Wird ein Pkw als „Dieb­stahls­rück­läu­fer“ oh­ne Hin­weis auf ei­ne ver­än­der­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer (FIN) zum Kauf an­ge­bo­ten und über­prüft der ge­werb­lich mit Kraft­fahr­zeu­gen han­deln­de Käu­fer vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht, ob die in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I und Teil II ein­ge­tra­ge­ne mit der am Fahr­zeug an­ge­brach­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer über­ein­stimmt, han­delt der Käu­fer grob fahr­läs­sig i. S. von § 442 I 2 BGB, oh­ne dass dem Ver­käu­fer Arg­list zur Last fällt.

OLG Ros­tock, Ur­teil vom 01.06.2021 – 4 U 156/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, der eben­so wie der Be­klag­te mit Ge­braucht­wa­gen han­delt, be­gehrt die Rück­ab­wick­lung ei­nes mit dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags über ei­nen ge­brauch­ten Ford Ku­ga (Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „Ti­ta­ni­um“). Die­ses Fahr­zeug hat­te der Be­klag­te auf der In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ zum Preis von 13.790 € zum Kauf an­ge­bo­ten; ge­kauft hat es der Klä­ger schließ­lich mit Ver­trag vom 10.04.2014 für 13.400 €.

Der Be­klag­te hat­te den streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw sei­ner­seits am 26.03.2014 als „Dieb­stahls­rück­läu­fer“ er­wor­ben, wo­bei er dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den war, dass die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer („Fahr­ge­stell­num­mer“) ver­fälscht wor­den sei.

Der Klä­ger macht gel­tend, dass der Be­klag­te ihn vor Ab­schluss des hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trags nicht dar­über in Kennt­nis ge­setzt ha­be, dass das Fahr­zeug ei­ne ver­fälsch­te „Fahr­ge­stell­num­mer“ auf­wei­se. Er, der Klä­ger, ha­be die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer (FIN) erst nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags und Zah­lung des Kauf­prei­ses über­prü­fen kön­nen, weil die Fahr­zeug­pa­pie­re erst bei der Ab­ho­lung des Pkw sei­nem Mit­ar­bei­ter M aus­ge­hän­digt wor­den sei­en. Hät­te der Be­klag­te ihn auf die ver­fälsch­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer hin­ge­wie­sen, hät­te er den Pkw nie­mals er­wor­ben. Denn weil die in den Fahr­zeug­pa­pie­ren ver­merk­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer nicht mit der am Fahr­zeug an­ge­brach­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer über­ein­stim­me, kön­ne er den Pkw prak­tisch nicht wei­ter­ver­kau­fen. Die ver­fälsch­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer zu ent­fer­nen und statt­des­sen die rich­ti­ge Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer an­zu­brin­gen, sei mit ei­nem er­heb­li­chen (Kos­ten-)Auf­wand ver­bun­den. Der Be­klag­te sei gleich­wohl nicht zur Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags be­reit, ob­wohl er, der Klä­ger, mehr­fach die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung er­klärt ha­be. Hin­zu kom­me, dass in der Re­pa­ra­tur­his­to­rie des Ford Ku­ga am 09.08.2012 ein Ki­lo­me­ter­stand von 84.283 ver­merkt wor­den sei; der Ki­lo­me­ter­stand kön­ne da­her bei Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags (14.04.2014) nicht 67.900 be­tra­gen ha­ben.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger die Zah­lung von 13.698,26 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be und Rück­über­eig­nung des Ford Ku­ga, so­wie den Er­satz vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten be­an­sprucht. Au­ßer­dem hat er die Fest­stel­lung be­gehrt, dass der Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug ist.

Der Be­klag­te hat ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung in Ab­re­de ge­stellt und be­haup­tet, er ha­be den Klä­ger vor Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es sich bei dem Ford Ku­ga um ein ge­stoh­le­nes Fahr­zeug han­de­le, das von der Ver­si­che­rung zu­rück­ge­führt wor­den sei. Bei der Ab­ho­lung des Fahr­zeugs – nach Zah­lung des Kauf­prei­ses – ha­be der Mit­ar­bei­ter des Klä­gers M die ver­fälsch­te „Fahr­ge­stell­num­mer“ zwar be­an­stan­det. M ha­be das Fahr­zeug nach te­le­fo­ni­scher Rück­spra­che mit dem Klä­ger dann aber doch mit­ge­nom­men. Ei­ne Än­de­rung der ver­fälsch­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer sei oh­ne Wei­te­res mög­lich und er­for­de­re ei­nen Kos­ten­auf­wand von ma­xi­mal 70,50 €.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben (LG Schwe­rin, Urt. v. 14.11.2019 – 5 O 160/14). Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, der Klä­ger ha­be ge­gen den Be­klag­ten ei­nen man­gel­be­ding­ten An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (13.400 €), Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Ford Ku­ga. Das Fahr­zeug sei be­reits bei der Über­ga­be an den Klä­ger man­gel­haft ge­we­sen. Es sei nicht zu­las­sungs­fä­hig, weil an drei Stel­len (Bo­den­blech, Tür, Wind­schutz­schei­be) je­weils ei­ne ver­fälsch­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer an­ge­bracht sei. Die­ser Man­gel, den der Be­klag­te dem Klä­ger vor Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags un­strei­tig nicht of­fen­bart ha­be, sei nicht ge­ring­fü­gig i. S. von § 323 V 2 BGB. Ein – wie hier – be­heb­ba­rer Man­gel sei in der Re­gel schon dann nicht mehr ge­ring­fü­gig, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­stei­ge. Hier ver­lau­fe die Gren­ze des­halb an­ge­sichts ei­nes Kauf­prei­ses von 1.340 € (brut­to) bei 670 €, und die­se Gren­ze sei über­schrit­ten. Denn nach dem Gut­ach­ten des ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen S be­tra­ge der Kos­ten­auf­wand für die „Wie­der­ein­rich­tung“ der in den (ech­ten) Fahr­zeug­pa­pie­ren ver­merk­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer vor­aus­sicht­lich ins­ge­samt 1.574,32 € (brut­to). Der Klä­ger ha­be die fal­sche Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer bei der Über­nah­me des Fahr­zeugs nicht ak­zep­tiert. Viel­mehr ha­be er den streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag – auch nach der Schil­de­rung des Be­klag­ten – schon kur­ze Zeit nach der Über­nah­me des Pkw rück­gän­gig ma­chen wol­len, was der Be­klag­te ver­wei­gert ha­be. Über die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses hin­aus kön­ne der Klä­ger von dem Be­klag­ten den Er­satz nutz­lo­ser Auf­wen­dun­gen (u. a. Fahr­kos­ten) so­wie vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten be­an­spru­chen. Auch sei fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te mit der An­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug sei.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: I. Die Be­ru­fung ist zu­läs­sig und be­grün­det.

