Ein ein­mal be­grün­de­tes Rück­tritts­recht nach § 323 I BGB geht nicht da­durch un­ter, dass der Gläu­bi­ger zu­nächst wei­ter­hin Er­fül­lung ver­langt.

BGH, Ur­teil vom 20.01.2006 – V ZR 124/05

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von dem Be­klag­ten nach ei­nem Rück­tritt von ei­nem Grund­stücks­kauf­ver­trag Scha­dens­er­satz für Kos­ten, die ihr zur Durch­füh­rung des Ver­tra­ges ent­stan­den sind.

Die Par­tei­en schlos­sen am 31.07.2003 ei­nen no­ta­ri­ell be­ur­kun­de­ten Grund­stücks­kauf­ver­trag, in dem sich der Be­klag­te zur las­ten­frei­en Über­tra­gung des Grund­stücks ver­pflich­te­te. Der Kauf­preis soll­te bis zum 15.09.2003 nach Wei­sung des No­tars ge­zahlt wer­den, wenn die­sem un­ter an­de­rem bis zu die­sem Ta­ge die Lö­schungs­un­ter­la­gen für die ein­ge­tra­ge­nen Grund­pfand­rech­te vor­la­gen. Das ge­schah nicht.

Die Klä­ge­rin setz­te dem Be­klag­ten mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 19.11.2003 ei­ne Frist von zehn Ta­gen zur Vor­la­ge der für die Lö­schung der Grund­pfand­rech­te er­for­der­li­chen Un­ter­la­gen. Sie kün­dig­te an, nach frucht­lo­sem Ab­lauf der Frist Kla­ge auf Er­fül­lung und auf Er­satz des Ver­zugs­scha­dens zu er­he­ben. Der Be­klag­te ließ die Frist ver­strei­chen.

Mit der En­de De­zem­ber 2003 zu­ge­stell­ten Kla­ge hat die Klä­ge­rin zu­nächst von dem Be­klag­ten die Über­eig­nung des Grund­stücks Zug um Zug ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses ver­langt. Der Be­klag­te hat auf die ihm zu­ge­stell­te Kla­ge­schrift in­ner­halb der ihm von dem Ge­richt ge­setz­ten Frist nicht er­wi­dert. Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 05.02.2004 er­klär­te die Klä­ge­rin, dass sie nicht mehr be­reit sei, den Ver­trag durch­zu­füh­ren, und von dem Grund­stücks­kauf­ver­trag zu­rück­tre­te.

Mit Schrei­ben vom 06.02.2004 teil­te die Grund­schuld­gläu­bi­ge­rin dem No­tar mit, dass die Lö­schungs­be­wil­li­gung dem No­tar in den nächs­ten Ta­gen zu­ge­hen wer­de.

Die Klä­ge­rin hat im April 2004 ih­re Kla­ge um­ge­stellt. Sie hat nun­mehr Zah­lung von 17.101,09 € nebst Zin­sen für Auf­wen­dun­gen zur Durch­füh­rung des Ver­tra­ges ver­langt. Das Land­ge­richt hat der Kla­ge in Hö­he von 16.872,51 € nebst Zin­sen statt­ge­ge­ben. Auf die Be­ru­fung des Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ab­ge­än­dert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Mit der Re­vi­si­on be­gehrt die Klä­ge­rin die Wie­der­her­stel­lung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils. Das Rechts­mit­tel war er­folg­reich.

Aus den Grün­den: [9]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt ist der An­sicht, dass die Vor­aus­set­zun­gen für die Aus­übung des Rück­tritts­rechts durch die Klä­ge­rin in­fol­ge des frucht­lo­sen Ab­laufs der Nach­frist für die Vor­la­ge der zur las­ten­frei­en Um­schrei­bung er­for­der­li­chen Lö­schungs­un­ter­la­gen zwar zu­nächst vor­ge­le­gen hät­ten; der mit An­walts­schrei­ben vom 05.02.2004 er­klär­te Rück­tritt sei aber den­noch un­wirk­sam, weil die Klä­ge­rin nach dem Ab­lauf der Frist ihr Wahl­recht im Sin­ne ei­ner For­de­rung auf Ver­trags­er­fül­lung aus­ge­übt ha­be.

