1. De­likt­szin­sen nach § 849 BGB kön­nen nicht ver­langt wer­den, wenn der Ge­schä­dig­te für die Hin­ga­be sei­nes Gel­des im We­ge des Leis­tungs­aus­tauschs ei­ne in tat­säch­li­cher Hin­sicht voll nutz­ba­re Ge­gen­leis­tung er­hält. In die­sem Fall kom­pen­siert die tat­säch­li­che Nutz­bar­keit der Ge­gen­leis­tung die Nut­zungs­mög­lich­keit des Gel­des.
  2. Zu den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner auf den Er­satz künf­ti­ger Schä­den ge­rich­te­ten Fest­stel­lung bei ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch aus § 826 BGB (hier: VW-Die­sel-Fäl­le).

BGH, Ur­teil vom 30.07.2020 – VI ZR 397/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Volks­wa­gen Zen­trum O-GmbH mit Kauf­ver­trag vom 01.08.2014 ei­nen ge­brauch­ten, von der Be­klag­ten her­ge­stell­ten VW Golf VI 1.6 TDI mit ei­ner Lauf­leis­tung von 23.085 km. In dem Fahr­zeug ist ein Die­sel­mo­tor des Typs EA189 ver­baut, des­sen Mo­tor­steue­rungs­soft­ware er­kann­te, ob das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nem Emis­si­ons­test un­ter­zo­gen wird. In die­sem Fall schal­te­te der Mo­tor in ei­nen spe­zi­el­len Mo­dus zur Re­duk­ti­on der Stick­oxid­emis­sio­nen (Mo­dus 1). Im nor­ma­len Fahr­be­trieb au­ßer­halb des Prüf­stands wur­de der Mo­tor da­ge­gen im Mo­dus 0 be­trie­ben, in dem die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te ge­rin­ger und der Stick­oxid­aus­stoß hö­her war. Für das Fahr­zeug wur­de ei­ne Typ­ge­neh­mi­gung nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 er­teilt. Maß­geb­lich hier­für wa­ren die Emis­sio­nen auf dem Prüf­stand. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt wer­te­te die be­sag­te Soft­ware nach de­ren Be­kannt­wer­den als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung und gab der Be­klag­ten im Ok­to­ber 2015 auf, die­se zu be­sei­ti­gen und die Er­fül­lung der ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen an­der­wei­tig zu ge­währ­leis­ten. Die Be­klag­te ent­wi­ckel­te dar­auf­hin ein Soft­ware­up­date, das die Klä­ge­rin im Jahr 2017 in­stal­lie­ren ließ.

Mit Schrei­ben vom 23.04.2018 bot die Klä­ge­rin der Be­klag­ten die Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs Zug um Zug ge­gen Er­stat­tung des Kauf­prei­ses un­ter An­rech­nung von Nut­zungs­vor­tei­len an. Die Be­klag­te lehn­te dies mit Schrei­ben vom 02.05.2018 ab.

Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin zu­letzt die Er­stat­tung des von ihr ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 15.888 € nebst Zin­sen in Hö­he von jähr­lich 4 % für die Zeit vom 04.08.2014 bis zum Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit so­wie in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit Rechts­hän­gig­keit Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs ver­langt. Dar­über hin­aus hat die Klä­ge­rin die Fest­stel­lun­gen be­gehrt, dass die Be­klag­te ihr sämt­li­che wei­te­ren Schä­den, die aus dem Er­werb des Fahr­zeugs re­sul­tier­ten, zu er­set­zen ha­be und dass die Be­klag­te sich mit der Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Schließ­lich hat die Klä­ge­rin die Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­langt.

Das Land­ge­richt hat der Kla­ge hin­sicht­lich des Zah­lungs­an­trags in Hö­he von 7.138,94 € ab­züg­lich ei­nes Be­trags für die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ab dem 26.05.2018 in Hö­he von 0,09 € pro Ki­lo­me­ter mul­ti­pli­ziert mit der An­zahl der ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter ge­mäß Ta­chostand im Zeit­punkt der Rück­ga­be zu­züg­lich Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 7.138,94 € seit dem 02.05.2018 statt­ge­ge­ben und fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, der Klä­ge­rin sämt­li­che wei­te­ren Schä­den aus dem Fahr­zeu­ger­werb zu er­set­zen, und mit der Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug ist. Im Üb­ri­gen hat es die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­klag­te auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin – un­ter Zu­rück­wei­sung der wei­ter­ge­hen­den Be­ru­fung der Klä­ge­rin so­wie der Be­ru­fung der Be­klag­ten – un­ter teil­wei­ser Ab­än­de­rung des land­ge­richt­li­chen Ur­teils zur Zah­lung von 3.005,98 € nebst Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 16.06.2018 so­wie wei­te­rer Zin­sen für die Zeit vom Au­gust 2014 bis Mai 2018 in Hö­he von 1.818,45 € ver­ur­teilt.

