Steht fest, dass der Käu­fer bei Ab­schluss ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags ob­jek­tiv als Ver­brau­cher ge­han­delt hat, so hat der ge­werb­li­che Kfz-Ver­käu­fer Um­stän­de dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, aus de­nen er auf ein un­ter­neh­me­ri­sches Han­deln des Käu­fers schlie­ßen durf­te. Zwei­fel ge­hen zu­las­ten des Ver­käu­fers, weil bei na­tür­li­chen Per­so­nen re­gel­mä­ßig da­von aus­zu­ge­hen ist, dass sie als Ver­brau­cher han­deln.

OLG Hamm, Ur­teil vom 29.03.2012 – I-28 U 147/11
(vor­her­ge­hend: LG Bo­chum, Ur­teil vom 24.06.2011 – I-4 O 202/10)

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 26.11.2009 von dem Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Mer­ce­des E 320 zum Preis von 13.900 €. Im Kauf­ver­trag wur­de hand­schrift­lich ver­merkt: „Käu­fer ist Ge­wer­be­trei­ben­der, so­mit kei­ne Ge­währ auf Sach­man­gel. Pro­be­fahrt wur­de ge­macht. Kein Rück­ga­be­recht! Preis­min­de­rung!“ Die­sen Ver­merk un­ter­schrieb der Klä­ger ge­son­dert.

Kurz nach dem Kauf stell­te der Klä­ger Pro­ble­me mit der Schal­tung des Fahr­zeugs fest. Nach­dem er den Be­klag­ten am 08.12.2009 zur Nach­er­fül­lung auf­ge­for­dert hat­te, be­auf­trag­te er ei­nen Gut­ach­ter mit der Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs. Des­sen Gut­ach­ten vom 11.02.2010, für das der Klä­ger 3.279,02 € zu zah­len hat­te, kommt zu dem Er­geb­nis, dass die Schal­tungs­pro­ble­me auf den Ver­schleiß ver­schie­de­ner Ge­trie­be­bau­tei­le zu­rück­zu­füh­ren sei­en. Auf­grund der ver­gleichs­wei­se ge­rin­gen Lauf­leis­tung des Fahr­zeugs er­gä­ben sich be­last­ba­re An­halts­punk­te da­für, dass der Ver­schleiß be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger an­ge­legt ge­we­sen sei. Die Be­he­bung der Män­gel wür­de 1.360 € net­to (= 1.618,40 € brut­to) kos­ten.

Der Be­klag­te lehn­te ei­ne Nach­er­fül­lung un­ter Be­ru­fung auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ab.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, er sei kein Ge­wer­be­trei­ben­der und ha­be sich dem Be­klag­ten ge­gen­über auch nie als sol­cher aus­ge­ge­ben. Der hand­schrift­li­che Zu­satz sei auf Druck des Zeu­gen Z, der die Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen führ­te, er­folgt. Z ha­be den Ver­kauf von der Un­ter­zeich­nung des Zu­sat­zes ab­hän­gig ge­macht.

Das LG Bo­chum (Urt. v. 24.06.2011 – I-4 O 202/10) hat die auf Zah­lung von 6.456,02 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss sei wirk­sam, da der Klä­ger dem Be­klag­ten vor­ge­täuscht ha­be, Un­ter­neh­mer zu sein. Des­halb sei es dem Klä­ger ver­wehrt, sich auf sei­ne Ver­brau­che­r­ei­gen­schaft zu be­ru­fen und den da­mit ver­bun­de­nen Schutz in An­spruch zu neh­men.

Die Be­ru­fung des Klä­gers blieb oh­ne Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die Kla­ge ist un­be­grün­det. Der Klä­ger kann von dem Be­klag­ten nicht Scha­dens­er­satz in Hö­he von 6.456,02 € we­gen ei­nes Sach­man­gels des am 26.11.2009 er­wor­be­nen Fahr­zeugs ver­lan­gen.

Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs aus kauf­ver­trag­li­chem Ge­währ­leis­tungs­recht ge­mäß den §§ 280, 281, 437 Nr. 3, 434 BGB lie­gen nicht vor. Der Klä­ger hat nicht be­wie­sen, dass das ge­kauf­te Fahr­zeug, der Mer­ce­des-Benz E 320, be­reits bei Ge­fahr­über­gang, das heißt bei Über­ga­be an den Klä­ger (§ 446 Satz 1 BGB), man­gel­haft war.

