1. Neh­men die Par­tei­en bei ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trags in dem Ver­trag auf ei­nen – auf Wunsch des Käu­fers durch­ge­führ­ten – „Ge­braucht­wa­gen­check“ (hier: „ATU Mo­bi­li­täts-Check“) Be­zug und sieht der Kauf­ver­trag da­ne­ben ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss vor, liegt grund­sätz­lich kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts vor, dass das Fahr­zeug an­de­re als die bei dem „Ge­braucht­wa­gen­check“ fest­ge­stell­ten Män­gel nicht auf­weist.
  2. Der (pri­va­te) Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ist nicht ver­pflich­tet, sich ak­tiv über Män­gel des Fahr­zeugs zu in­for­mie­ren. Dass er das Fahr­zeug nicht auf Män­gel un­ter­sucht hat, kann da­her nicht den Vor­wurf ei­ner arg­lis­ti­gen Täu­schung durch Ver­schwei­gen von Män­geln be­grün­den. Dies gilt erst recht, wenn ein sach­kun­di­ger Drit­ter das Fahr­zeug ei­nem „Ge­braucht­wa­gen­check“ – hier: ei­nem „ATU Mo­bi­li­täts-Check“ – un­ter­zo­gen hat und der Ver­käu­fer da­von aus­ge­hen kann, dass an­de­re als die da­bei fest­ge­stell­ten Män­gel nicht vor­lie­gen.

AG Trier, Ur­teil vom 22.03.2024 – 7 C 347/23

Sach­ver­halt: Mit Kauf­ver­trag vom 15.10.2023 kauf­te die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten, die ih­re Haf­tung für Män­gel des Fahr­zeugs aus­schloss, ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil zum Preis von 3.650 €.

Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te die Be­klag­te das Fahr­zeug auf Wunsch der Klä­ge­rin am 11.10.2023 ei­nem „ATU Mo­bi­li­täts-Check“ un­ter­zie­hen las­sen. Die­ser hat­te er­ge­ben, dass „Rost am Un­ter­bo­den“ vor­han­den sei. Wei­te­re Män­gel wa­ren nicht fest­ge­stellt wor­den.

Mit Schrei­ben ih­res spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 27.10.2023 er­klär­te die Klä­ge­rin we­gen (be­haup­te­ter) Män­gel den Rück­tritt von dem mit dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag. Sie be­haup­tet, das Wohn­mo­bil lei­de an er­heb­li­chen Män­geln. Es sei nicht (mehr) ver­kehrs­si­cher, weil es er­heb­li­che Kor­ro­si­on an tra­gen­den Achs- und Rah­men­tei­len auf­wei­se und un­ter an­de­rem der Quer­len­ker ab­ge­ris­sen sei. Der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss – so meint die Klä­ge­rin – ste­he ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nicht ent­ge­gen, weil der Be­klag­te die Män­gel, auf die der Rück­tritt ge­stützt wer­de, arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be. Je­den­falls hät­ten die Par­tei­en da­durch, dass sie im Kauf­ver­trag Be­zug auf den ATU-Be­richt ge­nom­men hät­ten, ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung des In­halts ge­trof­fen, dass das Wohn­mo­bil au­ßer den in die­sem Be­richt ge­nann­ten Män­geln kei­ne wei­te­ren Män­gel auf­wei­se.

Die auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags und Er­satz au­ßer­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: 1. Der Klä­ge­rin steht der gel­tend ge­mach­te An­spruch un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu.

Es kann of­fen­blei­ben, ob Män­gel an dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Wohn­mo­bil bei Ge­fahr­über­gang be­stan­den, da je­den­falls ei­ne Gel­tend­ma­chung von Ge­währ­leis­tungs­rech­ten an dem ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss schei­tert.

a) An­halts­punk­te für ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen der Män­gel i. S. des § 444 Fall 1 BGB lie­gen nicht vor; sol­che sind auch nicht vor­ge­tra­gen.

