Der Besitzer eines Kraftfahrzeugs war beim Erwerb des Besitzes dann nicht in gutem Glauben i. S. von § 990 I 1 BGB, wenn ihm bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt war, dass er gegenüber dem Eigentümer nicht zum Besitz berechtigt ist. Grob fahrlässige Unkenntnis erfordert dabei, dass der Besitzer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders hohem Maße verletzt und dasjenige unbeachtet gelassen hat, was sich im gegebenen Fall jedem hätte aufdrängen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, juris Rn. 11 [zu § 932 II BGB]). Für ihn musste also auch bei nur durchschnittlichem Merk- und Erkenntnisvermögen ohne besonders hohe Aufmerksamkeit und besonders gründliche Überlegung das Fehlen eines Besitzrechts zu erkennen gewesen sein. Insoweit ist ein objektiver Maßstab anzulegen, doch können individuelle Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten des Besitzerwerbers zu einer Verschärfung der Anforderungen an die gebotene Sorgfalt führen.
LG Halle, Urteil vom 12.12.2023 – 4 O 92/23
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Die Weigerung des Verkäufers, nach dem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag die vom Käufer zum Zwecke der Rückgewähr in Natur gemäß § 346 I BGB angebotene mangelhafte Kaufsache zurückzunehmen, kann jedenfalls unter den besonderen Umständen des Einzelfalls (hier: Arsenbelastung großer Mengen vom Verkäufer gelieferten Recycling-Schotters) als Verletzung von Rücksichtnahmepflichten (§ 241 II BGB) im Rückgewährschuldverhältnis anzusehen sein, die zu einem Schadensersatzanspruch des Käufers gegen den Verkäufer gemäß § 280 I BGB führen kann.
BGH, Urteil vom 29.11.2023 – VIII ZR 164/21
(vorangehend: OLG Zweibrücken, Urteil vom 27.05.2021 – 4 U 96/20)
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- Das Eindringen von Feuchtigkeit stellt nicht nur bei einem Pkw, sondern auch bei einem Wohnmobil regelmäßig einen nicht nur unerheblichen Mangel dar. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass ein Wohnmobil auch dem Wohnen dient und ein Feuchtigkeitseintritt und/oder Feuchtigkeitsschäden den Komfort mindestens ebenso beeinträchtigen können wie bei einem Pkw.
- Dichtet der Verkäufer eines undichten Wohnmobils dieses auf eine Mängelrüge des Käufers hin nur unzureichend ab, kann der Käufer im Einzelfall berechtigt sein, vom Kaufvertrag zurückzutreten, ohne dem Verkäufer einen zweiten Nachbesserungsversuch ermöglichen zu müssen. Denn ein zweiter Nachbesserungsversuch kann dem Käufer unzumutbar i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB sein, wenn dem Verkäufer beim ersten Nachbesserungsversuch gravierende Ausführungsfehler unterlaufen sind oder der erste Nachbesserungsversuch von vornherein nicht auf eine dauerhafte, sondern nur eine provisorische Mangelbeseitigung angelegt war (im Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 10.03.2011 – I-28 U 131/10, juris Rn. 34).
- Bei der Beurteilung, ob ein mangelbedingter Rücktritt vom Kaufvertrag gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist, weil die in der Lieferung der mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers unerheblich, der (behebbare) Mangel also geringfügig ist, sind auch Arbeitsschritte zu berücksichtigen, die für eine ordnungsgemäße Mangelbeseitigung nicht erforderlich sein müssen, aber erforderlich sein können.
OLG Hamm, Urteil vom 23.11.2023 – 34 U 300/22
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Die Nutzungsentschädigung, die der Käufer dem Verkäufer bei der Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags schuldet, ist bei einem Wohnmobil nicht anhand der Laufleistung, sondern anhand der voraussichtlichen und tatsächlichen Nutzungsdauer zu bemessen.
OLG Dresden, Urteil vom 17.11.2023 – 3 U 983/23
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- Wird ein Hausgrundstück mit überdachter Terrasse verkauft und tritt durch das Terrassendach wiederholt Regenwasser ein, ist dies regelmäßig nicht nur ein bloßes Symptom für einen Sachmangel; vielmehr begründet bereits die Undichtigkeit des Terrassendachs selbst den Sachmangel.
- Klärt der Verkäufer eines Hausgrundstücks den Käufer nicht über Wassereintritte durch ein Terrassendach auf, handelt er arglistig, auch wenn er deren Ursache(n) nicht oder nur teilweise kennt.
BGH, Urteil vom 27.10.2023 – V ZR 43/23
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Angaben eines Fahrzeugverkäufers in einem Inserat zu einer den Wert eines Fahrzeugs maßgeblich bestimmenden Eigenschaft (hier: „matching numbers“) führen grundsätzlich zu einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 35 I CISG.
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Die pauschale Regelung in einem Kfz-Kaufvertrag, dass alle Angaben zum Fahrzeug als bloße Beschreibung zu verstehen sind und keine Beschaffenheitsvereinbarung begründen, ist nicht geeignet, der Zusicherung, das Fahrzeug weise eine bestimmte Beschaffenheit auf (hier: „matching numbers“), die Qualifikation als Beschaffenheitsvereinbarung zu nehmen.
