1. Der Käufer eines (hier gebrauchten) Kraftfahrzeugs, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, weil der Verkäufer verschwiegen habe, dass das Fahrzeug ein „Reimport“ sei, muss auch darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Verkäufer gewusst, jedenfalls aber für möglich gehalten hat, dass er – der Käufer – das Fahrzeug in Kenntnis des (angeblich) verschwiegenen Umstands nicht gekauft hätte. Denn bei einer Täuschung durch Verschweigen eines zu offenbarenden Umstands handelt arglistig, wer den Umstand mindestens für möglich hält und zugleich weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.
  2. Es bleibt offen, ob der private Verkäufer eines Gebrauchtwagens dem Käufer ungefragt offenbaren muss, dass das Fahrzeug ein „Reimport“ ist.
  3. Nach einer wirksamen Anfechtung ist ein Kfz-Kaufvertrag – ebenso wie nach einem wirksamen Rücktritt – einheitlich dort rückabzuwickeln, wo sich das an den Verkäufer herauszugebende Fahrzeug bei Abgabe der Anfechtungserklärung vertragsgemäß befindet („Austauschort“ oder „Belegenheitsort“). Zuständig für die auf Rückzahlung des Kaufpreises gerichtete Klage des Käufers ist deshalb gemäß § 29 I ZPO (auch) das Gericht, in dessen Bezirk sich dieser „Austauschort“ befindet (im Anschluss an OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.01.2005 – 5 W 306/04, NJW 2005, 906, 907).

LG Frankenthal, Urteil vom 12.09.2017 – 7 O 171/17
(nachfolgend: OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.11.2020 – 8 U 85/17)

Sachverhalt: Die Klägerin nimmt den Beklagten, von dem sie einen gebrauchten Pkw erworben hat, auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch.

Sie erwarb das Fahrzeug – einen im Mai 1999 erstzugelassenen Porsche 996 Cabriolet, den der Beklagte im Internet zum Kauf angeboten hatte – am 24.06.2016 für 22.250 €, nachdem sie es mit ihrem Ehemann besichtigt und Probe gefahren hatte. Dabei war zur Sprache gekommen, dass der Pkw im Frontbereich einen Schaden erlitten hatte.

Der schriftliche Kaufvertrag („ADAC Kaufvertrag für den privaten Verkauf eines gebrauchten Kraftfahrzeuges“) enthält folgenden fett gedruckten Gewährleistungsausschluss:

„Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft. Dieser Ausschluss gilt nicht für Schadensersatzansprüche aus Sachmängelhaftung, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Verletzung von Pflichten des Verkäufers oder seines Erfüllungsgehilfen beruhen, sowie bei der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.
Ggf. noch bestehende Ansprüche gegenüber Dritten aus Sachmängelhaftung werden an den Käufer abgetreten.“

Weiter heißt es in dem Kaufvertrag unter „I. Angaben des Verkäufers“ unter anderem:

2. Der Verkäufer erklärt,
dass das Kfz in der Zeit, in der es sein Eigentum war,
☐ lediglich folgende Beschädigungen oder Unfallschäden (Zahl, Art, Umfang):
Stoßstange vorne lackiert, Anzeige Klima defekt, Navi defekt, Licht vorne fällt manchmal aus.
[…] erlitten hat.“

Außerdem ist in dem Kaufvertrag vermerkt:

3. Der Verkäufer erklärt,
3.1. dass das Kfz in der übrigen Zeit – soweit ihm bekannt –
☐ keinen Unfallschaden
☐ keine sonstigen Beschädigungen
☐ lediglich folgende Unfallschäden od. sonstige Beschädigungen erlitten hat: nicht unfallfrei, Vorschaden/​Unfallschaden, Details unbekannt

[…]

3.4. dass das Kfz – soweit ihm bekannt – eine Gesamtfahrleistung von 139.091 km aufweist. laut Tacho

3.5. dass das Kfz – soweit ihm bekannt – 3 od. 4 (Anzahl) Vorbesitzer (Fahrzeughalter einschl. Verkäufer) hatte.

