Ein Ge­braucht­wa­gen ist „un­fall­frei“, wenn er kei­nen als er­heb­lich an­zu­se­hen­den Scha­den er­lit­ten hat. Ob ein Scha­den er­heb­lich ist, be­stimmt sich nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung, die nur ge­ring­fü­gi­ge, aus­ge­bes­ser­te Blech­schä­den und Schön­heits­feh­ler aus dem Be­griff der Un­fall­frei­heit aus­klam­mert.

OLG Ros­tock, Ur­teil vom 17.12.2003 – 6 U 227/02

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von dem be­klag­ten Ge­braucht­wa­gen­händ­ler we­gen des Feh­lens der aus ih­rer Sicht zu­ge­si­cher­ten Un­fall­frei­heit bzw. we­gen arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens von Un­fall­schä­den die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ei­nen ge­brauch­ten Pkw VW Pas­sat TDI Va­ri­ant. Au­ßer­dem be­gehrt sie den Er­satz von Re­pa­ra­tur­kos­ten.

Der Be­klag­te be­treibt ei­nen Ge­braucht­wa­gen­han­del in Meck­len­burg-Vor­pom­mern; die Klä­ge­rin hat ih­ren Wohn­sitz in Ve­ch­ta (Nie­der­sach­sen). Sie such­te für sich ei­nen VW Pas­sat Au­to­ma­tik. Im In­ter­net wur­de sie auf ein ent­spre­chen­des An­ge­bot des Be­klag­ten auf­merk­sam. Das vom Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug hat­te ei­ne Erst­zu­las­sung aus dem Jah­re 1997; die Lauf­leis­tung be­trug 152.700 km. Die Klä­ge­rin und ihr Ehe­mann hat­ten mit dem Kauf von Ge­braucht­fahr­zeu­gen die­sen Al­ters und die­ser Lauf­leis­tung be­reits schlech­te Er­fah­run­gen ge­macht. Von da­her lag ih­nen dar­an, ei­nen un­fall­frei­en Pkw zu er­wer­ben.

An­fang Ju­ni 2001 wand­te sich E, der Ehe­mann der Klä­ge­rin, te­le­fo­nisch an den Be­klag­ten. Be­reits im Rah­men ei­nes zwei­ten Te­le­fon­ge­sprächs er­kun­dig­te er sich da­nach, ob das in­se­rier­te Fahr­zeug un­fall­frei sei. Der ge­naue­re Ge­sprächs­in­halt – ins­be­son­de­re die Ant­wort des Be­klag­ten auf die­se Fra­ge – ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. Eben­so steht im Streit, ob der Be­klag­te bei der Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs auf sei­nem Be­triebs­ge­län­de am 07.06.2001 ge­gen­über der Klä­ge­rin oder ih­rem Ehe­mann ei­ne Zu­sa­ge über die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs ab­ge­ge­ben hat. Bei die­ser Be­sich­ti­gung mach­te das Fahr­zeug auf die Klä­ge­rin und ih­ren Mann ei­nen äu­ßer­lich gu­ten Ein­druck, wo­hin­ge­gen der ver­schmutz­te In­nen­raum von ih­nen be­an­stan­det wur­de und zu Ver­hand­lun­gen über ei­nen Preis­nach­lass führ­te.

In der dem Kauf­ver­trags­schluss zu­grun­de lie­gen­den Ur­kun­de, ei­nem von dem Be­klag­ten ver­wen­de­ten For­mu­lar „Ver­bind­li­che Be­stel­lung ei­nes ge­brauch­ten Fahr­zeugs“, be­fin­den sich un­ter an­de­rem fol­gen­de Ru­bri­ken, die wie folgt von ihm aus­ge­füllt wur­den: „Das Fahr­zeug ist fahr­be­reit“ – „Ja“; „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ – kei­ne An­ga­ben; „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ – „Nein“.