[10]   Der An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung und das Rück­tritts­recht gin­gen end­gül­tig un­ter, wenn der Gläu­bi­ger nach Ab­lauf der Frist sein Wahl­recht für die Er­fül­lung aus­übe. Der Gläu­bi­ger sei ana­log § 262 BGB an die ge­trof­fe­ne Wahl ge­bun­den. Er set­ze sich mit dem vor­an­ge­gan­gen Er­fül­lungs­ver­lan­gen in ei­ner mit Treu und Glau­ben un­ver­ein­ba­ren Wei­se (§ 242 BGB) in Wi­der­spruch, wenn er die An­nah­me der an­ge­bo­te­nen Leis­tung ab­leh­ne. Der Gläu­bi­ger sei zwar schutz­wür­dig, wenn der Schuld­ner auch nach dem Er­fül­lungs­ver­lan­gen nicht leis­te. Er müs­se dann aber ein zwei­tes Mal ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist set­zen, be­vor er zu­rück­tre­ten oder Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­lan­gen kön­ne.

[11]   II. Das hält re­vi­si­ons­recht­li­cher Über­prü­fung nicht stand.

[12]   1. Im Aus­gangs­punkt zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Vor­aus­set­zun­gen nach § 323 I BGB für die Ent­ste­hung ei­nes Rechts der Klä­ge­rin zum Rück­tritt von dem Grund­stücks­kauf­ver­trag be­jaht. Der Be­klag­te hat­te sei­ne kauf­ver­trag­li­che Ver­pflich­tung nicht er­füllt, die Frei­stel­lung des Grund­stücks von den in Ab­tei­lung III des Grund­buchs ein­ge­tra­ge­nen Grund­pfand­rech­ten bis zu dem Zeit­punkt der Kauf­preis­fäl­lig­keit am 15.09.2003 zu er­mög­li­chen, da er die für ei­ne las­ten­freie Um­schrei­bung er­for­der­li­chen Lö­schungs­un­ter­la­gen bis da­hin nicht bei­ge­bracht hat­te (vgl. da­zu Ha­gen/Bam­bring, in: Krü­ger/Her­tel, Der Grund­stücks­kauf, 8. Aufl., Rn. 582). Die von der Klä­ge­rin dem Be­klag­ten mit dem an­walt­li­chen Schrei­ben vom 19.11.2003 ge­setz­te Frist von zehn Ta­gen war frucht­los ab­ge­lau­fen.

[13]   a) Da­mit war das ge­setz­li­che Rück­tritts­recht aus § 323 I BGB ent­stan­den. Dies setzt im Un­ter­schied zu § 326 I BGB a.F., nach dem die Frist­set­zung mit der An­kün­di­gung ei­ner Ab­leh­nung der Leis­tung ver­bun­den wor­den sein muss­te, nur noch vor­aus, dass der Schuld­ner ei­ne nach dem Ver­trag fäl­li­ge Leis­tung in­ner­halb ei­ner von dem Gläu­bi­ger nach dem Ein­tritt der Fäl­lig­keit ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Frist zur Leis­tung oder Nach­er­fül­lung nicht er­bracht hat.

[14]   b) Da­hin­ste­hen kann, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen das ge­setz­li­che Rück­tritts­recht er­lischt, wenn der Schuld­ner zwar nach dem Ab­lauf der Nach­frist, aber noch vor der Er­klä­rung des Rück­tritts die ge­schul­de­te Leis­tung nach­holt. Das war nicht der Fall. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass der Be­klag­te bis zu dem Zu­gang der Rück­tritts­er­klä­rung am 07.02.2004 die er­for­der­li­che Leis­tungs­hand­lung nicht er­bracht hat­te, da die zur las­ten­frei­en Um­schrei­bung des Ei­gen­tums an dem Grund­stück er­for­der­li­chen Lö­schungs­un­ter­la­gen dem No­tar bis zu die­sem Zeit­punkt nicht vor­ge­le­gen ha­ben.