Mit ih­ren Re­vi­sio­nen ver­folg­ten die Klä­ge­rin ih­ren Kla­ge­an­trag, so­weit er ab­ge­wie­sen wur­de, und die Be­klag­te den An­trag auf voll­stän­di­ge Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter. Bei­de Rechts­mit­tel hat­ten (nur) zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: [5]    A. Das Be­ru­fungs­ge­richt, des­sen Ur­teil bei ju­ris und un­ter BeckRS 2019, 23205 ver­öf­fent­licht ist, hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

[6]    Zu Recht ha­be das Land­ge­richt der Klä­ge­rin Scha­dens­er­satz aus § 826 BGB zu­ge­spro­chen. Die Be­klag­te ha­be die Klä­ge­rin sit­ten­wid­rig vor­sätz­lich ge­schä­digt, in­dem sie den Mo­tor EA189 mit der ver­bo­te­nen Ab­schalt­ein­rich­tung kon­zi­piert und her­ge­stellt ha­be, der im ver­kauf­ten Fahr­zeug der Klä­ge­rin ver­baut wor­den sei. Der Scha­den der Klä­ge­rin lie­ge be­reits in der Be­las­tung mit ei­ner un­ge­woll­ten Ver­bind­lich­keit, weil sie von der Be­klag­ten durch Täu­schung ver­an­lasst wor­den sei, ei­nen Kauf­ver­trag über ein Fahr­zeug ab­zu­schlie­ßen, den sie bei Kennt­nis der Sach­la­ge nicht ab­ge­schlos­sen hät­te. Die Be­klag­te ha­be vor­sätz­lich ge­han­delt. Der (Be­ru­fungs-)Se­nat sei da­von über­zeugt, dass die zu­stän­di­gen Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten bei der Kon­zep­ti­on der Ab­schalt­ein­rich­tung, der un­ter­blie­be­nen Of­fen­ba­rung die­ser Ein­rich­tung und hin­sicht­lich des Um­stands, dass End­ver­brau­cher ein mit ei­ner sol­chen Ab­schalt­ein­rich­tung ver­se­he­nes Au­to im Fal­le der Kennt­nis re­gel­mä­ßig nicht kau­fen wür­den, vor­sätz­lich ge­han­delt hät­ten. Auch sei­en die ent­spre­chen­den Hand­lun­gen mit Wis­sen und Wol­len der or­gan­schaft­li­chen Ver­tre­ter be­gan­gen wor­den; denn je­den­falls er­wei­se sich die Ar­gu­men­ta­ti­on des Land­ge­richts, die Be­klag­te tref­fe ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last zu den Ver­ant­wort­lich­kei­ten, der sie nicht ge­nügt ha­be, als trag­fä­hig. Schließ­lich stün­den dem grund­sätz­lich auf Er­stat­tung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs ge­rich­te­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin we­der Schutz­zweck­über­le­gun­gen noch der Um­stand ent­ge­gen, dass der Klä­ge­rin ge­gen die Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs mög­li­cher­wei­se Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che zu­stün­den. Eben­so we­nig ent­fal­le der Ver­mö­gens­scha­den durch das spä­te­re Auf­spie­len des Soft­ware­up­dates. Al­ler­dings müs­se sich die Klä­ge­rin im We­ge des Vor­teils­aus­gleichs die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen an­rech­nen las­sen, die bei ei­ner an­ge­nom­me­nen Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km, ei­nem Ki­lo­me­ter­stand bei Kauf von 23.085, ei­nem Kauf­preis von 15.888 € und ei­nem Ki­lo­me­ter­stand zum Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung von 143.443 mit 12.882,02 € zu be­wer­ten sei­en.

[7]    Wei­ter sei der von der Klä­ge­rin ge­zahl­te Kauf­preis ge­mäß § 849 BGB zu ver­zin­sen, wes­halb der Klä­ge­rin für die Zeit ab Weg­ga­be des Gel­des bis zum Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit, näm­lich von Au­gust 2014 bis Mai 2018, ein Zins­an­spruch von ins­ge­samt 1.818,45 € zu­ste­he.

[8]    Au­ßer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten kön­ne die Klä­ge­rin in­des nicht gel­tend ma­chen. Bei dem vor­pro­zes­sua­len Schrei­ben vom 23.04.2018, mit der die Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung bis zum 30.04.2018 zur Leis­tung auf­ge­for­dert hät­ten, hand­le es sich aus­schließ­lich um ei­ne mit Blick auf § 93 ZPO die Kla­ge vor­be­rei­ten­de Mah­nung. Die Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin, die ei­ne Mehr­zahl von Käu­fern ver­trä­ten, hät­ten – so das Be­ru­fungs­ge­richt – wis­sen müs­sen, dass die Be­klag­te au­ßer­pro­zes­su­al nicht leis­tungs­be­reit ge­we­sen sei. Ei­ne über die Kla­ge­vor­be­rei­tung hin­aus­ge­hen­de Tä­tig­keit sei des­halb nicht er­kenn­bar und wä­re je­den­falls we­gen er­sicht­li­cher Er­folg­lo­sig­keit nicht er­stat­tungs­fä­hig.

[9]    B. I. Die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on der Be­klag­ten hat nur in­so­weit Er­folg, als sie sich ge­gen die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Zah­lung so­ge­nann­ter De­likt­szin­sen (2) so­wie die Fest­stel­lung der Pflicht der Be­klag­ten zum Er­satz künf­ti­ger Schä­den (3) und die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs (4) wen­det. Im Üb­ri­gen bleibt sie oh­ne Er­folg (1).

