Ein Gebrauchtwagen ist „unfallfrei“, wenn er keinen als erheblich anzusehenden Schaden erlitten hat. Ob ein Schaden erheblich ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, die nur geringfügige, ausgebesserte Blechschäden und Schönheitsfehler aus dem Begriff der Unfallfreiheit ausklammert.
OLG Rostock, Urteil vom 17.12.2003 – 6 U 227/02
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von dem beklagten Gebrauchtwagenhändler wegen des Fehlens der aus ihrer Sicht zugesicherten Unfallfreiheit bzw. wegen arglistigen Verschweigens von Unfallschäden die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen gebrauchten Pkw VW Passat TDI Variant. Außerdem begehrt sie den Ersatz von Reparaturkosten.
Der Beklagte betreibt einen Gebrauchtwagenhandel in Mecklenburg-Vorpommern; die Klägerin hat ihren Wohnsitz in Vechta (Niedersachsen). Sie suchte für sich einen VW Passat Automatik. Im Internet wurde sie auf ein entsprechendes Angebot des Beklagten aufmerksam. Das vom Beklagten angebotene Fahrzeug hatte eine Erstzulassung aus dem Jahre 1997; die Laufleistung betrug 152.700 km. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten mit dem Kauf von Gebrauchtfahrzeugen diesen Alters und dieser Laufleistung bereits schlechte Erfahrungen gemacht. Von daher lag ihnen daran, einen unfallfreien Pkw zu erwerben.
Anfang Juni 2001 wandte sich E, der Ehemann der Klägerin, telefonisch an den Beklagten. Bereits im Rahmen eines zweiten Telefongesprächs erkundigte er sich danach, ob das inserierte Fahrzeug unfallfrei sei. Der genauere Gesprächsinhalt – insbesondere die Antwort des Beklagten auf diese Frage – ist zwischen den Parteien streitig. Ebenso steht im Streit, ob der Beklagte bei der Besichtigung des Fahrzeugs auf seinem Betriebsgelände am 07.06.2001 gegenüber der Klägerin oder ihrem Ehemann eine Zusage über die Unfallfreiheit des Fahrzeugs abgegeben hat. Bei dieser Besichtigung machte das Fahrzeug auf die Klägerin und ihren Mann einen äußerlich guten Eindruck, wohingegen der verschmutzte Innenraum von ihnen beanstandet wurde und zu Verhandlungen über einen Preisnachlass führte.
In der dem Kaufvertragsschluss zugrunde liegenden Urkunde, einem von dem Beklagten verwendeten Formular „Verbindliche Bestellung eines gebrauchten Fahrzeugs“, befinden sich unter anderem folgende Rubriken, die wie folgt von ihm ausgefüllt wurden: „Das Fahrzeug ist fahrbereit“ – „Ja“; „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ – keine Angaben; „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“ – „Nein“.
Nach dem Kaufvertragsschluss am 07.06.2001 überführte die Klägerin das erworbene Fahrzeug noch am selben Tag nach Vechta. Mitte September 2001 musste sie an dem Fahrzeug umfangreiche Reperaturarbeiten durchführen lassen. Erneuert bzw. ausgetauscht wurden unter anderem drei Kreuzgelenke, der Zahnriemen, der Keilriemen, ein Kraftstoff-, ein Luft- und ein Innenraumfilter. Die Reperaturkosten beliefen sich auf 2.364,56 DM sowie weitere 170,84 DM.
In der Folgezeit ermittelte die Klägerin als Erstbesitzerin des streitbefangenen Fahrzeugs die G-GmbH in Barth und als Zweitbesitzer das VW-Autohaus N, ebenfalls in Barth. Von dem Autohaus hatte der Beklagte den Pkw erworben.
In der Berufungsinstanz ist in zwischen den Parteien aufgrund der Angaben des erstinstanzlich vernommenen Zeugen B, eines Mitarbeiters der G-GmbH, unstreitig geworden, dass der von der Klägerin erworbene Pkw in der Zeit, in der ihn die G-GmbH nutzte, Schäden am Kotflügel vorn rechts und auch am Kotflügel hinten rechts erlitten hat. Der erste Schaden war entstanden, weil ein Sturm ein Werkstatttor gegen den rechten vorderen Kotflügel gedrückt hatte; den zweiten Schaden hatte ein Mitarbeiter der G-GmbH verursacht, indem er mit einer Anhängerhebebühne gegen den rechten hinteren Kotflügel gefahren war. Der beschädigte Kotflügel wurde jeweils ausgetauscht und neu lackiert.
