1. Wird im In­land ein im Aus­land zu­ge­las­se­nes ge­brauch­tes Kraft­fahr­zeug ver­kauft, dann hat sich der Käu­fer grund­sätz­lich die Kraft­fahr­zeug­pa­pie­re im Ori­gi­nal (hier: ita­lie­ni­sche car­ta di cir­cu­la­zio­ne mit dem zu­ge­hö­ri­gen fo­glio com­ple­men­ta­re) vor­le­gen zu las­sen, um sich – not­falls mit­hil­fe ei­nes sprach­kun­di­gen Fach­manns – dar­über zu ver­ge­wis­sern, dass er nach dem In­halt der aus­län­di­schen Pa­pie­re un­be­las­te­tes Ei­gen­tum er­wer­ben kann.
  2. Ei­ne in Ita­li­en wirk­sam be­stell­te Au­to­hy­po­thek ist in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land an­zu­er­ken­nen, wenn das Fahr­zeug end­gül­tig im In­land ver­blei­ben soll; hin­sicht­lich der Ver­wer­tung ei­nes sol­chen be­sitz­lo­sen Pfand­rechts gel­ten die für das Si­che­rungs­ei­gen­tum ent­wi­ckel­ten Re­geln ent­spre­chend.

BGH, Ur­teil vom 11.03.1991 – II ZR 88/90

Sach­ver­halt: Der ita­lie­ni­sche Staats­an­ge­hö­ri­ge S aus Uras in Ita­li­en kauf­te am 24.09.1987 von sei­nem Lands­mann G des­sen am 17.06.1986 in das öf­fent­li­che Re­gis­ter der Pro­vinz Reg­gio Ca­la­bria ein­ge­tra­ge­nen Pkw Fer­ra­ri 208 GTB tur­bo.

Nach der Be­haup­tung der Klä­ge­rin hat S, um den Kauf­preis be­zah­len zu kön­nen, bei ihr ei­nen Kre­dit auf­ge­nom­men und an dem Fahr­zeug ei­ne Hy­po­thek in Hö­he von um­ge­rech­net rund 110.000 DM be­stellt. Die­se ist zu ei­nem bis­her nicht ge­klär­ten Zeit­punkt in dem so­ge­nann­ten fo­glio com­ple­men­ta­re ein­ge­tra­gen wor­den. Bei die­sem Do­ku­ment han­delt es sich um ein als co­s­ti­tuis­ce par­te in­te­gran­te be­zeich­ne­tes Zu­satz­blatt zur car­ta di cir­co­la­zio­ne, das ei­ne Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung dar­stellt. In den fo­glio com­ple­men­ta­re wird bei ei­nem Neu­fahr­zeug der Er­stei­gen­tü­mer ein­ge­tra­gen; Ei­gen­tums­über­tra­gun­gen und an­de­re Um­schrei­bun­gen wer­den in ei­ner ei­ge­nen Spal­te un­ten links, hy­po­the­ka­ri­sche Be­las­tun­gen des Fahr­zeu­ges un­ten rechts ver­merkt.

S schaff­te den Fer­ra­ri nach Deutsch­land und bot ihn, vor dem Ein­gang des Frank­fur­ter Mes­se­ge­län­des ab­ge­stellt, zum Kauf an. Dort wur­de die Be­klag­te, wel­che die zu die­ser Zeit statt­fin­den­de In­ter­na­tio­na­le Au­to­mo­bil­aus­stel­lung be­such­te, auf das Fahr­zeug auf­merk­sam und kauf­te es schließ­lich für 75.000 DM. Die Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen wur­den nicht mit S, son­dern mit des­sen Lands­mann und an­geb­li­chem Ver­wand­ten P ge­führt. Da die Be­klag­te kei­ne Er­fah­run­gen in der Ab­wick­lung der For­ma­li­tä­ten ei­nes sol­chen in Ita­li­en zu­ge­las­se­nen Wa­gens hat­te, be­auf­trag­te sie die S-GmbH in O. mit dem An­kauf des Wa­gens. Die von G-GmbH ließ sich von P auch die ita­lie­ni­schen Pa­pie­re vor­le­gen. Sie er­le­dig­te al­le For­ma­li­tä­ten bei Zoll und Zu­las­sungs­stel­le und sorg­te da­für, dass der Be­klag­ten der Fer­ra­ri mit deut­scher Zu­las­sung über­ge­ben wur­de.

