- Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die in § 474 I BGB genannten Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs erfüllt sind – und deshalb ein in einem Kfz-Kaufvertrag enthaltener Gewährleistungsausschluss unwirksam ist (§ 475 I BGB) –, trifft den Mängelrechte geltend machenden Käufer.
- An die Annahme, der Schuldner verweigere eine Nacherfüllung i. S. von § 281 II Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig, sind strenge Anforderungen zu stellen. Sie ist nur gerechtfertigt, wenn der Schuldner unmissverständlich und eindeutig zum Ausdruck bringt, dass er seiner Pflicht zur Nacherfüllung unter keinen Umständen nachkommen werde („letztes Wort“), und es ausgeschlossen erscheint, dass er sich von einer Fristsetzung i. S. von § 281 II Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB umstimmen lassen könnte. Dafür genügt es nicht ohne Weiteres, dass der Schuldner das Vorliegen eines Mangels bestreitet. Ebenso verweigert der Schuldner eine Nacherfüllung nicht ernsthaft und endgültig, wenn er nach einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag dessen Rückabwicklung verweigert.
KG, Urteil vom 11.09.2006 – 12 U 186/05
Sachverhalt: Der Kläger begehrt aus abgetretenem Recht die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages.
Sein Bruder B (im Folgenden auch: Zedent) wurde durch ein Inserat der Beklagten auf ein Fahrzeug – einen Mercedes-Benz 200 E 200 Sportline – aufmerksam, das die Beklagte für 16.900 € zum Kauf anbot. B besichtigte den auf einer öffentlichen Straße stehenden Pkw, unternahm eine Probefahrt damit und kaufte das Fahrzeug anschließend von der Beklagten. Im schriftlichen Kaufvertrag ist ein Kaufpreis von 10.000 € angegeben, deren Zahlung die Beklagte unter dem 12.04.2003 quittierte. Die Laufleistung des Fahrzeugs betrug seinerzeit ausweislich des Kaufvertrages „ca. 99.700 km“.
Außerdem heißt es in dem zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrag:
„Der Verkäufer sichert zu, dass das Kfz während seiner Zeit als Eigentümer und – soweit ihm bekannt – auch früher
[ ] keinen Unfallschaden
[ ] keine sonstigen erheblichen Beschädigungen
[ ] folgende Schäden erlitten hat: …“
wobei „keinen Unfallschaden“ angekreuzt ist und sich hinter „folgende Schäden erlitten hat:“ der handschriftliche Zusatz „Beule Kotflügel hinten links, diverse Schrammen/Kratzer“ findet.
Die Haftung der Beklagten für Mängel schlossen die Parteien aus.
Das erworbene Fahrzeug wurde B am 12.04.2003 übergeben. In der Folgezeit rügte B gegenüber der Beklagten verschiedene Mängel, woraufhin die Beklagte an B zur Abgeltung möglicher Mängelrechte 500 € zahlte.
Mit Schreiben vom 10.06.2003 monierte B gegenüber der Beklagten, dass das streitgegenständliche Pkw einen reparierten Vorschaden an der Beifahrertür aufweise, und bat um Rückabwicklung des Kaufvertrages oder einen (weiteren) finanziellen Ausgleich. Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 14.06.2003 darauf, dass sie das Fahrzeug vom Vorbesitzer als unfallfrei erworben und selbst keinen Schaden an der rechten Fahrzeugseite verursacht habe. Mit Schreiben vom 12.07.2003 wiederholte die Beklagte, dass das Fahrzeug „in den letzten vier Jahren auf der rechten Seite“ keinen Unfallschaden erlitten habe. Das Schreiben schloss mit dem Satz: „Ob sie Dritte bemühen oder nicht, überlasse ich Ihnen.“ B forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 11.09.2003 zur Rückabwicklung des Kaufvertrages auf und setzte ihr dafür eine Frist bis zum 20.09.2003. Eine Rückabwicklung lehnte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 17.10.2003 ab.
Der Kläger behauptet, die Beklagte habe den streitgegenständlichen Kaufvertrag als Unternehmerin (§ 14 BGB) geschlossen. Ein Kaufpreis von 10.000 € sei nur zum Schein angegeben worden; tatsächlich hätten B und die Beklagte sich auf einen Kaufpreis von 15.500 € geeinigt, den B auch an die Beklagte gezahlt habe. Der streitgegenständliche Pkw weise diverse – näher bezeichnete – Mängel auf, die alle schon bei der Übergabe des Fahrzeugs an B vorgelegen hätten.
Das Landgericht (LG Berlin, Urt. v. 02.09.2005 – 28 O 520/04) hat die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dem Kläger stehe aus abgetretenem Recht kein – im Wesentlichen auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichteter – Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu. Denn Schadensersatz wegen eines Mangels könne ein Käufer vom Verkäufer grundsätzlich nur mit Erfolg verlangen, wenn er dem Verkäufer zuvor erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt habe. Das gelte auch bei einem Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I BGB. Eine Frist zur Nacherfüllung sei der Beklagten jedoch nicht gesetzt worden.
