- Die Erfüllung eines Kaufvertrags ist dem Verkäufer nicht schon deshalb i. S. von § 275 I BGB unmöglich, weil er die Sache, die er dem Käufer nach § 433 I 1 BGB übergeben und übereignen muss, an einen Dritten veräußert hat. Unmöglichkeit liegt vielmehr erst dann vor, wenn feststeht, dass ein Rückerwerb der geschuldeten Sache durch den Verkäufer ausgeschlossen ist. Allerdings indiziert die Veräußerung der Sache an einen Dritten die Unmöglichkeit, sofern der Verkäufer nicht darlegt, dass er zur Erfüllung des Kaufvertrags willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.1999 – V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 181 ff.).
- Ein Anspruch des Käufers auf Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht (§§ 280 I, III, 283 BGB) ist verjährungsrechtlich selbstständig, das heißt, seine Verjährung beginnt nicht zeitgleich mit der Verjährung des Anspruchs, dessen Erfüllung unmöglich ist. Vielmehr beginnt die drei Jahre betragende Verjährungsfrist erst mit der Entstehung des Anspruchs, also mit dem Eintritt der Unmöglichkeit (§§ 195, 199 I BGB).
- Ob dem Verkäufer die Lieferung der gekauften Sache i. S. von § 275 I BGB unmöglich ist, hängt maßgeblich davon ab, ob ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegt.
LG Hagen, Urteil vom 17.07.2020 – 7 S 68/19
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagten, die unter anderem mit Landmaschinen und Traktoren handelt, am 22.08.2013 einen Traktor Mahindra VT404 zum Preis von 6.999 €. Dieses Fahrzeug, das die Beklagte ihrerseits für 5125 € erworben hatte, stand als Neufahrzeug auf dem Gelände der Beklagten. Es durfte nicht im Straßenverkehr genutzt werden; Fahrzeugpapiere konnte die Beklagte dem Kläger nicht vorlegen. Die Parteien vereinbarten, dass der Traktor dem Kläger am 30.09.2013 übergeben werde. Eine Übergabe fand aber letztlich nie statt.
Der Kläger leistete bei Abschluss des Kaufvertrags eine Anzahlung von 100 €. In welche Höhe er in der Folgezeit Zahlungen leistete, ist mit Blick auf vermeintliche Wechselkursschwankungen streitig. Unstreitig ist aber, dass der Kläger den Kaufpreis nur bis auf einen geringen Restbetrag – also nicht voll – gezahlt hat.
Die Beklagte forderte den Kläger mit Schreiben vom 28.11.2014 zur Abholung des Traktors auf und machte Standkosten in Höhe von 50 €/Monat geltend. Mit Schreiben vom 26.02.2015 regte der spätere Prozessbevollmächtigte der Beklagten gegenüber dem Kläger an, den ausstehenden Kaufpreis zu zahlen, damit ein Termin für die Übergabe des Traktors vereinbart werden könne.
Der Kläger erklärte seinerseits mit Schreiben vom 23.03.2015 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zur Begründung verwies er darauf, dass der Passus im Kaufvertrag „ohne Papiere, keine Straßenzulassung möglich“, der in der Ausfertigung der Beklagten vorhanden sei, nachträglich ergänzt worden sein müsse.
Unter dem 30.03.2015 stellte die Beklagte die Forderungen zusammen, die sie bei einer Rückabwicklung des Kaufvertrags geltend machen werde; unter anderem verlangte sie Ersatz für einen Wertverlust des Traktors in Höhe von 400 € netto für 18 Monate. Zu den von der Beklagten dargestellten Modalitäten einer Rückabwicklung nahm der Kläger entgegen seiner Ankündigung nicht Stellung. Die Beklagte stellte deshalb unter dem 04.11.2015 schriftlich klar, dass sie (weiterhin) darauf bestehe, dass der Kläger den restlichen Kaufpreis zahle und den Traktor abhole. Am 27.12.2016 teilte die Beklagte dem Kläger schließlich telefonisch mit, dass sie den Traktor anderweitig verkauft habe; tatsächlich hatte dieser Verkauf bereits am 24.08.2016 zum Preis von 4.205,88 € netto stattgefunden.
