1. Setzt der Käu­fer dem Ver­käu­fer bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf (§ 474 I 1 BGB) ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung, ob­wohl es ei­ner Frist­set­zung nach § 475d I Nr. 1 BGB nicht be­darf, son­dern der Käu­fer le­dig­lich den Ab­lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist ab­war­ten muss, gilt nur die dem Ver­käu­fer ak­tiv ge­setz­te Frist. Die­se ist auch dann al­lein maß­geb­lich, wenn sie dem Ver­käu­fer erst ge­setzt wird, nach­dem ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist i. S. von § 475d I Nr. 1 BGB be­reits zu lau­fen be­gon­nen hat.
  2. Ist ei­ne dem Ver­käu­fer trotz § 475d I Nr. 1 BGB ak­tiv ge­setz­te Frist un­an­ge­mes­sen kurz, wird durch die Frist­set­zung zwar ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist i. S. von § 475d I Nr. 1, § 323 I BGB in Lauf ge­setzt. Ein Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag, der erst nach dem Ab­lauf der ak­tiv ge­setz­ten Frist, aber noch vor dem Ab­lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist er­klärt wird, ist je­doch un­wirk­sam.
  3. Ob ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung „an­ge­mes­sen“ ist, ist ei­ne Fra­ge des Ein­zel­falls, die nur be­jaht wer­den kann, wenn – rea­lis­tisch be­trach­tet – dem Ver­käu­fer in­ner­halb der Frist ei­ne ei­ne Nach­er­fül­lung über­haupt mög­lich ist. Bei ei­ner Nach­bes­se­rung (§ 439 I Fall 1 BGB) kommt es des­halb auf die Art des zu be­sei­ti­gen­den Man­gels, die Kom­ple­xi­tät der Kauf­sa­che, et­wai­ge die Nach­bes­se­rung er­schwe­ren­de Um­stän­de so­wie auf das Leis­tungs­in­ter­es­se des Käu­fers an. Ge­mes­sen dar­an ist ei­ne Frist von we­ni­gen Ta­gen, in de­nen ein Aus­tausch­mo­tor be­schafft und in ein Fahr­zeug ein­ge­baut wer­den muss, ins­be­son­de­re dann un­an­ge­mes­sen kurz, wenn der Ver­käu­fer kei­ne ei­ge­ne Werk­statt un­ter­hält. An­ge­mes­sen ist in ei­nem sol­chen Fall ei­ne Frist von min­des­tens zwei Wo­chen.

LG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 22.03.2023 – 9 O 167/22
(nach­fol­gend: OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 18.09.2023 – 23 U 55/23)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von dem Be­klag­ten – ei­nem un­ter der Fir­ma F han­deln­den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler für 5.600 € ei­nen ge­brauch­ten Se­at Le­on. Die­ser wur­de der Klä­ge­rin am 31.05.2022 über­ge­ben.

Bei ei­ner Fahrt am 05.06.2022 qualm­te das Fahr­zeug stark und ver­lor an Leis­tung, wes­halb die Klä­ge­rin an­hielt. In Ab­spra­che mit dem Be­klag­ten wur­de der Pkw zu dem Be­klag­ten ab­ge­schleppt. Da­für wur­den der Klä­ge­rin sei­tens des Ab­schlepp­un­ter­neh­mens 600 € in Rech­nung ge­stellt, die die Klä­ge­rin be­zahl­te.

Am 07.06.2022 fand ein Tref­fen zwi­schen der Klä­ge­rin und dem Be­klag­ten statt, bei dem der Pkw beim Star­ten er­neut stark qualm­te. Die Klä­ge­rin frag­te nach ei­ner Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs und be­ton­te, dass sie den Pkw un­ter an­de­rem we­gen ih­rer zwei Kin­der drin­gend be­nö­ti­ge. Der Be­klag­te er­klär­te sich da­mit ein­ver­stan­den, das Fahr­zeug zu un­ter­su­chen und ge­ge­be­nen­falls zu re­pa­rie­ren.

Mit Schrei­ben vom 15.06.2022, das dem Be­klag­ten am 21.06.2022 zu­ging, for­der­te der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin den Be­klag­ten – er­folg­los – auf, bis zum 28.06.2022 das Fahr­zeug der Klä­ge­rin in­stand zu set­zen und die­ser die Ab­schlepp­kos­ten (600 €) zu er­stat­ten. Mit Schrei­ben vom 30.06.2022 er­klär­te der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin in de­ren Na­men den Rück­tritt von dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten auf, der Klä­ge­rin bis zum 08.07.2022 den Kauf­preis und die Ab­schlepp­kos­ten zu er­stat­ten, und zwar Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be der Fahr­zeug­pa­pie­re.