Nach dem Kauf­ver­trags­schluss am 07.06.2001 über­führ­te die Klä­ge­rin das er­wor­be­ne Fahr­zeug noch am sel­ben Tag nach Ve­ch­ta. Mit­te Sep­tem­ber 2001 muss­te sie an dem Fahr­zeug um­fang­rei­che Re­pe­ra­tur­ar­bei­ten durch­füh­ren las­sen. Er­neu­ert bzw. aus­ge­tauscht wur­den un­ter an­de­rem drei Kreuz­ge­len­ke, der Zahn­rie­men, der Keil­rie­men, ein Kraft­stoff-, ein Luft- und ein In­nen­raum­fil­ter. Die Re­pe­ra­tur­kos­ten be­lie­fen sich auf 2.364,56 DM so­wie wei­te­re 170,84 DM.

In der Fol­ge­zeit er­mit­tel­te die Klä­ge­rin als Erst­be­sit­ze­rin des streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeugs die G-GmbH in Barth und als Zweit­be­sit­zer das VW-Au­to­haus N, eben­falls in Barth. Von dem Au­to­haus hat­te der Be­klag­te den Pkw er­wor­ben.

In der Be­ru­fungs­in­stanz ist in zwi­schen den Par­tei­en auf­grund der An­ga­ben des erst­in­stanz­lich ver­nom­me­nen Zeu­gen B, ei­nes Mit­ar­bei­ters der G-GmbH, un­strei­tig ge­wor­den, dass der von der Klä­ge­rin er­wor­be­ne Pkw in der Zeit, in der ihn die G-GmbH nutz­te, Schä­den am Kot­flü­gel vorn rechts und auch am Kot­flü­gel hin­ten rechts er­lit­ten hat. Der ers­te Scha­den war ent­stan­den, weil ein Sturm ein Werk­statt­tor ge­gen den rech­ten vor­de­ren Kot­flü­gel ge­drückt hat­te; den zwei­ten Scha­den hat­te ein Mit­ar­bei­ter der G-GmbH ver­ur­sacht, in­dem er mit ei­ner An­hän­ger­he­be­büh­ne ge­gen den rech­ten hin­te­ren Kot­flü­gel ge­fah­ren war. Der be­schä­dig­te Kot­flü­gel wur­de je­weils aus­ge­tauscht und neu la­ckiert.

Der Ehe­mann der Klä­ge­rin for­der­te den Be­klag­ten in der 47. Ka­len­der­wo­che des Jah­res 2001 auf, das Fahr­zeug zu­rück­zu­neh­men und der Klä­ge­rin den Kauf­preis so­wie den ihr ent­stan­de­nen Scha­den zu er­set­zen. Dies lehn­te der Be­klag­te ab.

Das Land­ge­richt hat der Klä­ge­rin Scha­dens­er­satz in Hö­he des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses von 10.225,84 € (= 20.000 DM) so­wie der „Ver­trags­kos­ten“ in Hö­he von 249,25 € ab­züg­lich ei­ner Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 1.425,20 €, ins­ge­samt al­so in Hö­he von 9.049,89 €, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu­ge­spro­chen. We­gen der dar­über hin­aus be­an­spruch­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 1.296,33 € so­wie we­gen des An­trags, den An­nah­me­ver­zug des Be­klag­ten fest­zu­stel­len, hat es die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, die Be­weis­auf­nah­me ha­be zur Über­zeu­gung des Ge­richts er­ge­ben, dass der Be­klag­te münd­lich die Un­fall­frei­heit des ver­kauf­ten Fahr­zeugs zu­ge­si­chert ha­be. Der Be­klag­te haf­te selbst bei Un­kennt­nis der Vor­schä­den, da er die Un­fall­frei­heit kei­nes­falls durch ei­ne Be­haup­tung „ins Blaue hin­ein“ ha­be be­haup­ten dür­fen. Er ha­be sich dies­be­züg­lich nicht auf die An­ga­ben des VW-Au­to­hau­ses N ver­las­sen dür­fen, son­dern als Fach­händ­ler selbst das Fahr­zeug un­ter­su­chen müs­sen. Die Kla­ge­ab­wei­sung im Hin­blick auf die be­an­spruch­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten hat das Land­ge­richt mit der Er­wä­gung be­grün­det, dass die Re­pa­ra­tur nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen auch durch Ab­nut­zung und Ver­schleiß wäh­rend der Nut­zung des Fahr­zeu­ges durch die Klä­ge­rin er­for­der­lich ge­wor­den sein könn­te. Den An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zu­ges hat das Land­ge­richt als un­be­grün­det er­ach­tet, weil die Klä­ge­rin dem Be­klag­ten die Rück­ga­be des Fahr­zeugs an des­sen Ge­schäfts­sitz ha­be an­bie­ten müs­sen, was un­strei­tig nicht ge­sche­hen ist.

