1. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens, der die An­zahl der Vor­be­sit­zer des Fahr­zeugs un­ter aus­drück­li­chem Ver­weis auf den Fahr­zeug­brief („lt. Fahr­zeug­brief“) an­gibt, muss sich, wenn sei­ne An­ga­be falsch ist, den Vor­wurf der Arg­list auch dann ge­fal­len las­sen, wenn er den Fahr­zeug­brief gar nicht ein­ge­se­hen hat. Denn ein Ver­käu­fer han­delt schon dann arg­lis­tig, wenn er zu ei­nem Ge­sichts­punkt, der er­kenn­bar maß­geb­li­che Be­deu­tung für den Käu­fer hat, „ins Blaue hin­ein“ un­rich­ti­ge An­ga­ben macht.
  2. Zwar ist die Nut­zungs­ent­schä­di­gung, die der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens dem Ver­käu­fer nach ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB schul­det, nach der For­mel \text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Rest­lauf­leis­tung}}} zu be­rech­nen. Ab­zu­stel­len ist al­so nicht auf die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nes ent­spre­chen­den Neu­fahr­zeugs, son­dern da­von sind die Ki­lo­me­ter ab­zu­zie­hen, die das Fahr­zeug bei der Über­ga­be an den Käu­fer be­reits zu­rück­ge­legt hat­te. Ei­ne bei der Über­ga­be für ei­nen Ge­braucht­wa­gen un­ge­wöhn­lich ge­rin­ge Lauf­leis­tung von nur 3.850 km darf aber ver­nach­läs­sigt und die Nut­zungs­ent­schä­di­gung wie bei ei­nem Neu­wa­gen be­rech­net wer­den.
  3. Die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nes (neu­en) Klein­wa­gens be­trägt 150.000 km.
  4. Es ist zur Ver­mei­dung von Pro­ble­men bei der Zwangs­voll­stre­ckung zu­läs­sig und al­lein sinn­voll, dass die Nut­zungs­ent­schä­di­gung, die ein Kfz-Käu­fer dem Ver­käu­fer nach ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt vom Kauf­ver­trag schul­det (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), in der Kla­ge­schrift und im Ur­teil nicht ex­akt be­zif­fert, son­dern le­dig­lich ih­re Be­rech­nung vor­ge­ge­ben wird (im An­schluss an OLG Karls­ru­he, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950, 1951 – „Karls­ru­her For­mel“).

LG Köln, Ur­teil vom 26.07.2005 – 28 O 70/05

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der Be­klag­ten auf der Grund­la­ge ei­ner Be­stel­lung vom 07.09.2002 für 10.800 € ei­nen ge­brauch­ten Pkw, der ihr am 13.09.2002 über­ge­ben wur­de. Das Fahr­zeug soll­te ein Jah­res­wa­gen mit nur ei­nem Vor­be­sit­zer sein und ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 3.850 km auf­wei­sen. Dem­entspre­chend heißt es in dem Be­stell­for­mu­lar un­ter an­de­rem: „Zahl der Hal­ter lt. Fzg-Brief: 1“. Die Klä­ge­rin zahl­te 2.000 € in bar an die Be­klag­te und fi­nan­zier­te den rest­li­chen Kauf­preis, in­dem sie mit der B-Bank am 07.09.2002 ei­nen Dar­le­hens­ver­trag schloss. Der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw wur­de der B-Bank si­che­rungs­über­eig­net; die­se er­hielt den Fahr­zeug­brief un­mit­tel­bar von der Be­klag­ten, die wuss­te, dass die Klä­ge­rin zu­vor nicht Ein­sicht in das Do­ku­ment ge­nom­men hat­te.

Aus dem Fahr­zeug­brief geht her­vor, dass das Fahr­zeug am 23.08.2001 in Ham­burg erst­zu­ge­las­sen und am 26.10.2001 auf die W-AG zu­ge­las­sen wor­den war, be­vor es dann am 12.09.2002 auf die Klä­ge­rin zu­ge­las­sen wur­de.

