Dass der Käu­fer das Ver­hal­ten ei­nes Kraft­fahr­zeugs bei ei­ner so­ge­nann­ten Ge­fahr­brem­sung sub­jek­tiv als „un­an­ge­nehm“ emp­fin­det, stellt dann kei­nen Sach­man­gel dar, wenn die As­sis­tenz­sys­te­me des Fahr­zeugs tech­nisch ord­nungs­ge­mäß ar­bei­ten und das Fahr­zeug tat­säch­lich kurs- und brems­sta­bil hal­ten.

OLG Zwei­brü­cken, Ur­teil vom 30.11.2022 – 4 U 187/21

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt von der Be­klag­ten ins­be­son­de­re die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein Kraft­fahr­zeug, für das er 21.470 € ge­zahlt hat.

Die­ses Fahr­zeug, das von der Streit­hel­fe­rin der Be­klag­ten her­ge­stellt und am 25.02.2019 erst­zu­ge­las­sen wor­den war, kauf­te der Klä­ger am 16.02.2019. Es wur­de ihm am 09.03.2019 über­ge­ben.

Mit Schrei­ben vom 21.09.2019 wies der Klä­ger die Be­klag­te erst­mals auf ei­nen aus sei­ner Sicht be­ste­hen­den si­cher­heits­re­le­van­ten Man­gel des Fahr­zeugs hin. Er führ­te un­ter an­de­rem aus:

„An dem Fahr­zeug be­steht ein schwer­wie­gen­des Pro­blem an der Brems­an­la­ge. Bei star­kem Ab­brem­sen des Fahr­zeugs aus Ge­schwin­dig­kei­ten von mehr als 100 km/h, wie es in Not- oder Ge­fah­ren­si­tua­tio­nen vor­kommt, ver­zieht das Fahr­zeug der­art stark nach rechts, so­dass es ent­we­der zu un­kon­trol­lier­ten Fahr­bahn­wech­seln kommt oder die Ge­fahr ge­ge­ben ist, von der Fahr­bahn ab­zu­kom­men. Bei Ab­brem­sen aus nied­ri­gen Ge­schwin­dig­kei­ten ist ein ‚Schlen­ker‘ nach rechts be­merk­bar. Am 13.08. und am 10./​11.09.2019 ha­be ich das Fahr­zeug da­her bei der P-GmbH vor­ge­führt, das Pro­blem ge­schil­dert und un­ter­su­chen las­sen. Dort konn­te bei ei­ner ers­ten Pro­be­fahrt am 13.08. das Pro­blem eben­falls fest­ge­stellt wer­den, bei ei­ner wei­te­ren Pro­be­fahrt am 12.09. je­doch nicht.“

In sei­nem Schrei­ben ver­lang­te der Klä­ger von der Be­klag­ten, den (be­haup­te­ten) Man­gel bis zum 11.10.2019 zu be­sei­ti­gen. Dar­auf­hin wur­de das Fahr­zeug am 30.09.2019 durch ei­ne von der Be­klag­ten be­auf­trag­ten Spe­di­ti­on zwecks Über­prü­fung ab­ge­holt. Am 14.10.2019 er­folg­te ei­ne Pro­be­fahrt, an der der Klä­ger und der Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten M teil­nah­men.

Mit wei­te­rem Schrei­ben vom 15.10.2019 ver­län­ger­te der Klä­ger die der Be­klag­ten ge­setz­te Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 29.10.2019.

Am 01.11.2019 hol­te der Klä­ger sein Fahr­zeug bei der Be­klag­ten ab, da nach de­ren An­ga­ben kei­ne Män­gel fest­ge­stellt wor­den sei­en.

Mit Schrei­ben sei­nes spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 12.11.2019 er­klär­te der
Klä­ger den Rück­tritt von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag, weil der be­an­stan­de­te Man­gel nicht be­sei­tigt wor­den sei.