Ge­gen die­ses Ur­teil ha­ben so­wohl die Klä­ge­rin als auch der Be­klag­te Be­ru­fung ein­ge­legt. Das Rechts­mit­tel des Be­klag­ten blieb er­folg­los; die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te dem­ge­gen­über Er­folg.

Aus den Grün­den: B. … II. … [A]uf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hin war das land­ge­richt­li­che Ur­teil in­so­weit ab­zu­än­dern, als der Klä­ge­rin auch noch die be­gehr­ten wei­te­ren Re­pa­ra­tur­kos­ten als Scha­dens­er­satz im We­ge der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags (im Rah­men des sog. gro­ßen Scha­dens­er­sat­zes) zu­ste­hen, und dass die Klä­ge­rin ei­nen An­spruch auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Be­klag­ten im Hin­blick auf sei­ne Ver­pflich­tung zur Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ge­braucht­fahr­zeugs hat.

1. Das Land­ge­richt be­wer­tet die Fra­ge ei­ner ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Haf­tung des Be­klag­ten für ei­ne Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit des ver­kauf­ten Pkw Pas­sat ge­mäß §§ 463 Satz 1, 459 II BGB a.F. im Er­geb­nis zu­tref­fend. Es ge­langt un­ter nicht zu be­an­stan­den­der Wür­di­gung der Aus­sa­gen der dies­be­züg­lich ver­nom­me­nen Zeu­gen S und E zu dem Schluss, dass die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeu­ges münd­lich zu­ge­si­chert wor­den ist.

a) Ei­ne Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung i. S. des § 459 II BGB a.F. setzt nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH vor­aus, dass aus der Sicht des Käu­fers der Wil­le des Ver­käu­fers er­kenn­bar ist, die Ge­währ für das Vor­han­den­sein ei­ner be­stimm­ten Ei­gen­schaft über­neh­men und für die Fol­gen ih­res Feh­lens ein­ste­hen zu wol­len (BGH, NJW 1992, 2564). Be­zo­gen auf den Be­griff der „Un­fall­frei­heit“ im Kraft­fahr­zeug­han­del be­deu­tet dies, dass ein Fahr­zeug kei­nen Scha­den er­lit­ten ha­ben darf, der als er­heb­lich an­zu­se­hen ist.

Die Er­heb­lich­keit ei­nes Scha­dens be­stimmt sich nach der Ver­kehrs­auf­fas­sung, die nur ge­ring­fü­gi­ge, aus­ge­bes­ser­te Blech­schä­den und Schön­heits­feh­ler aus dem Be­griff der Un­fall­frei­heit aus­klam­mert. (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 7. Aufl. [2000], Rn. 1789). Die­se Er­heb­lich­keits­gren­ze ist vor­lie­gend deut­lich über­schrit­ten, da die Schä­den an bei­den Kot­flü­geln rechts zum Aus­tausch ge­gen Neu­tei­le ge­führt ha­ben. Da­durch wer­den nach der Le­bens­er­fah­rung re­gel­mä­ßig Kos­ten ober­halb der vor­ge­schil­der­ten Ba­ga­tell­gren­ze ver­ur­sacht.

b) Ob der Ver­käu­fer im Ein­zel­fall ei­ne ver­bind­li­che Ge­währs­über­nah­me für die „Un­fall­frei­heit“ ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs über­neh­men woll­te, muss an­hand ei­nes Ka­ta­logs von Aus­le­gungs­kri­te­ri­en und An­halts­punk­ten un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ein­zel­fal­l­um­stän­de ent­schie­den wer­den (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1657 ff.):

aa) Für die An­nah­me ei­ner Zu­si­che­rung strei­tet vor­lie­gend vor al­lem der auch vom Land­ge­richt zu­tref­fend her­vor­ge­ho­be­ne Um­stand, dass der Zeu­ge E vor und wäh­rend der Ver­trags­ver­hand­lun­gen aus­drück­lich Wert auf die Fra­ge der Un­fall­frei­heit ge­legt und die­sen Um­stand – in­so­fern un­strei­tig – wie­der­holt zur Spra­che ge­bracht hat.