Am 04.01.2017 erhob die Beklagte erstmals die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 17.10.2017 verlangte der Kläger von der Beklagten unter Fristsetzung Auskunft über die Höhe des Kaufpreises, den die Beklagte durch den Verkauf des Traktors im August 2016 erlöst hatte. Die Beklagte erhob unter dem 01.12.2017 neuerlich die Einrede der Verjährung und wies sämtliche Ansprüche des Klägers zurück.
Der Kläger hat erstinstanzlich behauptet, über die Anzahlung hinaus 6.850 € an die Beklagte gezahlt zu haben, und zwar 3.000 € am 23.08.2013, 3.050 € am 09.09.2013 und weitere 800 € am 04.07.2014. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei ihm gemäß §§ 280 I, III, 283 BGB i. V. mit § 275 I BGB zum Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet, da eine Übergabe und Übereignung des gekauften Traktors mit Blick auf die im August 2016 erfolgte Veräußerung des Fahrzeugs unmöglich sei. Sein Schaden bestehe in Höhe des gezahlten Kaufpreises. Der Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt, da er von seinem – des Klägers – Erfüllungsanspruch unabhängig und erst mit der Veräußerung des Traktors durch die Beklagte im Jahre 2016 entstanden sei . Darüber hinaus habe er gegen die Beklagte ohnehin einen Anspruch auf Herausgabe des erlangten Surrogats (§§ 280 I, III, 285 I, 275 I BGB), dem die Beklagte weder einen Anspruch auf Zahlung von Standkosten noch einen Anspruch auf Wertersatz entgegenhalten könne.
Die Beklagte hat erstinstanzlich behauptet, sie habe nur weitere Zahlungen des Klägers in Höhe von insgesamt (2.985 € + 3.035 € + 785 € =) 6.805 € erhalten. Sie hat gemeint, der Kläger könne den Kaufpreis für den Traktor nicht mit Erfolg als Schaden „statt der Leistung“ ersetzt verlangen; ihm stehe allenfalls ein Anspruch in Höhe des Marktwerts des Fahrzeugs zu. Bezugspunkt sei insoweit der Kaufpreis, den sie – die Beklagte – beim Verkauf des Traktors im August 2016 erzielt habe. Hinsichtlich des Anspruchs des Klägers auf Lieferung des Traktors – so hat die Beklagte geltend gemacht – sei im Übrigen keine Unmöglichkeit eingetreten. Vielmehr hätte sie, die Beklagte, dem Kläger jederzeit ein anderes baugleiches Neufahrzeug liefern können.
Im Übrigen hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Kläger verstoße mit seinem Verlangen gegen Treu und Glauben, und die Einrede der Verjährung erhoben.
Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt: Sie hat gemeint, der Kläger müsse ihr entgangenen Gewinn in Höhe von 1.881,00 € sowie den Wertverlust des Traktors ersetzen. Dieser Anspruch bestehe jedenfalls in Höhe der Differenz zwischen dem mit dem Kläger vereinbarten Nettokaufpreis (5.881,51 €) und dem Nettokaufpreis, den sie – die Beklagte – beim Verkauf des Traktors im August 2016 erlöst habe (4.205,88 €), also in Höhe von 1.675,63 €. Eigentlich komme es aber auf „die Differenz zwischen Einkaufspreis netto und Verkaufspreis netto gegenüber dem Kläger“ an. Darüber hinaus – so hat die Beklagte gemeint – müsse ihr der Kläger Standkosten in Höhe von 50 €/Monat bis zur Veräußerung des Traktors im August 2016 zahlen sowie vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhhe von 546,50 € ersetzt.
Der Kläger hat insoweit die Auffassung vertreten, die Beklagte dürfe nicht zugleich entgangenen Gewinn und einen Wertverlust des Traktors ersetzt verlangen; vielmehr sei sie auf den letztgenannten Anspruch beschränkt. Allerdings könne sie nur einen Wertverlust in Höhe von 22,22 €/Monat geltend machen; dies sei der Betrag, den sie vorgerichtlich verlangt habe.
