1. Der Rück­tritt des Käu­fers ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs vom Kauf­ver­trag ist ge­mäß § 218 I BGB un­wirk­sam, wenn er erst er­klärt wird, nach­dem der Nach­er­fül­lungs­an­spruch (§§ 437 Nr. 1, 439 I BGB) des Käu­fers ver­jährt ist, und der Ver­käu­fer sich auf die Ver­jäh­rung des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs be­ruft.
  2. Der Nach­er­fül­lungs­an­spruch, den der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ge­gen den Ver­käu­fer hat, ver­jährt auch dann nicht ge­mäß § 438 III 1 BGB in der re­gel­mä­ßi­gen Ver­jäh­rungs­frist von drei Jah­ren (§§ 195, 199 I BGB), wenn dem – mit dem Ver­käu­fer nicht iden­ti­schen – Fahr­zeug­her­stel­ler ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung zur Last fällt. Denn ein mög­li­cher­wei­se arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Fahr­zeug­her­stel­lers muss sich ein recht­lich vom Her­stel­ler un­ab­hän­gi­ger (Ver­trags-)Händ­ler nicht zu­rech­nen las­sen. Ins­be­son­de­re ist der Her­stel­ler grund­sätz­lich nicht Ge­hil­fe des (Ver­trags-)Händ­lers bei der Er­fül­lung von Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über dem Fahr­zeug­käu­fer.

LG Kre­feld, Ur­teil vom 01.03.2017 – 7 O 130/16
(nach­fol­gend: OLG Düs­sel­dorf, Be­schluss vom 30.05.2017 – I-22 U 52/17)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin, ei­ne Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung, ver­langt von der Be­klag­ten, ei­ner selbst­stän­di­gen, nicht an den VW-Kon­zern an­ge­bun­de­nen ge­werb­li­chen Au­di-Händ­le­rin im Zu­sam­men­hang mit dem VW-Ab­gas­skan­dal die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges.

Die Be­klag­te lie­fer­te der Klä­ge­rin am 07.05.2013 ge­gen Zah­lung von 24.650 € brut­to ei­nen vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Au­di A3 Sport­back 1.6 TDI Am­bi­ti­on. In dem Fahr­zeug kommt ei­ne sei­ne Schad­stoff­emis­sio­nen ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware zum Ein­satz, die (nur) wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf ei­nem Prüf­stand für ei­ne Ver­rin­ge­rung des Stick­oxid(NOX-)Aus­sto­ßes sorgt.

Mit Schrei­ben vom 19.01.2016 for­der­ten die spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin die Be­klag­te auf, „den durch die Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware vor­lie­gen­den Man­gel“ bis zum 09.02.2016 „zu be­he­ben“. Mit Schrei­ben vom 27.01.2016 wie­sen die spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Be­klag­ten das An­sin­nen der Klä­ge­rin un­ter Ver­weis auf ei­nen vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt an­ge­ord­ne­ten Rück­ruf mit dem Hin­weis zu­rück, dass die von der Klä­ge­rin ge­setz­te Frist an­ge­sichts des Um­fangs der Rück­ruf­ak­ti­on zu kurz be­mes­sen sei. Im Rah­men die­ser Ak­ti­on wer­de auch das Fahr­zeug der Klä­ge­rin nach­ge­bes­sert; mit ei­ner Nach­bes­se­rung sei frü­hes­tens im zwei­ten Quar­tal 2016 zu rech­nen, und die – für al­le Fahr­zeug­hal­ter ver­bind­li­che – Rück­ruf­ak­ti­on wer­de En­de 2016 ab­ge­schlos­sen sein. Das Ziel ei­ner Nach­bes­se­rung sei, dass das Fahr­zeug der Klä­ge­rin die ein­schlä­gi­gen NOX-Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­hal­te. Dar­über hin­aus er­hob die Be­klag­te die Ein­re­de der Ver­jäh­rung und er­klär­te, sie wer­de sich hin­sicht­lich noch nicht ver­jähr­ter Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che der Klä­ge­rin bis zum 31.12.2017 nicht auf Ver­jäh­rung be­ru­fen.

