- Der Käufer eines Wohn- oder Reisemobils darf im Regelfall davon ausgehen, dass er das Fahrzeug mit einer Fahrerlaubnis der Klasse C1 (früher: Klasse III) führen darf. Einschließlich einer üblichen Zuladung muss das Gewicht des Fahrzeugs deshalb unter 7,5 t bleiben, wobei eine Zuladungsmöglichkeit von weniger als 500 kg völlig unzureichend ist. Ein Wohn- oder Reisemobil, das nur eine derart geringe Zuladung erlaubt, ist für den gewöhnlichen Gebrauch ungeeignet und deshalb mangelhaft.
- Tritt der Käufer eines Wohn- oder Reisemobils vom Kaufvertrag zurück, so berechnet sich der Wertersatz, den er für die Nutzung des Fahrzeugs leisten muss, allein nach den damit gefahrenen Kilometern. Der Nutzungswert eines Wohn- oder Reisemobils besteht zwar auch in der Möglichkeit, darin zu wohnen und zu übernachten, doch schlägt sich diese gegenüber einem gewöhnlichen Kraftfahrzeug erhöhte Nutzbarkeit bereits im Kaufpreis nieder. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich das Fahrzeug weitgehend stationär auf einem Stellplatz befindet und dort dauerhaft als Campingmobil genutzt wird.
OLG Nürnberg, Urteil vom 14.11.2001 – 4 U 372/01
Sachverhalt: Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Reisemobil.
Mit Formularvertrag vom 02.10.1999 kaufte der Kläger von dem Beklagten ein neues Reisemobil. In der Rubrik „Barzahlungspreis“ war ein Betrag von 220.000 DM handschriftlich eingetragen. Tatsächlich waren sich die Parteien aber einig, dass der Kaufpreis 290.000 DM betragen solle. Diesen Preis hat der Kläger auch unstreitig gezahlt. Das Fahrzeug wurde dem Kläger am 09.10.1999 übergeben.
In dem Vetragsformular wurde auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf von fabrikneuen Kraftfahrzeugen – Neuwagen-Verkaufsbedingungen – verwiesen, die umseitig abgedruckt waren. Nach diesen Bedingungen leistet der Verkäufer Gewähr für die Fehlerfreiheit während eines Jahres seit Auslieferung des Kaufgegenstands. Außerdem ist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt, dass „Angaben in bei Vertragsschluss gültigen Beschreibungen über Lieferumfang, Aussehen, Leistungen, Maße und Gewichte, Betriebsstoffverbrauch, Betriebskosten usw. des Kaufgegenstands Vertragsinhalt sind; sie sind als annähernd zu betrachten und keine zugesicherten Eigenschaften, sondern dienen als Maßstab zur Feststellung, ob der Kaufgegenstand … fehlerfrei ist“.
Der Kläger hatte das streitgegenständliche Reisemobil, das in den USA hergestellt wurde, auf einer Messe besichtigt und als sog. Ausstellungsmodell erworben. In dem deutschen Prospekt für Reisemobile sind für das entsprechende Modell ein Leergewicht von 5,9 t, eine Zuladung von 1,6 t sowie ein Gesamtgewicht von 7,49 t angegeben. Die Version diese Reisemobils enthält u. a. serienmäßig eine „Heckgarage“ und eine Zusatzausstattung (Hydraulikstützen, Außenspiegel, Ventilator, Generator). Der Listenpreis beträgt 320.000 DM. Bei den Verkaufsgesprächen sind dem Kläger Preisliste und Prospekt übergeben worden.