A. Der Zu­läs­sig­keit der Be­ru­fung stand we­der die For­mu­lie­rung des (ur­sprüng­li­chen) Be­ru­fungs­an­trags des Be­klag­ten ent­ge­gen noch ei­ne un­zu­rei­chen­de Be­grün­dung des Rechts­mit­tels.

1. Der Fas­sung des An­trags des Be­klag­ten in sei­ner frist­ge­recht ein­ge­reich­ten Be­ru­fungs­be­grün­dung war bei iso­lier­ter Be­trach­tung ab­wei­chend von § 520 III 2 Nr. 1 ZPO nicht zu ent­neh­men, dass er das erst­in­stanz­li­che Ur­teil (über­haupt) an­focht und des­sen Ab­än­de­rung be­an­trag­te; denn die­ser An­trag ging da­hin, der Kla­ge an­trags­ge­mäß statt­zu­ge­ben, was aus­weis­lich der Ent­schei­dung des Land­ge­richts im ers­ten Rechts­zug schon ge­sche­hen war (vgl. auch OLG Ham­burg, Urt. v. 26.09.1986 – 1 U 2/85, BeckRS 9998, 57575: Un­zu­läs­sig­keit des Rechts­mit­tels oh­ne Sach­bit­te um ei­ne in der Sa­che güns­ti­ge­re Ent­schei­dung). Al­ler­dings reicht es aus, wenn sich die Sach­bit­te zu­min­dest durch Aus­le­gung der Rechts­mit­tel­be­grün­dungs­schrift fest­stel­len lässt. In­so­weit lag in der Zu­sam­men­schau von An­trag und Be­grün­dung dem Ers­te­ren ein of­fen­sicht­li­ches Schreib­ver­se­hen zu­grun­de, nach­dem der Be­klag­te über meh­re­re Sei­ten da­zu ar­gu­men­tier­te, war­um das land­ge­richt­li­che Ur­teil un­rich­tig sei, und da­mit er­sicht­lich war, dass er in des­sen Ab­än­de­rung mit sei­nem Rechts­mit­tel tat­säch­lich ei­ne Ab­wei­sung der Kla­ge er­streb­te (vgl. zu ei­ner Aus­le­gung von Be­ru­fungs­an­trä­gen bei of­fen­sicht­li­chen Schreib­feh­lern et­wa auch OLG Ko­blenz, Urt. vom 16.09.2019 – 12 U 61/19, ju­ris Rn. 48; OLG Köln, Beschl. v. 17.07.2017 – 22 U 60/16, ju­ris Rn. 2; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 02.09.2010 – 2 U 24/10, ju­ris Rn. 3). Die ent­spre­chend ge­än­der­te An­trag­stel­lung in der münd­li­chen Be­ru­fungs­ver­hand­lung hat­te vor die­sem Hin­ter­grund le­dig­lich de­kla­ra­to­ri­sche Be­deu­tung.

2. Eben­so ge­nügt die Be­ru­fungs­be­grün­dung den An­for­de­run­gen des § 520 III 2 ZPO.

a) Die Be­ru­fungs­be­grün­dung muss da­nach er­ken­nen las­sen, in wel­chen Punk­ten tat­säch­li­cher oder recht­li­cher Art das an­ge­foch­te­ne Ur­teil nach An­sicht des Be­ru­fungs­klä­gers un­rich­tig ist und auf wel­chen Grün­den die­se An­sicht im Ein­zel­nen be­ruht. Die ge­nann­ten Vor­schrif­ten die­nen dem Zweck, ei­ne Klar­stel­lung und Kon­zen­tra­ti­on des Streitstoffs für die Be­ru­fungs­in­stanz zu er­rei­chen. Des­halb muss der Be­ru­fungs­füh­rer mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung klar­stel­len, in wel­chen Punk­ten und mit wel­cher Be­grün­dung er das Be­ru­fungs­ur­teil an­greift. Im Fal­le der un­ein­ge­schränk­ten An­fech­tung muss die Be­ru­fungs­be­grün­dung ge­eig­net sein, das ge­sam­te Ur­teil in­fra­ge zu stel­len (vgl. Zöl­ler/​Heß­ler, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 520 Rn. 33 m. w. Nachw.).