Der Klä­ger hat vor­ge­tra­gen, dass be­reits kurz nach Über­ga­be des Pkw beim ab­rup­ten Ab­brem­sen des Fahr­zeu­ges ein auf­fäl­li­ges Zie­hen nach rechts zu ver­zeich­nen ge­we­sen sei. Bei ei­ner ers­ten Ge­fah­ren­brem­sung am 27.05.2019 (Lauf­leis­tung ca. 2.600 km) ha­be das Fahr­zeug so stark nach rechts ge­zo­gen, dass das es die Fahr­bahn in Rich­tung des Stand­strei­fens ver­las­sen ha­be und kaum zu sta­bi­li­sie­ren ge­we­sen sei. Bei ei­ner zwei­ten Ge­fah­ren­brem­sung am 25.07.2019 (Lauf­leis­tung ca. 3.600 km) sei das glei­che Phä­no­men zu ver­zeich­nen ge­we­sen.

Er – der Klä­ger – ha­be das Fahr­zeug am 13.08.2019 zu ei­ner von der P-GmbH be­trie­be­nen Ver­trags­werk­statt ge­bracht, um es über­prü­fen zu las­sen. Als er den Pkw am nächs­ten Tag ab­ge­holt ha­be, ha­be der Werk­statt­mit­ar­bei­ter W be­kun­det, dass er das von dem Klä­ger ge­schil­der­te Pro­blem bei ei­ner Pro­be­fahrt fest­ge­stellt ha­be. Bei ei­ner Pro­be­fahrt am 19.09.2019 und ei­ner Brems­kon­trol­le sei wie­der ein star­kes Zie­hen nach rechts fest­zu­stel­len ge­we­sen.

Das von ei­nem ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen spä­ter fest­ge­stell­te „Über­steu­ern“ des Fahr­zeugs sei mit dem von ihm, dem Klä­ger, ge­gen­über der Be­klag­ten ge­rüg­ten Feh­ler iden­tisch.

Die Be­klag­te hat ei­nen Man­gel der Kauf­sa­che i. S. von § 434 I BGB in Ab­re­de ge­stellt. Ei­ne be­stimm­te Be­schaf­fen­heit des Pkw sei nicht ver­ein­bart wor­den. Das Fahr­zeug eig­ne sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te (§ 434 I 2 Nr. 1 BGB) und auch für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung, und es wei­se ei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kön­ne (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Hin­sicht­lich der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit sei fest­zu­stel­len, dass ei­ne für das Ge­währ­leis­tungs­recht re­le­van­te Ab­wei­chung nicht al­lein aus ei­nem tech­ni­schen oder op­ti­schen Man­gel des Fahr­zeugs ab­ge­lei­tet wer­den kön­ne. Nur wenn ei­ne zu­las­ten des Käu­fers wir­ken­de nach­tei­li­ge Ab­wei­chung des Ist­zu­stands vom Soll­zu­stand des Pkw fest­zu­stel­len wä­re, wä­re die An­nah­me ei­nes Sach­man­gels im kauf­recht­li­chen Sin­ne ge­recht­fer­tigt. Ei­ne sol­che Ab­wei­chung lie­ge nicht vor.

§ 477 BGB – so macht die Be­klag­te gel­tend – kom­me dem Klä­ger nicht zu­gu­te. Dass der Pkw an­geb­lich nach rechts oder links zie­he, kön­ne auch dar­auf zu­rück­zu­füh­ren sein, dass der Klä­ger ei­nen Geh­weg, ein sons­ti­ges Hin­der­nis oder Fahr­bahnu­n­eben­hei­ten über­fah­ren und sich da­durch die Spur ver­stellt ha­be.

Da­von ab­ge­se­hen er­fül­le das Schrei­ben des Klä­gers vom 21.09.2019 nicht die Vor­aus­set­zun­gen, die an ein ord­nungs­ge­mä­ßes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen zu stel­len sei­en. Dem er­klär­ten Rück­tritt ste­he au­ßer­dem § 323 5 2 BGB ent­ge­gen, weil ei­ne ihr – der Be­klag­ten – mög­li­cher­wei­se vor­zu­wer­fen­de Pflicht­ver­let­zung je­den­falls un­er­heb­lich sei. Dass, wie der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge fest­ge­stellt ha­be, das Fahr­zeug­heck bei star­kem Ab­brem­sen über­steue­re, sei kein Man­gel, son­dern Stand der Se­rie sei. Auf ein Über­steu­ern ha­be der Klä­ger sei­nen Rück­tritt über­dies nie ge­stützt.

Das Land­ge­richt hat den Klä­ger per­sön­lich an­ge­hört und Be­weis durch Ein­ho­lung ei­nes am 30.12.2020 er­stat­te­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens er­ho­ben.