Dar­auf­hin ließ die Klä­ge­rin mit An­walts­schrei­ben vom 03.03.2016 ge­gen­über der Be­klag­ten ih­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und vor­sorg­lich die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung er­klä­ren. Sie ver­lang­te von der Be­klag­ten un­ter Frist­set­zung zum 31.03.2016 die Er­stat­tung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung (6.211,80 €) ver­min­der­ten Kauf­prei­ses nebst Zin­sen (4.628,49 €), Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs. Die Be­klag­te ließ den gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­an­spruch mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 08.03.2016 zu­rück­wei­sen und er­hob aber­mals die Ein­re­de der Ver­jäh­rung.

Die Klä­ge­rin ist der Auf­fas­sung, ihr Fahr­zeug lei­de we­gen der die Schad­stoff­emis­sio­nen ma­ni­pu­lie­ren­den Soft­ware an ei­nem er­heb­li­chen Man­gel. Der Pkw ha­be be­reits bei der Über­ga­be nicht die hin­sicht­lich sei­ner Ab­gas­emis­sio­nen und sei­nes Kraft­stoff­ver­brauchs ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ge­habt. Ihr – der Klä­ge­rin – sei es dar­auf an­ge­kom­men, dass das Fahr­zeug be­stimm­te Ab­gas­wer­te ein­hal­te, und sie ha­ben sich auf die ent­spre­chen­den An­ga­ben der Be­klag­ten in der EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung (COC) ver­las­sen.

Au­ßer­dem macht die Klä­ge­rin gel­tend, das Fahr­zeug ha­be ei­nen Wert­ver­lust er­lit­ten, weil es vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei. Fahr­zeug­käu­fer hät­ten das Ver­trau­en in die Mar­ken des VW-Kon­zerns ver­lo­ren; der Ab­gas­skan­dal ha­be zu ei­nem deut­li­chen Rück­gang der Nach­fra­ge nach VW- und Au­di-Fahr­zeu­gen ge­führt. Dies wir­ke sich bei ei­nem Wei­ter­ver­kauf des Fahr­zeugs emp­find­lich auf den Kauf­preis aus, wo­bei die­ser mer­kan­ti­le Min­der­wert 1.500 € be­tra­ge.

Die Klä­ge­rin hat in ers­ter Li­nie be­an­tragt, die Be­klag­te zur Zah­lung von 19.087,32 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs, und zur Frei­stel­lung von ei­ner Ver­gü­tungs­for­de­rung ih­rer Rechts­an­wäl­te zu ver­ur­tei­len so­wie den An­nah­me­ver­zug der Be­klag­ten fest­zu­stel­len. Hilfs­wei­se hat die Klä­ge­rin er­rei­chen wol­len, dass die Be­klag­te an sie 1.500 € zah­len muss. Äu­ßerst hilfs­wei­se hat die Klä­ge­rin die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Nach­bes­se­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­langt.

Die Be­klag­te hat ins­be­son­de­re die Ein­re­de der Ver­jäh­rung er­ho­ben. Au­ßer­dem hat sie gel­tend ge­macht, die Klä­ge­rin ha­be ih­re Rü­ge­ob­lie­gen­heit (§ 377 III HGB) ver­letzt. Der VW-Ab­gas­skan­dal sei En­de Sep­tem­ber 2015 über die Me­di­en zur Kennt­nis der Fahr­zeug­hal­ter ge­langt. Ab dem 30.09.2015 ha­be je­der Hal­ter im In­ter­net an­hand der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer über­prü­fen kön­nen, ob sein Fahr­zeug vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei. An­ge­sichts des­sen sei die mit Schrei­ben vom 19.01.2016 er­ho­be­ne Män­gel­rü­ge der Klä­ge­rin nicht un­ver­züg­lich er­folgt.