3.6.  dass das Kfz – soweit ihm bekannt – ein Importfahrzeug (aus der EU oder dem EU-Ausland) ist
☐ ja    ☐ nein“

Zwei Wochen nach der Übergabe des Cabriolets teilte der Ehemann der Klägerin dem Beklagten mit, dass es Probleme mit dem Fahrzeug gebe. Am 16.08.2016 ließ die Klägerin das Fahrzeug dann von dem Sachverständigen P untersuchen. Dieser teilte der Klägerin mit, dass der Porsche 996 Cabriolet rundum nachlackiert worden sei und die Nachlackierung als absolut mangelhaft bezeichnet werden müsse. Im Übrigen weise der Pkw zahlreiche Mängel und Schäden auf.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 22.08.2016 focht die Klägerin ihre auf den Abschluss des streitgegenständlichen Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung mit der Begründung an, dass der Porsche 996 Cabriolet in jeder Hinsicht mangelhaft sei und Vorschäden des Fahrzeugs offensichtlich nicht sachgerecht instand gesetzt worden seien, worüber der Beklagte sie – die Klägerin – offensichtlich arglistig getäuscht habe. Zugleich forderte die Klägerin von dem Beklagten – erfolglos – die Rückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz aufgewendeter Sachverständigen- und Rechtsanwaltskosten.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von 22.726 € nebst Zinsen sowie auf Ersatz vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten (1.242,84 €), Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Porsche 996 Cabriolet, in Anspruch genommen. Außerdem hat sie die Feststellung begehrt, dass der Beklagte mit der Annahme des Pkw in Verzug sei. Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten und habe daher einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückabwicklung dieses Vertrags gegen den Beklagten. Das streitgegenständliche Fahrzeug weise zahlreiche optische Mängel auf, über die der Beklage sie – die Klägerin – nicht aufgeklärt habe. Zudem habe der Beklagte ihr und ihrem Ehemann nur von einem Unfallereignis berichtet. Ausweislich des privat eingeholten Gutachtens seien die Schäden, die der Pkw erlitten habe, indes durch mehrere Unfallereignisse entstanden. Das Fahrzeug sei nicht fach- und sachgerecht instand gesetzt worden, was auch der Beklagte hätte erkennen müssen. Zudem sei der Kilometerzähler des Porsche 996 Cabriolet so manipuliert worden, dass er eine geringere als die tatsächliche Gesamtlaufleistung anzeige. Schließlich habe der Beklagte ihr – der Klägerin – verschwiegen, dass der Pkw ein „Reimport“ sei und dass der Motor erheblich Öl verliere.

Der Beklagte ist der Klage mit der Behauptung entgegengetreten, er habe Art und Umfang von Unfallschäden des Pkw nicht gekannt, und auch der Grund für die Neulackierung des Fahrzeugs sei ihm unbekannt gewesen. Jedenfalls habe er der Klägerin nicht zugesichert, dass der Porsche 996 Cabriolet über den offenbarten Frontschaden hinaus, dessen Umfang er ebenfalls nicht gekannt habe, unfallfrei sei. Während seiner – des Beklagten – Besitzzeit habe das Fahrzeug kein Öl in der von der Klägerin beschriebenen Form verloren. Dass das Cabriolet sich eine Weile im Ausland befunden habe, habe er gegenüber der Klägerin preisgegeben. Im Übrigen entziehe es sich seiner Kenntnis, was mit dem Pkw nach der Übergabe an die Klägerin geschehen sei. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin das Cabriolet erst über sieben Wochen nach der Übergabe habe begutachtet lassen. Sollte der Kaufvertrag gleichwohl rückabgewickelt werden müssen, schulde ihm die Klägerin eine Nutzungsentschädigung.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des hiesigen Landgerichts ergibt sich, worauf das Gericht mit Verfügung vom 13.07.2017 bereits hingewiesen hat, aus § 29 I ZPO. Denn für die Rückabwicklungsschuldverhältnisse (gesetzlicher/​vertraglicher Rücktritt, Widerruf, Anfechtung) beim Kauf gilt: Ist der Vertrag beiderseitig erfüllt und klagt der Käufer – wie vorliegend – auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgewähr der Kaufsache (§ 348 BGB), so ist einheitlicher Erfüllungsort und damit Gerichtsstand der Ort, wo sich die Kaufsache zur Zeit des Rücktritts nach dem Vertrag befindet („Austauschort“ oder „Belegenheitsort“), da an diesem Ort die Kaufsache zurückzugewähren ist (h. M.; BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VIII ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109 = NJW 1983, 1497, 1480 f.; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 06.01.2005 – 5 W 306/04, NJW 2005, 906, 907). Das streitgegenständliche Fahrzeug befand sich zum Zeitpunkt der Anfechtungserklärung bei der Klägerin in X. und damit im Bezirk des hiesigen Landgerichts.

II. Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch gegen den Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über das Kraftfahrzeug Porsche, Typ 996 Cabrio, Fahrgestellnummer: …, zu.

Ein Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 433 I, 434 I BGB i. V. mit § 326 V BGB, §§ 346, 349 BGB, da es – unabhängig von der Frage der Mangelhaftigkeit der Kaufsache – bereits an einer Rücktrittserklärung seitens der Klägerin fehlt.

Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB. Der Beklagte erlangte den Kaufpreis zwar durch Leistung der Klägerin. Diese Leistung erfolgte jedoch nicht ohne Rechtsgrund, da die Klägerin ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags über den streitgegenständlichen Porsche gerichtete Willenserklärung nicht wirksam nach §§ 142 I, 123 I Fall 1 BGB angefochten hat.

a) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, dass der Beklagte die Klägerin arglistig getäuscht hat. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln selbst bedurfte es bereits aus diesem Grund nicht.

Eine arglistige Täuschung setzt zunächst voraus, dass ein Irrtum erregt oder aufrechterhalten wird. Die Täuschung kann auch in einem Unterlassen wie dem Verschweigen von Mängeln bestehen (s. hierzu und den einzelnen Voraussetzungen BGH, Urt. v. 22.02.2005 – X ZR 123/03, NJW-RR 2005, 1082 f.; Urt. v. 04.03.1998 – VIII ZR 378/96, NJW-RR 1998, 1406). Arglist setzt dabei vorsätzliches, allerdings kein absichtliches Handeln voraus. Das heißt, der Handelnde muss die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten (BGH, Urt. v. 11.05.2001 – V ZR 14/00, NJW 2001 2326, 2327). Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Umstands handelt arglistig, wer den Umstand mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Umstand nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urt. v. 14.10.1993 – III ZR 156/92, NJW 1994, 253, 254, insoweit in BGHZ 123, 363 nicht abgedruckt). Diese Voraussetzungen können nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.

Gemäß § 286 I ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten ist. Dieses Beweismaß ist nicht bereits dann erreicht, wenn die zu beweisende Tatsache hinreichend plausibel oder gar in einem naturwissenschaftlich-mathematischen Sinn „mit an Sicherheit grenzend“ überwiegend wahrscheinlich ist. Vielmehr muss der Richter die volle Überzeugung von der Wahrheit der zu beweisenden Tatsache gewinnen. Andererseits darf der Richter nicht die absolute Wahrheit zur Voraussetzung seiner Entscheidungsfindung machen. Entscheidend ist vielmehr die subjektive Überzeugung des Richters, die keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit verlangt. Der Richter darf und muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f.; Urt. v. 06.06.1973 – IV ZR 164/71, BGHZ 61, 165, 169; Zöller/​Greger, ZPO, 31. Aufl. [2016], § 286 Rn. 19). Das ist vorliegend nicht der Fall.

Im Einzelnen:

aa) Eine arglistige Täuschung über die Unfallwageneigenschaft des streitgegenständlichen Fahrzeugs liegt nicht vor.

Bereits aus dem … vorlegten Kaufvertrag ergibt sich, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Porsche um einen Unfallwagen handelt. Zum einen hat der Beklagte an keiner Stelle angekreuzt, dass der Porsche unfallfrei sei. Er hat vielmehr ausdrücklich vermerkt, dass das Fahrzeug „nicht unfallfrel“ sei unter gleichzeitiger Angabe, dass das Fahrzeug einen „Vorschaden/​Unfallschaden“ aufweise, dessen „Details [ihm] unbekannt“ seien. Der Beklagte hat mithin entgegen dem klägerischen Vortrag angegeben, dass er über Art und Umfang vorhandener Unfallschäden keine Auskunft geben könne.