[10]   1. Kei­nen Er­folg hat die Re­vi­si­on der Be­klag­ten, so­weit sie sich ge­gen die Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Er­stat­tung des von der Klä­ge­rin ge­zahl­ten, um die Nut­zungs­vor­tei­le ver­min­der­ten Kauf­prei­ses wen­det. Dem Be­ru­fungs­ge­richt sind in­so­weit kei­ne Rechts­feh­ler zum Nach­teil der Be­klag­ten un­ter­lau­fen.

[11]   a) Wie der er­ken­nen­de Se­nat mit Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 16 ff. – be­reits ent­schie­den hat, han­delt es sich bei der nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts auch im Streit­fall von der Be­klag­ten ver­bau­ten Mo­tor­steue­rungs­soft­ware um ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung nach Art. 5 II 1 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge (Abl. 2007 L 171, 1 ff.). Das auf der Grund­la­ge ei­ner stra­te­gi­schen un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dung un­ter be­wuss­ter Miss­ach­tung ge­sund­heits- und um­welt­schüt­zen­der Rechts­vor­schrif­ten er­fol­gen­de fort­ge­setz­te Her­stel­len und In­ver­kehr­brin­gen der­art be­makel­ter, von ei­ner Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung be­droh­ter Fahr­zeu­ge, de­ren Typ­ge­neh­mi­gung durch ei­ne Täu­schung der zu­stän­di­gen Be­hör­de er­schli­chen wor­den war, stellt im Ver­hält­nis zu den arg­lo­sen Fahr­zeug­käu­fern ein ob­jek­tiv sit­ten­wid­ri­ges Ver­hal­ten i. S. von § 826 BGB dar; es steht ei­ner un­mit­tel­ba­ren arg­lis­ti­gen Täu­schung der Käu­fer wer­tungs­mä­ßig gleich.

[12]   Die­ses das Ver­hal­ten der Be­klag­ten be­tref­fen­de Sit­ten­wid­rig­keits­ur­teil wird auch im Streit­fall in Be­zug auf die Schä­di­gung der arg­lo­sen Klä­ge­rin von den re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­den Fest­stel­lun­gen im Be­ru­fungs­ur­teil ge­tra­gen. Ins­be­son­de­re ha­ben die für die Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on ver­ant­wort­li­chen Per­so­nen der Be­klag­ten nach den re­vi­si­ons­recht­lich hin­zu­neh­men­den Fest­stel­lun­gen mit der Ab­schalt­vor­rich­tung ein Sys­tem zur plan­mä­ßi­gen Ver­schleie­rung ih­res Vor­ge­hens ge­gen­über den Auf­sichts­be­hör­den und den Ver­brau­chern ge­schaf­fen, um sich in­so­weit ei­nen Wett­be­werbs­vor­teil zu ver­schaf­fen, weil man ent­we­der noch nicht über ei­ne Tech­nik ver­füg­te, um die ge­setz­li­chen Ab­gas­vor­schrif­ten ein­zu­hal­ten, oder weil man aus Ge­winn­stre­ben die Ent­wick­lung und den Ein­bau der not­wen­di­gen Vor­rich­tun­gen un­ter­ließ.

[13]   b) Das be­sag­te sit­ten­wid­ri­ge Ver­hal­ten ist der Be­klag­ten ge­mäß § 31 BGB zu­zu­rech­nen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat rechts­feh­ler­frei fest­ge­stellt, dass die frag­li­chen Hand­lun­gen mit Wis­sen und Wol­len der or­gan­schaft­li­chen Ver­tre­ter der Be­klag­ten be­gan­gen wur­den. Zu Recht ist es da­bei da­von aus­ge­gan­gen, die Be­klag­te tref­fe in­so­weit ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last, der sie nicht ge­nügt ha­be.

[14]   aa) Im Ur­teil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 39 – hat der er­ken­nen­de Se­nat aus­ge­führt, der Um­stand, dass es sich bei der Ver­wen­dung ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung um ei­ne grund­le­gen­de, welt­weit al­le Fahr­zeu­ge mit Mo­to­ren der Se­rie EA189 be­tref­fen­de Stra­te­gie­ent­schei­dung han­del­te, die mit er­heb­li­chen Ri­si­ken für den ge­sam­ten Kon­zern und auch mit per­sön­li­chen Haf­tungs­ri­si­ken für die ent­schei­den­den Per­so­nen ver­bun­den war, so­wie die Be­deu­tung ge­setz­li­cher Grenz­wer­te und der tech­ni­schen und wirt­schaft­li­chen Mög­lich­kei­ten ih­rer Ein­hal­tung für die Ge­schäfts­tä­tig­keit der Be­klag­ten stell­ten für die An­nah­me ei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last hin­rei­chen­de An­halts­punk­te für ei­ne Kennt­nis des Vor­stan­des dar. We­gen der be­son­de­ren Schwie­rig­kei­ten des (dor­ti­gen) Klä­gers, kon­kre­te Tat­sa­chen dar­zu­le­gen, aus de­nen sich die Kennt­nis ei­nes be­stimm­ten Vor­stands­mit­glieds er­ge­be, ha­be das (dor­ti­ge) Be­ru­fungs­ge­richt die Ein­las­sung der Be­klag­ten, nach dem der­zei­ti­gen Er­mitt­lungs­stand lä­gen kei­ne Er­kennt­nis­se da­für vor, dass ei­nes ih­rer Vor­stands­mit­glie­der im Sin­ne des Ak­ti­en­rechts an der Ent­wick­lung der Soft­ware be­tei­ligt ge­we­sen sei oder die Ent­wick­lung und Ver­wen­dung der Soft­ware in Auf­trag ge­ge­ben oder da­von ge­wusst ha­be, mit Recht nicht für aus­rei­chend ge­hal­ten.