Mit der Kla­ge ver­folgt die Klä­ge­rin ihr Hy­po­the­ken­recht und ver­langt die Her­aus­ga­be des Wa­gens mit dem Ziel, ihn zu ver­wer­ten und aus dem Ver­kaufs­er­lös ih­re For­de­run­gen zu be­frie­di­gen. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Ober­lan­des­ge­richt das im We­sent­li­chen der Kla­ge statt­ge­ben­de Ur­teil des Land­ge­richts ab­ge­än­dert und die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin, die die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils er­strebt, führ­te zur Auf­he­bung des Be­ru­fungs­ur­teils und zur Zu­rück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Be­ru­fungs­ge­richt.

Aus den Grün­den: [Das Be­ru­fungs­ge­richt] hat – von sei­nem Stand­punkt aus fol­ge­rich­tig – da­hin­ste­hen las­sen, ob der Klä­ge­rin vor der Ei­gen­tums­über­tra­gung an die Be­klag­te un­ter Be­ach­tung der nach dem ein­schlä­gi­gen ita­lie­ni­schen Recht zu be­ach­ten­den Förm­lich­kei­ten ei­ne Hy­po­thek an dem Fer­ra­ri be­stellt wor­den ist. Für die Re­vi­si­ons­in­stanz ist dem­nach hier­von aus­zu­ge­hen. Sei­ne An­nah­me, die Be­klag­te ha­be gut­gläu­big las­ten­frei­es Ei­gen­tum an dem Fer­ra­ri er­wor­ben, hat das Be­ru­fungs­ge­richt im We­sent­li­chen da­mit be­grün­det, dass der deut­sche Käu­fer ei­nes in Ita­li­en zu­ge­las­se­nen Kraft­fahr­zeugs auch dann nicht ge­hal­ten sei, Nach­for­schun­gen hin­sicht­lich der Be­fug­nis des Ver­äu­ße­rers zu las­ten­frei­er Ei­gen­tums­über­tra­gung an­zu­stel­len, wenn die ihm vor­ge­leg­ten ita­lie­ni­schen Kraft­fahr­zeug­pa­pie­re den Ver­käu­fer nicht als Be­rech­tig­ten aus­wie­sen; er brau­che näm­lich der ita­lie­ni­schen Spra­che nicht kun­dig zu sein und auch nicht zu wis­sen, dass in Ita­li­en an Kraft­fahr­zeu­gen Hy­po­the­ken be­stellt wer­den kön­nen. Dies be­ruht, wie die Re­vi­si­on mit Recht gel­tend macht, auf Rechts­irr­tum.

1. Zu­tref­fend hat al­ler­dings das Be­ru­fungs­ge­richt die Fra­ge, ob die Be­klag­te gut­gläu­big las­ten­frei Ei­gen­tum an dem Fer­ra­ri er­wor­ben hat, an­hand von § 936 BGB ge­prüft.