Sol­che An­halts­punk­te lie­gen auch nicht dar­in be­grün­det, dass der Le­bens­ge­fähr­te der Be­klag­ten ge­mäß dem als An­la­ge K 2 vor­ge­leg­ten Chat­ver­lauf aus­führ­te, dass die teu­erst Re­pa­ra­tur der in dem ATU-Be­richt ge­nann­ten Män­gel der Aus­tausch der Bat­te­rie mit 140 € sei, oder dass der wähn­te Rost ge­mäß An­ga­ben des Me­cha­ni­kers nicht die Fahr­ei­gen­schaft be­ein­träch­ti­ge, da die­se Aus­sa­gen of­fen­sicht­lich in gu­tem Glau­ben dar­auf­hin er­folg­ten, dass der ATU-Be­richt auf ei­ner sorg­sa­men Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs be­ruh­te.

Auch die üb­ri­ge Dar­stel­lung der Ver­kaufs­ge­sprä­che lässt kein arg­lis­ti­ges Vor­ge­hen der Be­klag­ten er­ken­nen. Es ist nicht die Pflicht des Ver­käu­fers, sich ak­tiv über et­wa vor­han­de­ne Män­gel zu in­for­mie­ren; erst recht nicht, wenn durch ei­nen Ge­braucht­wa­gen­check da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass an­de­re als die dort fest­ge­stell­ten Män­gel nicht vor­lie­gen. Durch die un­ter­las­se­ne (wei­ter­ge­hen­de) Un­ter­su­chung des Wohn­mo­bils durch die Be­klag­te ist da­mit ge­ra­de kein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen von Män­geln zu be­grün­den.

b) Es liegt auch kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 II 1 Nr. 1 BGB vor.

Die Klä­ge­rin be­ruft sich zur Be­grün­dung ih­rer Rechts­an­sicht maß­geb­lich auf ei­ne Ent­schei­dung des BGH (Ver­säum­nis­urt. v. 13.03.2013 – VI­II ZR 172/12). Der dor­ti­ge Fall weicht je­doch in we­sent­li­chen Punk­te von dem hier zu ent­schei­den­den ab. Im Fall der vor­zi­tier­ten Ent­schei­dung wur­de ein Old­ti­mer von ei­nem (ge­werb­li­chen) Ver­käu­fer ver­äu­ßert; es lag ei­ne po­si­ti­ve Be­gut­ach­tung nach § 21c StV­ZO vor, die Vor­aus­set­zung für die Stra­ßen­zu­las­sung des Fahr­zeugs ist. Ent­schei­dend war dort, dass zum ei­nen der Ver­käu­fer selbst mit der po­si­ti­ven Be­gut­ach­tung nach § 21c StV­ZO ge­wor­ben hat­te und zum an­de­ren nach An­sicht des BGH für den Ver­käu­fer er­kenn­bar war, dass das Käu­fer­in­ter­es­se dar­auf ge­rich­tet war, dass die Be­schei­ni­gung auch zu­recht er­teilt wur­de, so­dass die Wil­lens­er­klä­rung der Par­tei­en ins­ge­samt da­hin ge­hend aus­zu­le­gen war, dass ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wer­den soll­te.