1. So­weit – wie hier – kei­ne be­son­de­re Be­schaf­fen­heit ver­ein­bart ist, ist ei­ne Sa­che frei von Män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und die Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Auf­grund der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen Dipl.-Ing. V ist fest­zu­stel­len, dass an dem ver­kauf­ten Fahr­zeug durch ein schlag­ar­tig wir­ken­des Er­eig­nis ein Ge­trie­be­de­fekt auf­ge­tre­ten ist. Der Se­nat folgt den über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen, der dem Se­nat aus ei­ner Viel­zahl von Ver­fah­ren als kom­pe­tent be­kannt ist. Der Sach­ver­stän­di­ge hat die Ge­trie­be­be­stand­tei­le, die im Zu­ge der vom Klä­ger be­auf­trag­ten Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs durch den Zeu­gen Y aus­ge­baut und ihm vor dem Se­nats­ter­min über­sandt wor­den wa­ren, un­ter­sucht. An­hand der – im Ter­min vor­ge­leg­ten – Bau­tei­le hat der Sach­ver­stän­di­ge an­schau­lich er­läu­tert, dass so­wohl der Frei­lauf F2 als auch die Zwi­schen­wel­le deut­li­che Spu­ren ei­nes plötz­lich ein­wir­ken­den Ge­wal­ter­eig­nis­ses zei­gen. Die Sperr- bzw. Klemm­kör­per aus dem Frei­lauf wei­sen Aus­bru­cher­schei­nun­gen auf, und der Klemm­kör­per­trä­ger ist ver­formt. Auf dem Son­nen­rad bzw. der Zwi­schen­wel­le sind mar­kan­te Druck­spu­ren. Dass es sich hier­bei um Zei­chen ei­ner Ge­walt­ein­wir­kung und nicht um An­zei­chen oder Fol­gen über­mä­ßi­gen Ver­schlei­ßes han­delt, hat der Sach­ver­stän­di­ge nach­voll­zieh­bar und ein­leuch­tend aus­ge­schlos­sen. Er hat da­bei auch die ab­wei­chen­de Wer­tung in dem Pri­vat­gut­ach­ten des Dipl.-Ing. Y, den der Se­nat zu­dem als Zeu­gen ge­hört hat, be­rück­sich­tigt und ge­wür­digt. Ver­schleiß hät­te sich nicht durch Aus­brü­che, Ver­for­mun­gen und Druck­spu­ren ge­zeigt, son­dern durch ober­fläch­li­che Ma­te­ri­al­ab­tra­gun­gen. Au­ßer­dem wies die K3–Kupp­lung kei­ne nen­nens­wer­ten Ab­nut­zungs­er­schei­nun­gen auf und wa­ren die Ad­ap­ti­ons­wer­te un­auf­fäl­lig, was ge­gen er­heb­li­chen Ver­schleiß die­ser Ge­trie­be­ein­heit spricht.

Als Ur­sa­che für den Ge­walt­scha­den kommt nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen ein Fahr- oder Be­die­nungs­feh­ler in Zu­sam­men­hang mit dem Schal­ten zwi­schen den ver­schie­de­nen Gang­stu­fen in Be­tracht.

Zu wel­chem Zeit­punkt das den Man­gel am Ge­trie­be aus­lö­sen­de Er­eig­nis ein­ge­tre­ten ist, ist, wie der Sach­ver­stän­di­ge er­klärt hat, aus tech­ni­scher Sicht nicht fest­stell­bar. Es lässt sich da­nach nicht aus­schlie­ßen, dass es erst nach Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger ein­ge­tre­ten ist.

Sons­ti­ge In­di­zi­en, die den si­che­ren Schluss dar­auf zu­las­sen, dass der schad­haf­te Zu­stand des Ge­trie­bes, wel­cher ei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar­stellt, zu die­sem Zeit­punkt be­reits vor­han­den war, sind nicht aus­zu­ma­chen. Der Klä­ger hat selbst be­kun­det, dass sich bei den Pro­be­fahr­ten die Fahr­auf­fäl­lig­kei­ten, die er nach der Über­ga­be bei der Heim­fahrt be­merk­te, noch nicht of­fen­bart hat­ten.