b) Dem wird die Be­grün­dung des Rechts­mit­tels des Be­klag­ten schon in­so­fern ge­recht, als er un­ter an­de­rem ei­ne Nach­bes­se­rungs­auf­for­de­rung als Vor­aus­set­zung ei­nes Rück­tritts des Klä­gers so­wie ei­ne aus­rei­chen­de Rück­tritts­er­klä­rung ver­misst. Zu­dem hat der Be­klag­te die von dem Sach­ver­stän­di­gen an­ge­setz­ten Kos­ten für ei­ne Wie­der­ein­rich­tung der rich­ti­gen Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer (FIN) im Hin­blick auf die für ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags not­wen­di­ge Über­schrei­tung der Ge­ring­fü­gig­keits­schwel­le in­fra­ge ge­stellt, so­weit der Gut­ach­ter ei­ne Wie­der­her­stel­lung des kor­ro­dier­ten Bo­den­blechs, das je­den­falls für sich ge­nom­men dem Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss un­ter­fal­le, in die­sen Auf­wand mit ein­be­zo­gen hat. We­der die Schlüs­sig­keit noch auch nur die Ver­tret­bar­keit der Be­grün­dung sind dar­über hin­aus Vor­aus­set­zung für die Zu­läs­sig­keit des Rechts­mit­tels (vgl. BGH, Beschl. v. 21.05.2003 – VI­II ZB 133/02, ju­ris Rn. 10 m. w. Nachw.).

B. Die Be­ru­fung ist auch be­grün­det, weil die zu­läs­si­ge Kla­ge ih­rer­seits un­be­grün­det ist.

1. Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch ge­gen den Be­klag­ten auf Zah­lung von 13.698,35 €.

Ab­wei­chend von der Be­zif­fe­rung der Haupt­for­de­rung im Kla­ge­an­trag zu 1 mit 13.698,26 € ist von dem ein­gangs ge­nann­ten, um 0,09 € hö­he­ren Be­trag aus­zu­ge­hen, weil nun­mehr um­ge­kehrt der An­ga­be des Klä­gers bei sei­ner An­trags­for­mu­lie­rung ein of­fen­sicht­li­ches Schreib- bzw. Re­chen­ver­se­hen zu­grun­de liegt; so ist ihm hin­sicht­lich des Er­geb­nis­ses der Mul­ti­pli­ka­ti­on der Ki­lo­me­ter für die Fahrt­stre­cke mit der be­tref­fen­den Pau­scha­le in den De­zi­mal­stel­len ein Zah­len­dre­her – 170,01 € statt (rich­tig) 170,10 € – un­ter­lau­fen.

a) Ein An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 13.400 € er­gibt sich für den Klä­ger we­der aus § 433 I 2, §§ 434 I BGB, § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, II, 326 V BGB, §§ 346 I, 349 BGB noch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leis­tungs­kon­dik­ti­on) i. V. mit § 123 I Fall 1, § 142 I BGB.

aa) Der un­strei­tig zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag ist nicht auf­grund ei­nes von dem Klä­ger er­klär­ten und von dem Land­ge­richt aus­schließ­lich ge­prüf­ten Rück­tritts rück­ab­zu­wi­ckeln.

(1) Die in dem Schrift­satz vom 16.05.2014 we­gen der ge­än­der­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer (aus­drück­lich) er­klär­te An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ent­hält zu­gleich ei­nen Rück­tritt, zu­min­dest im We­ge der Um­deu­tung nach § 140 BGB; der Klä­ger hat un­miss­ver­ständ­lich er­ken­nen las­sen, dass er un­ge­ach­tet des ver­wen­de­ten Be­griffs der An­fech­tung den mit dem Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag auf je­den Fall und da­mit un­ter je­dem in Be­tracht kom­men­den recht­li­chen Ge­sichts­punkt rück­ab­ge­wi­ckelt wis­sen woll­te, wo­bei zur wirk­sa­men Er­klä­rung ei­nes Rück­tritts ein Ge­brauch die­ses Wor­tes nicht er­for­der­lich ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 182/08, ju­ris Rn. 15 f. m. w. Nachw.).

(2) Der Klä­ger kann aber zum ei­nen kei­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te auf­grund der un­rich­tig an­ge­zeig­ten Lauf­leis­tung gel­tend ma­chen, auch wenn die­se als Man­gel des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs un­ab­hän­gig da­von ein­zu­ord­nen ist, ob es sich bei ihr um ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit han­delt (vgl. da­zu OLG Köln, Urt. v. 13.03.2007 – 22 U 170/06, ju­ris Rn. 6 f. m. w. Nachw.); es ist näm­lich ein Ver­lust dies­be­züg­li­cher Ge­währ­leis­tungs­rech­te des Klä­gers auf­grund ei­ner Ver­säu­mung sei­ner Rü­ge­ob­lie­gen­hei­ten ge­mäß § 377 I bis III HGB ein­ge­tre­ten.

(a) Der streit­ge­gen­ständ­li­che Kauf­ver­trag war für bei­de Par­tei­en ein Han­dels­ge­schäft i&nbs;S. von §§ 1 I, 343 I HGB, weil es sich bei ih­nen je­weils um ge­werb­li­che Fahr­zeug­händ­ler han­delt und der Er­werb bzw. die Ver­äu­ße­rung von Kraft­fahr­zeu­gen zu dem Be­trieb ih­res Han­dels­ge­wer­bes ge­hört; das Ge­richt hat von Amts we­gen zu prü­fen, ob ei­ne ord­nungs­ge­mäß Män­gel­rü­ge vor­liegt (vgl. Steim­le/​Dor­nie­den, in: Röh­richt/​Graf von West­pha­len/​Haas, HGB, 5. Aufl. [2019], § 377 Rn. 85 m. w. Nachw.).