a) Da­durch, dass das mit der ita­lie­ni­schen Au­to­hy­po­thek be­las­te­te Fahr­zeug nach Deutsch­land ver­bracht wor­den ist, ist ein Sta­tu­ten­wech­sel ein­ge­tre­ten. Deut­sches Recht als das Recht des La­ge­or­tes der Sa­che ist an­zu­wen­den, wenn es um die Wirk­sam­keit der Ei­gen­tums­über­tra­gung auf die Be­klag­te, um die An­er­ken­nung die­ses dem deut­schen Recht frem­den be­sitz­lo­sen Pfand­rechts und um sei­ne Wir­kung geht (allg. Mei­nung; vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1963 – VI­II ZR 130/61, BGHZ 39, 173 [174 f.]; Urt. v. 02.02.1966 – VI­II ZR 153/64, BGHZ 45, 95 [99 f.]; Urt. v. 08.04.1987 – VI­II ZR 211/86, BGHZ 100, 321 [326]; Stau­din­ger/Stoll, BGB, 12. Aufl., In­ter­na­tio­na­les Sa­chen­recht Rn. 57, 231 f.; MünchKomm-BGB/Kreut­zer, 2. Aufl., Anh. I nach Art. 38 EGBGB Rn. 12–15, 58). So­weit Stoll (Stau­din­ger/Stoll, a. a. O., In­ter­na­tio­na­les Sa­chen­recht Rn. 216–219, 234) zum Teil ei­ne ab­wei­chen­de Auf­fas­sung ver­tritt, be­trifft dies an­ders ge­la­ger­te Fall­ge­stal­tun­gen, in de­nen an­ders als im vor­lie­gen­den Fall die Sa­che nicht end­gül­tig im Ge­biet des neu­en Sach­sta­tuts ver­blei­ben soll.

b) In Über­ein­stim­mung mit der stän­di­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung (BGH, Urt. v. 20.03.1963 – VI­II ZR 130/61, BGHZ 39, 173 [176 f.]; Urt. v. 02.02.1966 – VI­II ZR 153/64, Urt. v. 02.02.1966 – VI­II ZR 153/64, BGHZ 45, 95 [97]; Urt. v. 08.04.1987 – VI­II ZR 211/86, BGHZ 100, 321 [326]; fer­ner MünchKomm-BGB/Kreut­zer, a. a. O., Rn. 62, 78 m. w. Nachw.) hat das Be­ru­fungs­ge­richt dar­auf ab­ge­stellt, dass beim Sta­tu­ten­wech­sel das deut­sche Recht die nach der aus­län­di­schen Rechts­ord­nung be­grün­de­te ding­li­che Be­las­tung mit der sa­chen­recht­li­chen Prä­gung über­nimmt, die sie un­ter der Herr­schaft des al­ten Sta­tuts emp­fan­gen hat.

c) Die deut­schem Recht frem­de Au­to­hy­po­thek ist nach dem Sta­tu­ten­wech­sel an­zu­er­ken­nen. Denn ei­ne sol­che im Er­geb­nis wie ein be­sitz­lo­ses Pfand­recht wir­ken­de Hy­po­thek ist mit der deut­schen Sa­chen­rechts­ord­nung nicht un­ver­ein­bar, oh­ne dass es dar­auf an­kä­me, ob es um ei­ne ma­te­ri­ell-recht­li­che Fra­ge (so Stau­din­ger/Stoll, a. a. O., In­ter­na­tio­na­les Sa­chen­recht Rn. 298) oder um die An­wen­dung des ord­re pu­blic (so MünchKomm-BGB/Kreut­zer, a. a. O., Rn. 63) geht. Ei­nem nach fran­zö­si­schem Recht an ei­nem Last­kraft­wa­gen be­grün­de­ten Re­gis­ter­pfand­recht hat der VI­II. Zi­vil­se­nat (BGH, Urt. v. 20.03.1963 – VI­II ZR 130/61, BGHZ 39, 173) die An­er­ken­nung in Deutsch­land nicht ver­sagt. Sei­ne Aus­füh­run­gen, dass mit Rück­sicht auf die in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land weit ver­brei­te­te Si­che­rungs­über­eig­nung das Faust­pfand­prin­zip kein in­ter­na­tio­nal zwin­gen­des Recht dar­stellt und im Er­geb­nis die An­er­ken­nung ei­nes be­sitz­lo­sen Pfand­rechts an ei­ner be­weg­li­chen Sa­che nicht zu miss­bil­li­gens­wer­ten und un­trag­ba­ren Er­geb­nis­sen führt (BGH, Urt. v. 20.03.1963 – VI­II ZR 130/61, BGHZ 39, 173 [176 f.]), gel­ten in glei­cher Wei­se für die ita­lie­ni­sche Au­to­hy­po­thek. Ih­rer Funk­ti­on nach ent­spricht sie dem Si­che­rungs­ei­gen­tum nach deut­schem Recht.

