Tag: Aufklärungspflicht
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Der Käufer eines Gebrauchtwagens muss grundsätzlich damit rechnen, dass das Fahrzeug dem Alter und der Laufleistung entsprechende Abnutzungserscheinungen und Gebrauchsspuren aufweist. Außerdem muss er damit rechnen, dass das Fahrzeug Bagatellschäden erlitten hat, die für den Käufer nach ihrer Beseitigung keinerlei Bedeutung mehr haben und insbesondere bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen können.
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Die Grenze für Bagatellschäden ist sehr eng zu ziehen. Kein Bagatellschaden liegt vor, wenn bei einem Diebstahl des Fahrzeugs Türen und Seitenwände aufgebogen, Fahrzeugteile (u. a. die Airbags, der Beifahrersitz und die hintere Sitzbank) entwendet und Kabelbäume zerschnitten wurden. Bei derart gravierenden Schäden kann auch nach einer Reparatur mit Originalteilen – ähnlich wie bei Unfallschäden – der Verdacht aufkommt, dass verborgene Mängel verblieben sind oder das Fahrzeug in erhöhtem Maße fehler- und reparaturanfällig ist.
LG Bonn, Urteil vom 15.11.2010 – 1 O 435/09
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2011 – 5 U 175/10)
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Ist ein Gebrauchtfahrzeug erkennbar in bestimmten Bereichen nachlackiert worden, so ist dies für einen Kfz-Händler in der Regel ein Hinweis auf die Möglichkeit eines reparierten Unfallschadens.
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Veräußert ein Kfz-Händler ein nachlackiertes Fahrzeug, muss er den Kaufinteressenten in der Regel auf die nachlackierten Stellen und den sich daraus ergebenden Unfallverdacht hinweisen. Verschweigt der Händler diese Umstände, kommt eine arglistige Täuschung i. S. von § 123 I BGB in Betracht.
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Ein Kfz-Händler ist vor der Weiterveräußerung eines Gebrauchtwagens verpflichtet, das Fahrzeug – mindestens – durch eine einfache Sichtprüfung, bei der Nachlackierungen festgestellt werden, auf mögliche Unfallschäden zu untersuchen. Das Unterlassen einer Sichtprüfung kann den Vorwurf der Arglist begründen, wenn nach der Veräußerung an einen Dritten ein Unfallschaden festgestellt wird.
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Ein größeres Kfz-Handelsunternehmen muss durch eine entsprechende Organisation sicherstellen, dass beim Ankauf bzw. bei der Inzahlungnahme von Gebrauchtwagen mögliche Unfallschäden – mindestens – durch eine einfache Sichtprüfung festgestellt und dokumentiert werden. Die Feststellungen müssen an die Verkaufsberater des Unternehmens weitergegeben werden. Verzichtet das Unternehmen auf eine solche Organisation, kann der Vorwurf der Arglist den Geschäftsführer bzw. Niederlassungsleiter treffen, wenn der Käufer eines Gebrauchtwagens nachträglich einen Unfallschaden feststellt.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 25.10.2010 – 4 U 71/09
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Ansprüche wegen der Verletzung vorvertraglichter Aufklärungspflichten sind wegen des Vorrangs der kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln (§§ 434 ff. BGB) nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen. Das gilt allerdings ausnahmsweise dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 27.03.2009 – V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 ff.).
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Auch wenn die von den Fahrzeugherstellern derzeit verwendeten Rußpartikelfilter regelmäßige Regenerationsfahrten erfordern und eine Regeneration im reinen Kurzstreckenbetrieb nicht möglich ist, stellt es doch einen Mangel dar, wenn das Fahrzeug gar nicht im Kurzstreckenbetrieb genutzt werden kann, weil die Warnleuchte, die das Erfordernis einer Regenerationsfahrt anzeigen soll, nicht funktioniert.
OLG Stuttgart, Urteil vom 07.07.2010 – 3 U 82/09
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens verharmlost einen Unfallschaden, den das Fahrzeug erlitten hat, wenn er diesen als „Streifschaden“ bezeichnet, obwohl das Fahrzeug bei einem Unfall – hier: insbesondere im Bereich der linken Seitenwand und der Fahrertür – erheblich und großflächig deformiert worden ist und anschließend nicht fachgerecht instand gesetzt wurde. Denn ein durchschnittlicher Gebrauchtwagenkäufer versteht unter einem „Streifschaden“ einen Lack- oder Blechschaden von geringer Intensität.
OLG Hamm, Urteil vom 16.12.2009 – 11 U 191/08
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Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Fahrzeugbrief eingetragenen „fliegenden Zwischenhändler“ erworben hat.
BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09
(voranrgehend: OLG Naumburg, Urteil vom 15.01.2009 – 1 U 50/08)
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Der Verkäufer eines Neufahrzeugs muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug vor Übergabe zunächst auf sich zulassen wird, wenn sich der Verkauf des Fahrzeugs mit Tageszulassung nicht aus anderen Umständen aufdrängt.
LG Bonn, Urteil vom 13.11.2009 – 2 O 225/09
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Als unmittelbarer Ansprechpartner des Käufers ist ein Kfz-Vertragshändler verpflichtet, den Kunden über ihm bekannt gewordene Gefahren im Zusammenhang mit der Nutzung des Fahrzeugs zu informieren und vor ihnen zu warnen. Hat der Händler seine Warn- und Instruktionspflichten verletzt, kann dem Käufer – auch nach Verjährung seiner Gewährleistungsansprüche – ein Schadensersatzanspruch (§ 823 I BGB) gegen den Händler zustehen.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.07.2009 – I-22 U 157/08
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Eine Aufklärungspflicht des Verkäufers eines Dieselfahrzeugs über Vor- und Nachteile eines Rußpartikelfilters besteht jedenfalls dann nicht, wenn der Käufer eine Jahresfahrleistung von 31.000 km angibt und erklärt, dass er das Fahrzeug für seine gewerbliche bzw. selbstständige berufliche Tätigkeit benötige. Der Verkäufer muss unter diesen Umständen nicht damit rechnen, dass das Fahrzeug später überwiegend im Kurzstreckenbetrieb benutzt wird.
OLG Hamm, Urteil vom 09.06.2009 – 28 U 57/08
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Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss sind im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen; das gilt jedoch zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der Sache arglistig getäuscht hat.
BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08
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Ein Rücktrittsrecht ist nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, wenn sich ein Mangel an einem Fahrzeug, das 17.000 € gekostet hat, beheben lässt und die Reparaturkosten lediglich 500 € betragen.
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Dass ein als Jahreswagen verkauftes Fahrzeug zuvor als Mietwagen verwendet wurde, muss der Verkäufer nicht offenbaren. Das Verschweigen der Mietwageneigenschaft berechtigt deshalb nicht zu einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
LG Kaiserslautern, Beschluss vom 25.03.2009 – 2 O 498/08
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