(b) Ei­ne Rü­ge, wel­che den An­for­de­run­gen des § 377 I bis III HGB ent­sprä­che, ist hin­sicht­lich des un­rich­tig an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stands nicht er­sicht­lich.

(aa) Not­wen­dig ist ei­ne Rü­ge je­des ein­zel­nen Man­gels; die Rü­ge des ei­nen wirkt nicht in Be­zug auf ei­nen an­de­ren (vgl. BGH, Urt. v. 17.12.1997 – VI­II ZR 231/96, ju­ris Rn. 26 m. w. Nachw.). Ne­ben der hin­rei­chend kon­kre­ten Be­zeich­nung der Män­gel muss die Rü­ge er­ken­nen las­sen, dass der Käu­fer von den aus dem Man­gel für ihn her­vor­ge­hen­den Rech­ten Ge­brauch ma­chen will; Er­klä­run­gen oder An­zei­gen ei­nes Drit­ten zu ei­nem Man­gel sind des­halb nicht aus­rei­chend (vgl. OLG Ko­blenz, Urt. v. 04.01.2012 – 5 U 980/11, ju­ris Rn. 10 m. w. Nachw.). Für ei­nen ent­deck­ten Man­gel be­trägt die Rü­ge­frist ein bis zwei Ta­ge (vgl. Ley­ens, in: Baum­bach/​Hopt, HGB, 40. Aufl. [2021], § 377 Rn. 35 m. w. Nachw.), wo­bei ge­mäß § 377 IV HGB die recht­zei­ti­ge Ab­sen­dung der An­zei­ge ge­nügt. Er­füllt der Käu­fer sei­ne Rü­ge­ob­lie­gen­heit nicht oder ver­spä­tet, gilt die Wa­re ge­mäß § 377 II und III Halb­satz 2 HGB als ge­neh­migt und der Käu­fer ver­liert sämt­li­che An­sprü­che, wel­che sich auf­grund der ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen we­gen des (kon­kre­ten) Man­gels er­ge­ben (vgl. Steim­le/​Dor­nie­den, in: Röh­richt/​Graf von West­pha­len/​Haas, a. a. O., § 377 Rn. 68 f. m. w. Nachw.).

(bb) Der von dem Klä­ger zu ei­nem hö­he­ren als dem an­ge­zeig­ten Ki­lo­me­ter­stand vor­ge­leg­te Aus­zug aus der Da­ten­bank des Her­stel­lers des Wa­gens, aus dem er ei­ne un­rich­ti­ge An­zei­ge der Lauf­leis­tung er­kann­te, da­tiert vom 23.04.2014; ei­ne dies­be­züg­li­che Rü­ge geht da­ge­gen erst aus dem über drei Wo­chen spä­ter ge­fer­tig­ten Schrift­satz der jet­zi­gen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers vom 16.05.2014 her­vor, der ei­ne Rück­tritts­er­klä­rung we­gen die­ses Um­stands ent­hält. Es lag da­mit kei­ne i. S. von § 377 I bis III HGB recht­zei­ti­ge Män­gel­rü­ge vor.

(c) Der An­nah­me des Rechts­ver­lusts des Klä­gers be­zo­gen auf sei­ne Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che steht schließ­lich nicht ge­mäß § 377 V HGB ent­ge­gen, dass der Be­klag­te arg­lis­tig ge­han­delt hät­te.

(aa) Im Hin­blick auf ein da­für not­wen­di­ges vor­sätz­li­ches Han­deln des Be­klag­ten ver­weist der Klä­ger schon le­dig­lich auf für je­nen be­ste­hen­de Un­ter­su­chungs­pflich­ten so­wie dar­auf, dass der Be­klag­te we­gen der Ei­gen­schaft des hier be­trof­fe­nen Fahr­zeugs als Dieb­stahls­rück­läu­fer ei­ne hö­he­re Lauf­leis­tung „für mög­lich ge­hal­ten ha­ben müss­te“. Die­sen For­mu­lie­run­gen lässt sich höchs­tens ei­ne Fahr­läs­sig­keit des Be­klag­ten ent­neh­men, ab­ge­se­hen da­von, dass bei dem Al­ter des Wa­gens von fünf­ein­halb Jah­ren ei­ne Lauf­leis­tung von 67.900 km kei­ne Zwei­fel be­grün­den muss­ten, dass ein nach üb­li­chen Maß­stä­ben zu ge­rin­ger Ki­lo­me­ter­stand aus­ge­wie­sen wer­de (vgl. so zu ei­ner durch­schnitt­li­chen Lauf­leis­tung ei­nes „nor­ma­len“ Ge­braucht­fahr­zeugs von 13.000 km/​Jahr auch OLG Köln, Urt. v. 13.03.2007 – 22 U 170/06, ju­ris Rn. 7 m. w. Nachw.).

(bb) Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch die Zu­si­che­rung des Vor­lie­gens oder Feh­lens be­stimm­ter Um­stän­de oh­ne ge­si­cher­te Er­kennt­nis­grund­la­ge „ins Blaue hin­ein“ ist wie­der­um nur an­zu­neh­men, wenn ein Ver­käu­fer ei­ne den Kauf­ge­gen­stand be­tref­fen­de Be­haup­tung oh­ne Hin­weis auf sei­nen be­grenz­ten Kennt­nis­stand in ei­ner Wei­se auf­stellt, dass beim Käu­fer der Ein­druck ver­mit­telt wird, dies ge­sche­he auf der Ba­sis ver­läss­li­cher Er­kennt­nis­se (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64 = ju­ris Rn. 15). Der­ar­ti­ge Um­stän­de lie­gen hier des­halb nicht vor, weil die Er­klä­rung des Be­klag­ten im schrift­li­chen Kauf­ver­trag zu dem aus­ge­wie­se­nen Ki­lo­me­ter­stand mit dem ein­schrän­ken­den Zu­satz „so­weit ihm be­kannt“ ver­se­hen ist.