Der Kläger hat vorgetragen, das Fahrzeug sei fehlerbehaftet, da es mit der vertraglichen Sollbeschaffenheit nicht übereinstimme. Das Fahrzeug wiege nämlich bereits im Leerzustand 7,22 t. Bei einer vertragsgemäß vorgesehenen Zuladung von 1,6 t betrage das Gesamtgewicht über 8,8 t. Auch wenn man die europäische Norm über die Zuladung bewohnbarer Freizeitfahrzeuge (EN 1646-2) zugrunde lege, komme man auf ein Gesamtgewicht von über 8,2 t. Er, der Kläger, besitze eine Fahrerlaubnis, die ihm erlaube, Fahrzeuge bis zu einem zulässigen Gesamtgewicht von 7,5 t zu fahren. Für ihn seien sowohl das im Prospekt angegebene Gesamtgewicht von 7,49 t wie auch die Zuladungsmöglichkeit von 1,6 t von kaufentscheidender Bedeutung gewesen. Die bei dem tatsächlichen Leergewicht des Fahrzeugs noch mögliche Zuladung von nicht einmal 300 kg sei völlig unzureichend.
Das LG Nürnberg-Fürth hat den Beklagten zur Zahlung von 261.659,75 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Reisemobils verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo zu. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, den Kläger darüber aufzuklären, dass das Reisemobil – auch nach dem Vortrag des Beklagten – ein höheres Leergewicht habe als im Prospekt ausgewiesen. Die Zuladungsmöglichkeit sei bei einem Wohnmobil von erheblicher Bedeutung. Als Laie habe der Kläger darauf vertrauen dürfen, dass eine Zuladung von 1,6 t – wie im Prospekt aufgeführt – und nicht nur eine solche von ca. 900 kg – wie der Beklagte jetzt vortrage – möglich sei. Der Kläger habe auch nicht erkennen können, dass das von ihm erworbene Modell so viel schwerer als das Grundmodell sei. Als Schadensersatz könne der Kläger Befreiung vom abgeschlossenen Vertrag verlangen, müsse sich aber gezogene Nutzungen für 19.545 gefahrene Kilometer bei einem Gebrauchsvorteil von 1,45 DM pro Kilometer anrechnen lassen.
Die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. Der Kläger ist zur Wandlung des Kaufvertrags berechtigt, weil das streitgegenständliche Reisemobil mit einem Fehler behaftet ist (§§ 459 I 1, 462 BGB a.F.); denn das Fahrzeug ist für den von beiden Parteien übereinstimmend vorausgesetzten und gewöhnlichen Gebrauch erheblich gemindert.
a) Auf dem deutschen Markt vertriebene Wohn- und Reisemobile müssen, sofern nichts anderes vereinbart ist oder sich aus sonstigen Umständen nichts anderes ergibt, so beschaffen sein, dass sie mit dem früheren Führerschein Klasse III, jetzigen Führerschein C1 – zulässiges Fahrzeuggesamtgewicht bis 7,5 t – geführt werden können. Der durchschnittliche Wohnmobil-Käufer wird und kann nämlich davon ausgehen, dass er für ein solches Fahrzeug keine spezielle Lkw-Fahrerlaubnis benötigt, wenn er nicht ausdrücklich auf etwas anderes hingewiesen wird.
Auch der Beklagte stellt in diesem Zusammenhang nicht in Abrede, dass ein Reisemobil dieses Kriterium erfüllen muss. Schließlich gehen auch die Prospektangaben – stillschweigend – von dieser Erwartung aus, wenn sie das Gesamtgewicht sämtlicher angebotener [Modelle] jeweils mit 7,49 t beziffern.
Zum gewöhnlichen Gebrauch eines Wohn- und Reisemobils gehört es ferner, dass das Fahrzeug mit einer nach der Verkehrssitte üblichen Zuladung versehen und dann benutzt, d.?h. gefahren werden kann. Demzufolge muss die Summe von Leergewicht und Gewicht der üblichen Zuladung unter 7,5 t bleiben. Die übliche Zuladung hängt – auch – vom Platzangebot des Reisemobils ab. Besitzt z. B. – wie im konkreten Fall – ein Reisemobil eine sog. Heckgarage, so kann der Erwerber davon ausgehen, dass eine solche Garage auch entsprechend beladen werden kann und er nicht umgekehrt die Garage völlig ungenutzt lassen muss, nur um das zulässige Gesamtgewicht nicht zu überschreiten und das Fahrzeug nicht zu überladen.
b) Die Beweisaufnahme hat unzweifelhaft ergeben, daß das streitgegenständliche Fahrzeug bei üblicher Zuladung deutlich über acht Tonnen wiegt.