Nach­dem das Gut­ach­ten vor­lag, hat der Klä­ger die Be­klag­te er­neut zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert und ihr da­für ei­ne Frist bis zum 15.03.2021 ge­setzt (Schrift­satz vom 17.02.2021). Dar­auf­hin be­fand sich das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug noch­mals bei der Be­klag­ten, wo der Klä­ger es am 10.03.2021 un­ter zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­gen Um­stän­den ab­hol­te. Am 17.05.2021 be­fand sich der Pkw er­neut bei der Be­klag­ten; er wur­de von dem Klä­ger am 19.5.2021 ab­ge­holt.

Die Be­klag­te hat un­strei­tig ei­ne neue, das An­ti­blo­ckier­sys­tem be­tref­fen­de Soft­ware in­stal­liert. Nach Auf­fas­sung des Klä­gers hat sich das mo­nier­te Pro­blem durch noch ver­stärkt. Da mit­hin ei­ne Nach­bes­se­rung (er­neut) ge­schei­tert sei, hat der Klä­ger aber­mals den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt.

Das Land­ge­richt Kai­sers­lau­tern hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt: Der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge ha­be den ur­sprüng­lich von dem Klä­ger ge­rüg­te Man­gel nicht fest­ge­stellt. Bei dem fest­ge­stell­ten – bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen un­üb­li­chen – Über­steu­ern des Hecks han­de­le es sich um ei­nen an­de­ren Man­gel, hin­sicht­lich des­sen ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung feh­le.

Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat der Klä­ger die Auf­fas­sung des Land­ge­richts, der von ihm ge­rüg­te Man­gel sei nicht iden­tisch mit dem sach­ver­stän­dig fest­ge­stell­ten Man­gel, ge­rügt. Be­reits erst­in­stanz­lich ha­be er – der Klä­ger – vor­ge­tra­gen, dass das Fahr­zeug bei star­kem Ab­brem­sen links leicht an­he­be und in ei­ner ex­tre­men und un­kon­trol­lier­ten Be­we­gung nach rechts ab­dre­he. Dies ha­be der Sach­ver­stän­di­ge be­stä­tigt. Ob man die­ses Phä­no­men kor­rekt als „Über­steu­ern“ be­zeich­ne, sei un­er­heb­lich; ge­meint sei das Glei­che. Der Fah­rer neh­me das Über­steu­ern als Be­we­gung nach rechts wahr. Das Zie­hen nach rechts sei Fol­ge des Aus­bre­chens hin­ten, was fach­sprach­lich als „Über­steu­ern“ be­zeich­net wer­de. Mehr müs­se er – der Klä­ger – als Laie nicht vor­tra­gen. Ge­mäß § 477 BGB wer­de ver­mu­tet, dass die­ser Man­gel schon bei Ge­fahr­über­gang vor­han­den ge­we­sen sei. Die zu­läs­si­ge Be­ru­fung hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Ge­mäß Art. 229 § 58 EGBGB fin­det auf den am 16.02.2019 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag § 434 BGB in der bis zum 31.12.2021 gül­ti­gen Fas­sung An­wen­dung.

Der Klä­ger hat we­der ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­gen die Be­klag­te ge­mäß § 433 I BGB, § 434 I BGB a.F., § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 BGB noch kann er von der Be­klag­ten ge­mäß § 433 I, § 434 I BGB a.F., § 437 Nr. 1, § 439 I BGB die hilfs­wei­se be­gehr­te Nach­er­fül­lung ver­lan­gen. Denn es liegt kein Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB vor.

1. In Er­man­ge­lung ei­ner be­son­de­ren Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung oder ei­ner Ab­re­de über den Ver­wen­dungs­zweck kommt als Sach­man­gel le­dig­lich ei­ne Ab­wei­chung von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. in Be­tracht.

Zur Be­stim­mung der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ist dar­auf ab­zu­stel­len, ob sich die Sa­che für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VI­II ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 8). Wel­che Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stands ein Käu­fer an­hand der Art der Sa­che i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. er­war­ten kann, be­stimmt sich nach dem Emp­fän­ger­ho­ri­zont ei­nes Durch­schnitts­käu­fers und da­mit nach der ob­jek­tiv be­rech­tig­ten Käu­fe­rer­war­tung (BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, BGHZ 181, 170 = VersR 2009, 1239 Rn. 14). Da­ge­gen ist nicht ent­schei­dend, wel­che Be­schaf­fen­heit der Käu­fer tat­säch­lich er­war­tet und wie er auf ei­ne hier­von ab­wei­chen­de Be­schaf­fen­heit re­agiert (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, ju­ris Rn. 42; Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, BGHZ 181, 170 = VersR 2009, 1239 Rn. 14).