Am 04.07.2022 er­hielt die Klä­ge­rin von dem Be­klag­ten oder sei­nem Mit­ar­bei­ter ei­ne SMS-Nach­richt, de­ren ge­nau­er Wort­laut zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist. Die Klä­ge­rin hat vor­ge­tra­gen, in der Nach­richt ha­be ge­stan­den, dass ihr Fahr­zeug am nächs­ten Tag ab 11.00 Uhr ab­hol­be­reit sei.

Zwi­schen dem 04.07.2022 und 11.07.2022 kom­mu­ni­zier­ten die Par­tei­en per E-Mail. Mit E-Mail vom 04.07.2022 er­klär­te der spä­te­re Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te der Klä­ge­rin er­neut de­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Die Klä­ge­rin ha­be „kein In­ter­es­se dar­an, den Ver­trag auf­recht­zu­er­hal­ten“. Der Be­klag­te ant­wor­te­te mit E-Mail vom 05.07.2022 un­ter an­de­rem:

„Der Wa­gen war be­reits in der Werk­statt und die ge­setz­te Frist war nicht an­ge­mes­sen, wenn man be­denkt, dass ge­ra­de Ur­laubs­zeit ist und ich Sie we­der te­le­fo­nisch noch per Mail er­rei­chen konn­te. Ich for­de­re Sie auf, den Wa­gen nun­mehr ab­zu­ho­len.“

Die Klä­ge­rin hat sich da­zu, ob ihr Pkw re­pa­riert wur­de, mit Nicht­wis­sen er­klärt (§ 138 IV ZPO). Sie meint, die sie ha­be dem Be­klag­ten ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt und sei nach de­ren er­folg­lo­sen Ab­lauf zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt ge­we­sen. In­so­weit sei zu be­rück­sich­ti­gen, dass sie als al­lein­er­zie­hen­de Mut­ter auf ein Fahr­zeug an­ge­wie­sen sei. Au­ßer­dem ha­be die Frist zur Nach­er­fül­lung ge­mäß § 475d BGB nicht erst am 21.06.2022 (Zu­gang des Schrei­bens vom 15.06.2022), son­dern be­reits am 04.06.2022 be­gon­nen, al­so als der Pkw zu dem Be­klag­ten ab­ge­schleppt wur­de. Im Üb­ri­gen ha­be es ei­ner Frist­set­zung schon des­halb nicht be­durft, weil ihr – der Klä­ge­rin – ei­ne Nach­er­fül­lung an­ge­sichts der Ge­stal­tung des Kauf­ver­trags („Täu­schungs­ver­such“) un­zu­mut­bar ge­we­sen sei.

Die Klä­ge­rin hat ur­sprüng­lich be­an­tragt, den Be­klag­ten zur Zah­lung von 5.600 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw Se­at Le­on und Über­ga­be der Fahr­zeugspa­pie­re und ei­nes Fahr­zeug­schlüs­sels, zu ver­ur­tei­len. Au­ßer­dem hat sie die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Be­klag­ten so­wie die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten zur Zah­lung wei­te­rer 600 € nebst Zin­sen (Ab­schlepp­kos­ten) be­gehrt.

Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten mit ei­nem im schrift­li­chen Vor­ver­fah­ren er­las­se­nen Ver­säum­nis­ur­teil vom 04.10.2022 an­trags­ge­mäß ver­ur­teilt. Ge­gen die­ses Ur­teil hat der Be­klag­te frist- und form­ge­recht Ein­spruch ein­ge­legt und (nur) den An­spruch der Klä­ge­rin auf Er­stat­tung der Ab­schlepp­kos­ten nebst Zin­sen an­er­kannt. Im Üb­ri­gen hat er be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Be­klag­te hat be­haup­tet, der Pkw der Klä­ge­rin sei re­pa­riert wor­den, und die Klä­ge­rin kön­ne das re­pa­rier­te Fahr­zeug nach wie vor bei ihm – dem Be­klag­ten – ab­ho­len. Die Re­pa­ra­tur sei durch ei­nen Mo­tor­aus­tausch er­folgt und in ei­ner Werk­statt in Ober­hau­sen durch­ge­führt wor­den, da er – der Be­klag­te – kei­ne ei­ge­ne Werk­statt un­ter­hal­te. Der Er­satz­mo­tor ha­be zu­nächst be­schafft wor­den müs­sen. Mit der Re­pa­ra­tur des Fahr­zeugs sei un­mit­tel­bar nach Er­halt des Schrei­bens vom 15.06.2022 – am 21.06. oder 22.06.2022 – be­gon­nen wor­den.