bb) Da­ge­gen könn­te spre­chen, dass der Be­klag­te als Ver­käu­fer und Ge­braucht­wa­gen­händ­ler hier le­dig­lich über ein Ver­kaufs­ge­län­de an der Bun­des­stra­ße 105 mit ei­nem Bü­ro­con­tai­ner ver­füg­te und da­durch nicht den Ein­druck ei­ner be­son­de­ren Sach­kom­pe­tenz beim Käu­fer er­weckt ha­ben dürf­te, wie das re­gel­mä­ßig bei ei­nem Ver­trags­händ­ler mit ei­ge­ner Werk­statt der Fall sein wird. Ge­gen die An­nah­me ei­ner Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit an­zu­füh­ren ist zu­dem ei­ne dem Käu­fer be­kann­te oder er­kenn­ba­re Er­kennt­nis­schwie­rig­keit des Ver­käu­fers in Be­zug auf die frag­li­che Ei­gen­schaft der Sa­che (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1658).

Der Klä­ge­rin war klar, dass sie ein Fahr­zeug mit ver­gleichs­wei­ser ho­her Lauf­leis­tung er­warb, wel­ches be­reits zwei Vor­be­sit­zer hat­te, und dass es die über­wie­gen­de Zeit als Fir­men­fahr­zeug ge­nutzt wor­den war. Da­mit muss­te der Klä­ge­rin be­wusst sein, dass auch der Be­klag­te im Hin­blick auf Kennt­nis­se über et­wai­ge Un­fall­vor­schä­den in­for­ma­ti­ons­ab­hän­gig war.

Schließ­lich ha­ben die Par­tei­en zur Fi­xie­rung des Ver­trags­in­halts ein schrift­li­ches Ver­trags­for­mu­lar be­nutzt, wel­ches für sich ge­nom­men zu­nächst die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit be­grün­det (Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1790). Die dar­in ent­hal­te­ne – und nicht aus­ge­füll­te – Ru­brik: „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ eben­so wie die mit „nein“ an­ge­kreuz­te Klau­sel „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ ge­ben dem Käu­fer – nach in Li­te­ra­tur und Recht­spre­chung ver­tre­te­ner An­sicht – (vgl. OLG Cel­le, OLGR 1998, 170; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1658) – grund­sätz­lich ei­nen Hin­weis dar­auf, dass der Ver­käu­fer sei­ne Haf­tung in­so­weit ein­schrän­ken will.

cc) Ob­wohl der von der Klä­ge­rin er­wor­be­ne Pkw Pas­sat be­reits „durch meh­re­re Hän­de ge­gan­gen“ war und für sie so­wie für ih­ren Ehe­mann, den Zeu­gen E, die be­schränk­ten In­for­ma­ti­ons­mög­lich­kei­ten des be­klag­ten Ge­braucht­wa­gen­händ­lers er­kenn­bar wa­ren, muss in­des im hier zur Ent­schei­dung ste­hen­den Fall von ei­ner Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit aus­ge­gan­gen wer­den.

aaa) Zu­vör­derst ist da­für die Aus­sa­ge des Zeu­gen E an­zu­füh­ren. Der Zeu­ge E hat im Rah­men sei­ner Ver­neh­mung vor dem Land­ge­richt aus­ge­sagt, als er ge­gen­über dem Be­klag­ten bei Ver­trags­un­ter­zeich­nung er­wähnt ha­be, „das Fahr­zeug sei ja un­fall­frei“, wie be­reits zu­vor zwi­schem ihm und dem Be­klag­ten te­le­fo­nisch be­spro­chen, ha­be die­ser mit den Wor­ten „ja, ja“ ge­ant­wor­tet und da­bei „auf die ent­spre­chen­de schrift­li­che Klau­sel im Ver­trag ge­zeigt“.