d) Nach den für das Si­che­rungs­ei­gen­tum ent­wi­ckel­ten Re­geln be­stim­men sich die An­sprü­che der Klä­ge­rin, wenn es um die Ver­wer­tung der ihr be­stell­ten Kre­dit­si­cher­hei­ten geht. Denn nach der herr­schen­den Trans­po­si­ti­ons­leh­re (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1963 – VI­II ZR 130/61, BGHZ 39, 173 [175];  Urt. v. 02.02.1966 – VI­II ZR 153/64, BGHZ 45, 95 [97]; MünchKomm-BGB/Kreut­zer, a. a. O., Rn. 62; z. T. ab­wei­chend, i. E. aber zu­stim­mend Stau­din­ger/Stoll, a. a. O., In­ter­na­tio­na­les Sa­chen­recht Rn. 296 f.) kön­nen frem­de ding­li­che Rech­te nur ent­spre­chend „dem funk­ti­ons­äqui­va­len­ten deut­schen Sa­chen­recht­s­typ“ aus­ge­übt wer­den (MünchKomm-BGB/Kreut­zer, a. a. O., Rn. 62). Da­nach kann die Klä­ge­rin, so­weit sie In­ha­be­rin ei­ner Au­to­hy­po­thek nach ita­lie­ni­schem Recht ist, von der Be­klag­ten die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs zum Zwe­cke der Ver­wer­tung ver­lan­gen. Zwar wird die Fra­ge in der Li­te­ra­tur nicht ein­heit­lich be­ant­wor­tet, in­wie­weit die Pfand­rechts­be­stim­mun­gen ent­spre­chend her­an­ge­zo­gen wer­den kön­nen, wenn es um die Ver­wer­tung von Si­che­rungs­ei­gen­tum geht (vgl. Se­rick, Ei­gen­tums­vor­be­halt und Si­che­rungs­über­eig­nung III, 1970, § 38; Schrei­ber, JR 1984, 485 [488]; Bü­low, WM 1985, 373 ff. [405 ff.]). Ei­nig­keit be­steht aber dar­über, daß der Si­che­rungs­ei­gen­tü­mer zum Zwe­cke der Ver­wer­tung die Her­aus­ga­be des Si­che­rungs­gu­tes vom Si­che­rungs­ge­ber for­dern kann, wenn Letz­te­rer sei­ne Pflich­ten aus dem zu­grun­de lie­gen­den Ver­trags­ver­hält­nis nicht er­füllt (RGRK-BGB/Pi­k­art, 12. Aufl., § 930 Rn. 71; Se­rick, a. a. O., § 38 II 1 b [S. 463 f.]).

2. Un­zu­tref­fend ist hin­ge­gen die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Be­klag­te ha­be gut­gläu­big las­ten­frei­es Ei­gen­tum an dem Fer­ra­ri er­wor­ben.

a) Al­ler­dings kann der Re­vi­si­on nicht dar­in ge­folgt wer­den, das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be sei­ner Ent­schei­dung zu Un­recht zu­grun­de ge­legt, dass S frü­her Ei­gen­tü­mer des Pkw ge­we­sen sei. Die Klä­ge­rin hat selbst un­ter Vor­la­ge des fort­ge­schrie­be­nen fo­glio com­ple­men­ta­re vor­ge­tra­gen, dass S … das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug er­wor­ben ha­be. An­ders hät­te sie auch schwer­lich – wie sie be­haup­tet und wie für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len ist – sich von ihm wirk­sam ei­ne Hy­po­thek an dem Fer­ra­ri be­stel­len las­sen kön­nen. An­ge­sichts des über­ein­stim­men­den Vor­trags bei­der Par­tei­en hat das Be­ru­fungs­ge­richt des­we­gen mit Recht sei­ner Be­ur­tei­lung als un­strei­tig zu­grun­de ge­legt, dass S Ei­gen­tü­mer des Fer­ra­ri war, als die­ser der Be­klag­ten ver­kauft wor­den ist.