Am 16.04.2004 lös­te die Klä­ge­rin die Fi­nan­zie­rung vor­zei­tig ab und er­hielt dar­auf­hin von der B-Bank den Fahr­zeug­brief. Nach­dem die Klä­ge­rin durch Ein­sicht­nah­me in die­ses Do­ku­ment Kennt­nis da­von er­langt hat­te, dass es vor ihr zwei Fahr­zeug­hal­ter ge­ge­ben hat­te, er­klär­te sie mit An­walts­schrei­ben vom 30.04.2004 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te – er­folg­los – auf, die­sen Ver­trag bis zum 12.05.2004 rück­ab­zu­wi­ckeln.

Die Klä­ge­rin ist der An­sicht, die Be­klag­te ha­be ihr durch Be­zug­nah­me auf den Fahr­zeug­brief zu Un­recht zu­ge­si­chert, dass der Pkw nur ei­nen Vor­be­sit­zer ge­habt ha­be. Je­den­falls aber lie­ge un­ge­ach­tet der Fra­ge, ob und ge­ge­be­nen­falls in wel­chem Um­fang die W-AG das Fahr­zeug tat­säch­lich ge­nutzt ha­be, ein Man­gel vor, weil die An­zahl der Hal­ter ein wert­bil­den­der Fak­tor sei. Die Be­klag­te ha­be sie, die Klä­ge­rin, arg­lis­tig über die An­zahl der Vor­be­sit­zer ge­täuscht. Ih­re Rech­te we­gen die­ses Man­gels sei­en des­halb selbst dann nicht ver­jährt (§ 438 I Nr. 3, II, III 1 BGB), wenn die Ver­jäh­rungs­frist schon zu lau­fen be­gon­nen ha­be, als die Be­klag­te der B-Bank den Fahr­zeug­brief aus­ge­hän­digt ha­be.

Die Klä­ge­rin hat zu­nächst be­an­tragt, die Be­klag­te zur Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 1.350 € ver­min­der­ten Kauf­prei­ses, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs, zu ver­ur­tei­len und den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­zu­stel­len. Dem lag zu­grun­de, dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw bei Ein­rei­chung der Kla­ge­schrift ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 35.100 km auf­wies, al­so in der Be­sitz­zeit der Klä­ge­rin 31.250 km zu­rück­ge­legt hat­te. In der münd­li­chen Ver­hand­lung hat die Klä­ge­rin den An­trag auf ei­nen rich­ter­li­chen Hin­weis hin da­hin ge­än­dert, dass sie die Zah­lung von 10.800 € nebst Zin­sen „ab­züg­lich ei­nes Be­trags, der sich wie folgt be­rech­net: 0,054 € × (Ki­lo­me­ter ge­mäß Ta­chostand im Zeit­punkt der Rück­nah­me − 3.850 km)“ ver­langt hat.

Die Be­klag­te hat die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben. Hin­sicht­lich ei­ner ihr ge­ge­be­nen­falls zu­ste­hen­den Nut­zungs­ent­schä­di­gung hat die Be­klag­te zu­nächst gel­tend ge­macht, dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug um ei­nen Klein­wa­gen hand­le, der al­len­falls ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km und nicht – wie von der Klä­ge­rin an­ge­nom­men – von 250.000 km er­rei­che. Ihr, der Be­klag­ten, ste­he des­halb nicht le­dig­lich ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 0,4 %, son­dern in Hö­he von 0,5 % des Kauf­prei­ses je 1.000 ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter zu. Mit nicht nach­ge­las­se­nem Schrift­satz vom 01.07.2005 hat die Be­klag­te dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es hier nicht um ei­nen Neu-, son­dern um ei­nen Ge­braucht­wa­gen ge­he und des­halb die Nut­zungs­ent­schä­di­gung mit der For­mel {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Rest­lauf­leis­tung}}} be­rech­net wer­den müs­se.