Das Fahr­zeug der Klä­ge­rin – so meint die Be­klag­te wei­ter – sei im Üb­ri­gen nicht man­gel­haft, da es un­ein­ge­schränkt ge­brauchs­taug­lich und die EG-Typ­ge­neh­mi­gung un­ver­än­dert wirk­sam sei. Die in dem Fahr­zeug zum Ein­satz kom­men­de Soft­ware sei kei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung.

Hilfs­wei­se macht die Be­klag­te gel­tend, dass das Fahr­zeug der Klä­ge­rin mit Blick auf die in Re­de ste­hen­de Soft­ware je­den­falls kei­nen er­heb­li­chen Man­gel auf­wei­se. Denn ein von der Fahr­zeug­her­stel­le­rin zur Ver­fü­gung ge­stell­tes Soft­ware­up­date kön­ne mit ei­nem mi­ni­ma­len Zeit­auf­wand von höchs­tens ei­ner Stun­de in­stal­liert wer­den, und die­se Maß­nah­me sei mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von we­ni­ger als 100 € ver­bun­den, so­dass die Kos­ten ein Pro­zent des Kauf­prei­ses nicht über­stie­gen. Dar­über hin­aus ste­he ei­nem wirk­sa­men Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag ent­ge­gen, dass die Klä­ge­rin nicht ord­nungs­ge­mäß Nach­er­fül­lung ver­langt ha­be. Denn es wä­re Sa­che der Klä­ge­rin ge­we­sen, ihr – der Be­klag­ten – das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zur Durch­füh­rung der Nach­bes­se­rung an ih­rem Be­triebs­sitz zur Ver­fü­gung zu stel­len. Auch ha­be die Klä­ge­rin ei­ne zu kur­ze Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt. Das Fahr­zeug der Klä­ge­rin hät­te nur nach ent­spre­chen­den In­struk­tio­nen von­sei­ten der Fahr­zeug­her­stel­le­rin tech­nisch über­ar­bei­tet wer­den kön­nen. We­gen der Viel­zahl der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge sei es zu­dem not­wen­dig ge­we­sen, die tech­ni­sche Über­ar­bei­tung der Fahr­zeu­ge ei­ner Ge­samt­ko­or­di­na­ti­on und ei­nem ab­ge­stimm­ten Zeit­plan zu un­ter­wer­fen. Die Volks­wa­gen AG sei in­so­weit – auch be­züg­lich der be­trof­fe­nen Au­di-Fahr­zeu­ge – in en­ger Ab­stim­mung mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor­ge­gan­gen.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet hier­zu, sie ha­be erst En­de 2015 er­fah­ren, dass ihr Fahr­zeug vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei. Sie meint, ihr Rück­tritt sei nicht ge­mäß § 218 I 1 BGB un­wirk­sam. Viel­mehr gel­te für ih­ren Nach­er­fül­lungs­an­spruch ge­mäß § 438 III 1 BGB die re­gel­mä­ßi­ge Ver­jäh­rungs­frist von drei Jah­ren (§§ 195, 199 I BGB), weil die AU­DI AG (auch) sie – die Klä­ge­rin – ha­be als Käu­fe­rin ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs arg­lis­tig ge­täuscht ha­be. Die Arg­list der AU­DI AG müs­se sich die Be­klag­te zu­rech­nen las­sen, weil sie sich der AU­DI AG zur Er­fül­lung ih­rer Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über der Klä­ge­rin be­dient ha­be.