Der für diese Art von Fahrzeugen öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige S hat bereits das Leergewicht des Reisemobils mit 7,051 t ermittelt. Dabei hat der Sachverständige das leere Fahrzeug gewogen, Zuschläge für Fahrer und die zum Teil fehlende Kraftstofftankfüllung, das fehlende Bordwerkzeug und die Gewichtsdifferenz der Sitzbezüge veranschlagt und so das Leergewicht gemäß § 42 III StVZO ermittelt. Sein Ergebnis ist nachvollziehbar und in sich schlüssig.
Soweit der Beklagte darauf verwiesen hat, dass in den Kraftstofftank zwischen 150 l und 300 l eingebaut würden, hat der Sachverständige überzeugend dargetan, dass es sich im streitgegenständlichen Fall tatsächlich um einen 300-Liter-Tank handeln müsste. Im Übrigen hat der Beklagte schon schriftsätzlich nicht ausdrücklich behauptet, der konkrete Tank fasse weniger als 300 Liter Kraftstoff; in der Sitzung vom 24.10.2001 hat er schließlich erklärt, er wolle gar nicht behaupten, dass hier ein kleiner Tank eingebaut worden sei.
Der Sachverständige hat das Gewicht für die teilweise fehlende Tankfüllung mit 220 kg veranschlagt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen hätten noch etwa 220 Liter Diesel in den Tank eingefüllt werden können. Da Dieselkraftstoff leichter als Wasser ist, rechnet der Senat aber zugunsten des Beklagten hier nur mit einem Faktor von 0,85. Hieraus errechnet sich das Gewicht des fehlenden Treibstoffs mit 220 × 0,85 = 187 kg. Demnach vermindert der Senat das vom Sachverständigen ermittelte Leergewicht um 33 kg. Ansonsten schließt sich der Senat vollinhaltlich den Berechnungen des Sachverständigen an. Dieser hat auch zutreffend und von dem Beklagten nicht angegriffen das nachvollziehbar geschätzte Gewicht der Gegenstände, die der Kläger im Nachhinein in das Reisemobil eingebaut hat, von dem gewogenen Leergewicht abgezogen.
Der Senat kommt demnach zu folgendem Leergewicht:
Gewicht lt. Wiegeschein | 7.000 kg | |
Fehlende Treibstofftankfüllung von 220 l | 187 kg | |
Gewichtsdifferenz Bezüge | 10 kg | |
Fahrer | 75 kg | |
Fehlendes Bordwerkzeug | 5 kg | |
7.277 kg | ||
abzgl. vom Kläger nachträglich eingebauter/eingebrachter Gegenstände | – | 259 kg |
Leergewicht des gekauften Fahrzeugs | 7.018 kg |
Dieser Wert stimmt weitgehend mit der Gewichtsangabe überein, die in dem Schreiben enthalten ist, das dem Kläger am 23.05.2000 per Fax zuging und nach Angaben des Beklagten vom Reisemobil-Hersteller stammt. In diesem Schreiben heißt es, dass das Fahrzeug ab Fabrik inklusive Diesel und „75 kg-Fahrer“ fahrbereit ein Gewicht von 7.100 kg hatte. Auch aus diesem Schreiben ergibt sich im Übrigen, dass die fest eingebaute Sonderausstattung des Modells selbstverständlich zum Leergewicht dieses Reisemobils zählt und nicht als Zuladung gewertet werden kann.
Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, wie es zu der Bescheinigung des TÜV vom 25.10.1999 gekommen ist, die ein Leergewicht von 6.109 kg ausweist.
