Ein Ge­braucht­wa­gen ist nicht man­gel­haft, wenn bei ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von rund 110.000 km der Zahn­rie­men – ein ty­pi­sches Ver­schleiß­teil – reißt und nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass ei­ne ge­wöhn­li­chen Ma­te­ri­al­ab­nut­zung zu dem Riss ge­führt hat.

AG Of­fen­bach, Ur­teil vom 15.01.2003 – 380 C 286/02

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten ei­nen Pkw zum Preis von 5.000 €. Das Fahr­zeug wies bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags am 04.02.2002 ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 107.731 km auf und war im Fe­bru­ar 1999 erst­mals zu­ge­las­sen wor­den.

Am 08.05.2002 blieb der Klä­ger mit dem Fahr­zeug, wel­ches mitt­ler­wei­le ei­ne Lauf­leis­tung von 110.213 km auf­wies, bei ei­ner Fahrt in Of­fen­bach lie­gen. Ur­sa­che hier­für war un­strei­tig, dass der Zahn­rie­men der Mo­tor­steue­rung ge­ris­sen war, wo­durch es zu wei­te­ren Mo­tor­schä­den kam. Der Klä­ger ver­lang­te von dem Be­klag­ten die kos­ten­lo­se Re­pa­ra­tur der Mo­tor­de­fek­te. Der Be­klag­te re­pa­rier­te die Mo­tor­schä­den zwar, stell­te sei­ne Leis­tun­gen je­doch mit ins­ge­samt 1.397,75 € in Rech­nung und mach­te die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger von der Zah­lung der Rech­nungs­sum­me ab­hän­gig. Der Klä­ger zahl­te dar­auf­hin den Be­trag un­ter Vor­be­halt an den Be­klag­ten.

Der Klä­ger meint, dass der Pkw zum Zeit­punkt des Ver­kaufs mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet ge­we­sen sei. Dies er­ge­be sich zum ei­nen aus dem Um­stand, dass der Zahn­rie­men vor Er­rei­chen der vom Her­stel­ler emp­foh­le­nen Aus­tau­sch­in­ter­val­le (spä­tes­tens al­le fünf Jah­re bzw. al­le 120.000 km) ge­ris­sen sei. Zum an­de­ren er­ge­be sich aus dem Um­stand, dass der Zahn­rie­men ei­ne glat­te Riss­stel­le auf­wei­se, dass er in­fol­ge ei­nes Ma­te­ri­al­feh­lers ge­ris­sen sei.

Die auf Rück­zah­lung der der ge­leis­te­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Dem Klä­ger steht der gel­tend ge­mach­te Rück­zah­lungs­an­spruch aus kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu. Ins­be­son­de­re hat der Be­klag­te die klä­ger­seits ge­leis­te­ten Re­pa­ra­tur­kos­ten nicht gem. § 812 I 1 Fall 1 BGB zu­rück­zu­er­stat­ten. Denn der Be­klag­te hat den der Hö­he nach un­strei­ti­gen Werklohn mit Rechts­grund er­langt (§§ 631, 632 BGB).

Der Be­klag­te war nicht ver­pflich­tet die Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten als kos­ten­frei Män­gel­be­sei­ti­gungs­ar­bei­ten aus­zu­füh­ren (§§ 437, 439 BGB) und schul­de­te in­so­weit auch kei­nen Scha­dens­er­satz. Denn der vom Klä­ger er­wor­be­ne Pkw war mit kei­nem Sach­man­gel i. S. des § 434 BGB be­haf­tet. Ein Sach­man­gel des Fahr­zeugs er­gibt sich ins­be­son­de­re vor­lie­gend nicht be­reits aus dem Um­stand, dass der Zahn­rie­men der Mo­tor­steue­rung bei ei­ner Lauf­leis­tung von 110.213 km ge­ris­sen ist. Viel­mehr kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass der Zahn­rie­men in­fol­ge ei­ner ge­wöhn­li­chen Ma­te­ri­al­ab­nut­zung ge­ris­sen ist, was nicht sach­man­gel­be­grün­det ist. Wie auch der Klä­ger selbst zu­tref­fend vor­trägt, han­delt es sich bei dem Zahn­rie­men um ein ty­pi­sches Ver­schleiß­teil. Dass der Ab­riss des Zahn­rie­mens auf ei­nen Ma­te­ri­al­feh­ler zu­rück­zu­füh­ren ist, kann nicht an­ge­nom­men wer­den. Der Vor­trag der Klä­ger­sei­te ist in­so­weit un­sub­stan­zi­iert. Die Be­haup­tung, dass sich das Vor­lie­gen ei­nes Ma­te­ri­al­feh­lers dar­aus her­lei­ten las­se, dass der Zahn­rie­men ei­ne glat­te Riss­stel­le auf­wei­se, er­scheint ge­ra­de vor dem Hin­ter­grund nicht plau­si­bel, dass sich der an­geb­li­che Ma­te­ri­al­feh­ler erst nach ei­ner Lauf­leis­tung von 110.213 km rea­li­siert ha­ben soll.

Im Üb­ri­gen ist klä­ger­seits nicht dar­ge­tan wor­den, wie­so bei ei­nem ver­schleiß­be­ding­ten Ab­riss des Zahn­rie­mens kei­ne glat­te Riss­stel­le ge­ge­ben sein kann. Nach den vor­ge­leg­ten War­tungs­emp­feh­lun­gen des Her­stel­lers ist der Zahn­rie­men oh­ne­hin min­des­tens al­le 120.000 km aus­zu­tau­schen. Die emp­foh­le­nen Aus­tau­sch­in­ter­val­le stel­len ab­so­lu­te Ma­xi­mal­wer­te dar, die in kei­nem Fall, das heißt selbst bei ge­rin­ger Be­an­spru­chung, über­schrit­ten wer­den dür­fen. Nach den Emp­feh­lun­gen kann dem­ge­gen­über ein vor­zei­ti­ger Aus­tausch er­for­der­lich sein bei be­son­de­rer Be­an­spru­chung des Fahr­zeu­ges wie Stop-and-go-Ver­kehr, über­wie­gen­den Stadt­ver­kehr­be­trieb, Kurz­stre­cken­ver­kehr, häu­fi­gen Kalt­starts, nied­ri­gen Be­triebs­tem­pe­ra­tu­ren usw.

Ge­ra­de bei Fahr­zeu­gen, die in Bal­lungs­räu­men wie im Rhein-Main-Ge­biet ge­nutzt wer­den, ist häu­fi­ger Stop-and-go-Ver­kehr, häu­fi­ger Stadt­ver­kehrs­be­trieb etc. nichts Un­ge­wöhn­li­ches und stellt kei­ne über­mä­ßi­ge bzw. un­ge­wöhn­li­che Be­an­spru­chung des Fahr­zeugs dar.

Schließ­lich kann auch aus dem Um­stand, dass das Klä­ger­fahr­zeug bei ei­nem Al­ter von drei Jah­ren zum Über­ga­be­zeit­punkt ei­ne Lauf­leis­tung von 107.731 km auf­wies, nicht ge­schlos­sen wer­den, dass der Zahn­rie­men in­fol­ge ei­nes au­ßer­ge­wöhn­li­chen Ver­schlei­ßes bzw. ei­ner nicht zu er­war­ten­den über­mä­ßi­gen Be­an­spru­chung ge­ris­sen ist …

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