Das Amtsgericht hat die zuletzt auf Zahlung von 3.875,18 € nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen, weil der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch verjährt sei. Der Anspruch des Klägers auf Übergabe und Übereignung des Traktors sei mit Ablauf des Jahres 2016 verjährt. Es widerspräche der Eigenschaft des vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzanspruchs, der ein Sekundäranspruch sei, wenn dieser unabhängig von der Verjährung des Primäranspruchs geltend gemacht werden kötnne. Vielmehr sei, wenn es um die Verjährung des Sekundäranspruchs gehe, darauf abzustellen, ob der (primäre) Erfüllungsanspruch noch geltend gemacht werden könne. Daher komme es nicht darauf an, ob der Traktor bereits veräußert worden sei, als der Erfüllungsanspruch des Klägers noch nicht verjährt gewesen sei. Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises folge auch nicht aus dem vorprozessual erklärten Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag, da dieser mangels eines Rücktrittsgrundes unwirksam gewesen sei. Insbesondere habe der Kläger nicht deshalb vom Kaufvertrag zurücktreten dürfen, weil der gekaufte Traktor möglicherweise nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen werden könne. Denn diese Einschränkung habe der Kläger bei Abschluss des Kaufvertrags gekannt.
Mit seiner dagegen gerichteten Berufung hat der Kläger im Wesentlichen geltend gemacht, dass dann, wenn er nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten sei, die Beklagte weiterhin zur Lieferung des Traktors an ihn – den Kläger – verpflichtet gewesen sei, als sie das Fahrzeug im August 2016 an einen Dritten veräußert habe. Im Zeitpunkt dieser Veräußerung sei daher zu seinen Gunsten ein Anspruch auf Schadensersatz entstanden, der hinsichtlich der Verjährung unabhängig von der Verjährung des Erfüllungsanspruchs sei.
Die Beklagte hat vornehmlich geltend gemacht, dass die Berufung – entgegen der Auffassung der Kammer – bereits unzulässig sei. Bei ihrer gegenteiligen Beurteilung habe die Kammer den Beschluss des BGH vom 03.05.2018 (IX ZB 72/17, BeckRS 2018, 9386 Rn. 4 ff.) nicht beachtet. Danach sei eine Berufung, die – wie die Berufung des Klägers – unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingelegt werde, unzulässig. Die Formulierung des Klägers, „nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe“ würden die aufgeführten Anträge gestellt, enthalte eine in diesem Sinne unzulässige Bedingung. Davon sei auch die Kammer in ihrem Pkh-Beschluss ausgegangen, und an diese Auffassung sei sie nunmehr gebunden.
Jedenfalls aber – so hat die Beklagte weiter geltend gemacht – sei die Berufung unbegründet. Wie die Kammer darauf abzustellen, dass ihr, der Beklagten, die Lieferung des Traktors an den Kläger i. S. von § 275 I BGB unmöglich geworden sei, gehe das fehl. Denn sie hätte dem Kläger jederzeit einen baugleichen Traktor als Neufahrzeug liefern können, weil dieser unverändert hergestellt werde. Der Kläger habe kein berechtigtes Interesse daran gehabt, statt eines Neufahrzeugs jüngeren Baujahrs gerade den Traktor geliefert zu bekommen, der sich ursprünglich auf ihrem Betriebsgelände befunden habe.
Die Berufung hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: A. I. Die Berufung ist zulässig. Dem steht insbesondere – in Abweichung von der ursprünglich seitens der Kammer vertretenen und im Pkh-Beschluss vom 23.10.2019 zum Ausdruck gekommenen Auffassung der Kammer – nicht entgegen, dass es in dem Schriftsatz vom 05.09.2019 heißt, dass die dort genannten Anträge „nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe“ gestellt werden sollen. Hierin ist keine – unzulässige (vgl. BGH, Urt. v. 31.05.1995 – VIII ZR 267/94, NJW 1995, 2563, 2564) – Einlegung der Berufung unter einer Bedingung zu sehen.
Ob die Berufung unter der Bedingung der Gewährung von Prozesskostenhilfe erhoben worden ist, ist im Rahmen der Auslegung, der auch Prozessanträge zugänglich sind, zu ermitteln. Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut abzustellen; vielmehr ist im Zweifel dasjenige gewollt, was nach Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht. Maßgebend ist letztlich, ob sich beim Fehlen einer ausdrücklich erklärten Bestimmung als Berufungsbegründung eine solche aus dem Zusammenhang der in dem Schriftsatz erfolgten Ausführungen und seinen Begleitumständen ergibt. Dabei kommt es allein auf den vom Berufungskläger erklärten, nach außen hervorgetretenen Willen im Zeitpunkt der Einreichung des Schriftsatzes an. Hiervon ausgehend ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die Einreichung eines Pkh-Antrags verbunden mit einem Schriftsatz, der die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift oder an eine Berufungsbegründung erfüllt, regelmäßig als unbedingt eingelegtes und begründetes Rechtsmittel zu behandeln. Die Annahme, ein entsprechender Schriftsatz sei nicht als unbedingte Berufung oder Berufungsbegründung bestimmt, ist in solchen Fällen nur dann gerechtfertigt, wenn sich dies entweder aus dem Schriftsatz selbst oder sonst aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (BGH, Beschl. v. 30.5.2017 – VIII ZB 15/17, NJOZ 2018, 435 Rn. 14 f.).
Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist hier davon auszugehen, dass der eingegangene Schriftsatz vom 05.09.2019 sich nicht in einem Pkh-Gesuch erschöpft, sondern zugleich die Rechtsmittelbegründung enthält. Der besagte Schriftsatz ist nicht etwa als „Prozesskostenhilfegesuch“ oder nur als „Entwurf“ bezeichnet, sondern trägt die Bezeichnung „Berufung“, sodass sich aus der Bezeichnung des Schriftsatzes die Annahme einer Bedingung zunächst nicht aufdrängt. Hinzu kommt, dass der Kläger sich in dem Schriftsatz nicht nur als Antragsteller bezeichnet, sondern bereits als Berufungskläger. In dem Schriftsatz, der handschriftlich unterschrieben ist, ist zudem eine Begründung angebracht, in der der Kläger ausführlich eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts dahin gehend rügt, dass entgegen dessen Auffassung der durch den Verkauf des Traktors entstandene Schadensersatzanspruch statt der Leistung nach Entstehung mit dem Verkauf des Traktors eigenständig und nicht etwa mit dem Leistungsanspruch verjähre, wodurch den Anforderungen des § 520 III 2 Nr. 2 ZPO Genüge getan ist.
Gerade bei dieser Ausgangslage kann die dem angekündigten Antrag vorausgestellte Wendung „Nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe soll beantragt werden …“ auch nur als eine temporale Staffelung gemeint sein, die nicht im Sinne einer Bedingung, sondern nur als Ausdruck des legitimen Wunsches zu verstehen ist, über die Gewährung von Prozesskostenhilfe möge vorab entschieden werden, gegebenenfalls verbunden mit der – unschädlichen – Ankündigung, die weitere Durchführung der Berufung solle vom Umfang der Bewilligung abhängig gemacht werden (vgl. (BGH, Beschl. v. 30.5.2017 – VIII ZB 15/17, NJOZ 2018, 435 Rn. 19). Weder aus dem Schriftsatz selbst noch aus den Begleitumständen ergibt sich damit mit einer vernünftigen Zweifeln ausschließenden Deutlichkeit eine nur bedingte Berufungseinlegung.
Soweit die Beklagte meint, die Kammer sei an ihre zunächst im Pkh-Verfahren vertretene Auffassung nach Ablauf der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gebunden, verfängt das nicht. Der Beschluss ist lediglich der formellen Rechtskraft mit Ablauf der Beschwerdefrist fähig, erwächst aber allen voran deshalb nicht in materielle Rechtskraft, weil das Pkh-Verfahren kein kontradiktorisches Verfahren ist, an dem die Beklagte beteiligt ist (vgl. BGH, Beschl. v. 03.03.2004 – IV ZB 43/03, NJW 2004, 1805, 1806).
Der Verweis der Beklagten auf die Entscheidung des BGH vom 03.05.2018 (IX ZB 72/17, BeckRS 2018, 9386) verhilft den Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Die Entscheidung wiederholt dieselben Rechtsgrundsätze, die den Hinweisen der Kammer in der Terminbestimmung zugrunde liegen (vgl. Rn. 6). In der von der Berufungserwiderung zitierten Entscheidung hat der BGH lediglich im Rahmen eigener und einzelfallbezogener Auslegung eine bedingte Berufungseinlegung angenommen. Die Ausgangslage ist jedoch nicht dieselbe, denn der seitens des BGH ausgelegte Schriftsatz enthielt im genannten Verfahren die Erklärung, „zunächst“ Pkh beantragen zu wollen. Die Einleitung des anliegenden, mit „Berufung“ überschriebenen Schriftsatzes erfolgte zudem mit den Worten, die Berufung werde „im Falle der Bewilligung der beantragten Prozesskostenhilfe“ eingelegt und war damit auch nach „wohlwollender“ Betrachtung unter eine Bedingung gestellt. Einen solchen klaren Vorbehalt gibt es im hiesigen Falle gerade nicht. Gerade diesen Unterschied unter Bezugnahme auf die von der Kammer zitierte Entscheidung betont der BGH (Rn. 8) und weist zudem darauf hin, dass auch die Voraussetzungen des § 520 III ZPO erfüllt waren.
