Archiv: 2023
Der mit einer mangelhaften Kaufsache belieferte Käufer kann vom Verkäufer in Ausübung seines Wahlrechts aus § 439 I BGB grundsätzlich auch dann Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) verlangen, wenn feststeht, dass der Mangel im Wege der Nachbesserung nicht vollständig beseitigt werden kann („Ausbesserungsanspruch“). Entscheidet sich der Käufer für eine „Ausbesserung“ der Kaufsache, kann er wegen des verbleibenden Mangels den Kaufpreis mindern.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 03.08.2023 – 8 U 85/23
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Erklärt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens, das Fahrzeug habe während seiner Besitzzeit keinen Unfallschaden erlitten, ohne zugleich darauf hinzuweisen, dass er das Fahrzeug erst wenige Tage vor der Veräußerung erworben und lediglich im Rahmen einer Probefahrt genutzt hat, so liegt darin keine – den Vorwurf einer Arglist rechtfertigende – Erklärung „ins Blaue hinein“. Durch die Bezugnahme auf seine Besitzzeit gibt der Verkäufer vielmehr klar zu erkennen, dass er nur für diesen Zeitraum Angaben zur Unfallfreiheit des Fahrzeugs machen will.
BGH, Urteil vom 19.07.2023 – VIII ZR 201/22
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- Unter den Voraussetzungen des § 823 II BGB i. V. mit §§ 6 I, 27 I EG-FGV steht dem Käufer eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung i. S. des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 versehenen Kraftfahrzeugs ein Anspruch gegen den Fahrzeughersteller auf Ersatz des Differenzschadens zu.
- Die Tatbestandswirkung einer EG-Typgenehmigung kann einem Anspruch des Fahrzeugkäufers auf Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung nicht entgegengehalten werden.
BGH, Urteil vom 26.06.2023 – VIa ZR 335/21
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- Erfüllungsort für Ansprüche eines Neuwagenkäufers aus einer Herstellergarantie ist mangels abweichender Vereinbarung jedenfalls nicht der (Wohn-)Sitz des Käufers.
- Erfüllungsort für Ansprüche aus einer Mobilitätsgarantie ist regelmäßig – wenn eine abweichende Vereinbarung fehlt – der Sitz des Garantiegebers. Denn der Inhalt einer Mobilitätsgarantie beschränkt sich letztlich darauf, dem Garantienehmer (Fahrzeugkäufer) Aufwendungen für die Pannenhilfe, das Abschleppen seines Fahrzeugs und einen Mietwagen zu erstatten oder dafür zu sorgen, dass Dritte Leistungen für den Garantienehmer (z. B. Überlassung eines Mietwagens) auf Kosten des Garantiegebers erbringen.
- Wird eine Klage zunächst nur gegen einen Beklagten erhoben und erst nach formloser Abgabe der Sache an ein anderes Gericht auf einen Streitgenossen des Beklagten erweitert, ist für eine infolgedessen erforderlich werdende Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 I Nr. 3 ZPO das Gericht, bei dem der parteierweiternde Schriftsatz eingereicht wurde, als das „zuerst mit der Sache befasste Gericht“ i. S. des § 36 II ZPO anzusehen.
BayObLG, Beschluss vom 23.06.2023 – 102 AR 9/23
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Lässt sich der Verkäufer eines Kraftfahrzeugs darauf ein, dass dieses während eines Rechtstreits über die Rückabwicklung des Kaufvertrags bei ihm verbleibt, so ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Verkäufer das Fahrzeug ohne weiteren Schutz unter freiem Himmel abstellt. Denn dabei handelt es sich um eine übliche Art der Aufbewahrung von Fahrzeugen. Anderes kann aber anzunehmen sein, wenn der Verkäufer konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass das Fahrzeug undicht ist und deshalb durch das Abstellen im Freien besonderen Gefahren ausgesetzt wird. Ohne eine dahin gehende Vereinbarung ist der Verkäufer indes nicht verpflichtet, das bei ihm abgestellte Fahrzeug auf witterungsbedingte Schäden zu untersuchen und gegebenenfalls deshalb Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Das ist vielmehr zuvörderst Aufgabe des Käufers.
OLG Hamm, Urteil vom 23.05.2023 – 28 U 54/21
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Art. 14 IV lit. a Ziffer i und Art. 14 V der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sind dahin auszulegen, dass sie einen Verbraucher von jeder Verpflichtung zur Vergütung der Leistungen befreien, die in Erfüllung eines außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags erbracht wurden, wenn ihm der betreffende Unternehmer die Informationen gemäß Art. 14 IV lit. a Ziffer i nicht übermittelt hat und der Verbraucher sein Widerrufsrecht nach Erfüllung dieses Vertrags ausgeübt hat.