[15]   bb) Die­se Er­wä­gun­gen tref­fen auch im Streit­fall zu. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat – wie dar­ge­legt – fest­ge­stellt, die ver­ant­wort­li­chen Per­so­nen hät­ten mit der Ab­schalt­vor­rich­tung ein Sys­tem zur plan­mä­ßi­gen Ver­schleie­rung ih­res Vor­ge­hens ge­gen­über den Auf­sichts­be­hör­den und den Ver­brau­chern ge­schaf­fen, um sich ei­nen Wett­be­werbs­vor­teil zu ver­schaf­fen, weil man ent­we­der noch nicht über die Tech­nik zur Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Ab­gas­vor­schrif­ten ver­fügt oder aus Ge­winn­stre­ben die Ent­wick­lung der not­wen­di­gen Vor­rich­tun­gen un­ter­las­sen ha­be. Die Be­deu­tung der mit der Ent­wick­lung ei­nes sol­chen Sys­tems not­wen­di­ger­wei­se ver­bun­de­nen grund­le­gen­den stra­te­gi­schen Ent­schei­dung und die Be­deu­tung ge­setz­li­cher Grenz­wer­te so­wie der tech­ni­schen und wirt­schaft­li­chen Mög­lich­kei­ten ih­rer Ein­hal­tung für die Ge­schäfts­tä­tig­keit der Be­klag­ten all­ge­mein ge­nü­gen in Ver­bin­dung mit den Schwie­rig­kei­ten der Fahr­zeu­ger­wer­ber, die in­ter­nen Vor­gän­ge bei der Be­klag­ten kon­kret dar­zu­le­gen, für die An­nah­me ei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last der Be­klag­ten. Die­ser se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last ist die Be­klag­te mit der Be­haup­tung, bei den durch­ge­führ­ten Un­ter­su­chun­gen, die noch nicht ab­ge­schlos­sen sei­en, hät­ten sich kei­ne Er­kennt­nis­se über ei­ne Be­tei­li­gung von Vor­stands­mit­glie­dern im ak­ti­en­recht­li­chen Sin­ne an der Ent­wick­lung oder Ver­wen­dung der Ab­schalt­ein­rich­tung er­ge­ben, nicht nach­ge­kom­men (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 39 ff.). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Be­haup­tung der Klä­ge­rin, die dar­ge­stell­ten Hand­lun­gen sei­en auch mit Wis­sen und Wol­len der or­gan­schaft­li­chen Ver­tre­ter be­gan­gen wor­den, da­mit zu Recht als un­strei­tig be­han­delt (§ 138 III ZPO).

[16]   c) Rechts­feh­ler­frei ist das Be­ru­fungs­ge­richt wei­ter zum Er­geb­nis ge­langt, der Klä­ge­rin sei da­durch ein Scha­den ent­stan­den, dass sie auf­grund des sit­ten­wid­ri­gen Ver­hal­tens der Be­klag­ten ei­nen Ver­trag über den An­kauf des be­makel­ten Fahr­zeugs ge­schlos­sen ha­be, den sie bei Kennt­nis der Sach­la­ge nicht ge­schlos­sen hät­te (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 44 ff.). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on der Be­klag­ten ist da­bei die Fest­stel­lung des Be­ru­fungs­ge­richts, die Klä­ge­rin hät­te das be­makel­te Fahr­zeug in Kennt­nis der wah­ren Sach­la­ge nicht er­wor­ben, nicht zu be­an­stan­den. Das Be­ru­fungs­ge­richt durf­te von ei­nem aus der un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung re­sul­tie­ren­den Still­le­gungs­ri­si­ko aus­ge­hen und aus die­sem Ri­si­ko schon nach der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung dar­auf schlie­ßen, dass die Klä­ge­rin bei Kennt­nis der wah­ren Um­stän­de vom Er­werb des Fahr­zeugs ab­ge­se­hen hät­te (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 49 ff. i. V. mit Rn. 19 ff.). Im Streit­fall ist das Be­ru­fungs­ge­richt da­bei im Üb­ri­gen nicht ein­mal ste­hen ge­blie­ben, son­dern hat sei­ne Über­zeu­gung zu­dem auf die per­sön­li­che An­hö­rung der Klä­ge­rin und de­ren dor­ti­ge, vom Be­ru­fungs­ge­richt rechts­feh­ler­frei als glaub­haft be­ur­teil­ten An­ga­ben ge­stützt. Schließ­lich ist der im Ab­schluss des Kauf­ver­trags lie­gen­de Scha­den der Klä­ge­rin auch nicht nach­träg­lich durch die Durch­füh­rung des Soft­ware­up­dates wie­der ent­fal­len (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 58).