Diese Angaben sind auch der Klägerin, die den Vertrag unstreitig unterschrieben hat, nicht verborgen geblieben. Insoweit hat sie im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung bekundet:

„Wenn ich dazu gefragt werde, ob ich auch die Ziffern 2 und 3 des Kaufvertrags mir angeschaut habe, in dem steht: ‚Stoßstange vorne lackiert, Anzeige Klima defekt, Navi defekt, Licht vorne fällt manchmal aus‘ sowie ‚nicht unfallfrei, Vorschaden/​Unfallschaden, Details unbekannt‘, so habe ich das natürlich wahrgenommen.“

Zum anderen hat der Beklagte auch unstreitig das Fahrzeug als Unfallwagen angeboten und daneben im Rahmen der Besichtigung die Klägerin über die Unfallwageneigenschaft des Porsche aufgeklärt. Insofern hat die Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung selbst erklärt:

„Der Beklagte hat uns gesagt, dass das Auto einen kleinen Unfallschaden vorne rechts in Höhe der Beifahrertür des Kotflügels hätte.“

Die Klägerin wusste dementsprechend, dass es sich bei dem Porsche grundsätzlich um einen Unfallwagen gehandelt hat, der daneben weitere Mängel aufgewiesen hat. Wenn die Klägerin gleichwohl keine Begutachtung des Fahrzeugs im Hinblick auf den Umfang des Schadens veranlasste, so unterfällt dies ihrem Risikobereich.

Die Klägerin vermochte daneben nicht nachzuweisen, dass die Unfallgeschichte des Fahrzeugs durch den Beklagten mündlich verharmlost worden sei, der Beklagte mithin über über den Frontschaden hinausgehende Schäden arglistig getäuscht habe. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedenfalls nicht fest, dass der Beklagte die Klägerin darüber arglistig getäuscht hat, dass es sich bei dem im Kaufvertrag angegebenen „Unfallschaden“ lediglich um den erkennbaren Schaden im rechten Frontbereich gehandelt hat.

Dabei ist zu beachten, dass die Offenbarungs- bzw. Aufklärungspflicht des Verkäufers eines Kraftfahrzeugs hinsichtlich eines Unfallschadens allgemein anerkannt ist. Sie beschränkt sich nicht auf die Unfallwageneigenschaft, sondern bezieht sich auch auf den Umfang des Schadens (vgl. Palandt/​Ellenberger, BGB, 76. Aufl. [2017], §76. Aufl. [2017] § 123 Rn. 7). Der insofern darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin ist jedoch der Nachweis nicht gelungen, dass der Beklagte von allen von ihr behaupteten Schäden, die nicht im bloßen Bagatellbereich anzusiedeln seien dürften, gewusst und auf diese arglistig nicht hingewiesen habe.

Zwar hat auch der Ehemann der Klägerin, der Zeuge E, bekundet, dass der Beklagte nur über ein Unfallereignis gesprochen habe, und insofern wie folgt ausgeführt:

„Der Beklagte hat uns hierzu gesagt, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden hätte. Es ging aber die ganze Zeit nur um diesen einen Unfallschaden, nicht um weitere. Weitere waren jedenfalls kein Thema.“

Dass sie den Beklagte explizit nach weiteren Schäden oder Unfallereignissen gefragt habe, behauptet die Klägerin jedoch bereits nicht. Die Tatsache, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden hatte, hätte einen üblich sorgfältigen Käufer uumindest zu einer konkreten Nachfrage bewegt, ob darüber hinaus weitere Unfallschäden vorliegen. Dies ist ersichtlich nicht erfolgt.

Im Übrigen verkennt die Klägerseite, dass eine arglistige Täuschung im Hinblick auf die weiteren Schäden beziehungsweise den Umfang der Schäden nur dann vorläge, wenn der Beklagte von diesen Schäden tatsächlich gewusst oder diese für möglich gehalten hätte und dies gegenüber der Klägerin nicht preisgegeben hätte. Eine dahin gehende Überzeugung konnte das Gericht nach erfolgter Beweisaufnahme indes nicht gewinnen.