Der Ehemann der Klägerin forderte den Beklagten in der 47. Kalenderwoche des Jahres 2001 auf, das Fahrzeug zurückzunehmen und der Klägerin den Kaufpreis sowie den ihr entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies lehnte der Beklagte ab.
Das Landgericht hat der Klägerin Schadensersatz in Höhe des gezahlten Kaufpreises von 10.225,84 € (= 20.000 DM) sowie der „Vertragskosten“ in Höhe von 249,25 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.425,20 €, insgesamt also in Höhe von 9.049,89 €, Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zugesprochen. Wegen der darüber hinaus beanspruchten Reparaturkosten in Höhe von 1.296,33 € sowie wegen des Antrags, den Annahmeverzug des Beklagten festzustellen, hat es die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beweisaufnahme habe zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass der Beklagte mündlich die Unfallfreiheit des verkauften Fahrzeugs zugesichert habe. Der Beklagte hafte selbst bei Unkenntnis der Vorschäden, da er die Unfallfreiheit keinesfalls durch eine Behauptung „ins Blaue hinein“ habe behaupten dürfen. Er habe sich diesbezüglich nicht auf die Angaben des VW-Autohauses N verlassen dürfen, sondern als Fachhändler selbst das Fahrzeug untersuchen müssen. Die Klageabweisung im Hinblick auf die beanspruchten Reparaturkosten hat das Landgericht mit der Erwägung begründet, dass die Reparatur nach den Feststellungen des Sachverständigen auch durch Abnutzung und Verschleiß während der Nutzung des Fahrzeuges durch die Klägerin erforderlich geworden sein könnte. Den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges hat das Landgericht als unbegründet erachtet, weil die Klägerin dem Beklagten die Rückgabe des Fahrzeugs an dessen Geschäftssitz habe anbieten müssen, was unstreitig nicht geschehen ist.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Beklagten blieb erfolglos; die Berufung der Klägerin hatte demgegenüber Erfolg.
Aus den Gründen: B. … II. … [A]uf die Berufung der Klägerin hin war das landgerichtliche Urteil insoweit abzuändern, als der Klägerin auch noch die begehrten weiteren Reparaturkosten als Schadensersatz im Wege der Rückabwicklung des Kaufvertrags (im Rahmen des sog. großen Schadensersatzes) zustehen, und dass die Klägerin einen Anspruch auf Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten im Hinblick auf seine Verpflichtung zur Rücknahme des streitgegenständlichen Gebrauchtfahrzeugs hat.
1. Das Landgericht bewertet die Frage einer verschuldensunabhängigen Haftung des Beklagten für eine Zusicherung der Unfallfreiheit des verkauften Pkw Passat gemäß §§ 463 Satz 1, 459 II BGB a.F. im Ergebnis zutreffend. Es gelangt unter nicht zu beanstandender Würdigung der Aussagen der diesbezüglich vernommenen Zeugen S und E zu dem Schluss, dass die Unfallfreiheit des Fahrzeuges mündlich zugesichert worden ist.
a) Eine Eigenschaftszusicherung i. S. des § 459 II BGB a.F. setzt nach ständiger Rechtsprechung des BGH voraus, dass aus der Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar ist, die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft übernehmen und für die Folgen ihres Fehlens einstehen zu wollen (BGH, NJW 1992, 2564). Bezogen auf den Begriff der „Unfallfreiheit“ im Kraftfahrzeughandel bedeutet dies, dass ein Fahrzeug keinen Schaden erlitten haben darf, der als erheblich anzusehen ist.