II. Die Berufung ist auch überwiegend begründet.
1. Dem Kläger steht nämlich gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 3.830,80 € aus den §§ 280 I, III, 283, 249 I BGB zu.
a) Der Anspruch ist entstanden.
aa) Zwischen den Parteien ist in Gestalt des am 22.08.2013 zwischen ihnen geschlossenen Kaufvertrags ein Schuldverhältnis zustande gekommen.
bb) Die Beklagte hat ferner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis verletzt. Eine solche Pflichtverletzung kann etwa in der Nichterfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht liegen (BeckOK-BGB/Lorenz, Stand: 01.08.2019, § 280 Rn. 16). So liegt die Sache hier. Gemäß § 433 I 1 BGB ist die Beklagte nämlich aus dem vorgenannten Kaufvertrag verpflichtet, dem Kläger das Eigentum an dem streitgegenständlichen Traktor zu verschaffen, was nicht geschehen ist. Diese Pflicht war auch nicht erloschen. Die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt den Rücktritt wegen Nichterbringung der vollständigen Kaufpreiszahlung erklärt.
cc) Die Beklagte brauchte nach Veräußerung des Traktors am 24.08.2016 nach § 275 I BGB zudem nicht mehr zu leisten. Der Anspruch auf Leistung ist nach dieser Regelung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.
(1) Für die Frage, ob die Übergabe und Übereignung des Traktors unmöglich geworden ist, kommt es zunächst darauf an, ob es sich um eine Gattungsschuld oder eine Stückschuld handelt, denn läge lediglich eine Gattungsschuld vor, so wäre grundsätzlich nur eine Sache mittlerer Art und Güte zu leisten (§ 243 I BGB), auf die sich die Leistungspflicht in der Folge allenfalls gemäß § 243 II BGB konkretisiert haben könnte.
Bei der Gattungsschuld beschränken sich die Parteien zunächst darauf, den Leistungsgegenstand nach bestimmten Merkmalen zu beschreiben, während es offenbleibt, mit welchem konkreten Gegenstand der Schuldner später erfüllen soll (BeckOK-BGB/Sutschet, Stand: 01.08.2019, § 243 Rn. 4). Eine Stückschuld liegt hingegen vor, wenn der Leistungsgegenstand von vornherein durch die Parteien individuell bestimmt wird, wenn die Parteien sich also schon bei Vertragsabschluss darauf geeinigt haben, dass nur ein ganz bestimmter Gegenstand vom Schuldner geleistet werden soll, sodass mit einem anderen Gegenstand nicht mehr erfüllt werden kann (MünchKomm-BGB/Emmerich, 8. Aufl. [2019], § 243 Rn. 9).
Danach ist von einer Stückschuld auszugehen. Der Kläger hat unbestritten vorgetragen, dass er sich einen bestimmten Traktor, der auf dem Hof der Beklagten stand, ausgesucht hat und nicht etwa nur abstrakt einen Traktor des streitgegenständlichen Modells, ohne jedoch einen speziellen, bereits im Bestand der Beklagten vorhandenen Traktor zu meinen.
