting/We­gen/Wein­reich, BGB, § 440 Rn. 8; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 440 Rn. 22; Schur, ZGS 2002, 243, 248; vgl. fer­ner zum in­ter­na­tio­na­len Recht: Mül­ler-Chen, in: Schlech­triem/Schwen­zer, Kom­men­tar zum Ein­heit­li­chen UN-Kauf­recht, 4. Aufl., Art. 46 Rn. 30 und Art. 49 Rn. 9; dif­fe­ren­zie­rend OLG Cel­le, OLGR 2005, 185, 186; Lo­renz, NJW 2004, 26 f; ders., NJW 2006, 1925, 1927; MünchKomm-BGB/Ernst, 4. Aufl., § 281 Rn. 60 und § 323 Rn. 130; a. A. le­dig­lich LG Ber­lin, Urt. v. 01.02.2005 – 5 O 176/04, ju­ris).

[13]   Dem tritt der Se­nat bei. Hat der Ver­käu­fer beim Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags ei­ne Täu­schungs­hand­lung be­gan­gen, so ist in der Re­gel da­von aus­zu­ge­hen, dass die für ei­ne Nach­er­fül­lung er­for­der­li­che Ver­trau­ens­grund­la­ge be­schä­digt ist (so be­reits BGH, Urt. v. 08.12.1966 – VII ZR 144/64, BGHZ 46, 242, 246 [zu § 634 II BGB a.F.]). Dies gilt ins­be­son­de­re, aber nicht nur, dann, wenn die Nach­er­fül­lung durch den Ver­käu­fer selbst oder un­ter des­sen An­lei­tung im We­ge der Män­gel­be­sei­ti­gung er­fol­gen soll (Lo­renz, NJW 2004, 26, 27). In sol­chen Fäl­len hat der Käu­fer ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se dar­an, von ei­ner wei­te­ren Zu­sam­men­ar­beit mit dem Ver­käu­fer Ab­stand zu neh­men, um sich vor even­tu­el­len neu­er­li­chen Täu­schungs­ver­su­chen zu schüt­zen.

[14]   Dem ste­hen re­gel­mä­ßig kei­ne maß­ge­ben­den In­ter­es­sen des Ver­käu­fers ge­gen­über. Nach den Ma­te­ria­li­en zum Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz dient der Vor­rang der Nach­er­fül­lung al­lein dem Zweck, dem Ver­käu­fer ei­ne Chan­ce zu ge­ben, den mit der Rück­ab­wick­lung ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­teil ab­zu­wen­den (BT-Drs. 14/6040, S. 221). Die­se Chan­ce zur nach­träg­li­chen Feh­ler­be­sei­ti­gung ver­dient der Ver­käu­fer al­ler­dings nur dann, wenn ihm der Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht be­kannt war. Kann­te er ihn, so kann er ihn vor Ab­schluss des Ver­trags be­sei­ti­gen und die Sa­che in ei­nem ver­trags­ge­mä­ßen Zu­stand leis­ten. Die Chan­ce, ei­ne spä­te­re Rück­ab­wick­lung des Ver­trags zu ver­mei­den, wird dem Ver­käu­fer da­her in die­sem Fall be­reits im Vor­feld der ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen ein­ge­räumt. Ent­schließt sich der Ver­käu­fer je­doch, den Man­gel nicht zu be­sei­ti­gen und die Sa­che in ei­nem ver­trags­wid­ri­gen Zu­stand zu ver­äu­ßern, so be­steht kei­ne Ver­an­las­sung, ihm nach Ent­de­ckung des Man­gels durch den Käu­fer ei­ne zwei­te Chan­ce zu ge­wäh­ren. Der so han­deln­de Ver­käu­fer ver­dient kei­nen Schutz vor den mit der Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges ver­bun­de­nen wirt­schaft­li­chen Nach­tei­len (vgl. hier­zu auch Se­nat, Urt. v. 24.03.2006 – V ZR 173/05, NJW 2006, 1960, 1961 mit zust. Anm. Sa­en­ger, BGH­Re­port 2006, 826, 827; Urt. v. 11.05.1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984).