[15]   c) Eben­falls of­fen­blei­ben kann, ob ein Gläu­bi­ger, wenn er nach dem er­folg­lo­sen Ab­lauf ei­ner von ihm gem. § 323 I BGB ge­setz­ten Frist den Schuld­ner auf Er­fül­lung ver­klagt und die­ser dar­auf­hin sei­ne Leis­tung an­kün­digt, noch bis zum Ab­lauf der da­für er­for­der­li­chen Zeit war­ten muss, be­vor er den Rück­tritt er­klä­ren darf (so MünchKomm-BGB/Ernst, 4. Aufl., § 323 Rn. 156). Selbst wenn man ei­ne sol­che War­te­frist for­dert, be­stand die­se für die Klä­ge­rin An­fang Fe­bru­ar 2004 nicht mehr. Der Gläu­bi­ger muss sich je­den­falls dann nicht mehr mit der Aus­übung des Rück­tritts­rechts zu­rück­hal­ten, wenn nach dem frucht­lo­sen Ab­lauf der Frist der Schuld­ner ihm be­reits ein­mal zwar die bal­di­ge Leis­tung ver­spro­chen hat, aber auch die­sem Ver­spre­chen nicht nach­ge­kom­men ist. So war es hier. Nach dem ei­ge­nen Vor­brin­gen des Be­klag­ten in sei­ner Be­ru­fungs­be­grün­dung hat­te er vor Weih­nach­ten 2003 der Klä­ge­rin die Über­sen­dung der Lö­schungs­be­wil­li­gun­gen für An­fang 2004 in Aus­sicht ge­stellt, was dann je­doch eben­falls nicht er­folg­te.

[16]   2. Rechts­feh­ler­haft hat das Be­ru­fungs­ge­richt ein Rück­tritts­recht der Klä­ge­rin aus § 323 I BGB mit der Be­grün­dung ver­neint, dass das Ver­lan­gen des Gläu­bi­gers auf Er­fül­lung nach dem Ab­lauf ei­ner gem. § 323 I BGB ge­setz­ten Frist zur Leis­tung oder Nach­er­fül­lung für die­sen in dem Sin­ne bin­dend sei, dass da­mit das Rück­tritts­recht er­lö­sche und erst nach ei­ner er­neu­ten frucht­lo­sen Frist­set­zung wie­der aus­ge­übt wer­den kön­ne. Die­se An­sicht wird zwar auch im Schrift­tum ver­tre­ten (Jau­er­nig/Stad­ler, BGB, 11. Aufl., § 281 Rn. 15; Schwab, JR 2003, 133 [136]). Sie ist in­des mit der ge­setz­li­chen Re­ge­lung der Rechts­fol­gen ei­ner er­geb­nis­lo­sen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung an den Schuld­ner nach § 281 I BGB und § 323 I BGB nicht zu ver­ein­ba­ren. Die (wei­te­re) Gel­tend­ma­chung des Er­fül­lungs­an­spruchs hebt auch dann, wenn sie im We­ge ei­ner Kla­ge er­folgt, die Fol­gen der er­folg­lo­sen Frist­set­zung ge­gen­über dem ver­trags­brü­chi­gen Schuld­ner nicht auf. Der Gläu­bi­ger muss sei­ne ge­setz­li­chen Rech­te ge­gen­über dem Schuld­ner nicht erst durch ei­ne er­neu­te Frist­set­zung wie­der be­grün­den, son­dern kann den Rück­tritt er­klä­ren, wenn der Schuld­ner auch nach er­neu­ter Leis­tungs­an­for­de­rung durch die Kla­ge nicht leis­tet (wie hier: MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 155, 156; Alt­ham­mer, ZGS 2005, 375 [376]; zur Frist­set­zung nach § 281 I BGB: Stau­din­ger/Ot­to, BGB, Neu­be­arb. 2004, § 281 Rn. D 4).

[17]   a) So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt ei­ne Bin­dung an das Er­fül­lungs­ver­lan­gen un­ter Be­zug­nah­me auf die Vor­schrif­ten über die Wahl­schuld (§§ 262 ff. BGB) zu be­grün­den ver­sucht, ist dies be­reits im An­satz feh­ler­haft. Der frucht­lo­se Ab­lauf ei­ner Nach­frist zur Leis­tung hat zur Fol­ge, dass dem Gläu­bi­ger ver­schie­de­ne An­sprü­che und Rech­te (auf Leis­tung, auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung und zum Rück­tritt) zu­ste­hen, un­ter de­nen er aus­wäh­len kann. Die­se Rech­te des Gläu­bi­gers be­ru­hen – an­ders als bei der Wahl­schuld nach § 262 BGB – nicht auf ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­rung, son­dern sind Fol­ge der ge­setz­li­chen An­ord­nun­gen in §§ 281, 323 BGB für die Fäl­le meh­re­rer auf­ein­an­der fol­gen­der Ver­trags­ver­let­zun­gen durch den Schuld­ner, der we­der zu der ver­trag­lich oder ge­setz­lich be­stimm­ten Fäl­lig­keit noch in der von dem Gläu­bi­ger ge­setz­ten Nach­frist die von ihm ge­schul­de­te Leis­tung er­bracht hat. Auf ei­ne sol­che Be­fug­nis des Gläu­bi­gers zur Aus­wahl (sog. elek­ti­ve Kon­kur­renz), die des­sen Rech­te ge­gen­über dem ver­trags­brü­chi­gen Schuld­ner er­wei­tert (vgl. RGZ 108, 184 [187]), sind die dem Schutz des Schuld­ners die­nen­den Vor­schrif­ten über die Bin­dung des Gläu­bi­gers an die Wahl (§ 263 II BGB) und über den Über­gang des Wahl­rechts auf den Schuld­ner nach frucht­lo­ser Auf­for­de­rung an den Gläu­bi­ger zur Wahl (§ 264 II BGB) we­der un­mit­tel­bar noch ent­spre­chend an­zu­wen­den (Grü­ne­berg, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, § 262 Rn. 5, 11; MünchKomm-BGB/Krü­ger, 4. Aufl., § 262 Rn. 11 f.).