Nach An­sicht der Klä­ge­rin war ein Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen ent­behr­lich, weil ihr ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs un­zu­mut­bar ist. In­so­weit sei ins­be­son­de­re zu be­rück­sich­ti­gen, dass Ex­per­ten öf­fent­lich ge­äu­ßert hät­ten, dass sich ei­ne Nach­bes­se­rung durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates ne­ga­tiv auf die Mo­tor­leis­tung, den Kraft­stoff­ver­brauch und den Mo­tor­ver­schleiß ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs aus­wir­ke. Dar­über hin­aus ha­be sie – die Klä­ge­rin – an­ge­sichts der arg­lis­ti­gen Täu­schung je­des Ver­trau­en in die Fahr­zeug­her­stel­le­rin ver­lo­ren. Dass sie der Be­klag­ten gleich­wohl ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt ha­be, kön­ne ihr nicht zum Nach­teil ge­rei­chen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Hin­sicht­lich des Kla­ge­an­trags zu 4 war die­ser so aus­zu­le­gen, dass die Klä­ge­rin Scha­dens­er­satz i. S. der §§ 437 Nr. 3, 280 ff. BGB und nicht Nach­bes­se­rung i. S. des § 439 I Fall 1 BGB ver­langt. Die Klä­ge­rin macht mit dem An­trag zu 1 Rech­te aus ei­nem er­klär­ten Rück­tritt gel­tend. So­weit der Rück­tritt je­doch wirk­sam ist, ist der Nach­er­fül­lungs­an­spruch er­lo­schen (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 74. Aufl., § 437 Rn. 27). Es wä­re un­zu­läs­sig, als Hilfs­an­trag ei­nen durch den ei­ge­nen Vor­trag zum Haupt­an­trag un­strei­tig er­lo­sche­nen An­spruch zur Ent­schei­dung zu stel­len. Hin­ge­gen ist der Scha­dens­er­satz­an­spruch auch ne­ben dem Rück­tritt denk­bar (§ 325 BGB).

Im so ver­stan­de­nen Um­fang ist die Kla­ge zu­läs­sig, aber un­be­grün­det.

Der Rück­tritt der Klä­ge­rin ist ge­mäß § 218 I BGB un­wirk­sam.

Nach § 218 I 1 BGB ist der Rück­tritt als Ge­stal­tungs­recht we­gen nicht oder nicht ver­trags­ge­mäß er­brach­ter Leis­tung un­wirk­sam, wenn der An­spruch auf die Leis­tung oder der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jährt ist und der Schuld­ner sich hier­auf be­ruft. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen vor.

Der An­spruch der Klä­ge­rin auf Nach­er­fül­lung aus dem Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten ist ver­jährt.

Es ist be­reits zwei­fel­haft, ob die Klä­ge­rin ih­rer Rü­ge­ob­lie­gen­heit … ge­mäß § 377 III HGB recht­zei­tig nach­kam. Letzt­lich kann die hier­für re­le­van­te Fra­ge, wann die Klä­ge­rin Kennt­nis von dem Man­gel des Fahr­zeugs hat­te, aber da­hin­ste­hen. Je­den­falls ist die kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­frist ab­ge­lau­fen, und die Be­klag­te hat sich hier­auf be­ru­fen.

Ge­mäß § 438 I Nr. 3 BGB ver­jährt der An­spruch auf Nach­er­fül­lung beim Kauf be­weg­li­cher Sa­chen in­ner­halb von zwei Jah­ren. Die Frist be­gann ge­mäß § 438 II BGB i. V. mit § 187 I BGB am Tag nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs, am 08.05.2013, zu lau­fen und en­de­te ge­mäß § 188 II BGB mit Ab­lauf des 07.05.2015. Da­mit war der Nach­er­fül­lungs­an­spruch zum Zeit­punkt der Kla­ge­er­he­bung am 07.07.2016 ver­jährt.

Der Nach­er­fül­lungs­an­spruch ver­jähr­te vor­lie­gend auch nicht in­ner­halb der Re­gel­ver­jäh­rung von drei Jah­ren ge­mäß § 438 III BGB. Dies hät­te vor­aus­ge­setzt, dass die Be­klag­te den Man­gel arg­lis­tig ge­gen­über der Klä­ge­rin ver­schwie­gen hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor. Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass die Be­klag­te selbst kei­ne Täu­schung be­gan­gen und von dem Ver­bau ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware erst durch die Me­di­en er­fah­ren hat.

Die Be­klag­te muss sich ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen des Her­stel­lers auch nicht zu­rech­nen las­sen.