(3) Zum an­de­ren mag auch die Ver­än­de­rung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ei­nen Sach­man­gel aus­ma­chen, weil ih­rer Au­then­ti­zi­tät im deut­schen Fahr­zeug­han­del ei­ne maß­geb­li­che Be­deu­tung in­so­fern zu­kommt, als die­se Kenn­zeich­nung in Ver­bin­dung mit den Fahr­zeug­pa­pie­ren dem Nach­weis der Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se dient; um­ge­kehrt deu­tet die Ver­än­de­rung der ur­sprüng­lich ein­ge­präg­ten Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer re­gel­mä­ßig dar­auf hin, dass das Fahr­zeug ge­stoh­len wur­de (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 09.04.2015 – 28 U 207/13, ju­ris Rn. 73 m. w. Nachw.). Ge­währ­leis­tungs­rech­te des Klä­gers sind in die­sem Zu­sam­men­hang al­ler­dings ge­mäß § 442 I 2 BGB aus­ge­schlos­sen.

(a) Zwar fin­den sich kein An­ge­bot ei­nes un­mit­tel­ba­ren Be­wei­ses oder auch nur ei­ne di­rek­te Be­haup­tung des in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­gen Be­klag­ten (vgl. Pa­landt/​Wei­den­kaff, BGB, 80. Aufl. [2021], § 442 Rn. 6 m. w. Nachw.) da­hin ge­hend, dass der von dem Klä­ger zur Ab­ho­lung des Fahr­zeugs ent­sand­te Mit­ar­bei­ter die Ver­fäl­schung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer vor dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags i. S. von § 442 I 1 BGB er­kannt hät­te. Zwi­schen den Par­tei­en ist al­lein die von dem Be­klag­ten mehr­fach in Be­zug ge­nom­me­ne Dau­er der Un­ter­su­chung des Au­tos durch den be­tref­fen­den Mit­ar­bei­ter strei­tig. Un­ab­hän­gig da­von, ob die­se nun le­dig­lich ei­ne Vier­tel­stun­de oder doch zwei Stun­den ge­dau­ert hat, lässt sich dar­aus in kei­nem Fall auch nur im We­ge ei­nes In­di­zes mit hö­he­rer Wahr­schein­lich­keit ein Schluss dar­auf zie­hen, dass die ver­än­der­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer da­bei ent­deckt wor­den ist und der Klä­ger den Man­gel in der Fol­ge bei Ver­trags­schluss po­si­tiv ge­kannt hat.

(b) Die Ver­fäl­schung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ist dem Klä­ger dann je­doch nach § 442 I 2 BGB we­gen gro­ber Fahr­läs­sig­keit un­be­kannt ge­blie­ben, oh­ne dass der Be­klag­te den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen oder ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit des Pkw ab­ge­ge­ben hät­te.

(aa) Grob fahr­läs­sig han­delt der Käu­fer, wenn er die ver­kehrs­er­for­der­li­che Sorg­falt in ei­nem un­ge­wöhn­lich ho­hen Maß ver­letzt und das­je­ni­ge un­be­ach­tet lässt, was im ge­ge­be­nen Fall je­dem hät­te ein­leuch­ten müs­sen.

[1] Der Käu­fer ist da­bei prin­zi­pi­ell nicht zu ei­ner Un­ter­su­chung der Kauf­sa­che oder gar zur Zu­zie­hung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen ver­pflich­tet; das gilt auch bei ei­nem Han­dels­kauf, weil § 377 HGB ei­ne Un­ter­su­chung erst un­ver­züg­lich nach der Ab­lie­fe­rung vor­sieht. In der Aus­nah­me von die­sem Grund­satz muss der Käu­fer je­doch Er­kun­di­gun­gen ein­zie­hen, wenn die Um­stän­de des Falls ihn zu be­son­de­rer Vor­sicht mah­nen oder wenn er über ei­ne be­son­de­re Sach­kun­de ver­fügt. Wird der Käu­fer dar­über hin­aus durch den Ver­käu­fer oder ei­nen Drit­ten auf ei­nen Man­gel hin­ge­wie­sen, be­grün­det dies in der Re­gel be­reits Kennt­nis des Man­gels i. S. von § 442 I 1 BGB. Je­den­falls ist es aber als grob< fahr­läs­sig an­zu­se­hen, wenn der Käu­fer dem Hin­weis dann nicht durch ei­ne ei­ge­ne Un­ter­su­chung des Kauf­ge­gen­stands oder an­der­wei­ti­ge In­for­ma­ti­ons­be­schaf­fung nach­geht; denn ein aus­drück­li­cher Hin­weis auf ei­ne Man­gel­haf­tig­keit ist als be­son­de­rer Um­stand an­zu­se­hen, der dem Käu­fer An­lass zu ei­ner ei­gen­stän­di­gen Über­prü­fung gibt und da­mit ei­ne ent­spre­chen­de Sorg­falts­pflicht aus­löst, de­ren Ver­let­zung den Vor­wurf gro­ber Fahr­läs­sig­keit recht­fer­tigt (vgl. Be­ckOK-BGB/​Faust, Stand: 01.02.2021, § 442 Rn. 22 f.; BeckOGK/​Stö­ber, Stand: 01.08.2018, § 442 BGB Rn. 29, je­weils m. w. Nachw.).