[18]   b) Zu Recht macht die Re­vi­si­on auch gel­tend, dass ei­ne sol­che Bin­dung an ei­ne Wahl durch den Gläu­bi­ger nur für den Aus­schluss des An­spruchs auf Er­fül­lung be­stimmt ist, wenn der Gläu­bi­ger den An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung gel­tend macht (§ 281 IV BGB) oder sein ge­setz­li­ches Rück­tritts­recht aus § 323 I BGB aus­übt, wo­durch das Ver­trags­ver­hält­nis nach § 346 I BGB um­ge­stal­tet wird. Für die wei­te­re Ver­fol­gung des Er­fül­lungs­an­spruchs nach dem Ab­lauf der Nach­frist ist Ver­gleich­ba­res nicht an­ge­ord­net.

[19]   aa) Die Vor­schrift des § 281 IV BGB kann auch nicht „re­zi­prok“ an­ge­wen­det wer­den, wenn der Gläu­bi­ger wei­ter Er­fül­lung be­gehrt (so in­des Jau­er­nig/Stad­ler, a. a. O., § 281 Rn. 15). Rich­tig ist viel­mehr der aus § 281 IV BGB zu zie­hen­de Um­kehr­schluss. Nur der An­spruch auf Er­fül­lung wird durch die Ent­schei­dung des Gläu­bi­gers für ei­nen der se­kun­dä­ren An­sprü­che auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung nach § 281 I BGB oder auf Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges aus­ge­schlos­sen. Das Er­fül­lungs­ver­lan­gen des Gläu­bi­gers lässt grund­sätz­lich des­sen Be­fug­nis un­be­rührt, zu ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch statt der Leis­tung über­zu­ge­hen oder den Rück­tritt zu er­klä­ren, selbst wenn es nach frucht­lo­sem Frist­ab­lauf noch­mals gel­tend ge­macht wird (Alt­ham­mer, ZGS 2005, 375 [377]).

[20]   bb) Der An­spruch auf Er­fül­lung be­ruht auf an­de­ren Grund­la­gen und hat an­de­re Vor­aus­set­zun­gen als die ge­setz­li­chen An­sprü­che aus Nicht- oder Schlechter­fül­lung durch den Schuld­ner; die wei­te­re Ver­fol­gung des Er­fül­lungs­an­spruchs kann da­her der Aus­übung der ge­setz­li­chen Rech­te auf­grund ei­ner Nicht- oder Schlechter­fül­lung durch den Schuld­ner nicht gleich­ge­stellt wer­den (vgl. RGZ 102, 262 [264]). Das Recht des Gläu­bi­gers, Er­fül­lung zu ver­lan­gen, er­gibt sich aus dem Ver­trag selbst. Zur Aus­übung die­ses Rechts be­darf es kei­ner be­son­de­ren Er­klä­rung des Gläu­bi­gers, und sein Be­ste­hen schließt die sich aus dem frucht­lo­sen Ab­lauf ei­ner Nach­frist er­ge­ben­den Mög­lich­kei­ten des Gläu­bi­gers nicht aus, Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung zu ver­lan­gen oder von dem Ver­trag zu­rück­zu­tre­ten (vgl. RGZ 15, 66 [68]). Die Er­he­bung des An­spruchs auf Er­fül­lung ist we­der als ei­ne un­ab­än­der­li­che, rechts­ge­stal­ten­de Wil­lens­er­klä­rung noch als ein Ver­zicht auf Scha­dens­er­satz­an­sprü­che we­gen Nicht­er­fül­lung oder auf das Rück­tritts­recht zu ver­ste­hen (RGZ 102, 262 [265]).