2. Zeigt sich bei ei­nem ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeug, das ein Ver­brau­cher von ei­nem Un­ter­neh­mer ge­kauft hat, in­ner­halt von sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be an den Käu­fer ein Man­gel und kön­nen die da­für als ur­säch­lich in­fra­ge kom­men­den Um­stän­de auf ei­nen Fahr- oder Be­die­nungs­feh­ler des Käu­fers zu­rück­zu­füh­ren, eben­so gut aber auch be­reits vor der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Käu­fer ein­ge­tre­ten sein, so be­grün­det al­ler­dings § 476 BGB die Ver­mu­tung, dass der Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den war (BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VI­II ZR 259/06, NJW 2007, 2621 – Zy­lin­der­kopf­dich­tung; sie­he auch Ball, in: Fest­schr. f. G. Mül­ler, 2009, S. 591 [595], Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 3381).

Die vor­ge­nann­te Be­stim­mung greift hier aber nicht ein, weil kein Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 BGB) vor­liegt.

a) Al­ler­dings ist der Klä­ger ob­jek­tiv Ver­brau­cher. Nach § 13 BGB ist Ver­brau­cher je­de na­tür­li­che Per­son, die ein Rechts­ge­schäft zu ei­nem Zweck ab­schließt, der we­der ih­rer ge­werb­li­chen noch ih­rer selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit zu­ge­rech­net wer­den kann. Der Klä­ger hat un­wi­der­legt vor­ge­tra­gen, dass er das Fahr­zeug er­wor­ben hat, um es pri­vat zu nut­zen.

b) Der Be­klag­te hat aber Um­stän­de be­wie­sen, wo­nach aus sei­ner Sicht das Han­deln des Klä­gers ein­deu­tig ei­ner ge­werb­li­chen Sphä­re zu­zu­ord­nen war. Steht fest, dass ob­jek­tiv ein Ver­brau­cher­ge­schäft vor­lag, so trifft den Ver­trags­part­ner die Be­weis­last für die Um­stän­de, aus de­nen er auf ein Un­ter­neh­mer­ge­schäft schlie­ßen durf­te. Zwei­fel ge­hen in­so­weit zu­las­ten des Ver­trags­part­ners, weil bei na­tür­li­chen Per­so­nen re­gel­mä­ßig von Ver­brau­cher­han­deln aus­zu­ge­hen ist (BGH, Urt. v. 30.09.2009 – VI­II ZR 7/09, NJW 2009, 3780 Rn. 11, Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 71. Aufl. [2012], § 13 Rn 4, miss­ver­ständ­lich Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1992).

Den An­for­de­run­gen an sei­ne Be­weis­pflicht hat der Be­klag­te Rech­nung ge­tra­gen.

Der Klä­ger führ­te nicht nur ro­te Über­füh­rungs­kenn­zei­chen bei sich, wel­che üb­li­cher­wei­se von Händ­lern be­nutzt wer­den, er un­ter­schrieb auch auf dem Kauf­ver­trags­for­mu­lar – ge­son­dert – den hand­schrift­li­chen Zu­satz „Käu­fer ist Ge­wer­be­trei­ben­der, so­mit kei­ne Ge­währ auf Sach­män­gel …“

Ei­ne nach­voll­zieh­ba­re Er­klä­rung da­für hat der Klä­ger nicht ge­fun­den. Dass der für den Be­klag­ten han­deln­de Zeu­ge Z hier­zu er­klärt ha­ben soll, das müs­se so sein, und er – der Klä­ger – dies so hin­ge­nom­men ha­be, leuch­tet nicht ein. Dass der Klä­ger sei­nen Ver­hand­lungs­part­ner vor Un­ter­zeich­nung des Ver­trags aus­drück­lich dar­auf hin­ge­wie­sen hat, dass er kein Ge­wer­be­trei­ben­der sei, lässt sich sei­ner ei­ge­nen per­sön­li­chen An­hö­rung nicht ent­neh­men. Im Üb­ri­gen ha­ben so­wohl der Be­klag­te als auch der Zeu­ge Z be­kun­det, der Klä­ger ha­be vor Ver­trags­schluss er­klärt, er sei Händ­ler. Un­ter Wür­di­gung al­ler Um­stän­de des Ver­trags­schlus­ses konn­ten, durf­ten und muss­ten sie an­neh­men, dass der Klä­ger nicht als Ver­brau­cher han­del­te.

Da­nach kann sich der Klä­ger nicht auf die Ver­mu­tungs­re­ge­lung des § 476 BGB be­ru­fen. Die Zwei­fel, ob der Man­gel am Ge­trie­be des ver­kauf­ten Fahr­zeugs be­reits bei Über­ga­be vor­lag, ge­hen zu sei­nen Las­ten …

PDF er­stel­len