Auch hinsichtlich des Gewichts der Zuladung folgt der Senat weitgehend den Ausführungen des Sachverständigen. Dieser kommt bei gewöhnlichem Gebrauch zu einem Zuladungsgewicht von 1.253 kg. Dabei hat der Sachverständige die Füllung von Gas- und Frischwassertank mit 90 % des Fassungsvermögens, die der Brauchwasser- und Fäkalientanks in voller Höhe in Ansatz gebracht. Dazu hat er das Gewicht von Töpfen, Geschirr, Lebensmitteln, Getränken, Campingartikeln, Wäsche, Kleidung und sonstiger Sachen des persönlichen Gebrauchs geschätzt. Das Gewicht der „Garagenfüllung“ (Kleinmotorrad, Campingartikel usw.) gibt er mit 120 kg an, für „Sonstiges“ hat er 100 kg angesetzt. In seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige insbesondere die beiden letzten Positionen noch näher erläutert und betont, dass die von ihm ermittelten Gewichte angesichts der Größe und des Komforts des [Wohnmobils] eher niedrig geschätzt sind.
Diese Bewertung des erfahrenen Gutachters teilt der Senat. Allerdings ist der Senat der Ansicht, dass beim gewöhnlichen Gebrauch eines Reisemobils nicht von nahezu vollen Tanks sowohl für Frisch- wie für Brauchwasser und Fäkalien ausgegangen werden kann. Bei 90 % gefülltem Frischwassertank mit einem Fassungsvermögen von 300 l geht der Senat deshalb nur von jeweils zur Hälfte gefüllten Brauchwasser- und Fäkalientanks (jeweiliges Fassungsvermögen 200 l) aus. Von dem vom Sachverständigen ermittelten gewöhnlichen Zuladungsgewicht ist deshalb ein Abschlag von 200 kg vorzunehmen.
Andererseits fehlt in der Berechnung des Sachverständigen das Gewicht der mitreisenden Personen, offensichtlich, weil der Sachverständige seinen Gutachtensauftrag hinsichtlich der „Zuladung“ eng auslegte. Ein Reisemobil dieses Standards muss das Mitreisen von mindestens vier weiteren Personen ermöglichen. Deshalb sind der vom Sachverständigen ermittelten gewöhnlichen Zuladung 300 kg für vier Personen hinzuzurechnen.
Als Mindestzuladung ergibt sich daher folgender Wert:
Vom Sachverständigen ermitteltes Gesamtgewicht | 1.253 kg | |
Abschlag für nicht gefüllte Abwassertanks | – | 200 kg |
Beifahrer und drei weitere Passagiere | + | 300 kg |
1.353 kg |
Der Sachverständige hat dazu betont, dass das von ihm veranschlagte Zuladungsgewicht für dieses Fahrzeug ein Minimum darstelle, eine Vielzahl der Schränke, Staukästen und Deckenschränke blieben bei einer solchen Beladung leer. Der Wohnmobil-Hersteller sei bei der Gestaltung des Fahrzeugs bestimmt von einer Nutzung ausgegangen, die um Vieles höher liege als von ihm, dem Sachverständigen, angegeben worden sei.
Letztlich kann es im Einzelnen dahinstehen, welche Massen man für welche Zuladungen im einzelnen als „dem gewöhnlichen Gebrauch entsprechend“ annimmt; denn es kann jedenfalls keinem Zweifel unterliegen, dass für ein so großes und luxuriöses Fahrzeug mit Außenmaßen von 9,60 Metern Länge, 2,50 Metern Breite und 3,35 Metern Höhe, einem Frischwassertank von 300 l und einer Heckgarage (Höhe: 1,21 m, Breite: 2,01 m, Tiefe: 0,76 m) eine Zuladungsmöglichkeit – einschließlich Beifahrer und Passagiere – von unter 500 kg völlig unzureichend ist. Bei dem tatsächlichen Leergewicht des streitgegenständlichen Reisemobils von 7,018 t käme aber nur eine solche – unzureichende – Zuladung in Betracht, um das Fahrzeug mit dem „normalen“ Pkw-Führerschein fahren zu können. Unabhängig davon ist das Fahrzeug auch nur auf ein Gesamtgewicht von 7,49 t zugelassen, wobei der Kläger bei einer informatorischen Befragung angab, dass die deutschen Behörden ein höheres Zulassungsgewicht nicht genehmigen würden.
Die Tauglichkeit des vom Kläger erworbenen Reisemobils ist damit im Vergleich zu dem gewöhnlichen Gebrauch in ganz erheblichem Maße eingeschränkt, weshalb ein Sachmangel vorliegt. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob dem Kläger hinsichtlich der Zuladungsmöglichkeiten auch noch spezielle Zusicherungen gegeben worden sind.
2. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind nicht gemäß § 460 BGB a.F. ausgeschlossen.
Dabei unterstellt der Senat, dass es sich bei dem Kläger um einen im Reisemobil-Bereich besonders fachkundigen Käufer handelte. Gleichwohl musste der Kläger nicht damit rechnen, dass das von ihm auf der Messe erworbene Fahrzeug bereits ein Leergewicht von über sieben Tonnen hatte. Dies umso weniger, als im Prospekt für [das Modell] ein Leergewicht von 5,9 t angegeben ist. Selbst wenn dem Kläger, wie der Beklagte meint, klar sein musste, daß sich dieser Wert nur auf das sog. Grundmodell und nicht auf das vom Kläger erworbene Modell bezog, konnte er nicht mit einer so eklatanten Gewichtsdifferenz von über 1,1 t rechnen. Es ist auch einem fachkundigen Käufer nicht zuzumuten, eine eigene Berechnung des Gewichts der Zusatzausstattung der „Luxusversion“ vorzunehmen, zumindest fällt dem Käufer hierfür nicht grobe Fahrlässigkeit i.?S. von § 460 BGB a.F. zur Last.
Der Beklagte käme bei dieser Sachlage von seiner Gewährleistungsverpflichtung nur frei, wenn er den Kläger ausdrücklich auf ein gegenüber den Gewichtsvorgaben im Prospekt ganz erhebliches Mehrgewicht des konkreten Modells hingewiesen hätte. Dies behauptet der Beklagte aber selbst nicht.
3. Stehen dem Kläger bereits Gewährleistungsrechte zu, so scheiden daneben Ansprüche aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen (c.?i.?c.) aus (Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., vor § 459 Rn. 7 m. w. Nachw.).
4. Die Gewährleistungsansprüche des Klägers sind nicht verjährt.
Wie schon das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf fabrikneuer Kraftfahrzeuge – „Neuwagenverkaufsbedingungen“ – zum Gegenstand des Kaufvertrags gemacht worden.
Bei dem Vertrag vom 02.10.1999 handelt es sich nicht um einen Scheinvertrag (§ 117 BGB). Ein Scheingeschäft liegt nämlich nur vor, wenn die Parteien einvernehmlich nur den äußeren Anschein eines Rechtsgeschäfts setzen, in Wahrheit aber die Rechtswirkungen eines solchen Vertrags nicht eintreten lassen wollen (BGH, NJW 1980, 1572; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl., § 117 Rn. 3 m. w. Nachw.).
Unabhängig davon, auf welchen Kaufpreis die Parteien sich letztlich geeinigt haben, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß sie sich über den Verkauf des Reisemobils und die mit diesem Verkauf zusammenhängenden Rechtsfolgen einig waren und nicht nur zum Schein einen Kaufvertrag abgeschlossen haben. Die Rechtslage ist in diesem Fall nicht mit der eines – unterverbrieften – Grundstückskaufs zu vergleichen, bei dem gemäß § 313 BGB a.F. die notarielle Form Gültigkeitsvoraussetzung ist. Ein solches Formerfordernis liegt beim Kfz-Kaufvertrag gerade nicht vor. Es kann daher dahinstehen, warum in dem Formular „Verbindliche Bestellung“ in die Rubrik „Barzahlungspreis“ nur 220.000 DM eingetragen wurden. Insbesondere kann offen bleiben, ob es sich insoweit nicht nur um ein Angebot des Klägers handelte, das die Parteien später einvernehmlich auf 290.000 DM erhöhten.
Selbst wenn man hinsichtlich des Kaufpreises von 220.000 DM ein Scheingeschäft annehmen wollte, so wären die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten gleichwohl vertragsgegenständlich für den –auch nach Ansicht des Beklagten – letztlich zum Kaufpreis von 290.000 DM zustande gekommene Kaufvertrag geworden. Aus den Gesamtumständen („verbindliche Bestellung zu den nachfolgenden und umseitigen Geschäftsbedingungen“) lässt sich nämlich entnehmen, dass der Beklagte als Verkäufer zu einem Vertragsschluss nur unter der Geltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen bereit war und der Kläger als Käufer dies wußte und akzeptierte.