Für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net sich ein Per­so­nen­kraft­wa­gen grund­sätz­lich dann, wenn er kei­ne tech­ni­schen Män­gel auf­weist, die die Zu­las­sung zum Stra­ßen­ver­kehr hin­dern oder die Ge­brauchs­fä­hig­keit auf­he­ben oder be­ein­träch­ti­gen (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, ju­ris Rn. 40).

2. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vor­ste­hen­den Maß­stä­be liegt bei dem von dem Klä­ger von der Be­klag­ten ge­kauf­ten Pkw kein Sach­man­gel vor.

Nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me aus bei­den Rechts­zü­gen ist der Se­nat mit der nach § 286 I ZPO er­for­der­li­chen Ge­wiss­heit da­von über­zeugt, dass die Feh­ler­be­haup­tung, das Fahr­zeug zie­he bei ei­ner star­ken Brems­ver­zö­ge­rung nach rechts, nicht vor­liegt (a) und dass die Feh­ler­be­haup­tung des Über­steu­erns des Fahr­zeug­hecks beim star­ken Ab­brem­sen (im Sin­ne ei­ner sog. Ge­fah­ren­brem­sung) kei­nen Man­gel im recht­li­chen Sinn dar­stellt (b).

a) Die Feh­ler­be­haup­tung, das Fahr­zeug zie­he beim ab­rup­ten Ab­brem­sen auf­fäl­lig nach rechts, wur­de nicht be­wie­sen. Viel­mehr folgt aus den aus­führ­li­chen, plau­si­blen und über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen S, dass ein sol­ches Phä­no­men trotz in­ten­si­ver Fahr­ver­su­che nicht fest­ge­stellt wer­den konn­te.

Der Sach­ver­stän­di­ge führ­te aus, er ha­be die Brems­an­la­ge des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs so­wohl ei­ner vi­su­el­len Kon­trol­le un­ter­zo­gen, das Fahr­werk ver­mes­sen als auch ei­ner Über­prü­fung auf dem Rol­len­prüf­stand zu­ge­führt. Da­bei ha­be er kei­ner­lei Un­re­gel­mä­ßig­kei­ten fest­ge­stellt. Bei ei­ner durch­ge­führ­ten Pro­be­fahrt auf ebe­ner, ge­ra­der und tro­cke­ner Fahr­bahn sei we­der ein man­gel­haf­ter Ge­ra­de­aus­lauf noch ein ein­sei­ti­ges Brem­sen fest­zu­stel­len ge­we­sen. Bei ei­ner wei­te­ren Pro­be­fahrt auf leicht ab­schüs­si­ger Fahr­bahn ha­be er fest­ge­stellt, dass das Heck des Pkw zum Über­steu­ern nei­ge und der Pkw ei­ne deut­lich spür­ba­re Dreh­be­we­gung um die Fahr­zeug­hoch­ach­se durch­füh­re. Bei wei­te­ren Pro­be­fahr­ten mit ei­nem Un­fall­da­ten­schrei­ber ha­be sich die deut­li­che Be­schleu­ni­gung des Pkw um sei­ne Hoch­ach­se ve­ri­fi­zie­ren las­sen. Je­doch sei ei­ne un­glei­che Brems­wir­kung mit ei­nem zum rech­ten Fahr­bahn­rand hin ge­rich­te­ten Ver­zug des Pkw nicht fest­stell­bar ge­we­sen. Auch am Lenk­rad sei­en hier­bei kei­ne stö­ren­den Len­k­im­pul­se wahr­nehm­bar ge­we­sen.