b) Im Üb­ri­gen wen­det sich die Re­vi­si­on mit Recht ge­gen das an­ge­foch­te­ne Ur­teil. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu ge­rin­ge An­for­de­run­gen an den gut­gläu­bi­gen las­ten­frei­en Er­werb ei­nes aus­län­di­schen Kraft­fahr­zeu­ges ge­stellt und das Par­tei­vor­brin­gen nicht voll­stän­dig ge­wür­digt.

aa) Ab­ge­se­hen da­von, dass das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ne Auf­fas­sung ent­ge­gen § 286 I 2 ZPO nicht be­grün­det hat, die nach ita­lie­ni­schem Recht be­ste­hen­de Mög­lich­keit, ein Au­to hy­po­the­ka­risch zu be­las­ten, sei in Deutsch­land weit­ge­hend un­be­kannt, kann der deut­sche Käu­fer ei­nes in Ita­li­en zu­ge­las­se­nen Kraft­fahr­zeugs aus die­ser et­wai­gen Un­kennt­nis für sich nichts her­lei­ten. Eben­so we­nig kann er sich ent­ge­gen der dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil zu­grun­de lie­gen­den An­nah­me dar­auf be­ru­fen, ihm sei­en die ita­lie­ni­schen Zu­las­sungs­vor­schrif­ten un­be­kannt und er kön­ne die in ita­lie­ni­scher Spra­che ab­ge­fass­ten Do­ku­men­te des ge­kauf­ten Fahr­zeugs man­gels ent­spre­chen­der Sprach­kennt­nis­se nicht ver­ste­hen. Dies lie­fe im Er­geb­nis dar­auf hin­aus, dass der Käu­fer ei­nes im Aus­land an­ge­mel­de­ten Wa­gens we­ni­ger Vor­sicht wal­ten las­sen müss­te, als wenn er ein in Deutsch­land zu­ge­las­se­nes Fahr­zeug er­wer­ben wür­de. Letz­te­rem, dem auch oh­ne ge­naue Kennt­nis der recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen und Fol­gen ei­ner Si­che­rungs­über­eig­nung be­wusst sein muss, dass Kraft­fahr­zeu­ge oft­mals als Si­cher­heit für ei­nen bei ih­rer An­schaf­fung ge­währ­ten Kre­dit die­nen, ob­liegt es im Hin­blick auf § 932 II BGB, sich zu­min­dest die Kraft­fahr­zeug­pa­pie­re vor­le­gen zu las­sen, um die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers über­prü­fen zu kön­nen. Un­ter­lässt er schon dies, so ist nach ge­fes­tig­ter Mei­nung in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur der Vor­wurf der grob fahr­läs­si­gen Un­kennt­nis be­grün­det (BGH, Urt. v. 27.09.1961 – VI­II ZR 116/60, LM § 932 BGB Nr. 17; Urt. v. 09.10.1963 – VI­II ZR 210/62, WM 1963, 1186; Urt. v. 23.11.1966 – VI­II ZR 151/64, LM § 932 BGB Nr. 23; Urt. v. 14.02.1967 – VI ZR 140/65, WM 1967, 562 [563]; Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363]; Urt v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456 [1457]; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 4. Aufl., Rn. 1204–1207 m. w. Nachw.; MünchKomm-BGB/Quack, 2. Aufl., § 932 Rn. 37, 48; Stau­din­ger/Wie­gand, BGB, 12. Aufl., § 932 Rn. 63, 145; Er­man/Schmidt-Kes­sel, BGB, 8. Aufl., § 932 Rn. 11). Über die­se Prü­fung hin­aus sind beim Kauf ei­nes Aus­lands­fahr­zeugs im In­land schon des­halb ge­stei­ger­te An­for­de­run­gen zu stel­len, weil aus­län­di­sche Kfz-Pa­pie­re recht­lich an­ders aus­ge­stal­tet sein und un­ter Um­stän­den auch über mög­li­che ding­li­che Be­las­tun­gen des Fahr­zeugs nach aus­län­di­schem Recht Aus­kunft ge­ben kön­nen. Der Käu­fer hat sich da­her dar­über zu ver­ge­wis­sern, dass er nach dem In­halt der vor­ge­leg­ten aus­län­di­schen Kfz-Pa­pie­re – un­be­las­te­tes – Ei­gen­tum an dem Kraft­wa­gen er­wer­ben kann. Hier­zu hat er not­falls die Hil­fe ei­nes sprach­kun­di­gen und mit den in Ita­li­en gel­ten­den Re­geln ver­trau­ten Fach­manns in An­spruch zu neh­men. Er­füllt die­ser die An­for­de­run­gen der ge­bo­te­nen Prü­fung nicht, dann geht die Nach­läs­sig­keit die­ser Hilfs­per­son nach § 166 II BGB zu­las­ten des in­län­di­schen Käu­fers (vgl. Stau­din­ger/Wie­gand, a. a. O., § 932 Rn. 97; MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 932 Rn. 49).