[17]   Liegt der maß­geb­li­che Scha­den der Klä­ge­rin mit­hin be­reits im Ab­schluss des Kauf­ver­trags über das be­makel­te Fahr­zeug, so kommt es auf die Fra­ge, ob der Scha­den der Klä­ge­rin auch – wie das Be­ru­fungs­ge­richt hilfs­wei­se aus­ge­führt hat – aus ei­nem Min­der­wert des Fahr­zeugs re­sul­tiert, und die dies­be­züg­li­chen Re­vi­si­ons­rügen nicht mehr an.

[18]   d) Eben­falls oh­ne Rechts­feh­ler hat das Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stellt, dass die ver­ant­wort­li­chen Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten be­zo­gen auf den un­ge­woll­ten Fahr­zeu­ger­werb mit Schä­di­gungs­vor­satz han­del­ten. Die­se Fest­stel­lung, die sich er­sicht­lich auch auf die or­gan­schaft­li­chen Ver­tre­ter i. S. von § 31 BGB be­zieht, ent­spricht der Le­bens­er­fah­rung. Der Ein­wand der Re­vi­si­on der Be­klag­ten, die Ver­ant­wort­li­chen hät­ten dar­auf ver­traut, dass die Ma­ni­pu­la­ti­on un­ent­deckt bleibt, ist schon des­halb un­er­heb­lich, weil er nicht den im Streit­fall re­le­van­ten, be­reits im un­ge­woll­ten Ver­trags­schluss lie­gen­den Scha­den be­trifft (Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 63).

[19]   2. Er­folg hat die Re­vi­si­on der Be­klag­ten, so­weit sie sich da­ge­gen wen­det, dass das Be­ru­fungs­ge­richt der Klä­ge­rin Zin­sen auch für die Zeit von der Kauf­preis­zah­lung bis En­de Mai 2018 zu­ge­spro­chen hat. Der vom Be­ru­fungs­ge­richt be­jah­te An­spruch aus § 849 BGB be­steht nicht (a). Das Ur­teil stellt sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 561 ZPO); ins­be­son­de­re er­gibt sich ein Zins­an­spruch ab Kauf­preis­zah­lung nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zu­ges (b).

[20]   a) Ein An­spruch aus § 849 BGB auf so­ge­nann­te De­likt­szin­sen be­steht nicht.

[21]   Der Zins­an­spruch nach § 849 BGB soll mit ei­nem pau­scha­lier­ten Min­dest­be­trag den Ver­lust der Nutz­bar­keit ei­ner ent­zo­ge­nen oder be­schä­dig­ten Sa­che aus­glei­chen, der durch den spä­te­ren Ge­brauch der­sel­ben oder ei­ner an­de­ren Sa­che nicht nach­ge­holt wer­den kann (Se­nat, Urt. v. 24.02.1983 – VI ZR 191/81, BGHZ 87, 38, 41 = ju­ris Rn. 10 m. w. Nachw.; BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084 Rn. 5). Die Vor­schrift er­fasst grund­sätz­lich je­den Sach­ver­lust durch De­likt, auch wenn die­ser mit dem Wil­len des Ge­schä­dig­ten durch Weg­ga­be er­folgt. „Sa­che“ i. S. von § 849 BGB ist da­bei auch Geld in je­der Form (BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084 Rn. 4ff. m. w. Nachw.). Ein all­ge­mei­ner Rechts­grund­satz da­hin, de­lik­ti­sche Scha­dens­er­satz­an­sprü­che sei­en stets von ih­rer Ent­ste­hung an zu ver­zin­sen, ist § 849 BGB aber nicht zu ent­neh­men (BGH, Urt. v. 12.06.2018 – KZR 56/16, NJW 2018, 2479 Rn. 45).

[22]   Vor­lie­gend steht ei­ner An­wen­dung des § 849 BGB schon der Um­stand ent­ge­gen, dass die Klä­ge­rin als Ge­gen­leis­tung für die Hin­ga­be des Kauf­prei­ses ein in tat­säch­li­cher Hin­sicht voll nutz­ba­res Fahr­zeug er­hielt (vgl. et­wa OLG Ko­blenz, Urt. v. 28.08.2019 – 5 U 1218/18, ju­ris Rn. 136; OLG Hamm, Urt. v. 10.09.2019 – 13 U 149/18, ju­ris Rn. 97; OLG Cel­le, Urt. v. 22.01.2020 – 7 U 445/18, ju­ris Rn. 72 f. m. w. Nachw.). Zwar hat die Klä­ge­rin durch den un­ge­woll­ten Ver­trags­schluss ei­nen Scha­den er­lit­ten, weil dem Fahr­zeug ei­ne Be­triebs­be­schrän­kung oder -un­ter­sa­gung droh­te und im Zeit­punkt des Er­werbs für die Klä­ge­rin nicht ab­seh­bar war, ob über­haupt, wenn ja zu wel­chem Zeit­punkt und wie – vor al­lem oh­ne Nach­teil für den Käu­fer – der Man­gel be­ho­ben wer­den kann (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 48 ff.). Gleich­wohl war das Fahr­zeug im Streit­fall aber tat­säch­lich nutz­bar, weil sich die be­ste­hen­de Ge­fahr nicht rea­li­sier­te. Die tat­säch­li­che Mög­lich­keit, das Fahr­zeug zu nut­zen, kom­pen­sier­te da­mit den Ver­lust der Nut­zungs­mög­lich­keit des Gel­des. Ei­ne Ver­zin­sung ge­mäß § 849 BGB ent­spricht nach dem Ge­sag­ten nicht dem Norm­zweck, son­dern kä­me ei­ner nach all­ge­mei­nen scha­dens­recht­li­chen Grund­sät­zen nicht ge­recht­fer­tig­ten Über­kom­pen­sa­ti­on gleich. An­ders liegt es et­wa in Ka­pi­tal­an­la­ge­fäl­len (vgl. BGH, Ver­säum­nis­urt. v. 26.11.2007 – II ZR 167/06, NJW 2008, 1084; Urt. v. 15.11.2011 – XI ZR 54/09, BKR 2012, 78 Rn. 65), weil dort die Weg­ga­be des Gel­des nicht im Hin­blick auf ei­ne tat­säch­li­che Nut­zung der Ge­gen­leis­tung er­folgt, son­dern ty­pi­scher­wei­se zur Er­zie­lung ei­ner Ren­di­te, so­dass es für den An­spruch aus § 849 BGB nicht auf die Ge­gen­leis­tung an­kommt.