Die­se Aus­sa­ge des Zeu­gen E, in der ei­ne Ver­knüp­fung der ver­ba­len Äu­ße­rung des Be­klag­ten mit ei­ner de­mons­tra­tiv un­ter­leg­ten non­ver­ba­len Be­kräf­ti­gung (durch Ver­weis auf das Klau­sel­werk im Ver­kaufs­for­mu­lar) zu er­ken­nen ist, kann bei ver­nünf­ti­ger Be­trach­tung nur so ge­deu­tet wer­den, der Zeu­ge E ha­be aus­sa­gen wol­len, ge­ra­de die ne­ga­ti­ve Aus­fül­lung der For­mu­lar­klau­seln („Zahl, Art, und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“, „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“) sei ihm vom Be­klag­ten als Be­leg für ei­ne Un­fall­frei­heit des zum Er­werb be­ab­sich­tig­ten Pkw ge­nannt wor­den, und er – der Zeu­ge – ha­be dies als die Zu­si­che­rung ei­ner Ei­gen­schaft (eben der „Un­fall­frei­heit“) ver­stan­den (bzw. nach der all­ge­mei­nen Ver­kehrs­an­schau­ung müs­se ein ent­spre­chen­des Ver­hal­ten in die­ser Wei­se ge­deu­tet wer­den – so wohl die In­ter­pre­ta­ti­on, die die Klä­ge­rin ih­rem Par­tei­vor­trag bei­le­gen will).

bbb) Auch der Se­nat wür­digt das Ver­hal­ten des Be­klag­ten, wie es sich zur Über­zeu­gung des Se­nats aus der glaub­haf­ten Aus­sa­ge des Zeu­gen E er­gibt, in die­ser Art und Wei­se.

aaaa) Da­bei geht der Se­nat – in Über­ein­stim­mung mit der Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts – von der Glaub­haf­tig­keit der An­ga­ben des Zeu­gen E und da­mit auch von de­ren Wahr­heits­ge­halt aus. An­lass, an der per­so­na­len Glaub­wür­dig­keit des Zeu­gen E zu zwei­feln, et­wa des­halb, weil er als Ehe­mann der Klä­ge­rin und sie be­glei­ten­der Be­ra­ter bei den Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen (die maß­geb­lich so­gar von ihm ge­führt wor­den sind) ein er­kenn­ba­res In­ter­es­se am Aus­gang des Rechts­streits hat, sieht der Se­nat nicht ge­ge­ben. In­so­fern hät­te es da­für ver­nünf­ti­ger An­halts­punk­te be­durft, die vor­lie­gend nicht vor­han­den und auch nicht vor­ge­tra­gen sind. Die Tat­sa­che al­lein, dass der Zeu­ge E ne­ben der Ei­gen­schaft als Aus­sa­ge­per­son zu­gleich die ei­nes Ehe­manns hat, be­grün­det nicht den zu­ver­läs­si­gen Rück­schluss auf sei­ne Un­glaub­wür­dig­keit und die Un­glaub­haf­tig­keit sei­ner Wis­sens­er­klä­run­gen. Ein ent­spre­chen­des Denk­ge­setz exis­tiert näm­lich nicht.

bbbb) Die Glaub­haf­tig­keit der Schil­de­rung des Zeu­gen E lässt sich im vor­lie­gen­den Fall zur Über­zeu­gung des Se­nats in­des ge­ra­de noch aus wei­te­ren – ob­jek­ti­ven – Um­stän­den be­grün­den. Die­se lie­gen in Fol­gen­dem:

aaaaa) Die Tat­sa­che, dass in dem zum Kauf­ver­trags­schluss ver­wen­de­ten For­mu­lar über die „Ver­bind­li­che Be­stel­lung ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs“ die Klau­sel „Zahl, Art und Um­fang von Vor­schä­den“ un­aus­ge­füllt ge­blie­ben ist und die wei­te­re Klau­sel „Dem Ver­käu­fer sind auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den be­kannt“ vom dem Be­klag­ten mit „nein“ be­ant­wor­tet wur­de, ist in Be­zug auf die hier streit­ge­gen­ständ­li­che Fra­ge der Zu­si­che­rung von „Un­fall­frei­heit“ über das zu er­wer­ben­de Kraft­fahr­zeug als neu­tral zu wer­ten.