Der Be­klag­te meint, der Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag sei un­wirk­sam, weil er ei­ne Nach­bes­se­rung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs we­der ver­wei­gert ha­be noch da­mit in Ver­zug ge­ra­ten sei. Die Frist zur Nach­bes­se­rung, die ihm die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 15.06.2022 ge­setzt ha­be, sei un­an­ge­mes­sen kurz ge­we­sen; ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ei­nes Pkw müs­se min­des­tens zwei Wo­chen be­tra­gen.

Das Ver­säum­nis­ur­teil wur­de nur in­so­weit auf­recht­er­hal­ten, als der Be­klag­te zur Zah­lung von 600 € nebst Zin­sen (Ab­schlepp­kos­ten) ver­ur­teilt wor­den war. Im Üb­ri­gen wur­de es auf­ge­ho­ben und wur­de die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Aus den Grün­den: I. Der Pro­zess ist auf auf­grund des zu­läs­si­gen Ein­spruchs ge­gen das Ver­säum­nis­ur­teil vom 04.10.2022 in die La­ge vor der Säum­nis zu­rück­ver­setzt wor­den (§ 342 ZPO).

II. Die Kla­ge ist zu­läs­sig, aber über­wie­gend un­be­grün­det.

1. Der Be­klag­te ist … ge­mäß sei­nem An­er­kennt­nis (600 € nebst Zin­sen) zu ver­ur­tei­len (§ 307 Satz 1 ZPO).

2. Die Klä­ge­rin hat kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in­fol­ge ei­nes Rück­tritts vom Kauf­ver­trag aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 I, 346 I BGB. Die Klä­ge­rin ist nicht wirk­sam vom Pkw-Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten.

a) Das Be­ste­hen ei­nes Kauf­ver­trags über den Pkw und das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels in Ge­stalt ei­nes Mo­tor­scha­dens sind zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig. Nach § 477 I 1 BGB wird ver­mu­tet, dass der Man­gel bei Ge­fahr­über­gang vor­lag.

b) Die Ge­währ­leis­tung ist in dem Kauf­ver­trag (An­la­ge K 2: „kei­ne Ge­währ­leis­tung oder Ga­ran­tie“) nicht wirk­sam aus­ge­schlos­sen wor­den, da es sich um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf han­del­te (§ 474 I 1, § 476 I 1 BGB). Die Klä­ge­rin ist Ver­brau­che­rin und der Be­klag­te hat bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags als Un­ter­neh­mer ge­han­delt.

c) Die Klä­ge­rin hat dem Be­klag­ten je­doch kei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt. Ei­ne an­ge­mes­se­ne Nach­frist war nicht ab­ge­lau­fen, be­vor der Be­klag­te der Klä­ge­rin an­zeig­te, dass die Nach­er­fül­lung ab­ge­schlos­sen und der Pkw ab­hol­be­reit sei.

aa) Es kann da­hin­ste­hen, ob es ei­ner Frist­set­zung ge­mäß § 475d I Nr. 1 BGB nicht be­durf­te. Denn die Klä­ge­rin hat dem Be­klag­ten je­den­falls mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 15.06.2022 ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt. Setzt der Ver­brau­cher dem Un­ter­neh­mer tat­säch­lich ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung, so gilt die­se Frist auch dann, wenn ein Fall des § 475d BGB vor­liegt (Be­ckOK-BGB/​Faust, Stand: 01.02.2023, § 475d Rn. 13). Ist die­se Frist kür­zer als die an­ge­mes­se­ne, setzt sie den Lauf ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist in Gang (Be­ckOK-BGB/​Faust, a. a. O., § 475d Rn. 13).

bb) Die Frist zur Nach­er­fül­lung be­gann erst mit dem Er­halt des Schrei­bens vom 15.06.2022 durch den Be­klag­ten. Denn da die Klä­ge­rin dem Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 15.06.2022 ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, kommt es für den Be­ginn der Frist nicht auf die „Un­ter­rich­tung“ des Be­klag­ten über den Man­gel i. S. des § 475d I Nr. 1 BGB an, son­dern auf den Er­halt des Schrei­bens mit der Nach­frist­set­zung. Der Zu­gang die­ses Schrei­bens er­folg­te nicht vor dem 21.06.2022 (vgl. auch die Aus­kunft der Deut­sche Post AG, An­la­ge K 10).