bb) Den hier­nach zu stel­len­den An­for­de­run­gen ist die Be­klag­te nicht ge­recht ge­wor­den. Da sie den Fer­ra­ri nicht selbst er­wor­ben, son­dern hier­zu die – le­dig­lich aus Grün­den der ein­fa­che­ren zoll­recht­li­chen Ab­wick­lung als Ver­käu­fe­rin auf­tre­ten­de – Fir­ma von G ein­ge­schal­tet hat, kommt es auf das Ver­hal­ten von de­ren Mit­ar­bei­tern an. Ih­nen ist al­lein aus gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben, dass S zu las­ten­frei­er Über­tra­gung des Ei­gen­tums an dem Fer­ra­ri nicht be­rech­tigt war (§§ 936 II, 932 II BGB). Sie ha­ben sich näm­lich ent­we­der die ita­lie­ni­schen Kraft­fahr­zeug­pa­pie­re nur un­voll­stän­dig vor­le­gen las­sen oder sie je­den­falls nicht in der ge­bo­te­nen Form ge­prüft.

Soll­te Herr von G sich le­dig­lich die car­ta di cir­co­la­zio­ne ha­ben vor­le­gen las­sen, de­ren Ori­gi­nal sich jetzt im Be­sitz der Be­klag­ten be­fin­det, war dies nicht aus­rei­chend. Die­se Be­schei­ni­gung ist le­dig­lich ein Zu­las­sungs­nach­weis ent­spre­chend dem deut­schen Kraft­fahr­zeug­schein, gibt je­doch kei­ner­lei Aus­kunft über die Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se oder die Be­rech­ti­gung zu las­ten­frei­er Ei­gen­tums­über­tra­gung. Selbst wenn Herr von G – wie er an­ge­ge­ben hat – die­ses Do­ku­ment für ei­ne Art Kraft­fahr­zeug­brief ge­hal­ten ha­ben soll­te, konn­te er hier­auf sei­nen gu­ten Glau­ben nicht stüt­zen. Denn die­se car­ta ist auf den Na­men des ers­ten Ei­gen­tü­mers C aus­ge­stellt und ent­hält kei­nen Hin­weis auf die Be­rech­ti­gung des durch P ver­tre­te­nen, als Ver­käu­fer auf­tre­ten­den S. Hat sich Herr von G da­ge­gen au­ßer­dem den fo­glio com­ple­men­ta­re in Fo­to­ko­pie mit den aus­schließ­lich den Vor­ei­gen­tü­mer C, je­doch nicht S be­tref­fen­den Ein­tra­gun­gen vor­le­gen las­sen – was das Be­ru­fungs­ge­richt als un­strei­tig dar­stellt –, dann hat er eben­falls in­fol­ge gro­ber Fahr­läs­sig­keit die feh­len­de Be­rech­ti­gung des S ver­kannt. Mit ei­ner Fo­to­ko­pie an­stel­le der Ori­gi­na­le durf­te er sich kei­nes­falls zu­frie­den­ge­ben. Al­lein auf­grund der Ori­gi­nal­pa­pie­re – not­falls nach Über­set­zung und Ein­ho­lung wei­te­rer Aus­künf­te – konn­te er si­cher sein, von dem Be­rech­tig­ten un­be­las­te­tes Ei­gen­tum für sei­ne Auf­trag­ge­be­rin er­wer­ben zu kön­nen. Grob fahr­läs­sig war es fer­ner, dass Herr von G die­sem Do­ku­ment nach sei­nen An­ga­ben kei­ne Be­deu­tung bei­ge­mes­sen hat. Schließ­lich ist der Vor­wurf gro­ber Fahr­läs­sig­keit auch des­we­gen be­grün­det, weil auch in die­sem Pa­pier le­dig­lich der Vor­ei­gen­tü­mer C ver­zeich­net war.