We­der er­gibt sich aus dem nicht aus­ge­füll­ten bzw. dem aus­ge­füll­ten Teil des For­mu­lars der Rück­schluss auf ei­ne ab­ge­ge­be­ne Zu­si­che­rungs­er­klä­rung noch auf das Ge­gen­teil. Wenn dem Be­klag­ten „auf an­de­re Wei­se Un­fall­schä­den nicht … be­kannt“ ge­we­sen sind, so be­deu­tet dies le­dig­lich, dass er auf­grund ei­ge­ner Un­ter­su­chung, ei­ge­nen Wis­sens und ei­ge­ner Er­fah­rung kei­ne An­ga­ben zur Un­fall­frei­heit ma­chen konn­te und oder woll­te. Es er­gibt sich kein Rück­schluss dar­auf, der Be­klag­te ha­be münd­lich nicht doch ei­ne Zu­si­che­rung über die Un­fall­frei­heit er­teilt.

Eben­so ver­hält es sich mit der an­de­ren „Aus­kunfts- oder Auf­klä­rungs­klau­sel“ „Zahl, Art und Um­fang der Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“. Der Um­stand, dass die­ses Feld im For­mu­lar über­haupt nicht aus­ge­füllt wor­den ist, kann die Klä­ge­rin we­der als Be­weis da­für an­füh­ren, der Be­klag­te ha­be die Un­fall­frei­heit zu­ge­si­chert, noch um­ge­kehrt der Be­klag­te da­für, er ha­be ei­ne ent­spre­chen­de Er­klä­rung nicht ab­ge­ben wol­len und auch nicht ab­ge­ge­ben.

bbbbb) Ent­schei­dend bleibt von da­her die Aus­sa­ge des Zeu­gen E, was Ge­gen­stand der münd­lich ge­führ­ten Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen ge­we­sen ist. Und zu die­sen Ver­hand­lun­gen hat der Zeu­ge – glaub­haft – be­kun­det, der Um­stand der Un­fall­frei­heit sei für den Kauf von ent­schei­den­der Be­deu­tung ge­we­sen, denn dar­über sei in den ers­ten An­bahnungs­ge­sprä­chen (am Te­le­fon) und so­dann auch aber­mals bei den Ver­hand­lun­gen vor Ort, am Ge­schäfts­sitz des Be­klag­ten, ge­spro­chen wor­den. Die­se Tat­sa­che ist selbst vom Be­klag­ten nicht in Ab­re­de ge­nom­men wor­den, und auch die Zeu­gin S, Mit­ar­bei­te­rin des Be­klag­ten, hat sie bei ih­rer Ver­neh­mung vor dem Land­ge­richt so be­kun­det.

Dem Be­klag­ten war al­so be­kannt, dass die Klä­ge­rin als Käu­fe­rin und der sie be­glei­ten­de Ehe­mann ent­schei­den­den Wert dar­auf leg­ten, ein un­fall­frei­es Fahr­zeug zu er­wer­ben. Da­für spricht auch – wie eben­falls vom Zeu­gen E wie­der­ge­ge­ben –, dass sie sich aus Ve­ch­ta, ih­rem Wohn­sitz, zum Ge­schäfts­sitz des Be­klag­ten … be­ga­ben, im­mer­hin al­so ei­ne Ta­ges­rei­se von ge­schätzt 400 km auf sich nah­men, um an eben die­sem Ort ein Fahr­zeug zu er­wer­ben, wel­ches bei ei­nem An­ge­bots­preis von 22.900 DM nicht er­war­ten las­sen muss­te, dass es sich um ein Alt­fahr­zeug mit Vor­schä­den han­deln wür­de. Auch der von dem Ehe­mann der Klä­ge­rin, dem Zeu­gen E her­aus­ge­han­del­te Preis­nach­lass – 2.990 DM – er­klärt sich nicht mit ir­gend­wel­chen Un­fall­schä­den am Fahr­zeug (über die bei den Ver­hand­lun­gen ge­spro­chen wor­den wä­re), son­dern aus dem „ver­dreck­ten“ Zu­stand des Pkw im Zeit­punkt der Be­sich­ti­gung. Dies hat der Be­klag­te selbst ein­ge­räumt.

