Sichert der Verkäufer eines Gebrauchtwagens dem Käufer i. S. von § 459 II BGB a.F. zu, dass das Fahrzeug eine bestimmte Anzahl von Vorbesitzern gehabt habe, so hat diese Eigenschaftszusicherung zugleich zum Inhalt, dass insoweit die sechsmonatige Verjährungsfrist für die Rechte des Käufers wegen eines Mangels (§ 477 I 1 BGB a.F.) erst mit der Übergabe des Fahrzeugbriefs zu laufen beginnt. Denn der Käufer kann nur und erst anhand des Fahrzeugbriefs überprüfen, ob der Verkäufer die Anzahl der Vorbesitzer korrekt angegeben hat.

LG Lübeck, Urteil vom 23.07.2003 – 10 O 221/02

Sachverhalt: Der Kläger, der ein Autohaus betreibt, veräußerte – vertreten durch seinen Sohn – an den Beklagten am 13.12.2001 einen Pkw Mercdes-Benz 250 TD und kaufte von dem Beklagten am selben Tag einen über sieben Jahre alten Pkw Mercedes-Benz 300 TD Turbodiesel. Im schriftlichen Kaufvertrag über das letztgenannte Fahrzeug gab der Beklagte als Verkäufer an, dass der Pkw drei Vorhalter gehabt habe.

Der Mercedes-Benz 300 TD Turbodiesel wurde dem Kläger etwa eine Woche nach Abschluss des Kaufvertrags übergeben. Nachdem der Darlehensvertrag, den der Beklagte zur Finanzierung des Pkw geschlossen hatte, abgelöst worden war, erhielt der Beklagte von der finanzierenden Bank den Fahrzeugbrief und übergab ihn am 12.01.2002 dem Sohn des Klägers. Dessen Vater, der Kläger, entnahm dem Fahrzeugbrief, dass der Beklagte bereits der sechste eingetragene Fahrzeughalter war, und wollte deshalb an dem Kaufvertrag über das Fahrzeug nicht festhalten. Im April 2002 kam es daher zu Verhandlungen zwischen den Parteien, deren Inhalt und Ergebnis streitig sind. In der Folgezeit forderte der Kläger den Beklagten wiederholt – erfolglos – zur Rücknahme des Daimler-Benz 300 TD Turbodiesel auf.

Am 22.08.2002 ist ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten ergangen, gegen das dieser rechtzeitig Einspruch eingelegt hat. Der Beklagte hat behauptet, für den Wert von Fahrzeugen, die – wie der streitgegenständliche Pkw – älter als sieben Jahre seien, sei die Anzahl der Vorhalter von untergeordneter Bedeutung. Außerdem hat der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben und insoweit die Auffassung vertreten, die Verjährungsfrist für etwaige Gewährleistungsansprüche des Klägers habe bereits mit der Übergabe des Fahrzeugs und nicht erst mit der Übergabe des Fahrzeugbriefs zu laufen begonnen.

Der Einspruch des Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Versäumnisurteil hinsichtlich des Zinsanspruchs des Klägers teilweise aufgehoben und insoweit die Klage abgewiesen wurde.

Aus den Gründen: Die Klage ist … nur teilweise begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 10.992,78 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mercedes-Benz 300 TD Turbodiesel aus §§ 462, 459 II, 467, 346 ff. BGB a.F.

Es kann dahinstehen, ob die Parteien zwei Kaufverträge oder einen Tauschvertrag schlossen, da gemäß § 515 BGB a.F. die gleichen Gewährleistungsvorschriften Anwendung finden.

Dem Wagen fehlte bei Gefahrübergang eine zugesicherte Eigenschaft, die seinen Wert erheblich minderte. Je höher die Anzahl der im Fahrzeugbrief eingetragenen Halter eines Kraftfahrzeugs ist, desto geringer ist dessen Wert, sodass Angaben hierzu im Kaufvertrag in der Regel als Eigenschaftszusicherungen zu werten sind (OLG Hamm, Urt. v. 14.07.1983 – 28 U 61/83, MDR 1984, 141). Vorliegend gab der Kläger in der Vertragsurkunde die Halterzahl mit drei an. Tatsächlich war er bereits als sechster Halter im Fahrzeugbrief eingetragen.

Aufgrund des Wandelungsbegehrens des Klägers ist der Beklagte gemäß § 346 BGB a.F. verpflichtet, ihm die empfangene Leistung zurückzugewähren.

Wenn der Käufer eines Pkw einen Gebrauchtwagen in Zahlung gibt, der Verkäufer jedoch wegen eines Mangels dieses Gebrauchtwagens die Wandelung erklärt, ist der Käufer nicht verpflichtet, den vertraglich vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, sondern schuldet nur Herausgabe des gekauften Pkw bzw., wenn ihm diese nicht möglich ist, entsprechenden Wertersatz (BGH, Urt. v. 30.11.1983 – VIII ZR 190/82, BGHZ 89, 126). Der Beklagte kann den vom Kläger erhaltenen Pkw Mercdes-Benz 250 TD nicht herausgeben, da er ihn bereits weiterveräußert hat, sodass er zum Wertersatz verpflichtet ist. Es ist davon auszugehen, dass der Wert des Wagens dem von den Parteien vereinbarten Kaufpreis entspricht.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist nicht verjährt.

