- Ein mangelbedingter Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB) setzt nach § 280 I 1 BGB grundsätzlich voraus, dass der Käufer dem Verkäufer erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat. Setzt der Käufer keine Frist zur Nacherfüllung, obwohl eine Fristsetzung nicht ausnahmsweise entbehrlich ist, und nimmt er dem Verkäufer durch eine voreilige Selbstvornahme die Möglichkeit zur Nacherfüllung, so verliert er nach der Grundkonzeption des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) seine Mangelrechte.
- Die Fristsetzung muss im Hinblick auf die Rechtsfolge eine bestimmte, eindeutige Aufforderung zur Nacherfüllung enthalten; ein höfliches Drängen auf Vertragserfüllung oder die Aufforderung an den Verkäufer, sich über seine Leistungsbereitschaft zu erklären, genügt daher nicht. Es reicht aber aus, wenn der Käufer durch das ernsthafte Verlangen einer „sofortigen“ oder „unverzüglichen“ Nacherfüllung oder durch eine ähnliche Formulierung zu erkennen gibt, dass dem Verkäufer nur ein begrenzter (bestimmbarer) Zeitraum für die Nacherfüllung zur Verfügung steht.
- An die Annahme einer – eine Fristsetzung entbehrlich machende – Erfüllungsverweigerung i. S. des § 281 II Fall 1 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist grundsätzlich, dass der Verkäufer die Nacherfüllung gegenüber dem Käufer unmissverständlich, endgültig und ernsthaft ablehnt, sodass jenseits vernünftiger Zweifel feststeht, dass er unter keinen Umständen mehr zur (freiwilligen) Nacherfüllung bereit ist. Die Weigerung muss als das „letzte Wort“ des Verkäufers erscheinen; wann das der Fall ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Bleiben Zweifel, ob sich der Verkäufer umstimmen lassen wird, so gehen diese zulasten des Käufers.
- Die Annahme einer Erfüllungsverweigerung i. S. des § 281 II Fall 1 BGB ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der zur Nacherfüllung aufgeforderte Verkäufer vom Käufer zwar die Übernahme der damit verbundenen Materialkosten verlangt, aber nicht ausgeschlossen ist, dass dieser Standpunkt noch verhandelbar ist.
LG Lübeck, Urteil vom 22.12.2022 – 15 O 60/22