ccccc) Un­ter die­sen Um­stän­den kann der Be­klag­te die in dem ver­wen­de­ten Ver­trags­for­mu­lar an­ge­kreuz­te Er­klä­rung, dem Ver­käu­fer sei­en auf an­de­re Wei­se – al­so un­ab­hän­gig von der Aus­kunft des Vor­be­sit­zers – Un­fall­schä­den nicht be­kannt, eben­so wie die un­aus­ge­füllt ge­blie­be­ne Ru­brik „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ nicht als Tat­sa­che da­für an­füh­ren, dass ei­ne Un­fall­frei­heit nicht zu­ge­si­chert wor­den ist. Der Zeu­ge E hat Ge­gen­tei­li­ges und durch das For­mu­lar nicht wi­der­leg­tes Wis­sen be­kun­det, wel­ches für den Se­nat, dem die Pro­ble­ma­tik der Zu­ver­läs­sig­keit des Zeu­gen­be­wei­ses be­kannt ist, die Über­zeu­gung be­grün­det, das der Be­klag­te ei­ne Zu­sa­ge zur Un­fall­frei­heit (ge­ra­de durch den de­mons­tra­ti­ven Hin­weis auf das Be­stell­for­mu­lar) ab­ge­ge­ben hat.

ddddd) Hät­te der Be­klag­te sein be­schränk­tes Wis­sen über die Un­fall­frei­heit zum Aus­druck brin­gen und sei­ne dem­entspre­chend be­schränk­te Be­reit­schaft zur Ge­währs­über­nah­me er­klä­ren wol­len, so wä­re es an ihm ge­we­sen – schon aus Grün­den der Klar­stel­lung – die Ru­brik „Zahl, Art und Um­fang von Un­fall­schä­den lt. Vor­be­sit­zer“ nicht un­aus­ge­füllt zu be­las­sen. Dann wä­re ihm ein Ge­gen­be­weis zu der Aus­sa­ge des Zeu­gen E mög­lich ge­we­sen, der je­den­falls mit der Aus­sa­ge der Zeu­gin S – wie das Land­ge­richt zu­tref­fend aus­ge­führt hat – nicht er­bracht ist.

3. Da der Se­nat (be­reits) die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Ei­gen­schafts­zu­si­che­rung als Haf­tungs­grund für er­füllt er­kennt, kommt es auf die wei­ter zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­ge Fra­ge ei­ner Haf­tung auf Scha­dens­er­satz nach §§ 463 Satz 2, 469 BGB a.F. we­gen arg­lis­ti­ger Vor­täu­schung der Un­fall­frei­heit des ver­kauf­ten Pkw nicht mehr an.

4. Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin ist be­grün­det:

a) Ent­ge­gen der An­sicht des Land­ge­richts hat die Klä­ge­rin An­spruch auf Fest­stel­lung hin­sicht­lich des An­nah­me­ver­zugs des Be­klag­ten mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs (sog. „Rück­nah­me­ver­zug“). Denn Er­fül­lungs­ort der Rück­nah­me­ver­pflich­tung ist der Ort, an dem sich der Kauf­ge­gen­stand ver­trags­ge­mäß be­fin­det (Pa­landt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 467 Rn. 4; Pa­landt/Hein­richs, BGB, 61. Aufl., § 269 Rn. 16, Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2002, 2018). Da­nach hat der Be­klag­te das Fahr­zeug am Wohn­ort der Klä­ge­rin ab­zu­ho­len.

b) Eben­so schul­det der Be­klag­te – ab­wei­chend von den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts – die wei­te­ren Re­pa­ra­tur­kos­ten als Ver­wen­dungs­er­satz für not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen ge­mäß §§ 347, 994 BGB im Rah­men des gro­ßen Scha­dens­er­sat­zes (vgl. Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 2003, 2028 ff.). Zu den not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen beim Ge­braucht­fahr­zeug­kauf ge­hö­ren auch sol­che In­stand­set­zungs- und War­tungs­kos­ten, die durch ge­wöhn­li­chen Ver­schleiß und Ge­brauch ver­ur­sacht wer­den. Die in den Rech­nun­gen … be­schrie­be­nen Ar­bei­ten und Aus­tausch­tei­le stel­len der­ar­ti­ge not­wen­di­ge Ver­wen­dun­gen dar …

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