So­weit sich die Klä­ge­rin dar­auf be­ruft, die Be­klag­te ha­be sich zur Er­fül­lung ih­rer Ver­bind­lich­keit aus § 433 I 2 BGB des Her­stel­lers als Er­fül­lungs­ge­hil­fen i. S. des § 278 BGB be­dient, kann dem nicht ge­folgt wer­den. Dies wür­de vor­aus­set­zen, dass der Her­stel­ler mit Wis­sen und Wol­len der Be­klag­ten in ih­rem ver­trag­li­chen Pflich­ten­kreis tä­tig ge­wor­den ist. Die­se Vor­aus­set­zun­gen schei­tern be­reits an der Chro­no­lo­gie des Fal­les. Die hier­zu von der Klä­ge­rin an­ge­führ­te Li­te­ra­tur­mei­nung zur Zu­rech­nung in Han­dels­ket­ten (Wel­ler, NJW 2012, 2312 f.) ist ver­ein­zelt ge­blie­ben.

Zwar ist es grund­sätz­lich denk­bar, dass ein Her­stel­ler bei wer­ten­der Be­trach­tung als Er­fül­lungs­ge­hil­fe ei­nes Ver­käu­fers an­zu­se­hen sein kann (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 74. Aufl., § 280 Rn. 19 m. w. Nachw.); al­ler­dings liegt die­se Kon­stel­la­ti­on im vor­lie­gen­den Fall nicht vor. Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ist der Lie­fe­rant des Ver­käu­fers nicht des­sen Ge­hil­fe für die Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über dem Käu­fer, wes­halb auch der Her­stel­ler der Kauf­sa­che nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers ist, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft (BGH, Urt. v. 15.07.2008 – VI­II ZR 211/07, BGHZ 177, 224 = NJW 2008, 2837 Rn. 29; Beschl. v. 14.01.2009 – VI­II ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rn. 11; Urt. v. 19.06.2009 – V ZR 93/09, BGHZ 181, 317 = NJW 2009, 2674 Rn. 19).

An­de­re Zu­rech­nungs­nor­men schei­tern an der Un­ab­hän­gig­keit der Be­klag­ten vom Her­stel­ler­kon­zern.

Es kann da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te sich hin­sicht­lich der Nach­er­fül­lung zu­läs­sig auf § 275 I bis III, § 439 III BGB be­ru­fen kann. Dies än­dert an der Un­wirk­sam­keit des Rück­tritts nach § 218 I 1 BGB ge­mäß § 218 I 2 BGB im vor­lie­gen­den Fall nichts.

Auf­grund der Un­wirk­sam­keit des Rück­tritts konn­te die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs nicht in An­nah­me­ver­zug kom­men, so­dass der An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs ab­zu­wei­sen war.

Der An­trag auf Zah­lung von 1.500 € war eben­falls ab­zu­wei­sen. Zwar ist die Min­de­rung grund­sätz­lich auch dann mög­lich, wenn der Rück­tritt un­wirk­sam ist (Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 437 Rn. 27); al­ler­dings gilt dies nur dann, wenn die Un­wirk­sam­keit des Rück­tritts au­ßer­halb der ge­mein­sa­men Vor­aus­set­zun­gen der bei­den Ge­stal­tungs­rech­te be­grün­det ist. Eben­so wie der Rück­tritt ist auch die Min­de­rung ge­mäß § 438 V BGB aus­ge­schlos­sen, wenn der An­spruch auf Nach­er­fül­lung ver­jährt ist und der Schuld­ner sich dar­auf be­ruft.

Der als Scha­den­er­satz­ver­lan­gen aus­zu­le­gen­de An­trag zu 4 war eben­falls ab­zu­wei­sen. Für die kauf­recht­li­chen Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gel­ten eben­falls die dar­ge­leg­ten Ver­jäh­rungs­re­geln (§§ 437 Nr. 3, 438 I Nr. 3 BGB).