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Ein (vorformulierter) Gewährleistungsausschluss gilt nicht für eine wesentliche Vertragsverletzung i. S. von § 25 I CISG, die darin besteht, dass einem Fahrzeug eine Eigenschaft fehlt, deren Vorhandensein der Verkäufer vorbehaltlos zugesichert hat. Dies gilt umso mehr, als dem Käufer nicht einmal ein minimaler Rechtsschutz (minimum adequate remedy) verbliebe, wenn der Verkäufer trotz seiner Beschaffenheitszusage einen (völlige) Haftungsausschluss berufen könnte.
OLG München, Urteil vom 25.10.2023 – 7 U 1224/21
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- Der Käufer eines Gebrauchtwagens kann grundsätzlich erwarten, dass er von dem gewerblichen Verkäufer des Fahrzeugs so viele Fahrzeugschlüssel erhält, wie ausweislich des Infotainmentsystems für das Fahrzeug „angelernt“ wurden. Denn das Fehlen eines Schlüssels kann für den Käufer unabhängig davon, ob es sich um einen Funk- beziehungsweise Komfortschlüssel oder einen mechanischen Notschlüssel handelt, versicherungsrechtlich nachteilig sein.
- Ein gewerblicher Gebrauchtwagenverkäufer ist verpflichtet, vor dem Verkauf eines Fahrzeugs in dessen Infotainmentsystem abzufragen, wie viele Fahrzeugschlüssel für das Fahrzeug „angelernt“ wurden.
AG Schöneberg, Urteil vom 24.10.2023 – 17 C 79/23
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- Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) setzt ein mangelbedingter Rücktritt vom Kaufvertrag – anders als in § 323 I BGB vorgesehen – nicht voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Vielmehr kann der Käufer gemäß § 475d I Nr. 1 BGB schon dann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn er den Verkäufer über den Mangel unterrichtet hat und der Verkäufer innerhalb einer damit in Gang gesetzten angemessenen Frist die Nacherfüllung nicht vorgenommen hat.
- Setzt der Käufer dem Verkäufer bei einem Verbrauchsgüterkauf unnötigerweise (vgl. § 475d I Nr. 1 BGB) eine Frist zur Nacherfüllung, nachdem er den Verkäufer über den zu beseitigenden Mangel unterrichtet hat, muss er sich daran zwar festhalten lassen. Für die Frage der Angemessenheit der Frist ist aber auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Verkäufer über den zu beseitigenden Mangel i. S. von § 475d I Nr. 1 BGB unterrichtet wurde.
- Für die Nachbesserung eines Kraftfahrzeugs erscheint eine Frist von zwei Wochen grundsätzlich auch dann angemessen, wenn für die Nachbesserung ein Ersatzmotor beschafft und von einem Dritten in das Fahrzeug eingebaut werden muss.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.2023 – 23 U 55/23
(vorangehend: LG Düsseldorf, Urteil vom 22.03.2023 – 9 O 167/22)
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- Gibt der Verkäufer eines Gebrauchtwagens den Kilometerstand des Fahrzeugs an, so ist diese Angabe aus der maßgeblichen Sicht eines Kaufinteressenten grundsätzlich als Angabe der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs zu verstehen und nicht als Angabe der Laufleistung, die der Kilometerzähler des Fahrzeugs anzeigt (im Anschluss an BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 15).
- Will ein Gebrauchtwagenhändler für die von ihm angegebene Laufleistung nicht einstehen, muss er dies gegenüber dem Käufer hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 23). Insoweit ist der bloße Hinweis, dass der „Kilometerstand verfälscht“ sei, unzureichend. Daraus lässt sich nämlich nur schließen, dass der vom Kilometerzähler angezeigte Kilometerstand nicht der tatsächlichen Laufleistung des Fahrzeugs entspricht, nicht aber (auch), dass dass der Verkäufer lediglich die verfälschte Anzeige wiedergibt.
AG Ingolstadt, Urteil vom 15.09.2023 – 12 C 109/23
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- Die bloße Bezeichnung eines als funktionsfähigen Gebrauchtwagens als „Bastlerfahrzeug“ führt dann nicht zum Ausschluss der Sachmängelhaftung des Verkäufers, wenn der Käufer aufgrund der sonstigen Angaben des Verkäufers und des übereinstimmend zugrunde gelegten Vertragszwecks davon ausgehen darf, ein funktionsfähiges Fahrzeug zu erhalten.
- Ein Verkäufer, der eine dem Käufer geschuldete Nacherfüllung nicht oder nicht rechtzeitig vornimmt, verletzt seine Pflicht aus § 437 Nr. 1, § 439 I BGB und ist dem Käufer deshalb gemäß §§ 280 I, III, 281 BGB (Schadensersatz statt der Leistung) oder gemäß §§ 280 I, II, 286 BGB (Ersatz des Verzögerungsschadens) zum Schadensersatz verpflichtet. Das gilt nur dann nicht, wenn der Verkäufer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 I 2 BGB). Dafür reicht es nicht aus, dass der Verkäufer sich hinsichtlich der Lieferung der mangelhaften Kaufsache liegenden – separaten – Pflichtverletzung (§ 433 I 2 BGB) entlasten kann.
OLG Stuttgart, Urteil vom 17.08.2023 – 2 U 41/22
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