[23]   Dass sich die Klä­ge­rin die tat­säch­li­che Fahr­zeug­nut­zung im We­ge des Vor­teils­aus­gleichs an­rech­nen las­sen muss, recht­fer­tigt ent­ge­gen ei­ner in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur ver­tre­te­nen (et­wa OLG Köln, Urt. v. 10.03.2020 – I-4 U 219/19, ju­ris Rn. 157 f.; Klöhn, ZIP 2020, 341, 350) und vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­teil­ten Auf­fas­sung kei­ne an­de­re Be­ur­tei­lung. Der kom­pen­sie­ren­de Leis­tungs­aus­tausch (Geld ge­gen Fahr­zeug), der zur Un­an­wend­bar­keit des § 849 BGB führt, fand un­ab­hän­gig da­von statt, ob und in wel­chem Aus­maß das Fahr­zeug spä­ter tat­säch­lich ge­nutzt wur­de; maß­ge­bend ist hier die Mög­lich­keit der Nut­zung. Die Klä­ge­rin war be­reit, für das Fahr­zeug nicht nur den Kauf­preis hin­zu­ge­ben, son­dern auch auf des­sen ren­tier­li­che Nut­zung wäh­rend des Fahr­zeug­be­sit­zes zu ver­zich­ten.

[24]   Auch das wei­te­re Ar­gu­ment des Be­ru­fungs­ge­richts, für § 849 BGB kön­ne nichts an­de­res gel­ten als für sons­ti­ge ge­setz­li­che Zins­an­sprü­che, die vom Emp­fang ei­ner Ge­gen­leis­tung un­ab­hän­gig sei­en, greift nach Auf­fas­sung des er­ken­nen­den Se­nats nicht. Der An­spruch aus § 849 BGB be­trifft ei­ne spe­zi­el­le Si­tua­ti­on und In­ter­es­sen­la­ge. Ei­ne Gleich­be­hand­lung mit an­de­ren Zins­an­sprü­chen ist nicht ge­bo­ten.

[25]   Vor dem Hin­ter­grund der un­ein­ge­schränk­ten tat­säch­li­chen Nutz­bar­keit des er­lang­ten Fahr­zeugs kommt schließ­lich ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung der Klä­ge­rin auch kei­ne Ver­zin­sung ei­nes Teils des Kauf­prei­ses – et­wa in Hö­he ei­nes wirt­schaft­li­chen Min­der­werts des Fahr­zeugs – in Be­tracht.

[26]   b) Ein Zins­an­spruch be­reits ab Kauf­preis­zah­lung be­steht auch nicht un­ter Ver­zugs­ge­sichts­punk­ten. Ei­ne ver­zugs­be­grün­den­de Mah­nung ge­mäß § 286 I 1 BGB hat das Be­ru­fungs­ge­richt je­den­falls für die Zeit vor dem 23.04.2018 nicht fest­ge­stellt und wird von der Klä­ge­rin in der Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung auch nicht gel­tend ge­macht.

[27]   Ent­ge­gen der An­sicht der Klä­ge­rin in ih­rer Re­vi­si­ons­er­wi­de­rung lie­gen auch kei­ne be­son­de­ren Grün­de vor, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Par­tei­en den so­for­ti­gen Ver­zug­s­ein­tritt oh­ne Mah­nung recht­fer­ti­gen wür­den (§ 286 II Nr. 4 BGB). Ins­be­son­de­re ist der Streit­fall mit den un­ter der Be­zeich­nung „fur sem­per in mo­ra“ er­ör­ter­ten Sach­ver­halts­kon­stel­la­tio­nen nicht ver­gleich­bar. Schließ­lich ist auch die Fall­grup­pe der so­ge­nann­ten Mah­nungs­ver­ei­te­lung (vgl. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VI­II ZR 171/10, NJW 2011, 2871 Rn. 19 f.) ent­ge­gen der Re­vi­si­on der Klä­ge­rin nicht ein­schlä­gig. Die Be­klag­te hat den Zu­gang ei­ner Mah­nung nicht ge­zielt ver­hin­dert. Dass die Klä­ge­rin ih­ren An­spruch zu­nächst nicht ken­nen konn­te, weil die Ab­schalt­ein­rich­tung ver­bor­gen war, ge­nügt in­so­weit nicht.