Die Erheblichkeit eines Schadens bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, die nur geringfügige, ausgebesserte Blechschäden und Schönheitsfehler aus dem Begriff der Unfallfreiheit ausklammert. (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 7. Aufl. [2000], Rn. 1789). Diese Erheblichkeitsgrenze ist vorliegend deutlich überschritten, da die Schäden an beiden Kotflügeln rechts zum Austausch gegen Neuteile geführt haben. Dadurch werden nach der Lebenserfahrung regelmäßig Kosten oberhalb der vorgeschilderten Bagatellgrenze verursacht.
b) Ob der Verkäufer im Einzelfall eine verbindliche Gewährsübernahme für die „Unfallfreiheit“ eines Gebrauchtfahrzeugs übernehmen wollte, muss anhand eines Katalogs von Auslegungskriterien und Anhaltspunkten unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände entschieden werden (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1657 ff.):
aa) Für die Annahme einer Zusicherung streitet vorliegend vor allem der auch vom Landgericht zutreffend hervorgehobene Umstand, dass der Zeuge E vor und während der Vertragsverhandlungen ausdrücklich Wert auf die Frage der Unfallfreiheit gelegt und diesen Umstand – insofern unstreitig – wiederholt zur Sprache gebracht hat.
bb) Dagegen könnte sprechen, dass der Beklagte als Verkäufer und Gebrauchtwagenhändler hier lediglich über ein Verkaufsgelände an der Bundesstraße 105 mit einem Bürocontainer verfügte und dadurch nicht den Eindruck einer besonderen Sachkompetenz beim Käufer erweckt haben dürfte, wie das regelmäßig bei einem Vertragshändler mit eigener Werkstatt der Fall sein wird. Gegen die Annahme einer Zusicherung der Unfallfreiheit anzuführen ist zudem eine dem Käufer bekannte oder erkennbare Erkenntnisschwierigkeit des Verkäufers in Bezug auf die fragliche Eigenschaft der Sache (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1658).
Der Klägerin war klar, dass sie ein Fahrzeug mit vergleichsweiser hoher Laufleistung erwarb, welches bereits zwei Vorbesitzer hatte, und dass es die überwiegende Zeit als Firmenfahrzeug genutzt worden war. Damit musste der Klägerin bewusst sein, dass auch der Beklagte im Hinblick auf Kenntnisse über etwaige Unfallvorschäden informationsabhängig war.
Schließlich haben die Parteien zur Fixierung des Vertragsinhalts ein schriftliches Vertragsformular benutzt, welches für sich genommen zunächst die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit begründet (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1790). Die darin enthaltene – und nicht ausgefüllte – Rubrik: „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ ebenso wie die mit „nein“ angekreuzte Klausel „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“ geben dem Käufer – nach in Literatur und Rechtsprechung vertretener Ansicht – (vgl. OLG Celle, OLGR 1998, 170; Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1658) – grundsätzlich einen Hinweis darauf, dass der Verkäufer seine Haftung insoweit einschränken will.
cc) Obwohl der von der Klägerin erworbene Pkw Passat bereits „durch mehrere Hände gegangen“ war und für sie sowie für ihren Ehemann, den Zeugen E, die beschränkten Informationsmöglichkeiten des beklagten Gebrauchtwagenhändlers erkennbar waren, muss indes im hier zur Entscheidung stehenden Fall von einer Zusicherung der Unfallfreiheit ausgegangen werden.
aaa) Zuvörderst ist dafür die Aussage des Zeugen E anzuführen. Der Zeuge E hat im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Landgericht ausgesagt, als er gegenüber dem Beklagten bei Vertragsunterzeichnung erwähnt habe, „das Fahrzeug sei ja unfallfrei“, wie bereits zuvor zwischem ihm und dem Beklagten telefonisch besprochen, habe dieser mit den Worten „ja, ja“ geantwortet und dabei „auf die entsprechende schriftliche Klausel im Vertrag gezeigt“.
Diese Aussage des Zeugen E, in der eine Verknüpfung der verbalen Äußerung des Beklagten mit einer demonstrativ unterlegten nonverbalen Bekräftigung (durch Verweis auf das Klauselwerk im Verkaufsformular) zu erkennen ist, kann bei vernünftiger Betrachtung nur so gedeutet werden, der Zeuge E habe aussagen wollen, gerade die negative Ausfüllung der Formularklauseln („Zahl, Art, und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“, „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“) sei ihm vom Beklagten als Beleg für eine Unfallfreiheit des zum Erwerb beabsichtigten Pkw genannt worden, und er – der Zeuge – habe dies als die Zusicherung einer Eigenschaft (eben der „Unfallfreiheit“) verstanden (bzw. nach der allgemeinen Verkehrsanschauung müsse ein entsprechendes Verhalten in dieser Weise gedeutet werden – so wohl die Interpretation, die die Klägerin ihrem Parteivortrag beilegen will).