[21]   c) Rechts­feh­ler­haft ist auch die An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts, die Er­klä­rung des Rück­tritts sei ei­ne mit Treu und Glau­ben nicht ver­ein­ba­re, un­zu­läs­si­ge Rechts­aus­übung, wenn der Gläu­bi­ger nach dem Ab­lauf ei­ner Nach­frist zu­nächst ei­ne Kla­ge auf Leis­tung er­ho­ben ha­be.

[22]   Das ist in die­ser All­ge­mein­heit un­zu­tref­fend. Ei­ne da­hin ge­hen­de Re­ge­lung ist im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren zum Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz ver­wor­fen wor­den. Der Ent­wurf vom Mai 2001 ent­hielt in den §§ 281 I, 323 I BGB (BT-Drs. 14/6040) Be­stim­mun­gen, dass der Rück­tritt durch den Gläu­bi­ger aus­ge­schlos­sen sein soll­te, wenn der Schuld­ner we­gen be­son­de­rer Um­stän­de trotz der er­folg­lo­sen Frist­set­zung nicht mit ei­nem Rück­tritt zu rech­nen brauch­te. Die­se Vor­schrif­ten des Ent­wurfs sind je­doch nicht Ge­setz ge­wor­den, son­dern im Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­ren aus­drück­lich ab­ge­lehnt wor­den. Im Be­richt des Rechts­aus­schus­ses des Bun­des­ta­ges vom Ok­to­ber 2001 (BT-Drs. 14/7052, S. 185 und 192) ist das da­mit be­grün­det wor­den, dass die ein­ma­li­ge frucht­lo­se Frist­set­zung durch den Gläu­bi­ger aus­rei­chen müs­se, um zu dem An­spruch auf Scha­dens­er­satz über­zu­ge­hen oder den Rück­tritt zu er­klä­ren, wenn der Gläu­bi­ger die wei­te­re Ver­fol­gung des Er­fül­lungs­an­spruchs für nicht mehr zweck­mä­ßig er­ach­te. Der Schuld­ner kön­ne und müs­se sich nach dem Ab­lauf der von dem Gläu­bi­ger ge­setz­ten Frist dar­auf ein­rich­ten, dass die­ser Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­lan­gen oder den Rück­tritt er­klä­ren wer­de. Die Re­ge­lung sol­le in­so­fern für den Gläu­bi­ger ein­fach zu hand­ha­ben und für den ver­trags­brü­chi­gen Schuld­ner streng sein.

[23]   Da­mit ist zwar nicht aus­ge­schlos­sen, dass die Aus­übung des Rück­tritts­rechts durch den Gläu­bi­ger im Ein­zel­fall mit dem Ge­bot von Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) nicht zu ver­ein­ba­ren sein kann, wenn et­wa der Rück­tritt zur Un­zeit er­klärt wird, kur­ze Zeit nach­dem der Gläu­bi­ger er­neut die Leis­tung an­ge­for­dert hat (AnwK-BGB/Dau­ner-Lieb, § 323 Rn. 22; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 155, 156). Das ist je­doch nach den ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen hier nicht der Fall, weil der Be­klag­te auch auf die er­neu­te Leis­tungs­auf­for­de­rung in der Kla­ge über meh­re­re Wo­chen nicht ge­leis­tet und sich da­mit wei­ter­hin ver­trags­wid­rig ver­hal­ten hat. Er muss­te des­halb da­mit rech­nen, dass die Klä­ge­rin von dem Ver­trag zu­rück­tre­ten und ihm ge­gen­über Er­satz für die Schä­den aus ih­ren Auf­wen­dun­gen zur Durch­füh­rung des Ver­tra­ges ver­lan­gen wird.

[24]   III. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ist auf­zu­he­ben. Die Sa­che ist nach § 563 III ZPO zur End­ent­schei­dung reif, da wei­te­re Fest­stel­lun­gen zur Scha­dens­hö­he nicht in Be­tracht kom­men. Die Re­vi­si­on führt zur Wie­der­her­stel­lung des Ur­teils des Land­ge­richts.

[25]   Die Klä­ge­rin kann von dem Be­klag­ten nach § 325 BGB i. V. mit § 280 I und III BGB, §§ 281, 284 BGB den Er­satz ih­rer ver­geb­li­chen Auf­wen­dun­gen zur Durch­füh­rung des Kauf­ver­tra­ges ver­lan­gen …

PDF er­stel­len