In sei­ner münd­li­chen Gut­ach­ten­er­läu­te­rung gab der Sach­ver­stän­di­ge an, dass das Fahr­zeug – ent­ge­gen den Aus­füh­run­gen des Klä­gers auch bei des­sen in­for­ma­to­ri­scher An­hö­rung – beim Brems­vor­gang kei­ne Ver­än­de­run­gen auf der Fahr­bahn voll­zo­gen ha­be. Ei­ne ein­sei­tig un­ter­schied­li­che Brems­wir­kung ha­be sich ob­jek­tiv nicht fest­stel­len las­sen. Ob das vom ihm be­schrie­be­ne Über­steu­ern (Dre­hen um die Hoch­ach­se) von ei­nem Fahr­zeug­len­ker als ver­meint­li­ches Zie­hen nach rechts emp­fun­den wer­den kön­ne, ver­moch­te der Sach­ver­stän­di­ge nicht zu be­ur­tei­len. Er gab le­dig­lich an, dass dies ei­ne rein sub­jek­ti­ve Wahr­neh­mung sei, die von Fah­rer zu Fah­rer va­ri­ie­re. Das von dem Klä­ger ge­schil­der­te Phä­no­men ha­be sich bei der Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs je­doch nicht ob­jek­ti­vie­ren las­sen.

Die­sen über­zeu­gen­den und wi­der­spruchs­frei­en Aus­füh­run­gen schließt sich der Se­nat an.

b) Das von dem Sach­ver­stän­di­gen S be­schrie­be­ne Phä­no­men des Über­steu­erns (Dre­hen um die Hoch­ach­se) bei star­kem Ab­brem­sen des Pkw stellt kei­nen Man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB a.F. dar.

Der Sach­ver­stän­di­ge hat nach­voll­zieh­bar und über­zeu­gend aus­ge­führt, dass ein Kraft­fahr­zeug wäh­rend des Brems­vor­gangs kurs­sta­bil be­zie­hungs­wei­se brems­sta­bil blei­ben müs­se. Nur so kön­ne in Ver­bin­dung mit ei­nem mög­lichst kur­zen Brems­weg die er­for­der­li­che Ver­kehrs­si­cher­heit ge­währ­leis­tet wer­den. Beim Brem­sen sol­le sich das Fahr­zeug spur­neu­tral ver­hal­ten. Das be­deu­te, es sol­le sich we­der nach links noch nach rechts be­we­gen.

Da­mit de­fi­niert der Sach­ver­stän­di­ge in der Sa­che zu­tref­fend die Be­schaf­fen­heit, die bei Fahr­zeu­gen üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann (vgl. BGH, Urt. v. 04.03.2009 – VI­II ZR 160/08, NJW 2009, 2056 Rn. 8).

Die­se Be­schaf­fen­heit er­füllt der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw.

aa) Zwar führ­te der Sach­ver­stän­di­ge S um­fas­send aus, dass so­wohl sein ei­ge­nes per­sön­li­ches Emp­fin­den als auch die mit dem Un­fall­da­ten­schrei­ber durch­ge­führ­ten Mes­sun­gen ei­ne deut­li­che Be­schleu­ni­gung des Pkw um die Hoch­ach­se ge­zeigt hät­ten. Die­ses Phä­no­men sei für die In­sas­sen deut­lich wahr­nehm­bar und tech­nisch mit ei­nem Über­steu­ern des Fahr­zeugs zu be­schrei­ben. Durch das Ein­tau­chen vor­ne, was durch das An­he­ben des Hecks über­la­gert wer­de und zu ei­ner Ver­rin­ge­rung der Füh­rungs­kräf­te der Hin­ter­rä­der füh­re, kom­me es zu ei­nem leich­ten Aus­wei­chen des Hecks zur Sei­te. Dies füh­re zu ei­nem für den Fahr­zeug­len­ker un­an­ge­neh­men Ge­fühl und er­we­cke den Ein­druck ei­nes un­kon­trol­lier­ten Schleu­der­vor­gangs.

bb) Der Sach­ver­stän­di­ge leg­te aber eben­so dar, dass die als un­an­ge­nehm emp­fun­de­ne spür­ba­re Dre­hung um die Hoch­ach­se durch die ein­set­zen­de Re­ge­lung der elek­tro­ni­schen Sta­bi­li­täts­kon­trol­le (ESC) je­der­zeit kom­pen­siert wer­de. Durch die ein­set­zen­de Re­ge­lung der im streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ver­bau­ten elek­tro­ni­schen Sta­bi­li­täts­kon­trol­le (ESC) sei das Fahr­zeug je­weils in­ner­halb ei­ner Zeit­span­ne von cir­ca 1 bis 1,5 Se­kun­den sta­bi­li­siert wor­den, was auch an dem Ver­lauf der auf­ge­zeich­ne­ten Quer­be­schleu­ni­gungs­wer­te deut­lich er­kenn­bar sei. Durch das im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ver­bau­te ABS/​ESC und EBD wer­de der Pkw si­cher sta­bi­li­siert und ein Schleu­der­vor­gang ver­hin­dert.