bbb) Auch der Senat würdigt das Verhalten des Beklagten, wie es sich zur Überzeugung des Senats aus der glaubhaften Aussage des Zeugen E ergibt, in dieser Art und Weise.
aaaa) Dabei geht der Senat – in Übereinstimmung mit der Beweiswürdigung des Landgerichts – von der Glaubhaftigkeit der Angaben des Zeugen E und damit auch von deren Wahrheitsgehalt aus. Anlass, an der personalen Glaubwürdigkeit des Zeugen E zu zweifeln, etwa deshalb, weil er als Ehemann der Klägerin und sie begleitender Berater bei den Kaufvertragsverhandlungen (die maßgeblich sogar von ihm geführt worden sind) ein erkennbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat, sieht der Senat nicht gegeben. Insofern hätte es dafür vernünftiger Anhaltspunkte bedurft, die vorliegend nicht vorhanden und auch nicht vorgetragen sind. Die Tatsache allein, dass der Zeuge E neben der Eigenschaft als Aussageperson zugleich die eines Ehemanns hat, begründet nicht den zuverlässigen Rückschluss auf seine Unglaubwürdigkeit und die Unglaubhaftigkeit seiner Wissenserklärungen. Ein entsprechendes Denkgesetz existiert nämlich nicht.
bbbb) Die Glaubhaftigkeit der Schilderung des Zeugen E lässt sich im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Senats indes gerade noch aus weiteren – objektiven – Umständen begründen. Diese liegen in Folgendem:
aaaaa) Die Tatsache, dass in dem zum Kaufvertragsschluss verwendeten Formular über die „Verbindliche Bestellung eines gebrauchten Kraftfahrzeugs“ die Klausel „Zahl, Art und Umfang von Vorschäden“ unausgefüllt geblieben ist und die weitere Klausel „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Unfallschäden bekannt“ vom dem Beklagten mit „nein“ beantwortet wurde, ist in Bezug auf die hier streitgegenständliche Frage der Zusicherung von „Unfallfreiheit“ über das zu erwerbende Kraftfahrzeug als neutral zu werten.
Weder ergibt sich aus dem nicht ausgefüllten bzw. dem ausgefüllten Teil des Formulars der Rückschluss auf eine abgegebene Zusicherungserklärung noch auf das Gegenteil. Wenn dem Beklagten „auf andere Weise Unfallschäden nicht … bekannt“ gewesen sind, so bedeutet dies lediglich, dass er aufgrund eigener Untersuchung, eigenen Wissens und eigener Erfahrung keine Angaben zur Unfallfreiheit machen konnte und oder wollte. Es ergibt sich kein Rückschluss darauf, der Beklagte habe mündlich nicht doch eine Zusicherung über die Unfallfreiheit erteilt.
Ebenso verhält es sich mit der anderen „Auskunfts- oder Aufklärungsklausel“ „Zahl, Art und Umfang der Unfallschäden lt. Vorbesitzer“. Der Umstand, dass dieses Feld im Formular überhaupt nicht ausgefüllt worden ist, kann die Klägerin weder als Beweis dafür anführen, der Beklagte habe die Unfallfreiheit zugesichert, noch umgekehrt der Beklagte dafür, er habe eine entsprechende Erklärung nicht abgeben wollen und auch nicht abgegeben.
bbbbb) Entscheidend bleibt von daher die Aussage des Zeugen E, was Gegenstand der mündlich geführten Kaufvertragsverhandlungen gewesen ist. Und zu diesen Verhandlungen hat der Zeuge – glaubhaft – bekundet, der Umstand der Unfallfreiheit sei für den Kauf von entscheidender Bedeutung gewesen, denn darüber sei in den ersten Anbahnungsgesprächen (am Telefon) und sodann auch abermals bei den Verhandlungen vor Ort, am Geschäftssitz des Beklagten, gesprochen worden. Diese Tatsache ist selbst vom Beklagten nicht in Abrede genommen worden, und auch die Zeugin S, Mitarbeiterin des Beklagten, hat sie bei ihrer Vernehmung vor dem Landgericht so bekundet.