[15]   cc) Ge­mes­sen dar­an war auch im vor­lie­gen­den Fall ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ent­behr­lich, da die Be­klag­ten bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags die be­ste­hen­de Über­schwem­mungs­ge­fahr nicht of­fen­bart ha­ben. Oh­ne Be­lang ist da­bei, aus wel­chem Grund die Be­klag­ten ih­rer Of­fen­ba­rungs­pflicht nicht nach­ge­kom­men sind, so­dass nicht zu be­an­stan­den ist, dass das Be­ru­fungs­ge­richt auf dies­be­züg­li­che tat­säch­li­che Fest­stel­lun­gen ver­zich­tet hat. Die nach § 281 II Fall 2, § 323 II Nr. 3 BGB ge­bo­te­ne In­ter­es­sen­ab­wä­gung recht­fer­tig­te näm­lich ei­ne so­for­ti­ge Gel­tend­ma­chung von Rück­tritt, Scha­dens- und Auf­wen­dungs­er­satz selbst dann, wenn die Be­klag­ten – wie von der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung an­ge­führt – die ih­nen be­kann­te Über­schwem­mungs­ge­fahr als „Nor­mal­fall“ und da­mit nicht als Man­gel im Rechts­sin­ne be­wer­tet ha­ben soll­ten. Das lässt we­der den Vor­wurf der Arg­list ent­fal­len (s. oben), noch er­hält das Ver­hal­ten der Be­klag­ten aus der Sicht des Klä­gers ein für die Be­wer­tung der Zu­mut­bar­keit we­sent­lich an­de­res Ge­wicht.

[16]   4. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil hät­te da­her kei­nen Be­stand ge­habt. Ei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung wä­re dem Se­nat aber nicht mög­lich ge­we­sen, da das Be­ru­fungs­ge­richt – aus sei­ner recht­li­chen Sicht fol­ge­rich­tig – kei­ne Fest­stel­lun­gen zu den von den Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten Ge­gen­an­sprü­chen auf Nut­zungs­er­satz so­wie auf Wert­er­satz we­gen an­geb­li­cher Ver­schlech­te­run­gen des Grund­stücks ge­trof­fen hat. In­so­weit be­stand Er­folgs­aus­sicht.

[17]   Ob­wohl die­se Ge­gen­an­sprü­che, misst man sie am Ge­büh­ren­streit­wert, nicht an­nä­hernd den Wert der Kla­ge er­rei­chen, ent­spricht es bil­li­gem Er­mes­sen, die Kos­ten des Rechts­streits ge­gen­ein­an­der auf­zu­he­ben. Da­für spricht zum ei­nen, dass die Par­tei­en selbst ei­ne sol­che Kos­ten­ver­tei­lung in dem ge­schlos­se­nen Ver­gleich als an­ge­mes­sen und da­her an­zu­stre­ben an­ge­se­hen ha­ben. Ist der Se­nat hier­an auch nicht ge­bun­den, so kann er die­se Ein­schät­zung aber im Rah­men des bil­li­gen Er­mes­sens be­rück­sich­ti­gen (vgl. Zöl­ler/Voll­kom­mer, a. a. O., § 91a Rn. 58 – „Ver­gleich“; Hüß­te­ge, in: Tho­mas/Putzo, a. a. O., § 91a Rn. 48; s. auch OLG Bran­den­burg, Beschl. v. 20.10.1998 – 6 W 35/98, NJW-RR 1999, 654). Zum an­de­ren sind, wirt­schaft­lich be­trach­tet, die ne­ga­ti­ven Aus­wir­kun­gen bei ei­ner die Ge­gen­an­sprü­che zu­spre­chen­den Ent­schei­dung für den Klä­ger we­nigs­tens eben­so er­heb­lich wie die po­si­ti­ven Aus­wir­kun­gen ei­nes dem Kla­ge­an­trag statt­ge­ben­den Ur­teils. Denn die in ers­ter Li­nie ver­folg­te Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges hat nur den Leis­tungs­aus­tausch zum Ge­gen­stand, oh­ne dass da­mit ei­ne we­sent­li­che Än­de­rung im Ver­mö­gen ein­her­geht. Was ver­mö­gens­recht­lich zu Bu­che schlägt, sind ei­ner­seits die Scha­dens- und Auf­wen­dungs­er­satz­an­sprü­che des Klä­gers und an­de­rer­seits die Scha­dens­er­satz- und Nut­zungs­her­aus­ga­be­an­sprü­che der Be­klag­ten. Sieht man dar­auf, so er­scheint, auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des noch of­fen­ge­blie­be­nen Pro­zess­ri­si­kos, ei­ne Kos­ten­tei­lung in der von den Par­tei­en vor­ge­se­he­nen Wei­se bil­lig.

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