[2] Nach die­sen Maß­stä­ben kann hier nicht au­ßer Acht ge­las­sen wer­den, dass der Be­klag­te dem Klä­ger je­den­falls of­fen­ge­legt hat, dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Au­to um ei­nen Dieb­stahls­rück­läu­fer han­de­le, und es sich bei Letz­te­rem um ei­nen ge­werb­li­chen Kraft­fahr­zeug­händ­ler han­delt, der über er­höh­te Fach­kennt­nis­se hin­sicht­lich da­mit ver­bun­de­ner Ri­si­ken ver­fügt. Dies muss­te für ihn ei­ne Über­prü­fung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer un­ab­hän­gig da­von na­he­le­gen, mit wel­cher (strei­ti­gen) Häu­fig­keit sol­che Ver­fäl­schun­gen bei ge­stoh­le­nen Fahr­zeu­gen auf­tre­ten; be­reits all­ge­mein lässt sich sa­gen, dass bei Sa­chen, die be­son­ders dem Ri­si­ko des Dieb­stahls aus­ge­setzt sind oder – wie hier – be­kann­ter­ma­ßen schon Ob­jekt ei­nes sol­chen wa­ren, ei­ne Pflicht zu be­ja­hen ist, je­den­falls un­mit­tel­bar vor ei­nem Ver­trags­schluss Er­kun­di­gun­gen ein­zu­zie­hen (vgl. so zu Prü­fungs­pflich­ten des Ver­käu­fers auch OLG Karls­ru­he, Urt. v. 14.09.2004 – 8 U 97/04, ju­ris Rn. 63 ff.: Wird ein Ge­braucht­fahr­zeug au­ßer­halb der „of­fi­zi­el­len“ Ver­triebs­we­ge [dort: auf­grund ei­nes An­ge­bots im In­ter­net] er­wor­ben, ist es ei­nem ge­werb­li­chen Kraft­fahr­zeug­händ­ler we­gen des ho­hen Dieb­stahls­ri­si­kos zu­mut­bar, Er­kun­di­gun­gen über die Her­kunft des Fahr­zeugs ein­zu­ho­len; im Rah­men die­ser Prü­fung ist die im Fahr­zeug­brief ver­merk­te Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer mit der im Fahr­zeug ein­ge­schla­ge­nen Num­mer zu ver­glei­chen.). Hat der Klä­ger der­ar­ti­ge Un­ter­su­chungs­schrit­te un­ter­las­sen, recht­fer­tigt dies den Vor­wurf gro­ber Fahr­läs­sig­keit.

(bb) Wäh­rend ei­ne von dem Be­klag­ten ab­ge­ge­be­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie von vorn­her­ein nicht im Raum steht, fehlt es eben­so an den Vor­aus­set­zun­gen ei­nes arg­lis­ti­gen Han­delns des Be­klag­ten, wel­ches ei­nem zu sei­nen Guns­ten ein­grei­fen­den Haf­tungs­aus­schluss ent­ge­gen­stün­de.

[1] Ei­ne Täu­schung durch arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen be­dingt das Be­ste­hen ei­ner Auf­klä­rungs- be­zie­hungs­wei­se Of­fen­ba­rungs­pflicht hin­sicht­lich der frag­li­chen Tat­sa­che. Ent­schei­dend da­für ist, ob der an­de­re Teil nach Treu und Glau­ben un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung im Ein­zel­fall red­li­cher­wei­se ei­ne Auf­klä­rung über den ver­schwie­ge­nen Um­stand er­war­ten durf­te; ins­be­son­de­re ist über sol­che Um­stän­de auf­zu­klä­ren, die nur der ei­ne Ver­trags­teil kennt und von de­nen er weiß oder wis­sen muss, dass sie für den an­de­ren Teil von we­sent­li­cher Be­deu­tung sind, et­wa weil sie den Ver­trags­zweck ver­ei­teln kön­nen. Ei­ne sol­che Of­fen­ba­rungs­pflicht setzt mit­hin ein er­kenn­ba­res In­for­ma­ti­ons­ge­fäl­le zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en vor­aus, wel­ches bei ei­nem in Ge­schäf­ten der in Re­de ste­hen­den Art er­fah­re­nen, sach- und ge­schäfts­kun­di­gen Ver­trags­part­ner in An­se­hung ge­schäfts­ty­pi­scher Ri­si­ken feh­len kann. Zu­dem ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass grund­sätz­lich der­je­ni­ge, der ei­nen Ver­trag schließt, sei­ne In­ter­es­sen selbst wahr­zu­neh­men und sich dar­über zu ver­ge­wis­sern hat, ob das Ge­schäft für ihn von Vor­teil ist oder nicht (vgl. Be­ckOK-BGB/​Wendt­land, Stand: 01.02.2021, § 123 Rn. 11 m. w. Nachw.); der Käu­fer kann da­nach bei­spiels­wei­se kei­ne Auf­klä­rung über Män­gel er­war­ten, die ei­ner Be­sich­ti­gung zu­gäng­lich und da­mit er­kenn­bar sind, weil er sol­che Män­gel bei der im ei­ge­nen In­ter­es­se ge­bo­te­nen Sorg­falt selbst wahr­neh­men kann (vgl. BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30 = ju­ris Rn. 17 m. w. Nachw.). Zu­sam­men­ge­fasst er­stre­cken sich die Auf­klä­rungs­pflich­ten ei­ner Ver­trags­par­tei folg­lich nicht auch noch auf die letz­te Ein­zel­heit oder Kon­se­quenz aus den mit­ge­teil­ten In­for­ma­tio­nen, wel­che für die Ent­schei­dung der an­de­ren zum Ver­trags­schluss re­le­vant wer­den kann und auf die grund­sätz­lich eben­falls noch (er­gän­zend) hät­te hin­ge­wie­sen wer­den kön­nen; sie ge­hen viel­mehr nur so weit, dass dem Ver­trags­geg­ner auf­grund der er­teil­ten Aus­künf­te ei­ne aus­rei­chen­de Wah­rung sei­ner In­ter­es­sen zu­min­dest mög­lich ist. An­ders ge­sagt dient der Arg­list­vor­wurf nicht als Sank­ti­on im Hin­blick auf die Ein­hal­tung schon ei­ner viel­leicht so ver­stan­de­nen ge­schäft­li­chen Eti­ket­te, son­dern viel­mehr erst der Ver­hin­de­rung ei­ner von dem Ge­schäfts­part­ner an­sons­ten nicht ab­wend­ba­ren Be­ein­träch­ti­gung sei­ner In­ter­es­sen.