Die Kla­ge hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Kla­ge ist mit dem neu ge­fass­ten und be­tref­fend die Zug-um-Zug-Ver­pflich­tung hin­sicht­lich der Ge­brauchs­vor­tei­le un­be­zif­fer­ten An­trag zu­läs­sig. Denn zur Ver­mei­dung von Pro­ble­men bei der Zwangs­voll­stre­ckung im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Ge­brauchs­vor­teil­s­an­rech­nung nach der Rück­ab­wick­lung ei­nes Au­to­kauf­ver­trags ist ei­ne sol­che An­trags­fas­sung mit der Vor­ga­be ei­ner ein­fach vor­zu­neh­men­den Ab­zugs­be­rech­nung al­lein sinn­voll und auch zu­läs­sig. Sie be­geg­net ins­be­son­de­re kei­nen voll­stre­ckungs­recht­li­chen Be­den­ken und er­mög­licht ei­ne sach­ge­rech­te und ta­ges­ge­naue Be­rech­nung, zur Not durch den Ge­richts­voll­zie­her (vgl. OLG Karls­ru­he, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950, 1951).

Die Kla­ge ist auch – bis auf ei­ne (noch­ma­li­ge) An­pas­sung der Be­rech­nung der Ge­brauchs­vor­tei­le, die oh­ne Wie­der­er­öff­nung der münd­li­chen Ver­hand­lung nach § 156 ZPO im We­ge der Teil­kla­ge­ab­wei­sung er­fol­gen konn­te, weil es sich nur um ei­ne Rechts- und Wer­tungs­fra­ge bei der Schät­zung nach § 287 ZPO han­del­te – be­grün­det. Der An­trag war in­so­fern dann be­tref­fend die Zug-um-Zug-Ver­pflich­tung ent­spre­chend an­zu­pas­sen.

Der Klä­ge­rin steht zu­nächst ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB, §§ 323, 326 V BGB, 275 I BGB zu. Denn das Fahr­zeug war bei Ge­fah­ren­über­gang mit dem an­fäng­li­chen und i. S. des § 275 I BGB un­be­heb­ba­ren Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB be­haf­tet, dass die tat­säch­li­che Zahl der Hal­ter von der ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zahl ne­ga­tiv ab­wich. Die­ser nicht zu be­he­ben­de Um­stand stellt we­gen der wirt­schaft­li­chen Be­deu­tung der Hal­ter­an­zahl für die Wert­bil­dung von Fahr­zeu­gen ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 1 BGB dar, oh­ne dass es wei­te­rer Nach­for­schun­gen zum Um­fang der Nut­zung etc. durch die an­de­ren Hal­ter be­darf. Die An­ga­be „lt. Kfz-Brief“ stellt fer­ner auch nicht nur ei­ne un­ver­bind­li­che Wis­sens­er­klä­rung dar, son­dern war viel­mehr – ge­ra­de we­gen der Be­deu­tung für ei­nen Käu­fer – un­mit­tel­bar Ge­gen­stand der ver­trag­li­chen Ei­ni­gung (so­gar für An­nah­me ei­ner recht­ver­bind­li­chen Zu­si­che­rung i. S. des § 459 II BGB a.F. et­wa OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 03.12.1993 – 22 U 127/93, ju­ris; all­ge­mein OLG Hamm, Urt. v. 14.07.1983 – 28 U 61/83, MDR 1984, 141; OLG Köln, Urt. v. 06.06.1973 – 2 U 64/72, Fahr­schu­le 1977, 72 = ju­ris Rn. 29).