Die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 I BGB a.F. beginnt mit Ablieferung der Sache. Der streitgegenständliche Pkw wurde etwa eine Woche nach dem 03.12.2001 übergeben, der Fahrzeugbrief am 12.01.2002. Zwar steht dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs auch das Eigentum an dem Fahrzeugbrief zu (BGH, Urt. v. 08.05.1978 – VIII ZR 46/77, NJW 1978, 1854), und dessen Herausgabe ist Hauptpflicht des Fahrzeugverkäufers (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 444 Rn. 1). Dennoch wird man nicht annehmen können, dass ohne Übergabe des Fahrzeugbriefs keine Ablieferung des Fahrzeugs erfolgt ist.

Für den Beginn der Verjährungsfrist ist nicht darauf abzustellen, wann der Käufer einen etwaig versteckten Mangel erkennen konnte, da der Verkäufer die Frist, innerhalb derer er mit Gewährleistungsansprüchen rechnen muss, bestimmen können soll (BGH, Urt. v. 02.06.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215 = BB 1980, 1068 = NJW 1980, 1950, 1952). Allerdings kann eine Eigenschaftszusicherung des Verkäufers auch die stillschweigende Verschiebung des Beginns der Verjährungsfrist zum Inhalt haben (BGH, Urt. v. 02.06.1980 – VIII ZR 78/79, BGHZ 77, 215 = BB 1980, 1068 = NJW 1980, 1950, 1952; vgl. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl., Rn. 1803). Sichert der Verkäufer die Anzahl der Halter eines Kraftfahrzeugs zu, ermöglicht er dem Käufer die Überprüfung dieser Eigenschaft erst durch Übergabe des Fahrzeugbriefs. Daher enthält die Zusicherung dieser Eigenschaft auch die entsprechende Verschiebung der Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Fehlen derselben. Hierdurch wird die Berechenbarkeit für den Verkäufer nicht gemindert, da es an ihm liegt, wann er dem Käufer den Fahrzeugbrief übergibt.

Die Verjährungsfrist begann demnach am 12.01.2002 und endete am 12.07.2002.

Gemäß § 209 I BGB a.F., § 253 I ZPO a.F. wird die Verjährung unterbrochen durch Zustellung der Klagschrift an den Beklagten. Diese erfolgte erst am 23.07.2002. Allerdings wirkt die Verjährungsunterbrechung gemäß § 270 III ZPO a.F. auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage zurück, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Für die Beurteilung, ob dies der Fall ist, kommt es auf den zeitlichen Abstand der Zustellung zum Ablauf der Verjährungsfrist an (BGH, Urt. v. 27.05.1993 – I ZR 100/91, NJW 1993, 2320), wobei eine Verzögerung von bis zu 14 Tagen als geringfügig und damit die Zustellung als demnächst erfolgt zu werten ist (BGH, Urt. v. 09.11.1994 – VIII ZR 327/93, NJW-RR 1995, 254). Zwischen dem Ende der Verjährungsfrist und der Zustellung der Klage lagen elf Tage, sodass die Verjährungsfrist durch Einreichung der Klage am 13.06.2002 vor deren Ablauf unterbrochen wurde.

Gemäß § 348 a.F. BGB ist der Beklagte zur Zahlung nur Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Pkw verpflichtet.

Der Kläger hat den Beklagten wiederholt zur Rücknahme des Pkw aufgefordert, sodass sich der Beklagte gemäß §§ 293, 295 BGB a.F. in Annahmeverzug befindet. Erfüllungsort der Rückgabeverpflichtung ist der Ort, wo sich die Sache dem Vertrag entsprechend befindet (BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109). Demnach obliegt dem Beklagten, den Pkw bei dem Kläger abzuholen.

Der Kläger hat gemäß §§ 291, 288 I 2 BGB a.F. einen Anspruch auf Prozesszinsen ab Zustellung der Klage in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Zu einem früheren Zeitpunkt ist mangels Zahlungsaufforderung kein Verzug des Beklagten eingetreten. Der Beklagte ist auch nicht gemäß § 347 Satz 3 BGB a.F. zur Zinszahlung ab Erhalt der Leistung des Klägers verpflichtet, da keine Geldsumme erhielt, sondern einen Pkw.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 II ZPO a.F.

Der Kläger ist dadurch, dass er Zahlung nur Zug um Zug gegen Herausgabe des streitgegenständlichen Pkw verlangen kann, nicht teilweise unterlegen, da die von ihm gestellten Anträge bereits entsprechend auszulegen waren. Dies ergibt sich aus der beantragten Feststellung des Annahmeverzugs.

Die Zuvielforderung des Klägers im Hinblick auf die Zinsen ist im Verhältnis zum Streitwert nur geringfügig und hat die Kosten des Rechtsstreits nicht erhöht.

Im Zusammenhang mit dem Versäumnisurteil sind dem Beklagten keine Kosten aufzuerlegen, da er nicht säumig war. …

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