[2] Nach die­sen Vor­ga­ben stellt die Ver­än­de­rung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer an ei­nem Pkw, der Ge­gen­stand ei­nes Dieb­stahls war, we­gen der ein­gangs un­ter (3) er­läu­ter­ten Be­deut­sam­keit für den Nach­weis der Ei­gen­tums­ver­hält­nis­se ei­ner­seits ei­nen für die Ent­schei­dung des Kauf­in­ter­es­sen­ten zum Ver­trags­ab­schluss durch­aus maß­geb­li­chen Um­stand dar. An­de­rer­seits kann bei der Be­ur­tei­lung ei­nes In­for­ma­ti­ons­ge­fäl­les zwi­schen den hier be­tei­lig­ten Par­tei­en er­neut nicht au­ßer Acht ge­las­sen wer­den, dass der Klä­ger (eben­falls) als ge­werb­li­cher Fahr­zeug­händ­ler tä­tig ist. Als sol­cher war er auf­grund sei­ner Fach­kennt­nis­se auf An­ga­ben des Be­klag­ten als Ver­käu­fer nicht in dem Um­fang an­ge­wie­sen, wie dies bei dem pri­va­ten Kun­den ei­nes Ge­braucht­wa­gen­händ­lers der Fall ge­we­sen wä­re. Der Kraft­fahr­zeug­händ­ler muss zwar nicht von vorn­her­ein mit ei­nem un­red­li­chen Ver­hal­ten sei­nes Ver­trags­part­ners rech­nen; er kann aber des­sen In­for­ma­tio­nen et­wa durch sei­ne sach­ver­stän­di­ge Kon­trol­le und ge­ziel­te Rück­fra­ge auf ih­ren Wahr­heits­ge­halt über­prü­fen (vgl. OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 13.06.2000 – 4 U 733/99, ju­ris Rn. 7 m. w. Nachw., zum Um­fang der Auf­klä­rungs­pflich­ten hin­sicht­lich des Aus­ma­ßes ei­nes un­fall­be­ding­ten Vor­scha­dens so­wie der zur In­stand­set­zung er­for­der­li­chen Ar­bei­ten).

Im vor­lie­gen­den Fall hat der Be­klag­te sei­ner ge­gen­über dem Klä­ger be­ste­hen­den Auf­klä­rungs­pflicht un­ter die­sem Blick­win­kel da­her be­reits da­durch ge­nügt, dass er ihm je­den­falls mit­teil­te, dass es sich bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Wa­gen um ei­nen Dieb­stahls­rück­läu­fer han­delt, und ihm vor ei­ner Be­sich­ti­gung des Au­tos und dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags die zu­tref­fen­de Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer über­mit­tel­te. Letz­te­res ist zu­min­dest in­so­fern zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, als der Klä­ger sich die An­ga­be auf sei­nem Aus­druck der In­ter­net­an­zei­ge des Be­klag­ten no­tier­te; dar­auf, ob nach den ge­gen­läu­fi­gen Be­haup­tun­gen die Fahr­zeug­un­ter­la­gen selbst schon vor­ab über­sandt oder erst nach der Ver­trags­un­ter­zeich­nung über­ge­ben wur­den, kommt es da­mit nicht an. Dem Klä­ger war da­mit die Mög­lich­keit er­öff­net, bei dem Be­klag­ten kon­kret zu (al­len) Um­stän­den nach­zu­fra­gen, die mit der in der Ver­gan­gen­heit er­folg­ten Ent­wen­dung des Pkw im Zu­sam­men­hang ste­hen konn­ten, und das Fahr­zeug ei­ner dar­auf ge­rich­te­ten Un­ter­su­chung zu un­ter­zie­hen.

[a] Von der ers­te­ren Mög­lich­keit hat der Klä­ger kei­nen Ge­brauch ge­macht, was nicht zu­las­ten des Be­klag­ten ge­hen kann, son­dern dem Klä­ger im Hin­blick auf die ihm ob­lie­gen­de Wahr­neh­mung ei­ge­ner In­ter­es­sen zu­zu­rech­nen ist.