Nach den somit vertragsgegenständlich gewordenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen beträgt die Gewährleistungsfrist ein Jahr. Die Klage wurde innerhalb dieser Jahresfrist, beginnend mit der Übergabe des Fahrzeugs am 09.10.1999, erhoben, da sie dem Beklagten nach mehreren vergeblichen Zustellungsversuchen am 05.08.2000 zugestellt worden ist.
5. Der Kläger kann Wandlung und damit Rückgewähr des Kaufpreises gemäß § 462 BGB a.F. verlangen. Zwar enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten ein Nachbesserungsrecht des Verkäufers, doch scheidet im vorliegenden Fall eine Nachbesserung schon deshalb aus, weil das Leergewicht des verkauften Fahrzeugs und damit auch die unzureichende Zuladungsmöglichkeit nicht veränderbar ist.
6. Bei Durchführung des Vollzugs der Wandlung hat sich der Kläger gezogene Nutzungen gemäß §§ 467, 346 Satz 2 BGB a.F. anrechnen zu lassen.
Dabei errechnet sich in der Regel auch beim Reisemobil der Gebrauchsvorteil nach der Formel
$$\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{erwartete Gesamtlaufleistung}}$$
die beim Kfz-Kauf generell anerkannt ist (vgl. z. B. BGH, DAR 1995, 323; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rn. 816 m. w. Nachw.).
Der Nutzungswert eines Reisemobils besteht zweifellos auch in der Möglichkeit, dort zu wohnen, sich Speisen zuzubereiten und zu übernachten. Diese gegenüber dem gewöhnlichen Kraftfahrzeug erhöhte Nutzbarkeit schlägt sich aber bereits im Kaufpreis nieder. Denn wesentlicher Kostenfaktor beim Kaufpreis eines Reisemobils ist das Platzangebot und die Einrichtung mit der damit verbundenen Nutzungsmöglichkeit. Wird das Reisemobil auch als solches – nämlich zum Reisen – genutzt, so sind demgemäß die gefahrenen Kilometer zusammen mit der erwarteten Gesamtlaufleistung taugliche Anknüpfungspunkte für den zu ersetzenden Gebrauchsvorteil.
Etwas anderes gälte nur, wenn das Reisemobil sich weitgehend stationär auf einem Stellplatz befände und dort quasi als Dauer-Campingmobil genutzt würde. Eine solche Fallgestaltung wird vom Beklagten aber nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger ist vielmehr nach den Feststellungen des Erstgerichts in dem Jahr nach dem Kauf des Fahrzeugs etwa 20.000 km mit dem Reisemobil gefahren, und dies, obwohl das Fahrzeug zeitweise defekt war.
Da die Gebrauchstauglichkeit des streitgegenständlichen Reisemobils wegen der zu geringen Zuladungsmöglichkeit deutlich eingeschränkt war (s. oben), könnte man durchaus daran denken, die Nutzungsentschädigung gegenüber der linearen Berechnungsmethode zu ermäßigen (vgl. hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 813 ff.). Der Kläger hat dies jedoch nicht verlangt und lässt sich die Gebrauchsvorteile nach der linearen Methode anrechnen. Dementsprechend hat er auch eine Nutzungsentschädigung von 1,45 DM pro Kilometer seinem Antrag zugrunde gelegt.
In Übereinstimmung mit dem Landgericht schätzt auch der Senat die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines solchen Reisemobils auf 200.000 km (so auch OLG München, Urt. v. 20.04.1993 – 25 U 5214/91, zit. bei Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 817). Demnach errechnet sich der Gebrauchsvorteil bei linearer Berechnungsmethode und einer zu erwartenden Laufleistung von 200.000 km mit 0,5 % des Kaufpreises pro 1.000 km. Da der Kaufpreis 290.000 DM betrug, hat der Kläger somit 1,45 DM pro Kilometer zu vergüten.