aa) Es ist be­reits frag­lich, ob nicht schon oh­ne die Be­son­der­hei­ten des vor­lie­gen­den Falls hin­sicht­lich des Zu­stan­de­kom­mens des „Mo­bi­li­täts-Checks“ ei­ne we­sent­li­che Ab­wei­chung zum vom BGH ent­schie­de­nen Fall vor­liegt. Selbst wenn die Be­klag­te aus ei­ge­ner In­itia­ti­ve den „Mo­bi­li­täts-Check“ ein­ge­holt und zu­dem da­mit ge­wor­ben hät­te, dürf­te hier­in kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zu se­hen sein. Denn die im vom BGH ent­schie­de­nen Fall an­ge­nom­me­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung um­fass­te nur ei­nen Teil­be­reich der mög­li­chen Män­gel. Es ging le­dig­lich um sol­che, die ei­ner po­si­ti­ven Be­gut­ach­tung nach § 21c StV­ZO ent­ge­gen­ste­hen wür­den; im Üb­ri­gen hät­te der auch in die­sem Fall ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss (wenn­gleich er aus an­de­ren Grün­den un­wirk­sam ge­we­sen sein dürf­te) ei­nen sinn­vol­len ver­blei­ben­den An­wen­dungs­be­reich. Im vor­lie­gen­den Fall ver­blie­be ein sol­cher sinn­vol­ler An­wen­dungs­be­reich nicht, denn die Er­klä­rung wür­de ge­mäß dem Ver­ständ­nis der Klä­ger­sei­te be­deu­ten, dass das Fahr­zeug ab­ge­se­hen von den im Be­richt fest­ge­stell­ten Män­geln man­gel­frei ist. Für jeg­li­chen un­be­kann­ten Man­gel hät­te dann die Ver­käu­fer­sei­te ein­zu­ste­hen; der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss wä­re ge­gen­stands­los. Ein ob­jek­ti­ver Drit­ter wür­de da­her die In­be­zug­nah­me ei­nes „Mo­bi­li­täts-Checks“ dann nicht als ne­ga­ti­ve Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung ver­ste­hen, wenn da­ne­ben ein um­fas­sen­der Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart ist. Der Ver­käu­fer gibt in der Ge­samt­schau da­mit näm­lich viel­mehr – für den Käu­fer er­kenn­bar – zu ver­ste­hen, dass er grund­sätz­lich das Ri­si­ko für ver­deck­te Män­gel nicht über­neh­men, das Ri­si­ko des Käu­fers aber zu­min­dest da­durch min­dern will, dass er das Fahr­zeug durch ei­nen sach­ver­stän­di­gen Drit­ten prü­fen lässt, nach­dem ihm ei­ne ei­ge­ne Prü­fung man­gels aus­rei­chen­dem tech­ni­schem Ver­ständ­nis nicht mög­lich ist und die­ser Drit­te kei­ne Män­gel er­ken­nen konn­te. Da­mit ver­rin­gert sich im In­ter­es­se des Käu­fers das Ri­si­ko, ein Fahr­zeug mit ver­deck­ten Män­geln zu er­wer­ben, wo­hin­ge­gen der Ver­käu­fer sein An­ge­bot auf dem Markt er­folg­rei­cher an­bie­ten kann. Der Ver­käu­fer muss aus die­sen Grün­den – an­ders als im vom BGH ent­schie­de­nen Fall ;– da­her hier nicht da­von aus­ge­hen, dass das Käu­fer­in­ter­es­se – bes­ser ge­sagt: die An­nah­me des Käu­fers – dar­auf ge­rich­tet war, dass der „Mo­bi­li­täts-Check“ ihn von jeg­li­chem Ri­si­ko be­freit. Zwar wür­de der Käu­fer selbst­ver­ständ­lich im Ei­gen­in­ter­es­se ei­ne sol­che Aus­le­gung be­vor­zu­gen; er muss sich aber letzt­lich auf­grund der vor­ste­hen­den Sach­la­ge dar­auf ver­wei­sen las­sen, dass die Er­klä­rung des Ver­käu­fers nicht an­ders ver­stan­den wer­den konn­te, wäh­rend im vom BGH zu ent­schei­den­den Fall sehr wohl aus Käu­fer­sicht die be­rech­tig­te Er­war­tung be­ste­hen konn­te, dass der Ver­käu­fer für ei­nen nach § 21c StV­ZO kon­for­men Zu­stand ein­ste­hen möch­te.