Der Beklagte hat insofern im Rahmen seiner informatorischen Anhörung bekundet, selbst nur von einem Unfallereignis ausgegangen zu sein, und hierzu wie folgt ausgeführt:

„Ich habe darauf hingewiesen, dass man auf der Beifahrerseite sieht, dass das Spaltmaß nicht exakt stimmt. Ich habe daher darauf hingewiesen, gerade wegen dieses Spaltmaßes, dass es sich wohl hier um einen Unfallschaden handelt und dass ich dazu nichts Genaueres sagen könne, da das vor meiner Zeit gewesen sei. Ich habe jedenfalls – das möchte ich betonen – mehrfach darauf hingewiesen, dass es hier einen Unfallschaden vorher gab. Ich habe dabei nicht von einem kleinen oder großen Unfallschaden geredet. Ich habe das sehr neutral gehalten.“

Das Gericht vermag die abgegebenen Erklärungen des Beklagten, die gemäß §§ 141, 278 II 3 ZPO nicht als Beweismittel verwertet werden dürfen (vgl. BGH, Urt. v. 03.07.1967 – VII ZR 48/65, MDR 1967, 834 = juris Rn. 30 ff.), ohne Weiteres im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses (Beweiswürdigung nach § 286 ZPO) zu verwerten (vgl. BGH, Urt. v. 24.04.1991 – IV ZR 172/90, MDR 1992, 137, 138; Urt. v. 16.07.1998 – I ZR 32/96, VersR 1999, 994 = juris Rn. 10 ff., 21; KG, Urt. v. 06.10.2008 – 12 U 196/08, juris Rn. 32).

Die Angaben des Beklagten erscheinen dem Gericht plausibel. Der Beklagte führte insofern nachvollziehbar und detailliert aus, dass er gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann, dem Zeugen E, keine genauen Angaben zu Art und Umfang eines Unfallschadens habe machen können. Korrespondierend hierzu sind auch die Angaben im Kaufvertrag neutral gehalten, soweit es dort heißt „nicht unfallfrei, Vorschaden/​Unfallschaden, Details unbekannt“.

Anhaltspunkte dafür, dass dem Beklagten die klägerseits behaupteten Unfallschäden bekannt gewesen sind und insofern der Hinweis auf einen „Unfallschaden“ nicht genügen würde, liegen jedenfalls nicht vor. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bereits in dem Kaufvertrag vom 18.01.2013, mit dem der Beklagte das Fahrzeug von dem Vorverkäufer erworben hat, vermerkt ist: „Unfallschaden, unbekannt, was und wie hoch“ sowie „Unfallschaden, aber unbekannt, wie stark; war bereits bei meinem Vorbesitzer“.

Dass dem Beklagten das Ausmaß der Beschädigungen anhand eines Gutachtens des Voreigentümers bekannt gewesen sei, behauptet zudem bereits die Klägerseite nicht und ergibt sich auch nicht aus dem Kaufvertrag vom 18.01.2013. Denn dort ist die entsprechende Rubrik „3. Ein ADAC-Untersuchungsprotokoll über den Zustand des Kfz liegt vor“ mit „nein“ angekreuzt worden. Insofern wusste der Beklagte zwar vom Bestehen eines Unfallschadens; dass er auch vom konkreten Ausmaß Kenntnis hatte, ist indes nicht bewiesen und ergibt sich auch nicht aus der Akte. Der Umstand, dass in diesem Kaufvertrag unter der Rubrik „Beschädigungen“ ebenfalls vermerkt ist „Umlackiert auf weiss“, lässt das Ausmaß eines Unfallereignisses oder mehrerer Unfallereignisse – entgegen der klägerischen Auffassung – jedenfalls nicht erkennen. Denn bei einem mehrere Jahre alten Gebrauchtwagen wie dem vorliegenden (Erstzulassung: 28.05.1999) kann ein durchschnittlicher Käufer nicht erwarten, dass das Fahrzeug noch die Originallackierung aufweist. Es ist jedenfalls nicht ungewöhnlich, dass es im Laufe des mehrjährigen Gebrauchs eines Kraftfahrzeugs zu Lackschäden kommt, die durch eine mehr oder weniger umfangreiche Neulackierung beseitigt werden. Bestimmte Äußerungen des Beklagten, die bei einem durchschnittlichen Käufer weitergehende Erwartungen hätten wecken können, sind nicht ersichtlich, sodass die Klägerin bereits nicht erwarten konnte, das Fahrzeug mit der ursprünglich vorhandenen Originallackierung von dem Beklagten zu erhalten. Insofern liegt in der Nichtweitergabe der Angaben zur Umlackierung keine arglistige Täuschung durch den Beklagten. Dass das Fahrzeug während der Besitzzeit des Beklagten einen Unfallschaden erlitten habe, hat die Klägerin zudem weder konkret dargelegt noch nachgewiesen.