Dem Beklagten war also bekannt, dass die Klägerin als Käuferin und der sie begleitende Ehemann entscheidenden Wert darauf legten, ein unfallfreies Fahrzeug zu erwerben. Dafür spricht auch – wie ebenfalls vom Zeugen E wiedergegeben –, dass sie sich aus Vechta, ihrem Wohnsitz, zum Geschäftssitz des Beklagten … begaben, immerhin also eine Tagesreise von geschätzt 400 km auf sich nahmen, um an eben diesem Ort ein Fahrzeug zu erwerben, welches bei einem Angebotspreis von 22.900 DM nicht erwarten lassen musste, dass es sich um ein Altfahrzeug mit Vorschäden handeln würde. Auch der von dem Ehemann der Klägerin, dem Zeugen E herausgehandelte Preisnachlass – 2.990 DM – erklärt sich nicht mit irgendwelchen Unfallschäden am Fahrzeug (über die bei den Verhandlungen gesprochen worden wäre), sondern aus dem „verdreckten“ Zustand des Pkw im Zeitpunkt der Besichtigung. Dies hat der Beklagte selbst eingeräumt.
ccccc) Unter diesen Umständen kann der Beklagte die in dem verwendeten Vertragsformular angekreuzte Erklärung, dem Verkäufer seien auf andere Weise – also unabhängig von der Auskunft des Vorbesitzers – Unfallschäden nicht bekannt, ebenso wie die unausgefüllt gebliebene Rubrik „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ nicht als Tatsache dafür anführen, dass eine Unfallfreiheit nicht zugesichert worden ist. Der Zeuge E hat Gegenteiliges und durch das Formular nicht widerlegtes Wissen bekundet, welches für den Senat, dem die Problematik der Zuverlässigkeit des Zeugenbeweises bekannt ist, die Überzeugung begründet, das der Beklagte eine Zusage zur Unfallfreiheit (gerade durch den demonstrativen Hinweis auf das Bestellformular) abgegeben hat.
ddddd) Hätte der Beklagte sein beschränktes Wissen über die Unfallfreiheit zum Ausdruck bringen und seine dementsprechend beschränkte Bereitschaft zur Gewährsübernahme erklären wollen, so wäre es an ihm gewesen – schon aus Gründen der Klarstellung – die Rubrik „Zahl, Art und Umfang von Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ nicht unausgefüllt zu belassen. Dann wäre ihm ein Gegenbeweis zu der Aussage des Zeugen E möglich gewesen, der jedenfalls mit der Aussage der Zeugin S – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht erbracht ist.
3. Da der Senat (bereits) die Voraussetzungen einer Eigenschaftszusicherung als Haftungsgrund für erfüllt erkennt, kommt es auf die weiter zwischen den Parteien streitige Frage einer Haftung auf Schadensersatz nach §§ 463 Satz 2, 469 BGB a.F. wegen arglistiger Vortäuschung der Unfallfreiheit des verkauften Pkw nicht mehr an.
4. Die Berufung der Klägerin ist begründet:
a) Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Klägerin Anspruch auf Feststellung hinsichtlich des Annahmeverzugs des Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs (sog. „Rücknahmeverzug“). Denn Erfüllungsort der Rücknahmeverpflichtung ist der Ort, an dem sich der Kaufgegenstand vertragsgemäß befindet (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 467 Rn. 4; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 269 Rn. 16, Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2002, 2018). Danach hat der Beklagte das Fahrzeug am Wohnort der Klägerin abzuholen.
b) Ebenso schuldet der Beklagte – abweichend von den Ausführungen des Landgerichts – die weiteren Reparaturkosten als Verwendungsersatz für notwendige Verwendungen gemäß §§ 347, 994 BGB im Rahmen des großen Schadensersatzes (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2003, 2028 ff.). Zu den notwendigen Verwendungen beim Gebrauchtfahrzeugkauf gehören auch solche Instandsetzungs- und Wartungskosten, die durch gewöhnlichen Verschleiß und Gebrauch verursacht werden. Die in den Rechnungen … beschriebenen Arbeiten und Austauschteile stellen derartige notwendige Verwendungen dar …