Es ent­spricht stän­di­ger, vom Be­ru­fungs­ge­richt nicht be­ach­te­ter Recht­spre­chung, dass beim Ge­braucht­wa­gen­kauf im­mer dann An­lass zu wei­ter­ge­hen­den Nach­for­schun­gen be­steht („Ver­dacht­si­tua­ti­on“), wenn Ver­äu­ße­rer und in den Pa­pie­ren ver­zeich­ne­ter Ei­gen­tü­mer nicht iden­tisch sind (BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363]; Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, NJW-RR 1987, 1456 [1457]; Rein­king/Eg­gert, a. a. O., Rn. 1214 m. w. Nachw.). Erst recht sind sol­che Er­kun­di­gun­gen er­for­der­lich, wenn wei­te­re Um­stän­de be­ste­hen, die ge­gen die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers spre­chen (vgl. MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 932 Rn. 32 ff. m. w. Nachw.; Stau­din­ger/Wie­gand, a. a. O., § 932 Rn. 145). Dies trifft auch im vor­lie­gen­den Fall zu: Das sehr wert­vol­le (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.1966 – VI­II ZR 151/64, LM § 932 BGB Nr. 23), in Ita­li­en zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug wur­de in Deutsch­land auf der Stra­ße (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, WM 1975, 362 [363]) von ei­nem nicht nä­her le­gi­ti­mier­ten Ver­wand­ten des an­geb­lich Be­rech­tig­ten und zu ei­nem of­fen­kun­dig güns­ti­gen Preis ver­äu­ßert. Dies al­les muss­te den Ver­tre­ter der Be­klag­ten zu zu­sätz­li­chen Nach­for­schun­gen ver­an­las­sen.

cc) Da­mit, dass von G auch bei Vor­la­ge der Ori­gi­na­le dem fo­glio com­ple­men­ta­re kei­ne Be­ach­tung ge­schenkt hät­te, kann die Be­klag­te schon des­we­gen nicht ge­hört wer­den, weil es auf die Ur­säch­lich­keit der un­ter­las­se­nen, nach La­ge des Fal­les aber er­for­der­li­chen An­stren­gun­gen bei der Be­ur­tei­lung der Gut­gläu­big­keit nicht an­kommt, viel­mehr al­lein dar­auf ab­zu­stel­len ist, ob über­haupt die ge­bo­te­nen Nach­for­schun­gen an­ge­stellt wor­den sind (RGZ 143, 14 [18 f.]; RGZ 147, 321 [331]; Stau­din­ger/Wie­gand, a. a. O., § 932 Rn. 60; für die hier vor­lie­gen­de Ver­dacht­si­tua­ti­on auch MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 932 Rn. 47; of­fen­las­send BGH, Urt. v. 18.06.1980 – VI­II ZR 119/79, BGHZ 77, 274 [279]; krit. Mor­mann, WM 1966, 2 [9]).