Stimmt der Senat generell dem Landgericht in der Berechnungsmethode des Gebrauchsvorteils zu, so ist das Ersturteil gleichwohl insoweit abzuändern, als es – entgegen dem Antrag der Klagepartei – den Gebrauchsvorteil auf der Basis der damals konkret gefahrenen Kilometer auch betragsmäßig errechnet und vom zurückzuerstattenden Kaufpreis in Abzug bringt. Unabhängig von der Abweichung vom Antrag des Klägers hat sich im Übrigen auch die Erwartung des Landgerichts, das Fahrzeug werde nicht mehr bewegt, nicht bestätigt. Der Sachverständige stellte bei seiner Begutachtung des Fahrzeugs einen Kilometerstand von 22.536 fest, während das Landgericht nur von 19.545 ausging.
Da das Landgericht im Ergebnis über den Antrag des Klägers hinaus ging und der Kläger sich auch sämtliche bis zur Rückgabe des Fahrzeugs gefahrenen Kilometer anrechnen lassen will und muss, war das Urteil entsprechend dem erstinstanzlichen Antrag des Klägers … abzuändern.
7. Über die Nutzungsentschädigung hinaus stehen dem Beklagten keine Gegenansprüche zu.
a) Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen haben die vom Kläger vorgenommenen Umbauten und Einbauten in den meisten Fällen sogar zu einer Wertverbesserung geführt (Gewürzhalter, Rolläden, Seitenstofftaschen, Garderobenhaken, Griffe an Schranktüren und Schubladen). Der Senat schließt sich dieser Bewertung in vollem Umfang an. Soweit der Beklagte hiergegen einwendet, Rolläden seien auf dem amerikanischen Markt unüblich, so ist dieser Einwand schon deshalb unbeachtlich, weil das Reisemobil auf dem deutschen Markt verkauft worden ist.
b) Soweit der Beklagte ein zusätzliches Aggregat zur Bedienung der Wirbelstrombremse unter dem Armaturenbrett angebracht hat, erfolgte dieser Einbau nach den Feststellungen des Sachverständigen fachmännisch und ist zweckmäßig.
c) Auch die Markise wurde vom Kläger fachmännisch montiert. Der Sachverständige hat diese Feststellung bei seiner mündlichen Anhörung ausdrücklich bekräftigt. Die Markise musste mit speziellen Bohrungen am Wohnmobil befestigt werden, die angeblich werkseits vorgesehene Befestigung an einer schmalen Kederleiste hält der Sachverständige wegen der von einer solchen Markise ausgehenden Kräfte für unzureichend. Dem schließt sich der Senat an.
d) Soweit der Kläger die ursprünglich vorhandene Tischverlängerung anderweitig verwendet hat, müsste diese nach den Feststellungen des Sachverständigen erneuert werden. Der Beklagte könnte hierfür jedoch nur dann Schadensersatz gemäß §§ 467 Satz 1, 347, 989 BGB a.F. verlangen, wenn der Kläger diesen Schaden nach Kenntnis der Wandlungsvoraussetzungen verursacht hätte … Hierzu fehlt es an jeglichem Sachvortrag des Klägers. Auch aus den sonstigen Umständen ergeben sich hierfür keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat die Fehlerhaftigkeit der Kaufsache erstmals mit Anwaltsschreiben vom 07.04.2000 gerügt, nachdem er das Fahrzeug am 06.04.2000 hatte wiegen lassen. Es spricht nichts dafür, dass der Kläger erst danach die Tischverlängerung anderweitig verwertet und damit erst nach Kenntnis der Voraussetzungen für ein Wandlungsbegehren einen Schaden verursacht hätte …
8. Der zurückzugewährende Kaufpreis ist gemäß §§ 347 Satz 3, 246 BGB a.F. mit 4 % zu verzinsen. Da das Landgericht nur den saldierten Betrag der Zinspflicht unterworfen hat und das Urteil vom Kläger nicht angefochten worden ist, verbleibt es insoweit bei dem Urteilsspruch des Landgerichts. Auch den Annahmeverzug (§ 293 BGB a.F.) hat das Landgericht zutreffend festgestellt …