bb) Soweit die Klägerin daneben zahlreiche optische Mängel rügt, ist bereits nicht nachvollziehbar, weshalb dem Beklagten diese Mängel hätten auffallen sollen, wenn auch der Klägerin und ihrem Mann diese im Rahmen des Besichtigungstermins nicht aufgefallen zu sein scheinen. Die Klägerin selbst hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung erklärt, dass das Auto aus ihrer Sicht „schon gut ausgesehen“ habe, wobei sie „nur das Optische bewerten“ könne; darüber hinaus könne sie keine Feststellungen treffen. Weshalb aber der Beklagte in der Lage sein soll, weitere Feststellungen zu treffen, legt die Klägerin bereits nicht dar. Insofern ist auch nicht nachvollziehbar, inwiefern der Beklagte hierüber arglistig geschwiegen haben soll. Sollten der Klägerin optische Mängel jedoch aufgefallen sein, so kann sie sich jedenfalls nicht auf eine arglistige Täuschung des Beklagten berufen, da sie dann in Kenntnis dieser Mängel das Fahrzeug erworben und im Übrigen bereits nicht behauptet hat, dass der Beklagte hierzu im Zuge der Vertragsverhandlungen mündlich verharmlosende Angaben gemacht habe.

cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kann auch nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, dass der Beklagte die Klägerin darüber getäuscht hat, dass Öl aus dem Motor tropfe. Dass dies bereits zu Besitzzeiten des Beklagten der Fall gewesen und insofern dem Beklagten bekannt gewesen sei, hat die Klägerin nicht dargelegt und bewiesen. Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung bekundet, dass er auf die Frage des Ehemanns der Klägerin nach einem Ölverlust erklärt habe, dass lediglich ein leichter Ölverlust zu verzeichnen sei. Dies hat auch der Ehemann der Klägerin, der Zeuge E, bestätigt und insofern erklärt:

„Auf einen möglichen Ölverlust angesprochen, hat der Beklagte uns geantwortet, dass der Motor feucht sei.“

Dass der Motor tropfe, habe der Beklagte ihnen aber nicht gesagt.

Soweit die Klägerin darin ein arglistiges Verschweigen sieht, ist ihr der entsprechende Nachweis nicht gelungen. Denn dass der Beklagte schon zu seiner Besitzzeit von einem „tropfenden Motor“ Kenntnis gehabt hat, konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden.

Der Beklagte hat im Rahmen seiner informatorischen Anhörung einen solchen Ölverlust verneint und hierzu ausgeführt:

„Das sah man allein schon daran, dass das Fahrzeug hier 70–80 % in der Garage bei meinen Eltern stand. Ich habe dieses eigentlich nur als Schönwetterfahrzeug verwendet. Jedenfalls gab es dort keine Ölspuren.“

Diese Angaben werden gestützt durch die Bekundungen des Vaters des Beklagten, dem Zeugen V. Dieser erklärte ebenfalls,

,,dass das Auto im Winter immer und im Sommer die meiste Zeit in meiner Garage gestanden hat. Hier waren keine Ölflecken vorhanden.“

Die Angaben des Zeugen sind glaubhaft, da plausibel und nachvollziehbar. Sie werden zudem bestätigt durch die Angaben der Zeugin M, der Mutter des Beklagten und Ehefrau des Zeugen V. Diese hat ebenfalls erklärt, dass in der Garage keine Ölflecken vorhanden gewesen seien, und führte diesbezüglich aus:

„Das [= dass das Fahrzeug kein Öl verliert] ist auch daran zu sehen, dass das Auto bei uns so bestimmt ein Drei­vier­tel­jahr in der Garage stand und dort nie Öl war.“

Das Gericht hält beide Zeugen auch für glaubwürdig. Ihre Angaben waren jeweils in sich schlüssig und stimmig. Bei der Würdigung der Aussage der Zeugen verkennt das Gericht nicht, dass beide Zeugen als Eltern des Beklagten „im Lager“ der sie benennenden Beklagtenseite stehen. Dieser Umstand genügt für sich isoliert betrachtet jedoch nicht, um Zweifel an ihrer jeweiligen Glaubwürdigkeit zu begründen. Beide Zeugen haben ihre jeweiligen Aussagen erkennbar nach reiflicher Überlegung und sachlich vorgetragen und waren jeweils ersichtlich um die Wahrheit bemüht, was sich daraus ergibt, dass sie stets angaben, wenn sie etwas nicht mehr wussten. Im Übrigen wurden die Angaben der Zeugen auch nicht von der Klägerseite angegriffen.