Un­ge­ach­tet der Fra­ge des Ver­jäh­rungs­be­ginns in ei­nem Fall wie dem vor­lie­gen­den, bei dem der Fahr­zeug­brief nicht un­mit­tel­bar an den Käu­fer über­ge­ben wird, son­dern zu­nächst an die fi­nan­zie­ren­de Bank über­mit­telt wird (da­zu all­ge­mein LG Lü­beck, Urt. v. 23.07.2003 – 10 O 221/02, SchlHA 2004, 155 = ju­ris Rn. 21 ff.), greift im vor­lie­gen­den Fall selbst bei An­nah­me ei­nes Be­ginns der Ver­jäh­rung be­reits mit der Über­ga­be des Fahr­zeugs am 13.09.2002 nicht die Ein­re­de der Ver­jäh­rung aus § 214 I BGB i. V. mit § 438 I Nr. 3 BGB. Denn nach § 438 III BGB gilt die Re­gel­ver­jäh­rung nach §§ 195, 199 BGB, da die Be­klag­te den Man­gel des Fahr­zeugs arg­lis­tig ver­schwie­gen hat bzw. – was dem gleich­zu­stel­len ist – arg­lis­tig das Vor­han­den­sein der Ei­gen­schaft „nur 1 vor­he­ri­ger Hal­ter“ vor­ge­spie­gelt hat. Die nach §§ 195, 199 BGB maß­geb­li­che drei­jäh­ri­ge Frist mit ei­ner so­ge­nann­ten Jah­res­end­ver­jäh­rung war dann hier selbst bei An­nah­me ei­ner Zu­rech­nung ei­ner et­wai­gen po­si­ti­ven Kennt­nis der B-Bank an die Klä­ge­rin un­mit­tel­bar im Nach­gang an den Kauf­ver­trags­schluss – wel­che nicht un­zwei­fel­haft ist, hier je­doch man­gels Re­le­vanz da­hin­ste­hen mag – im Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung er­sicht­lich noch nicht ab­ge­lau­fen.

Dar­an, dass hier Arg­list i. S. des § 438 III BGB vor­lag, hat das er­ken­nen­de Ge­richt in An­leh­nung an OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 28.06.2002 – 22 U 13/02, OLGR 2003, 246 – kei­ne Zwei­fel. Denn wer beim Ver­kauf ei­nes Fahr­zeugs An­ga­ben über die Zahl der Vor­be­sit­zer ge­ra­de un­ter aus­drück­li­chem Ver­weis auf ei­nen Fahr­zeug­brief macht, kann dies ver­stän­di­ger­wei­se nicht tun, oh­ne sich dar­über zu­vor durch Ein­sicht­nah­me in eben die­sen Fahr­zeug­brief zu un­ter­rich­ten. Dann hät­te der Be­klag­ten aber die Un­wahr­heit der An­ga­ben nicht ver­bor­gen blei­ben kön­nen. Dass ei­ne Ein­sicht­nah­me er­folgt ist und et­wa nur ein blo­ßer Über­tra­gungs­feh­ler in das Kauf­ver­trags­for­mu­lar ge­sche­hen sein soll­te, ist von der Be­klag­ten nicht ein­mal be­haup­tet und wä­re zu­dem im Zwei­fel nach den Re­geln der Irr­tums­an­fech­tung (§§ 119 ff. BGB) – un­ter Be­ach­tung ins­be­son­de­re des § 121 BGB und mit der für die Be­klag­te ähn­lich nach­tei­li­gen Rechts­fol­ge des § 122 BGB – zu be­han­deln ge­we­sen. Und auch selbst den wei­ter­hin denk­ba­ren Fall un­ter­stellt, dass die Be­klag­te gar kei­ne Ein­sicht­nah­me in den Brief vor­ge­nom­men hät­te und sich et­wa auf münd­li­che Aus­künf­te ver­las­sen hät­te, lä­ge Arg­list vor. Denn da­für ge­nügt nach der zu § 123 BGB er­gan­ge­nen Recht­spre­chung des BGH auch ei­ne Er­klä­rung „ins Blaue hin­ein“ (vgl. da­zu Pa­landt/Hein­richs, BGB, 63. Aufl., § 123 Rn. 11). Dies wä­re er­sicht­lich auch auf den Fall zu über­tra­gen, in dem ei­ne Er­klä­rung un­ter aus­drück­li­cher Be­zug­nah­me auf ei­nen vor­lie­gen­den Fahr­zeug­brief er­folgt, oh­ne die­sen vor­her ein­zu­se­hen. Et­was an­de­res gilt dann hier auch nicht et­wa des­halb, weil an sich die Klä­ge­rin bei dem vor­lie­gen­den Ge­braucht­wa­gen­kauf et­wa zur Mög­lich­keit ei­nes gut­gläu­bi­gen Er­werbs selbst ge­hal­ten ge­we­sen wä­re, den Brief vor­her ein­zu­se­hen (vgl. zu § 932 BGB selbst bei un­mit­tel­ba­rer Brief­über­ga­be an die fi­nan­zie­ren­de Bank Pa­landt/Bas­sen­ge, BGB, 63. Aufl., § 932 Rn. 13a m. w. Nachw.). Denn dem Käu­fer ist hier – an­ders als bei den §§ 932 ff. BGB – nicht an­zu­las­ten, dass er sich auf die Er­klä­run­gen des Ver­käu­fers ver­las­sen hat.