Das Berufungsgericht hat den Kläger darauf hingewiesen, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe und beabsichtigt sei, dass Rechtsmittel durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen.
Aus den Gründen: 1. Dem aus abgetretenem Recht des Käufers B klagenden Kläger stehen die mit der Berufung weiterverfolgten Ansprüche gegen die Beklagte schon deshalb nicht zu, weil die Vertragsparteien des streitgegenständlichen Kaufvertrags … die Gewährleistungshaftung der Beklagten in vollem Umfang ausgeschlossen haben.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Gewährleistungsausschluss wirksam. § 475 I BGB ist vorliegend nicht anzuwenden, da der insoweit darlegungs- und beweispflichtige Kläger (vgl. OLG Celle, Urt. v. 11.08.2004 – 7 U 17/04, OLGR 2004, 525) die in § 474 I BGB geregelten Voraussetzungen eines Verbrauchsgüterkaufs nicht dargelegt hat. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass der Käufer B Verbraucher i. S. von § 13 BGB ist. Die Beklagte ist aber trotz ihrer Tätigkeit als „Fachberaterin auf dem Gebiet des Vertriebs von Fertighäusern“ nicht Unternehmer i. S. von § 14 I BGB, da der Kläger nicht ausreichend dargelegt hat, dass die Beklagte bei Abschluss des Rechtsgeschäfts tatsächlich in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit gehandelt hat (vgl. zu den näheren Voraussetzungen OLG Celle, Urt. v. 11.08.2004 – 7 U 17/04, OLGR 2004, 525).
a) Entgegen der vom Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2005 vertretenen Rechtsansicht obliegt die Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Unternehmensbezogenheit des Rechtsgeschäfts nicht unter dem Gesichtspunkt des § 344 I HGB der Beklagten. Die §§ 13, 14 BGB bezwecken den Ausgleich vermuteter wirtschaftlicher Ungleichheit und sind damit im Unterschied zu den handelsrechtlichen Regelungen gerade nicht auf Publizität und Vertrauensschutz gerichtet (OLG Celle, Urt. v. 11.08.2004 – 7 U 17/04, OLGR 2004, 525; vgl. Saenger/Westermann, in: Erman, BGB, 11. Aufl., § 14 Rn. 17 m. w. Nachw.)
b) Entgegen der Ansicht des Klägers kommt es auf die steuerliche Zuordnung des Fahrzeugs nicht an (OLG Celle, Urt. v. 11.08.2004 – 7 U 17/04, OLGR 2004, 525). Die Geltendmachung von steuerlichen Vorteilen als Selbstständige sagt nichts über die tatsächliche Nutzung des Pkw.
c) Unerheblich ist auch, ob die Beklagte im Zusammenhang mit dem Abschluss des Kaufvertrags geäußert hat, sie sei „Geschäftsfrau“; maßgeblich ist allein die tatsächliche Verknüpfung der unternehmerischen Tätigkeit mit dem Geschäft. Durch die Formulierung „in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit“ in § 14 BGB hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass auch ein Gewerbetreibender nicht bei jedem Geschäft als Unternehmer handelt, sondern dass es einer engeren Verknüpfung zum Unternehmenszweck bedarf (LG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.04.2004 – 16 S 236/03, NJW-RR 2004, 1208). Hierzu hat der Kläger Ausreichendes nicht vorgetragen.
2. Der Senat folgt auch den zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung zur Frage der nicht entbehrlichen Fristsetzung. Die Ausführungen des Klägers überzeugen insoweit nicht.
Von einer Erfüllungsverweigerung kann nur dann die Rede sein, wenn der Schuldner wirklich die Erfüllung in bestimmter Weise endgültig verweigert. Die Weigerung muss als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen sein, sodass eine Änderung des Entschlusses ausgeschlossen erscheint (BGH, Urt. v. 19.09.1983 – VIII ZR 84/82, NJW 1984, 48 [49]). An die Annahme, der Schuldner verweigere die Leistung endgültig, sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urt. v. 21.10.1992 – XII ZR 173/90, NJW-RR 1993, 139 [140]). Solange die Möglichkeit besteht, dass der Schuldner noch – insbesondere durch Fristsetzung – umgestimmt werden könnte, muss ein Versuch in diese Richtung unternommen werden (BGH, Urt. v. 28.06.1957 – VIII ZR 260/56, WM 1957, 1342 [1344]). Eine Erfüllungsverweigerung lässt sich aus der Erklärung, dass der Schuldner nicht leisten will, dann nicht ableiten, wenn nicht Erfüllung gefordert wird, sondern Rechte aus einem erklärten Rücktritt geltend gemacht werden (BGH, Urt. v. 15.03.1996 – V ZR 316/94, NJW 1996, 1814). Eine endgültige Nachbesserungsverweigerung liegt auch nicht ohne Weiteres in dem Bestreiten von Mängeln; denn das Bestreiten ist prozessuales Recht des Schuldners (BGH, Urt. v. 12.01.1993 – X ZR 63/91, NJW-RR 1993, 882 [883]). …