EuGH (Achte Kammer), Urteil vom 17.05.2023 – C-97/22 (DC/HJ)
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- Ist in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen der Kilometerstand des Fahrzeugs angegeben, liegt dann eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB a.F. vor, wenn es sich bei der Angabe nicht um eine bloße Wissenserklärung oder – besser – Wissensmitteilung handelt. Das Fahrzeug ist deshalb mangelhaft, wenn seine tatsächliche Laufleistung nicht einmal annähernd der vereinbarten Laufleistung entspricht.
- Ein Gebrauchtwagen, bei dem die vom Kilometerzähler angezeigte Laufleistung erheblich unter der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs liegt, weist nur dann einen Mangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. auf, wenn der Käufer unter den konkreten Umständen des Einzelfalls berechtigterweise erwarten durfte, dass der angezeigte Kilometerstand die Gesamtlaufleistung ausweist.
- Auch ein Gebrauchtwagenhändler ist beim Kauf eines Fahrzeugs grundsätzlich nicht gehalten, die Schadenshistorie des Fahrzeugs beizuziehen, um die Angaben des Verkäufers zur Beschaffenheit des Fahrzeugs zu überprüfen. Vielmehr gilt, dass der Käufer den Beschaffenheitsangaben eines redlichen Verkäufers regelmäßig vertrauen darf. Die Schadenshistorie muss auch ein gewerblicher Käufer deshalb allenfalls beiziehen, wenn die konkreten – in der Person des Verkäufers liegende oder sonst bekannte – Umstände dazu Anlass geben.
LG Karlsruhe, Urteil vom 12.05.2023 – 6 O 120/22
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- Der Käufer eines Gebrauchtwagens kann zwar grundsätzlich nicht erwarten, darüber informiert zu werden, wie, wann und von wem der Verkäufer das Fahrzeug erworben hat. Das gilt aber ausnahmsweise dann nicht, wenn die Umstände des Erwerbs den Verdacht nahelegen, dass es während der Besitzzeit des Voreigentümers zur unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist. Solche Umstände sind zum Beispiel gegeben, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst kurz zuvor von einem „fliegenden“ Zwischenhändler erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung des Käufers verpflichtet, weil der Verdacht naheliegt, dass es während der Besitzzeit des unbekannten Voreigentümers zu Manipulationen am Kilometerzähler oder einer sonstigen unsachgemäßen Behandlung des Fahrzeugs gekommen ist.
- Verweigert ein Schuldner die Erfüllung eines Zahlungsanspruchs ernsthaft und endgültig, so verweigert er zugleich jeglichen Ersatz von Rechtsanwaltskosten, die zur Durchsetzung des Anspruchs aufgewendet wurden (im Anschluss an OLG Hamburg, Urt. v. 03.02.2010 – 4 U 17/09, juris Rn. 58).
OLG Brandenburg, Urteil vom 20.04.2023 – 10 U 50/22
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- An die Annahme eines konkludenten Verzichts (hier: auf Gewährleistungsrechte) sind strenge Anforderungen zu stellen; der dahin gehende Wille muss unzweifelhaft und eindeutig nach außen treten (im Anschluss an BGH, Urt. v. 22.06.1995 – VII ZR 118/94, NJW-RR 1996, 237).
- Ein bei Gefahrübergang vorliegender, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigender „normaler“ – dem Alter, der Laufleistung und der Qualitätsstufe entsprechender – Verschleiß eines für den Straßenverkehr zugelassenen Gebrauchtwagens begründet im Grundsatz keinen Sachmangel des Fahrzeugs. Dies gilt auch dann, wenn sich daraus in absehbarer Zeit, insbesondere bei der durch Gebrauch und Zeitablauf zu erwartenden weiteren Abnutzung, ein Erneuerungsbedarf ergibt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 09.09.2020 – VIII ZR 150/18, NJW 2021, 151 Rn. 23 m. w. Nachw.).
- Die Partei, die sich auf außerhalb einer Urkunde liegende Umstände beruft, um einen vom Text der Urkunde abweichenden übereinstimmenden Willen der Beteiligten nachzuweisen oder den Inhalt des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) zu deuten, trifft die Beweislast für das Vorliegen dieser Umstände (im Anschluss an BGH, Urt. v. 05.07.2002 – V ZR 143/01, NJW 2002, 3164, 3165).
- Die rechtsgeschäftliche Behandlung einer „Vertragsumschreibung“ richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB. Dabei kann § 151 Satz 1 Fall 2 BGB und § 267 I 1 BGB Bedeutung zukommen.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 18.04.2023 – 19 U 15/22
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Zu den Verkehrssicherungspflichten, insbesondere Prüfpflichten einer Kraftfahrzeugvertragshändlerin bei der Bestellung und Weitergabe von Ersatzschlüsseln für Kraftfahrzeuge.
BGH, Urteil vom 28.03.2023 – VI ZR 19/22
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