bb) Letz­tich kommt es hier­auf je­doch nicht an. Je­den­falls un­ter Her­an­zie­hung der be­son­de­ren Um­stän­de des Ein­zel­falls liegt nach Aus­le­gung des Ver­trags der Par­tei­en ein­deu­tig kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor. Denn die Ein­ho­lung des „Mo­bi­li­täts-Checks“ er­folg­te hier nicht auf In­itia­ti­ve der Ver­käu­fe­rin; mit­hin warb sie auch nicht da­mit. Der „Mo­bi­li­täts-Checks“ wur­de auf Wunsch der Käu­fe­rin durch­ge­führt, wo­durch für ei­nen ob­jek­ti­ven Drit­ten ein­deu­tig er­kenn­bar war, dass sie da­mit al­lein das ihr ob­lie­gen­de Ri­si­ko mi­ni­mie­ren woll­te, da sich eben­so bei­de Par­tei­en dar­über ei­nig wa­ren, dass kei­ne der bei­den über aus­rei­chen­de tech­ni­schen Kennt­nis­se ver­füg­te, um den Zu­stand des Fahr­zeugs ein­zu­schät­zen. Ei­ne Über­nah­me des Ri­si­kos des Vor­lie­gens un­ent­deck­ter Män­gel sei­tens der Ver­käu­fe­rin, die ja ge­ra­de die­ses Ri­si­ko mit dem ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ab­wäl­zen woll­te, wur­de da­mit aus Sicht ei­nes ob­jek­ti­ven Drit­ten ge­ra­de nicht ver­ein­bart. Auch ha­ben die Par­tei­en sich hier­auf nicht ex­pli­zit ver­stän­digt. Wenn die Be­klag­te dann die durch den „Mo­bi­li­täts-Check“ auf­ge­deck­ten Män­gel zum Ge­gen­stand des Kauf­ver­trags macht, hat das aus Sicht ei­nes ob­jek­ti­ven Drit­ten al­lein den Hin­ter­grund, dass die ihr nun be­kann­ten Män­gel auch förm­lich im Ver­trag fest­ge­hal­ten wer­den sol­len.

cc) Es scheint, als sei der Klä­ge­rin nicht be­wusst, dass der Aus­schluss der Ge­währ­leis­tung ge­ra­de die Über­nah­me des Ri­si­kos des Auf­tre­tens un­ent­deck­ter Män­gel be­deu­tet. Mit dem Ab­schluss des Ver­trags hat sie sich mit die­sem Ri­si­ko – wenn auch als recht­li­cher Laie un­be­wusst – ein­ver­stan­den er­klärt.

Oh­ne dass es dar­auf an­kom­men wür­de, steht die Klä­ge­rin aber auch nicht schutz­los da. Weil sie sich mit dem „Mo­bi­li­täts-Check“ ab­si­chern woll­te, hat sie je­den­falls ei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Ab­tre­tung der Er­satz­an­sprü­che ge­gen die A.T.U Au­to-Tei­le-Un­ger GmbH & Co. KG, so­fern man nicht oh­ne­hin von ei­nem Ver­trag mit Schutz­wir­kung zu­guns­ten Drit­ter aus­ge­hen woll­te. Die­ser An­spruch war nicht als Mi­nus in ih­rem An­trag ent­hal­ten, zu­mal die Par­tei­en im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung ex­pli­zit er­klärt ha­ben, sich da­hin ge­hend au­ßer­ge­richt­lich ei­nig wer­den zu wol­len, so­dass das Be­gehr der Klä­ge­rin auf ein sol­ches Mi­nus auch nicht ver­stan­den wer­den konn­te.

Letzt­lich hat sich die von der Klä­ge­rin ge­wünsch­te „Ab­si­che­rung“ da­mit auch durch­aus ge­lohnt; sie kann sich näm­lich ge­ge­be­nen­falls bei der A.T.U Au­to-Tei­le-Un­ger GmbH & Co. KG schad­los hal­ten.

2. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 91 I 1 ZPO. …

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