Man­gels Vor­lie­gens ei­nes Haupt­an­spruchs konn­te die Be­klag­te nicht ver­ur­teilt wer­den, die Klä­ge­rin von ih­ren An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.474,89 € frei­zu­stel­len. …

Hin­weis: Mit Be­schluss vom 30.05.2017 – I-22 U 52/17 – hat das OLG Düs­sel­dorf dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es be­ab­sich­ti­ge, die Be­ru­fung der Klä­ge­rin durch ein­stim­mi­gen Be­schluss ge­mäß § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen. In dem Hin­weis­be­schluss heißt es:

„I. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung der Klä­ge­rin ist nicht be­grün­det. Die Ent­schei­dung des Land­ge­richts be­ruht we­der auf ei­ner Rechts­ver­let­zung i. S. von § 546 ZPO, noch recht­fer­ti­gen die nach § 529 ZPO zu­grun­de zu le­gen­den Tat­sa­chen ei­ne an­de­re Ent­schei­dung (§ 513 ZPO).

1. Ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ge­mäß § 346 I BGB i. V. mit §§ 433, 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 I BGB Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs steht der Klä­ge­rin nicht zu.

Denn der Rück­tritt der Klä­ge­rin ist je­den­falls ge­mäß §§ 438 IV 1, 218 I 1 BGB un­wirk­sam. Das ist nach den ge­nann­ten Vor­schrif­ten der Fall, wenn zur Zeit des Zu­gangs der Rück­tritts­er­klä­rung der An­spruch auf Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) ver­jährt ist und der Ver­käu­fer die Ver­jäh­rungs­ein­re­de wirk­sam er­hebt (vgl. Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 76. Aufl. [2017], § 438 Rn. 18).

Der An­spruch auf Nach­er­fül­lung war zum Zeit­punkt des Zu­gangs der Rück­tritts­er­klä­rung vom 03.03.2016 ver­jährt.

Die­ser An­spruch ver­jährt bei ei­nem Fahr­zeug ge­mäß § 438 I Nr. 3, II BGB, so­fern kein Fall des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens ei­nes Man­gels bei Ver­trags­schluss vor­liegt (§ 438 III BGB), bin­nen zwei­er Jah­re, wo­bei die Frist mit Ab­lie­fe­rung der Sa­che zu lau­fen be­ginnt.

Die Ab­lie­fe­rung des Fahr­zeugs ist am 07.05.2013 er­folgt, so­dass Ver­jäh­rung des Nach­bes­se­rungs­rechts am 07.05.2015 er­folgt ist, weil es zu­vor nicht zu Hem­mungs- oder Un­ter­bre­chungs­tat­be­stän­den ge­kom­men ist.

Ein Fall des arg­lis­ti­gen Ver­schwei­gens ei­nes Man­gels bei Ver­trags­schluss ist nicht ge­ge­ben:

a) Un­strei­tig hat die Be­klag­te selbst kei­ne Täu­schung be­gan­gen und von dem ver­meint­li­chen Ein­satz ei­ner Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware selbst erst nach Ver­trags­schluss im Jahr 2011 und nach Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs im Mai 2013 durch die Me­di­en er­fah­ren.

b) Die Be­klag­te muss sich auch nicht ein et­wai­ges arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen des Her­stel­lers zu­rech­nen las­sen.

aa) Die in­so­weit dar­le­gungs­be­las­te­te Klä­ge­rin hat be­reits nicht die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner et­wai­gen Haf­tung des Her­stel­lers nach § 31 BGB dar­ge­tan. Die Klä­ge­rin hat nicht vor­ge­tra­gen, wer kon­zern­in­tern für die Ent­wick­lung und den Ein­satz der frag­li­chen Soft­ware ver­ant­wort­lich war und wer hier­von Kennt­nis hat­te.

bb) Ab­ge­se­hen da­von muss sich die Be­klag­te ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten der Her­stel­le­rin nicht zu­rech­nen las­sen.