Nach § 348 BGB muss die Klä­ge­rin ih­rer­seits im Ge­gen­zug in­fol­ge des Rück­tritts Zug um Zug den Wa­gen zu­rück­ge­ben (§ 346 I BGB) und ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen als Ge­brauchs­vor­tei­le er­stat­ten (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB). Die im Fal­le der Rück­ab­wick­lung ei­nes ge­wan­del­ten Kauf­ver­trags über ein Kraft­fahr­zeug ge­schul­de­te Ver­gü­tung der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen, al­so der aus­zu­keh­ren­de Wert ei­nes tat­säch­lich er­folg­ten Ge­brauchs, ist über § 287 I und II ZPO zu schät­zen. Da­bei ist all­ge­mei­ner Mei­nung nach der kor­rek­te An­knüp­fungs­punkt ei­ner­seits der ge­zahl­te Brut­to­kauf­preis, denn die­ser ver­kör­pert den ge­sam­ten Nut­zungs­wert des Fahr­zeugs. An­de­rer­seits stellt die im Ein­zel­fall un­ter ge­wöhn­li­chen Um­stän­den zu er­zie­len­de Ge­samt­fahr­leis­tung den Ge­samt­ge­brauchs­wert dar (BGH, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 91/82, BGHZ 88, 28, 32 = NJW 1983, 2194, 2195). Wei­ter be­steht Ei­nig­keit da­hin, dass der Ge­brauchs­wert ei­nes Fahr­zeugs „li­ne­ar“ auf­ge­zehrt wird (BGH, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 91/82, BGHZ 88, 28, 32 = NJW 1983, 2194, 2195), al­so nicht so wie ein für die Be­mes­sung des Ge­brauchs­vor­teils un­be­acht­li­cher Wert­ver­lust, wel­cher be­kann­ter­ma­ßen ei­nen de­gres­si­ven Ver­lauf nimmt. (OLG Karls­ru­he, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950, 1951, und all­ge­mein Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 8. Aufl., Rn. 315 ff. m. w. Nachw.). Die dar­aus fol­gen­de ma­the­ma­ti­sche For­mel

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­ver­kaufs­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung}}}

ist grund­sätz­lich zu­nächst auf den Neu­wa­gen­kauf zu­ge­schnit­ten, kann aber mo­di­fi­ziert auch auf Ge­braucht­fahr­zeu­ge An­wen­dung fin­den mit der Maß­ga­be, dass hier die zu er­war­ten­de Le­bens­dau­er an­zu­pas­sen ist. Sie kann nied­ri­ger sein, näm­lich nur noch der Dif­fe­renz der Lauf­leis­tung des Ge­braucht­fahr­zeugs zum Zeit­punkt des Ver­kaufs zu der er­war­te­ten Ge­samt­lauf­leis­tung ei­nes Neu­wa­gens ent­spre­chen. An­de­rer­seits ist zu be­ach­ten, dass der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs häu­fig mit ge­rin­ge­ren Er­war­tun­gen an die Qua­li­tät des Fahr­zeugs und den Fahr­kom­fort her­an­geht als der Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens, so­dass auch hö­he­re Ge­samt­lauf­leis­tun­gen ein­be­zo­gen wer­den müs­sen. Zu be­rech­nen ist fer­ner an­hand des Kauf­prei­ses für den Ge­braucht­wa­gen (OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 07.07.2000 – 25 U 62/00, OLGR 2001, 29).