cc) Hin­sicht­lich der Län­ge der Frist zur Nach­er­fül­lung rich­tet sich die An­ge­mes­sen­heit im Ein­zel­fall nach dem Auf­wand der Nach­er­fül­lung, wo­bei dem Ver­käu­fer ei­ne Nach­er­fül­lung rea­lis­tisch mög­lich sein muss. Ein­zu­be­zie­hen sind die Art des Man­gels, die Kom­ple­xi­tät des Leis­tungs­ge­gen­stands, et­wai­ge leis­tungs­er­schwe­ren­de Um­stän­de so­wie das Leis­tungs­in­ter­es­se des Gläu­bi­gers (vgl. BeckOGK/​Loo­schel­ders, Stand: 15.02.2023, § 323 BGB Rn. 163). Die Un­an­ge­mes­sen­heit ei­ner Frist führt nicht zu de­ren Un­wirk­sam­keit, son­dern setzt ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf (vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15, BeckRS 2016, 13694 Rn. 31).

Nach die­sen Grund­sät­zen war die bis zum 28.06.2022 ge­setz­te Frist nicht an­ge­mes­sen. Der Be­klag­te un­ter­hält kei­ne ei­ge­ne Kfz-Werk­statt, so­dass der Mo­tor­aus­tausch in ei­ner Fremd­werk­statt vor­ge­nom­men wer­den muss­te. Der Aus­tausch­mo­tor muss­te zu­nächst be­schafft wer­den. Es ist of­fen­sicht­lich, dass ei­ne sol­che Re­pa­ra­tur nicht in­ner­halb von we­ni­gen Ta­gen rea­lis­tisch und in zu­mut­ba­rer Wei­se durch­führ­bar war – un­ab­hän­gig da­von, ob es sich bei dem Pkw um ein Mas­sen­fahr­zeug han­del­te und da­her Er­satz­tei­le grund­sätz­lich in ver­gleichs­wei­se kur­zer Zeit zu be­schaf­fen sind. Für ei­ne sol­che Nach­er­fül­lung er­scheint ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung von min­des­tens zwei Wo­chen als Un­ter­gren­ze ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist. Dar­an än­dert auch der Um­stand, dass die Klä­ge­rin al­lein­er­zie­hen­de Mut­ter ist und auf den Pkw an­ge­wie­sen zu sein be­haup­tet, nichts. Sie hat im Üb­ri­gen nicht ein­mal sub­stan­zi­iert dar­ge­legt, wel­che kon­kre­ten Er­schwer­nis­se ihr da­durch ent­stan­den sein könn­ten, dass ihr der Pkw nicht nur we­ni­ge Ta­ge, son­dern (min­des­tens) zwei Wo­chen nicht zur Ver­fü­gung stand.

dd) Ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung lief so­mit je­den­falls nicht vor Ab­lauf von zwei Wo­chen nach Er­halt des Schrei­bens vom 15.06.2022 – am 21.06.2022 – ab, so­mit nicht vor Ab­lauf des 05.07.2022.

Die­se Frist war nicht ab­ge­lau­fen, als der Be­klag­te der Klä­ge­rin an­zeig­te, dass die Re­pa­ra­tur durch­ge­führt wor­den sei und der Pkw von der Klä­ge­rin ab­ge­holt wer­den kön­ne. Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass die Klä­ge­rin von dem Be­klag­ten oder sei­nem Mit­ar­bei­ter am 04.07.2022 ei­ne SMS er­hal­ten hat, in der ihr mit­ge­teilt wur­de, dass der Pkw am nächs­ten Tag ab 11.00 Uhr ab­hol­be­reit sei.

So­fern das Vor­brin­gen in dem Schrift­satz vom 23.01.2023 da­hin ge­hend zu ver­ste­hen sein soll­te, dass die Klä­ge­rin der Auf­fas­sung ist, dass der Be­klag­te ihr nicht hin­rei­chend zu ver­ste­hen ge­ge­ben ha­be, dass das Fahr­zeug re­pa­riert und ord­nungs­ge­mäß in­stand ge­setzt sei, geht dies fehl. Vor dem Hin­ter­grund, dass die Klä­ge­rin Män­gel an dem Pkw gel­tend ge­macht und der Be­klag­te sich zur Re­pa­ra­tur be­reit er­klärt hat­te, konn­te sie die­se Nach­richt nur in der Wei­se ver­ste­hen, dass der Pkw re­pa­riert war. Hät­te die Klä­ge­rin an die­sem In­halt der Nach­richt Zwei­fel ge­habt, wo­für nichts spricht, hät­te sie sich bei dem Be­klag­ten er­kun­di­gen kön­nen. Sie hat in­des über ih­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten mit E-Mail vom 04.07.2022 mit­tei­len las­sen, dass sie kein In­ter­es­se dar­an ha­be, den Ver­trag auf­recht­zu­er­hal­ten (An­la­ge K 8).