(1) Ei­ne Zu­rech­nung des ver­meint­li­chen Fehl­ver­hal­tens der Her­stel­le­rin ge­mäß § 123 II 1 BGB kommt nicht in Be­tracht. Die Be­klag­te hat­te kei­ne Kennt­nis von der Täu­schung ge­habt oder ha­ben müs­sen. Es sind kei­ne An­halts­punk­te da­für vor­ge­tra­gen oder er­sicht­lich, dass der Be­klag­ten zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses be­kannt war oder sie es zu­min­dest für mög­lich hielt, dass die Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs ei­ne ma­ni­pu­la­ti­ve Soft­ware in den Ver­kehr ge­bracht hat.

(2) Ei­ne Zu­rech­nung nach § 278 BGB schei­det aus (so­fern man die­se Norm im Rah­men der hier maß­geb­li­chen Zu­rech­nung ei­nes arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens über­haupt für an­wend­bar er­ach­ten woll­te). Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH ist der Vor­lie­fe­rant des Ver­käu­fers nicht des­sen Ge­hil­fe bei der Er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten ge­gen­über dem Käu­fer; eben­so ist auch der Her­stel­ler der Kauf­sa­che nicht Er­fül­lungs­ge­hil­fe des Händ­lers, der die Sa­che an sei­ne Kun­den ver­kauft (vgl. nur BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VI­II ZR 46/13, ju­ris Rn. 31 m. w. Nachw., un­ter zu­tref­fen­dem Hin­weis dar­auf, dass die­se stän­di­ge Recht­spre­chung ex­pli­zit in der Ge­set­zes­be­grün­dung im Rah­men der Schuld­rechts­re­form im Be­zug ge­nom­men wor­den ist und so­mit wei­ter­hin Gül­tig­keit hat; dies ent­spricht, so­weit er­sicht­lich, auch der ein­hel­li­gen An­sicht der bis­lang mit dem so­ge­nann­ten Die­selskan­dal be­fass­ten Ge­rich­te).

Die An­sicht der Be­ru­fungs­be­grün­dung, hier­durch wür­de die Be­klag­te ei­nen un­bil­li­gen Haf­tungs­vor­teil er­lan­gen, was ei­ne un­ter Bil­lig­keits­ge­sichts­punk­ten nicht hin­nehm­ba­re Be­vor­zu­gung der Be­klag­ten dar­stel­le, ver­mag der Se­nat nicht zu fol­gen. Viel­mehr stan­den der Klä­ge­rin (so­fern denn al­le üb­ri­gen Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen er­füllt wa­ren, was hier da­hin­ste­hen kann) in un­ver­jähr­ter Zeit ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu, die nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers je­doch in zwei Jah­ren nach Ab­lie­fe­rung der Kauf­sa­che ver­jähr­ten.

(3) Ei­ne Zu­rech­nung ei­nes et­wai­gen arg­lis­ti­gen Ver­hal­tens der Her­stel­le­rin er­gibt sich auch nicht aus § 123 I BGB, da die Her­stel­le­rin nicht im La­ger der Be­klag­ten, ei­ner recht­lich un­ab­hän­gi­gen Ver­trags­händ­le­rin, steht, son­dern Drit­te i. S. von § 123 II BGB ist (so auch bei­spiels­wei­se OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, ju­ris Rn. 8; LG Stral­sund, Urt. v. 03.03.2016 – 6 O 236/15, ju­ris Rn. 18; LG Ell­wan­gen, Urt. v. 19.10.2016 – 3 O 55/16, ju­ris Rn. 42 ff.; LG Hechin­gen, Urt. v. 10.03.2017 – 1 O 165/16, ju­ris Rn. 17 ff.; LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, ju­ris Rn. 25; Re­vil­la, ZfS 2016, 10 [11]; a. A. für den hier nicht ge­ge­be­nen Fall ei­ner hun­dert­pro­zen­ti­gen Kon­zern­toch­ter LG Mün­chen I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15). Die Her­stel­le­rin ist ein von der Be­klag­ten un­ab­hän­gi­ges Un­ter­neh­men und war am Kauf­ver­trags­ab­schluss nicht be­tei­ligt. Sie konn­te dar­auf auch kei­nen Ein­fluss neh­men, sie steht in kei­nem ge­schäft­li­chen Kon­takt zur Klä­ge­rin, der Ver­trags­part­ne­rin der Be­klag­ten, und ver­folgt auch kei­ne In­ter­es­sen der Be­klag­ten. Die Her­stel­le­rin ist auch nicht Ver­trau­ens­per­son oder Re­prä­sen­tan­tin der Be­klag­ten und hat auch kei­ne täu­schen­den Er­klä­run­gen mit Wis­sen und Wol­len spe­zi­ell für die Be­klag­te als An­fech­tungs­geg­ner ab­ge­ge­ben (vgl. LG Ell­wan­gen, Urt. v. 19.10.2016 – 3 O 55/16, ju­ris Rn. 42 ff.).