[28]   3. Be­grün­det ist die Re­vi­si­on der Be­klag­ten auch in­so­weit, als sie sich ge­gen die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­ne Fest­stel­lung wen­det, die Be­klag­te sei zum Er­satz sämt­li­cher wei­te­rer Schä­den aus dem Fahr­zeu­ger­werb ver­pflich­tet.

[29]   Ein auf den Er­satz künf­ti­ger Schä­den ge­rich­te­ter Fest­stel­lungs­an­trag kann nur dann Er­folg ha­ben, wenn die sach­li­chen und recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs vor­lie­gen, al­so ein haf­tungs­recht­lich re­le­van­ter Ein­griff ge­ge­ben ist, der zu mög­li­chen künf­ti­gen Schä­den füh­ren kann (Se­nat, Urt. v. 17.10.2017 – VI ZR 423/16, BGHZ 216, 149 Rn. 49). Da­bei kann die Mög­lich­keit er­satz­pflich­ti­ger künf­ti­ger Schä­den oh­ne Wei­te­res zu be­ja­hen sein, wenn ein de­liktsrecht­lich ge­schütz­tes ab­so­lu­tes Rechts­gut ver­letzt wur­de und be­reits ein Scha­den ein­ge­tre­ten ist. Im Streit­fall haf­tet die Be­klag­te aber nicht we­gen der Ver­let­zung ei­nes ab­so­lut ge­schütz­ten Rechts­guts, son­dern we­gen der sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Her­bei­füh­rung ei­nes un­ge­woll­ten Ver­trags­schlus­ses. Der in dem Ver­trags­schluss selbst lie­gen­de Scha­den wird be­reits von der Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten zur Kauf­prei­ser­stat­tung er­fasst. Wel­che wei­te­ren Schä­den aus dem Fahr­zeu­ger­werb die in­so­weit dar­le­gungs­be­las­te­te (vgl. BGH, Urt. v. 10.07.2014 – IX ZR 197/12, NJW-RR 2015, 626 Rn. 12, 14) Klä­ge­rin be­fürch­tet, ob sol­che Schä­den mög­lich sind und ob auch in­so­weit die ma­te­ri­el­len Haf­tungs­vor­aus­set­zun­gen des § 826 BGB (oder ei­ner an­de­ren An­spruchs­grund­la­ge) er­füllt wä­ren, lässt sich we­der dem Be­ru­fungs­ur­teil noch dem dar­in in Be­zug ge­nom­me­nen Ur­teil des Land­ge­richts ent­neh­men. Die pau­scha­le, auf das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se ge­mäß § 256 I ZPO be­zo­ge­ne Aus­sa­ge des Land­ge­richts, im Hin­blick auf die Wei­ter­nut­zung des Fahr­zeugs oder des Soft­ware­up­dates sei­en wei­te­re Schä­den mög­lich, ge­nügt in­so­weit nicht.

[30]   4. Zu Recht rügt die Re­vi­si­on der Be­klag­ten schließ­lich, das Be­ru­fungs­ge­richt hät­te nicht fest­stel­len dür­fen, dass sich die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs im An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Im für die Ent­schei­dung maß­geb­li­chen Zeit­punkt, näm­lich dem Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung in der Be­ru­fungs­in­stanz, hat die Klä­ge­rin ihr An­ge­bot zur Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs an un­be­rech­tig­te Be­din­gun­gen ge­knüpft, näm­lich an ei­ne Er­stat­tung des vol­len Kauf­prei­ses zu­züg­lich Zin­sen seit Kauf­preis­zah­lung. Da­mit be­fin­det sich die Be­klag­te je­den­falls nicht mehr im An­nah­me­ver­zug (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 85 m. w. Nachw.; zur Be­en­di­gung des An­nah­me­ver­zugs durch Rück­nah­me ei­nes An­ge­bots vgl. Stau­din­ger/Feld­mann, BGB, Neu­be­arb. 2019, § 293 Rn. 32; Be­ckOK-BGB/Lo­renz, 54. Edi­ti­on [2020], § 293 Rn. 15 m. w. Nachw.).

[31]   II. Auch die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin hat nur zum Teil Er­folg.

[32]   1. Be­reits un­zu­läs­sig ist sie, so­weit sie sich ge­gen die Ab­wei­sung des An­trags auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten wen­det. Denn das Be­ru­fungs­ge­richt hat den Frei­stel­lungs­an­spruch mit ei­ner selbst­stän­di­gen Be­grün­dung ver­neint. Mit die­ser setzt sich die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin nicht aus­ein­an­der, so­dass es in­so­weit an der not­wen­di­gen Be­grün­dung ge­mäß § 552 I, § 551 III 1 Nr. 2 ZPO fehlt.

[33]   2. Be­grün­det ist die im Üb­ri­gen zu­läs­si­ge Re­vi­si­on der Klä­ge­rin zum ei­nen in­so­weit, als der von der Klä­ge­rin gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Er­stat­tung des von ihr auf­ge­wen­de­ten Kauf­prei­ses in Hö­he ei­nes den zu­er­kann­ten Be­trag von 3.005,98 € um 2.073,13 € über­stei­gen­den Be­trags ab­ge­wie­sen wor­den ist.