Im Rah­men der münd­li­chen Er­läu­te­rung sei­nes Gut­ach­tens hat der Sach­ver­stän­di­ge er­gänzt, dass er selbst bei den Pro­be­fahr­ten nie Pro­ble­me ge­habt ha­be, das Fahr­zeug si­cher zu kon­trol­lie­ren. Bis zum je­wei­li­gen ord­nungs­ge­mä­ßen Ein­grei­fen der her­stel­ler­seits ver­bau­ten Si­cher­heits­ein­rich­tun­gen sei­en kei­ne Ver­än­de­run­gen des Ge­ra­de­aus­laufs des Pkw auf der Fahr­bahn fest­zu­stel­len ge­we­sen. So­wohl beim Ab­bre­chen des Brems­vor­gangs als auch beim Ver­blei­ben auf der Brem­se sta­bi­li­sie­re sich das Fahr­zeug mit den vor­han­de­nen Si­cher­heits­ein­rich­tun­gen stets selbst.

cc) Da­mit be­legt der Sach­ver­stän­di­ge zur Über­zeu­gung des Se­nats, dass das Fahr­zeug auch wäh­rend ei­nes ab­rup­ten Ab­brem­sens im Sin­ne ei­ner so­ge­nann­ten Ge­fah­ren­brem­sung kurs­sta­bil bleibt und sich spur­neu­tral ver­hält. Die ob­jek­tiv be­rech­tig­ten Käu­fe­rer­war­tun­gen ei­nes Durch­schnitts­käu­fers wer­den da­mit er­füllt.

Auf die sub­jek­ti­ve Er­war­tung ge­ra­de des Klä­gers, dass das be­schrie­be­ne Über­steu­ern nicht ein­tre­ten dür­fe, kommt es – wie dar­ge­legt – da­ge­gen nicht an. Da­bei ver­kennt der Se­nat nicht, dass auch der Sach­ver­stän­di­ge ein für ihn un­an­ge­neh­mes Ge­fühl beim Brem­sen emp­fand. Je­doch ist fest­zu­hal­ten, dass das be­schrie­be­ne Phä­no­men nur in der im rea­len Fahr­be­trieb sehr sel­te­nen Aus­nah­me­si­tua­ti­on ei­ner Ge­fah­ren­brem­sung auf­tritt, wel­che für den je­wei­li­gen Fah­rer stets au­ßer­ge­wöhn­lich ist und mit ei­nem nicht all­täg­li­chen Fahr­ver­hal­ten des Pkw ein­her­geht. Nach Da­für­hal­ten des Se­nats ge­hört es je­doch nicht zur üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ei­nes Pkw, dass sich die­ser auch in Aus­nah­me­si­tua­ti­on sub­jek­tiv „kom­for­ta­bel“ be­zie­hungs­wei­se „an­ge­nehm“ steu­ern lässt.

Si­cher­heits­män­gel oder sons­ti­ge Um­stän­de, wel­che die Ge­brauchs­taug­lich­keit bei star­kem Ab­brem­sen be­ein­träch­ti­gen, sind nicht fest­stell­bar. Dies gilt erst recht, da der Sach­ver­stän­di­ge wei­ter aus­führt, dass das Fahr­zeug in Kennt­nis sei­nes Ver­hal­tens bei Ge­fah­ren­brem­sun­gen auf leicht ab­schüs­si­ger Fahr­bahn si­cher steu­er­bar ist und sich der Fah­rer auf das Fahr­zeug­ver­hal­ten of­fen­sicht­lich ein­stel­len kann.

Der Fest­stel­lungs­an­trag (An­trag zu 2.) ist un­be­grün­det. Da der Rück­tritt des Klä­gers nicht wirk­sam ist, be­fin­det sich die Be­klag­te auch nicht in Ver­zug mit der Rück­nah­me des Pkw. …

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