ee) Im Üb­ri­gen war auch die Mit­tei­lung des Be­klag­ten vom 05.07.2022 per E-Mail (An­la­ge K 8), dass der Pkw ab­ge­holt wer­den kön­ne und sol­le, nach den vor­ste­hen­den Grund­sät­zen noch frist­ge­recht, und auch die­se Nach­richt konn­te nach dem Ge­samt­zu­sam­men­hang der Ab­läu­fe – das Fahr­zeug soll­te nach dem über­ein­stim­men­den Wil­len der Par­tei­en vom Be­klag­ten re­pa­riert wer­den – nur so ver­stan­den wer­den, dass die Re­pa­ra­tur durch­ge­führt wor­den ist. Schließ­lich heißt es in der E-Mail zu­dem, dass der „Wa­gen … be­reits in der Werk­statt“ war. Die­se Nach­richt konn­te nur da­hin ver­stan­den wer­den, dass die Re­pa­ra­tur er­folgt ist.

ff) Es kommt des­halb für die Ent­schei­dung nicht dar­auf an, ob der Be­klag­te – über die SMS vom 04.07.2022 und die E-Mail vom 05.07.2022 hin­aus – die Klä­ge­rin zu­dem te­le­fo­nisch meh­re­re Ta­ge vor dem 04.07.2022 über sei­nen Mit­ar­bei­ter da­von in­for­miert hat, dass die Fer­tig­stel­lung des Fahr­zeugs für den 05.07.2022 zu er­war­ten sei und der Pkw dann ab­ge­holt wer­den kön­ne.

d) Die Nach­er­fül­lung ist der Klä­ge­rin auch nicht un­zu­mut­bar (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Ei­ne Un­zu­mut­bar­keit kann sich zwar grund­sätz­lich aus ei­ner Un­zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers, aus Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen oder aus ei­ner nach­hal­ti­gen Stö­rung der Ver­trau­ens­ba­sis er­ge­ben (vgl. Grü­ne­berg/​Wei­den­kaff, BGB, 81. Aufl. [2022], § 440 Rn. 8). Das Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zun­gen hat die in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Klä­ge­rin aber nicht dar­ge­legt. Die Be­haup­tun­gen der Klä­ger­sei­te zu „Täu­schun­gen“ und ei­ner „Be­sei­ti­gung der Ver­trau­ens­ba­sis“ und so wei­ter sind un­sub­stan­zi­iert. Vor dem Hin­ter­grund, dass der Be­klag­te am 07.06.2022 un­strei­tig sei­ne Be­reit­schaft zur Nach­er­fül­lung durch Re­pa­ra­tur er­klärt hat, sind Um­stän­de, wel­che die Klä­ge­rin be­rech­tig­ten könn­ten, mit Blick auf ei­ne nach­hal­tig ge­stör­te Ver­trau­ens­ba­sis oh­ne Frist­set­zung zu­rück­zu­tre­ten, we­der dar­ge­legt noch sonst er­sicht­lich. Die Vor­aus­set­zun­gen kön­nen in­so­weit auch nicht zu nied­rig an­ge­legt wer­den, weil nach dem ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zept das Recht zur Nach­er­fül­lung durch den Ver­käu­fer den ge­setz­li­chen Re­gel­fall dar­stellt.

e) Un­er­heb­lich für die hier zu tref­fen­de Ent­schei­dung über An­sprü­che der Klä­ge­rin nach Rück­tritt ist die Fra­ge, ob die Re­pa­ra­tur des Pkw tat­säch­lich er­folg­reich war, der Pkw al­so von dem Be­klag­ten ord­nungs­ge­mäß in­stand ge­setzt wor­den ist. Die Klä­ge­rin ist je­den­falls ge­gen­wär­tig noch nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt.

3. Die Kla­ge ist da­her hin­sicht­lich des gel­tend ge­mach­ten An­spruchs auf Rück­ge­währ des Kauf­prei­ses ab­zu­wei­sen.

4. Man­gels Haupt­an­spruchs steht der Klä­ge­rin auch kein An­spruch auf Zah­lung von Zin­sen und auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs zu.

III. …

Hin­weis: Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te Er­folg: Das OLG Düs­sel­dorf hat das vor­lie­gen­de Ur­teil mit Ur­teil vom 18.09.2023 – 23 U 55/23 – teil­wei­se ge­än­dert und da­hin ge­hend neu ge­fasst, dass das Ver­säum­nis­ur­teil des Land­ge­richts vom 04.10.2022 voll­stän­dig auf­recht er­hal­ten bleibt.

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