[34]   a) Zu Recht hat das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an­ge­nom­men, dass der ge­mäß § 249 I BGB mit dem Ver­trags­schluss und der Zah­lung des Kauf­prei­ses ent­stan­de­ne Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch der Klä­ge­rin im We­ge der Vor­teil­s­an­rech­nung um die von der Klä­ge­rin ge­zo­ge­nen Nut­zungs­vor­tei­le zu re­du­zie­ren ist. Die mit der Re­vi­si­on der Klä­ge­rin er­ho­be­nen Ein­wän­de, mit der Vor­teil­s­an­rech­nung wür­den die Prä­ven­ti­ons­wir­kung des De­liktsrechts ver­fehlt, das Ge­bot uni­ons­kon­for­mer Rechts­an­wen­dung ver­letzt, die Be­klag­te un­an­ge­mes­sen ent­las­tet und ge­setz­li­che Wer­tun­gen miss­ach­tet, grei­fen nicht durch (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 64 ff.).

[35]   b) Bei der ge­mäß § 287 ZPO vor­zu­neh­men­den Be­mes­sung der an­zu­rech­nen­den Vor­tei­le ist das Be­ru­fungs­ge­richt er­sicht­lich von fol­gen­der Be­rech­nungs­for­mel aus­ge­gan­gen:

\text{Nut­zungs­vor­teil} = {\frac{\text{Brut­to­kauf­preis}\times\text{ge­fah­re­ne Stre­cke (seit Er­werb)}}{\text{er­war­te­te Rest­lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt}}}

[36]   Die­se Be­rech­nungs­me­tho­de ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Ins­be­son­de­re ist es ent­ge­gen der Re­vi­si­on der Be­klag­ten nicht ge­bo­ten, den Nut­zungs­vor­teil an­hand des Wert­ver­lus­tes zu be­stim­men, den ein an­de­res, hy­po­the­tisch von der Klä­ge­rin er­wor­be­nes Fahr­zeug er­lit­ten hät­te (vgl. Se­nat, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, NJW 2020, 1962 Rn. 78 ff.). Auch die vom Be­ru­fungs­ge­richt im Rah­men der tatrich­ter­li­chen Schät­zung ge­mäß § 287 ZPO in die Be­rech­nung ein­ge­stell­ten Wer­te (er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung von 200.000 km, Lauf­leis­tung im Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung von 143.443 km) sind re­vi­si­ons­recht­lich hin­zu­neh­men; es fehlt in­so­weit be­reits an ei­nem taug­li­chen Re­vi­si­ons­an­griff (§ 559 II ZPO).

[37]   c) Dem Be­ru­fungs­ge­richt ist al­ler­dings bei der An­wen­dung der ge­nann­ten Be­rech­nungs­for­mel ein Feh­ler un­ter­lau­fen. Es hat bei der Er­mitt­lung der ge­fah­re­nen Stre­cke ver­säumt, die Lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt (23.085 km) von der Lauf­leis­tung im Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung (143.443 km) ab­zu­zie­hen, wes­halb es den von ihm be­rech­ne­ten Nut­zungs­vor­teil pro Ki­lo­me­ter nicht für 143.443 km, son­dern nur für 120.358 km in An­satz hät­te brin­gen dür­fen.

[38]   3. Zum an­de­ren ist die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin auch in­so­weit be­grün­det, als das Be­ru­fungs­ge­richt Pro­zess­zin­sen nur aus dem im Ur­teil in der Haupt­sa­che zu­er­kann­ten Be­trag zu­ge­spro­chen hat. Da­bei hat es über­se­hen, dass die Klä­ge­rin nach den vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ih­re Ge­samt­fahr­leis­tung mit dem er­wor­be­nen Fahr­zeug im Zeit­raum zwi­schen Fahr­zeu­ger­werb und Schluss der münd­li­chen Be­ru­fungs­ver­hand­lung von ins­ge­samt 120.358 km gleich­mä­ßig er­bracht hat. Sie hat die auf den Kauf­prei­ser­stat­tungs­an­spruch an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­tei­le mit­hin zum Teil erst zwi­schen dem Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit und dem Schluss der münd­li­chen Be­ru­fungs­ver­hand­lung er­langt. Der nach § 291 BGB zu ver­zin­sen­de Be­trag lag mit­hin bei Ein­tritt der Rechts­hän­gig­keit hö­her als der schließ­lich zu­zu­spre­chen­de Be­trag und hat sich dann suk­zes­si­ve auf den schließ­lich zu­zu­er­ken­nen­den Be­trag er­mä­ßigt.

[39]   III. Ge­mäß §§ 562 I, 563 I 1 ZPO war das Be­ru­fungs­ur­teil im aus dem Te­nor er­sicht­li­chen Um­fang auf­zu­he­ben und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen. Bei der er­neu­ten Be­fas­sung wird das Be­ru­fungs­ge­richt auch Ge­le­gen­heit ha­ben, den – im be­rich­tig­ten Ur­teil über­gan­ge­nen – An­trag der Klä­ge­rin auf Zah­lung von Zin­sen für den Zeit­raum vom 01.06. bis 15.06.2018 zu ver­be­schei­den.

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