[b] Statt­des­sen hat er sei­nen zu dem Be­klag­ten ent­sand­ten Mit­ar­bei­ter nach des­sen Zeu­gen­aus­sa­ge et­wa zu ei­ner Prü­fung an­ge­wie­sen, ob an dem Au­to das Schloss ge­sto­chen sei oder sons­ti­ge Be­schä­di­gun­gen sicht­bar sei­en; der Klä­ger hat sich be­reits zu da­hin ge­hen­den Un­ter­su­chun­gen ver­an­lasst ge­se­hen, ob­wohl nach sei­ner Auf­fas­sung we­gen der Mit­tei­lung ei­nes (blo­ßen) vor­an­ge­gan­ge­nen Dieb­stahls des Wa­gens und der recht­li­chen Ab­gren­zung zu dem da­von un­ab­hän­gi­gen Tat­be­stand ei­ner Sach­be­schä­di­gung kein zwin­gen­des In­diz (auch) für ei­ne sol­che an­zu­neh­men ge­we­sen sei. In glei­cher Wei­se muss­te da­nach bei dem Klä­ger als ge­werb­li­chem Au­to­händ­ler dar­über hin­aus ei­ne Prü­fung da­zu na­he­lie­gen, ob es zu ei­ner Ver­än­de­rung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ge­kom­men war; denn un­ab­hän­gig da­von, ob der­ar­ti­ges bei ge­stoh­le­nen Au­tos ei­ne Aus­nah­me dar­stellt, in den Krei­sen des Klä­gers an sei­nem Ge­schäfts­sitz nicht üb­lich ist oder bei der Hälf­te der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge vor­kommt, muss­te dem Klä­ger auf­grund sei­ner Fach­kennt­nis­se zu­min­dest ei­ne sol­che Mög­lich­keit ge­wär­tig sein. Hat er be­zie­hungs­wei­se sein Mit­ar­bei­ter den­noch ei­ne Prü­fung in die­ser Hin­sicht vor dem Ver­trags­schluss un­ter­las­sen, geht dies eben­falls zu sei­nem Nach­teil (an­ders im Er­geb­nis auch nicht OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 23.07.1999 – 22 U 21/99, ju­ris Rn. 14, nach­dem dort of­fen­bar kei­ne Auf­klä­rung da­zu er­folgt war, dass das Fahr­zeug in der Ver­gan­gen­heit über­haupt ein­mal Ge­gen­stand ei­nes Dieb­stahls war).

[aa] Ist der Of­fen­ba­rungs- und Auf­klä­rungs­pflicht des Ver­käu­fers im Hin­blick auf den Aus­schluss ei­nes arg­lis­ti­gen Vor­ge­hens ge­nügt, wenn auf­grund der er­teil­ten In­for­ma­tio­nen Män­gel „ei­ner Be­sich­ti­gung zu­gäng­lich be­zie­hungs­wei­se oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar“ oder „bei ge­nau­er Be­sich­ti­gung oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar“ sind (vgl. so die vom Klä­ger selbst an­ge­führ­ten Ent­schei­dun­gen: BGH, Urt. v. 08.04.1994 – V ZR 178/92, ju­ris Rn. 13; Urt. v. 16.06.1989 – V ZR 74/88, ju­ris Rn. 17; Her­vor­he­bun­gen durch den Se­nat), be­dingt dies im Üb­ri­gen eben nicht, dass es sich be­reits um sol­che Feh­ler han­delt, wel­che sich schon oh­ne nä­he­re Nach­schau als völ­lig of­fen­sicht­lich auf­drän­gen (vgl. hier­zu ins­be­son­de­re auch BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, ju­ris Rn. 17 m. w. Nachw., wo ei­ne Arg­list nicht von vorn­her­ein des­halb be­jaht wur­de, weil an­ge­sichts auf ei­nem zu ver­kau­fen­den Grund­stück noch vor­han­de­ner und be­sich­tig­ter An­la­gen so­wie der Be­zeich­nung des Ver­kaufs­ob­jekts als Sä­ge- und Im­prä­gnier­werk im No­tar­an­ge­bot ein Hin­weis auf die vor­han­de­nen Alt­las­ten un­ter­blie­ben war).

[bb] Dass die Ver­fäl­schung der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer der Be­sich­ti­gung zu­gäng­lich und er­kenn­bar und das Er­for­der­nis ei­ner da­hin ge­hen­den Kon­trol­le nicht gänz­lich ab­we­gig war, er­gibt sich nicht zu­letzt aus der prak­tisch un­mit­tel­ba­ren Re­kla­ma­ti­on durch den Mit­ar­bei­ter des Klä­gers auf­grund ei­nes Ab­gleichs mit den Fahr­zeug­un­ter­la­gen noch vor dem Ver­las­sen des Be­triebs­ge­län­des des Be­klag­ten.

bb) Eben­so we­nig greift nach den Aus­füh­run­gen zu­vor un­ter aa (2 c) und (3 b bb) die von dem Klä­ger (aus­drück­lich) er­klär­te An­fech­tung des Ver­trags we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ge­mäß § 123 I Fall 1 BGB durch.

b) Man­gels ei­ner Ge­währ­leis­tungs­haf­tung des Be­klag­ten ist ein An­spruch des Klä­gers auf Er­satz nutz­lo­ser Auf­wen­dun­gen für Fahrt- und Per­so­nal­kos­ten im Zu­sam­men­hang mit der Ab­ho­lung des von dem Be­klag­ten er­wor­be­nen Au­tos in (un­strei­ti­ger) Hö­he von (170,10 € + 128,25 € =) 298,35 € ge­mäß § 433 I 2, §§ 434 I, 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB nicht ge­ge­ben.

2. Mit der Haupt­for­de­rung ent­fal­len zu­dem An­sprü­che des Klä­gers auf die von ihm gel­tend ge­mach­ten Ne­ben­for­de­run­gen, weil Letz­te­re von dem Be­ste­hen Ers­te­rer ab­hän­gig sind.

3. Oh­ne die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­trags ist ab­schlie­ßend kein An­nah­me­ver­zug des Be­klag­ten be­zo­gen auf die Rück­nah­me des von ihm an den Klä­ger ver­äu­ßer­ten Wa­gens fest­zu­stel­len. …

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