dd) Darüber hinaus kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden, dass der Beklagte die Klägerin über die Reimporteigenschaft des Fahrzeugs getäuscht hat. Zwar hat der Beklagte die entsprechende Rubrik im Kaufvertragsformular (Ziffer 3.6.) nicht angekreuzt. Unabhängig von der streitigen Behauptung, dass der Beklagte die Kläger darüber informiert habe, dass das Fahrzeug mal im Ausland gewesen sei, und der Frage, ob die Reimporteigenschaft eines Fahrzeugs im Rahmen eines Gebrauchtwagenkaufs zwischen Privaten überhaupt ein aufklärungspflichtiger Umstand ist oder nicht, läge eine arglistige Täuschung hierüber jedenfalls nur dann vor, wenn der Beklagte gewusst oder für möglich gehalten hätte, dass die Klägerin bei Kenntnis über die Reimporteigenschaft das Fahrzeug nicht kaufen würde, und nur deshalb hierüber geschwiegen hätte. Den dahin gehenden Nachweis hat die Klägerseite jedoch nicht erbracht. Denn dass die Klägerin oder ihr Ehemann gegenüber dem Beklagten bei dem Verkaufsgespräch den Kauf eines Reimportfahrzeugs ausdrücklich ausgeschlossen habe, behauptet die Klägerin bereits nicht.

ee) Soweit die Klägerin darüber hinaus der Auffassung ist, dass die Laufleistung manipuliert worden sei, greift auch dieser Einwand nicht durch.

Zum einen ergibt sich eine Manipulation des Tachometers entgegen der klägerischen Auffassung nicht aus der &hellp; vorgelegten Bestätigung der Firma F. Zwar ist der Klägerin zuzustimmen, dass dort auf der mit „Fahrzeugstammblatt, Kunden-Fahrzeug“ überschriebenen zweiten Seite als Erstellungsdatum dieser Seite der 05.04.2013 aufgeführt und der Kilometerstand mit 115.321 angegeben wird. Gleichzeitig ist auf dieser Seite jedoch als Fahrzeughalter Herr X angegeben. Zu diesem Zeitpunkt (05.04.2013) war jedoch ausweislich des … seitens des Beklagten vorgelegten Kaufvertrags zwischen ihm und X vom 18.01.2013 das Fahrzeug längst im Besitz des Beklagten.

Unabhängig davon erhält der klägerische Vortrag zum anderen bereits keine Angaben dazu, dass der Beklagte – unterstellt, die Laufleistung ist tatsächlich nach unten manipuliert worden – hiervon gewusst und dies arglistig gegenüber der Klägerin verschwiegen habe. Nur in diesem Fall könnte jedoch die Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten aufgrund von Anfechtung wegen arglistiger Täuschung geltend machen. Dass der Beklagte selbst den Tacho manipuliert habe, behauptet die Klägerin zudem bereits nicht.

b) In Ermangelung eines entsprechenden Hauptanspruchs scheidet auch der geltend gemachte Zinsanspruch aus.

2. Mangels Erfolgs in der Hauptsache kann die Klägerin keinen Ersatz der aufgewendeten Gutachterkosten beanspruchen.

3. Mangels eines entsprechenden Hauptanspruchs scheidet auch der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der weiteren Kosten für die Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus.

4. Der geltend gemachte Feststellungsantrag ist ebenfalls unbegründet. Ein Verzug des Beklagten mit der Rücknahme des Fahrzeugs ist nach dem Vorstehenden nicht zu begründen. Eine
Rückabwicklung scheidet nach Obigem aus.

III. Die Klage war somit … abzuweisen.

Hinweis: Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hat das OLG Zweibrücken mit Beschluss vom 26.01.2021 – 8 U 85/17 – als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen, nachdem es zuvor auf seine entsprechende Absicht hingewiesen hatte (OLG Zweibrücken, Beschl. v. 30.11.2020 – 8 U 85/17).

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