dd) Nach dem Er­geb­nis der von ihm durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me hat das Be­ru­fungs­ge­richt schließ­lich rechts­feh­ler­frei der Be­klag­ten die Be­ru­fung dar­auf ver­sagt, sie ha­be gut­gläu­big las­ten­frei das Ei­gen­tum nicht von S, son­dern von der Fir­ma von G er­wor­ben. Dem steht die ge­sam­te Ab­wick­lung des Ge­schäfts ent­ge­gen, bei dem von An­fang an klar war, dass die Be­klag­te den Wa­gen zum Preis von 75.000 DM kau­fen woll­te, die Fir­ma von G da­ge­gen nur zur tech­ni­schen Ab­wick­lung des Im­ports ein­ge­schal­tet war. Da folg­lich nur ein Treu­hand- und kein Ver­kehrs­ge­schäft i. S. von § 932 BGB vor­ge­le­gen hat, hat das Be­ru­fungs­ge­richt mit Recht der von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten, von der Fir­ma von G aus­ge­stell­ten Kauf­ver­trags­ur­kun­de für die Fra­ge des gut­gläu­big las­ten­frei­en Ei­gen­tums­er­werbs kei­ne Be­deu­tung bei­ge­mes­sen.

3. Der Se­nat be­ur­teilt das Ver­hal­ten des von der Be­klag­ten ein­ge­stell­ten Stell­ver­tre­ters als grob fahr­läs­sig. Zwar ist die Ein­stu­fung der Fahr­läs­sig­keit als leicht oder grob auch bei § 932 II BGB grund­sätz­lich ei­ne tatrich­ter­li­che und der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung weit­hin ent­zo­ge­ne Auf­ga­be (vgl. BGH, Urt. v. 11.05.1953 – IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14 ff.; Urt. v. 27.09.1961 – VI­II ZR 116/60, LM § 932 BGB Nr. 17; Urt. v. 23.11.1963 – VI­II ZR 151/64, LM § 932 BGB Nr. 23; dif­fe­ren­zie­rend MünchKomm-BGB/Quack, a. a. O., § 932 Rn. 72 f.). Auf­grund der in­so­weit ab­schlie­ßen­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts und des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts kann der Se­nat je­doch die ge­bo­te­ne recht­li­che Wür­di­gung selbst vor­neh­men. Nach den oben dar­ge­leg­ten Um­stän­den hat Herr von G die im Ver­kehr mit im Aus­land zu­ge­las­se­nen Ge­braucht­fahr­zeu­gen er­for­der­li­che Sorg­falt in un­ge­wöhn­li­chem Ma­ße ver­letzt und das un­be­ach­tet ge­las­sen, was im ge­ge­be­nen Fall je­dem mit der Ab­wick­lung ei­nes sol­chen Kaufs be­trau­ten Fach­man­nes hät­te ein­leuch­ten müs­sen.

4. Da­mit das Be­ru­fungs­ge­richt die da­nach er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen dar­über tref­fen kann, ob der Klä­ge­rin vor der Ei­gen­tums­über­tra­gung an die Be­klag­te wirk­sam ei­ne Au­to­hy­po­thek be­stellt wor­den ist und ob und in wel­cher Hö­he die­se noch be­steht, ist die Sa­che an die Vor­in­stanz zu­rück­zu­ver­wei­sen. Die er­neu­te Ver­hand­lung gibt den Par­tei­en zu­gleich Ge­le­gen­heit, nä­her zum Wert des Fahr­zeugs und der Fra­ge ei­ner et­wai­gen Über­si­che­rung – der Fer­ra­ri soll nach nicht nä­her be­leg­ten An­ga­ben nun­mehr ei­nen Wert von 150.000 DM ha­ben – vor­zu­tra­gen.

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