So­weit die Klä­ge­rin auf Hin­weis des Ge­richts ih­ren An­trag an die For­mel

\text{Ge­brauchs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­ver­kaufs­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter}}{\text{er­war­te­te Rest­fahr­leis­tung}}}

an­ge­passt hat und da­bei – an­ge­sichts der Tat­sa­che, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ein Klein­wa­gen ist – zu­nächst ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 200.000 km zu­grun­de ge­legt hat, ist dies aus Sicht des er­ken­nen­den Ge­richt nach er­neu­ter Prü­fung zu hoch ge­grif­fen. Der so er­rech­ne­te Be­trag von 0,5 % des Kauf­prei­ses, al­so (10.800 € × 0,5 % =) 54 € für je 1.000 ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter, al­so 0,054 € pro Ki­lo­me­ter, ist noch­mals an­zu­pas­sen, weil an­ge­sichts des Cha­rak­ters des Klein­wa­gens ver­stän­di­ger­wei­se nur von ei­ner zu er­war­ten­den Rest­lauf­leis­tung von 150.000 km aus­zu­ge­hen ist (vgl. auch all­ge­mein OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 07.07.2000 – 25 U 62/00, OLGR 2001, 29 m. w. Nachw.). An­halts­punk­te für ei­ne be­son­de­re Halt­bar­keit des Fahr­zeugs, die für ei­ne hö­he­re Ge­samt­lauf­leis­tung spre­chen könn­ten, be­ste­hen nicht (et­wa gro­ße Die­sel­ma­schi­ne). Da­her ist rich­ti­ger­wei­se ein Be­trag von 0,67 % des Kauf­prei­ses an­zu­set­zen, al­so hier 0,07 € pro ge­fah­re­nem Ki­lo­me­ter – mit der Fol­ge ei­ner Kla­ge­ab­wei­sung im Üb­ri­gen.

So­weit die Be­klag­te im nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz mit teils nicht ganz nach­voll­zieh­ba­ren und wi­der­sprüch­li­chen Ki­lo­me­ter­an­ga­ben (110.00 km tat­säch­li­cher Ki­lo­me­ter­stand bei 36.150 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern?) ab­wei­chen­de Be­rech­nun­gen hat vor­neh­men wol­len, ist dem nach den obi­gen Aus­füh­run­gen und den ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen im Ter­min wohl oh­ne­hin be­reits weit­ge­hend Rech­nung ge­tra­gen; die Ein­wen­dun­gen be­ru­hen ge­ge­be­nen­falls teil­wei­se auf Miss­ver­ständ­nis­sen. Im Üb­ri­gen ist nach Auf­fas­sung des Ge­richts im Rah­men des § 287 II ZPO im kon­kre­ten Fall ei­ne Ver­nach­läs­si­gung der un­ge­wöhn­lich ge­rin­gen An­fangs­lauf­leis­tung von nur 3.850 km im We­ge der Schät­zung zu­läs­sig und ge­bo­ten. Denn an­ders als die Be­klag­te meint, be­gann die Nut­zung eben hier nicht – wie bei Ge­braucht­wa­gen üb­lich – mit ei­nem „weit hö­he­ren Km-Stand“ als bei ei­nem Neu­wa­gen, son­dern letzt­lich eben­so wie bei ei­nem sol­chen fast bei null. Da­her konn­te aus­ge­hend vom Zeit­punkt des Er­werbs – der maß­geb­lich ist (OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 07.07.2000 – 25 U 62/00, OLGR 2001, 29) – durch­aus noch im Zeit­punkt des An­kaufs ei­ne Rest­lauf­leis­tung von 150.000 km er­war­tet wer­den.

Dass dann hier zu­letzt die Nut­zung über ei­nen lan­gen Zeit­raum er­folgt ist, ist der Klä­ge­rin nicht an­zu­las­ten und recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Be­rech­nungs­wei­se.

II. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 ZPO; die Ent­schei­dung über die vor­läu­fi­ge Voll­streck­bar­keit be­ruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Die mar­gi­na­len Än­de­run­gen bei der Zug-um-Zug-Leis­tung durch Teil­kla­ge­rück­nah­me und Teil­kla­ge­ab­wei­sung wa­ren nicht streit­wert­re­le­vant (Zöl­ler/Her­get, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rn. 16 – „Zug-um-Zug-Leis­tun­gen“) und schon von da­her für die Kos­ten­ent­schei­dung un­be­acht­lich; zu­min­dest greift er­sicht­lich § 92 II Nr. 1 ZPO.

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