(4) Eben­so we­nig kommt aus Bil­lig­keits­grün­den ei­ne Wis­sens­zu­rech­nung im Ver­hält­nis zwi­schen Ver­trags­händ­ler und Her­stel­ler in ent­spre­chen­der An­wen­dung von § 166 BGB in Be­tracht (vgl. LG Hechin­gen, Urt. v. 10.03.2017 – 1 O 165/16, ju­ris Rn. 17 ff.; LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15, ju­ris Rn. 25).

2. Ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses nach § 812 I 1 Fall 1 BGB be­steht nicht. Die von der Klä­ge­rin mit An­walts­schrei­ben vom 03.03.2016 hilfs­wei­se er­klär­te An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung geht ins Lee­re. In­so­weit gilt das eben Aus­ge­führ­te hier ent­spre­chend.

3. Nach al­le­dem ste­hen der Klä­ge­rin auch kei­ne de­lik­ti­schen Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB oder aus § 826 BGB zu.

II. Die Rechts­sa­che hat we­der grund­sätz­li­che Be­deu­tung (§ 522 II 1 Nr. 2 ZPO), noch ist ei­ne Ent­schei­dung des Se­nats zur Fort­bil­dung des Rechts oder der Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung er­for­der­lich (§ 522 II 1 Nr. 3 ZPO).

Grund­sätz­li­che Be­deu­tung hat ei­ne Rechts­sa­che, wenn ei­ne klä­rungs­be­dürf­ti­ge Fra­ge zu ent­schei­den ist, de­ren Auf­tre­ten in ei­ner un­be­stimm­ten Viel­zahl von Fäl­len zu er­war­ten ist und die des­halb das abs­trak­te In­ter­es­se der All­ge­mein­heit an ein­heit­li­cher Ent­wick­lung und Hand­ha­bung des Rechts be­rührt (vgl. Zöl­ler/Heß­ler, ZPO, 31. Aufl., § 543 Rn. 11). Klä­rungs­be­dürf­tig ist ei­ne Rechts­fra­ge, wenn in Li­te­ra­tur und In­stanz­recht­spre­chung zu ei­ner Rechts­fra­ge un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen ver­tre­ten wer­den und ei­ne höchst­rich­ter­li­che Be­ant­wor­tung bis­lang noch aus­steht (vgl. Be­ckOK-ZPO/Kes­sal-Wulf, 24. Edi­ti­on [2017], § 543 Rn. 20).

Es ist nicht er­sicht­lich, dass sich im vor­lie­gen­den Fall ei­ne klä­rungs­be­dürf­ti­ge Rechts­fra­ge in die­sem Sin­ne stellt. Wie aus­ge­führt, sind die sich hier stel­len­den Rechts­fra­gen höchst­rich­ter­lich ge­klärt und es be­steht in der In­stanz­recht­spre­chung kei­ne Ab­wei­chung hier­von. Al­lein der Um­stand, dass ei­ne ho­he An­zahl ver­meint­lich ma­ni­pu­lier­ter Fahr­zeu­ge von dem so­ge­nann­ten Die­selskan­dal be­trof­fen ist, ver­mag hier­an nichts zu än­dern. …“

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