(2) Als Fall rechtlicher Unmöglichkeit ist grundsätzlich anerkannt, dass der Schuldner des § 433 I 1 BGB das Eigentum an der zu übergebenden und zu übereignenden Sache verliert (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 275 Rn. 42), soweit nicht grundsätzlich die Möglichkeit des Rückerwerbs verbleibt. Eine Unmöglichkeit ist also erst dann anzunehmen ist, wenn auch ein Rückerwerb von dem Zweiterwerber ausgeschlossen ist. Zugunsten des Käufers, der keinen genauen Einblick in die Beziehung zwischen Verkäufer und Dritterwerber hat, indiziert der Verkauf allerdings die Unmöglichkeit, sofern der Verkäufer nicht darlegt, dass er zur Erfüllung willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 26.03.1999 – V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 181 ff. = NJW 1999, 2034, 2035; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 275 Rn. 57). Das hat die Beklagte aber auch in der Berufungsbegründung und nach Erlass des Pkh-Beschlusses durch die Kammer, in dem diese Frage behandelt wird, nicht getan. Sie kann insoweit auch nicht einwenden, dass durch eine Entkonkretisierung gar keine Unmöglichkeit eingetreten sei, da sie weiterhin einen neuen Traktor der Baureihe liefern könne. Dabei verkennt die Beklagte, dass hier nach vorangehenden Ausführungen eine Stückschuld vereinbart ist. Eine Entkonkretisierung kommt ersichtlich nur bei zunächst nach § 243 II BGB konkretisierten Gattungsschulden in Betracht.
Eine abweichende Beurteilung ist letztlich auch nicht nach dem Verweis der Beklagten auf den Hinweisbeschluss des BGH vom 08.01.2019 – VIII ZR 225/17 – veranlasst. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückschulden als verzichtbar angesehen habe. Die Beklagte verliert aber aus dem Blick, dass es in Randnummer 31 des Beschlusses ausdrücklich heißt, dass dies für die Beurteilung der Unmöglichkeit der Nachlieferung und damit im Rahmen des § 439 BGB gilt. Gleiches gilt für die im Schriftsatz vom 03.07.2020 weitergehend in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen, die sich allesamt zum Inhalt des Anspruchs nach § 439 BGB verhalten. Das besondere Schuldrecht findet hier aber mangels Übergabe der Sache keine Anwendung. Dass die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungskauf über die Auslegung des § 439 BGB hinaus insgesamt entfallen sollte, obwohl diese ausweislich gesetzlicher Regelungen wie § 243 I, II BGB weiterhin von Belang ist, ergibt sich weder aus dem Hinweisbeschluss noch aus der Gesetzesbegründung. Im Gegenteil stehen die Tendenzen, den sich aus den Besonderheiten des § 439 I BGB ergebenden weiteren Pflichtenkreis des Schuldners auf die Anwendung des § 275 BGB insgesamt zu übertragen, nicht im Einklang mit den Vorstellungen des Gesetzgebers und fügen sich – de lege lata – auch nicht bruchlos in das von der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld geprägte allgemeine Schuldrecht, das hier Anwendung findet, ein (vgl. NK-BGB/Dauner-Lieb, 3. Aufl. [2016], § 275 Rn. 18, 30).
Nicht zu überzeugen vermag dabei auch der Verweis der Beklagten auf die Möglichkeit, dem Kläger ein Holzspielzeug als Erfüllung übereignen zu können. Zwar mag dies über § 434 III BGB den Anwendungsbereich des § 439 BGB eröffnen; allerdings ist der Käufer nicht verpflichtet, ein solches aliud als Erfüllung i. S. des § 363 BGB anzunehmen. Tut er es doch, ist freilich auch der Beurteilungsmaßstab für die Frage, was der Käufer im Rahmen der Nachlieferung akzeptieren muss, im Rahmen des § 439 I BGB ein anderer.
Selbst wenn man aber der Auffassung der Beklagten folgen und davon ausgehen wollte, dass eine interessengerechte Auslegung des Kaufvertrags mit Blick auf den Umfang der Beschaffungspflicht der Beklagten zu erfolgen habe, sodass grundsätzlich Raum für die Annahme bestünde, der Kläger müsse sich auf einen neuwertigen Traktor derselben Baureihe verweisen lassen, verfinge das im konkreten Fall nicht. Der Kläger hat nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer unbestritten vorgetragen, dass er im Zuge der Gespräche mit der Lieferung eines neuen Traktors einverstanden gewesen sei, der mit der Sache befasste Mitarbeiter der Beklagte darüber aber nicht habe sprechen wollen. Später hat der Kläger – ebenfalls unwidersprochen – ergänzend angegeben, dass die Beklagte die Lieferung eines neuwertigen Traktors vielmehr von der Zahlung eines weiteren Geldbetrags abhängig gemacht habe. Mithin war die Beklagte gerade nicht zur Erfüllung ihrer Verpflichtung zu den ursprünglich vereinbarten Konditionen bereit.
Vor diesem Hintergrund war auch ihr Beweisangebot, ein anderes gleichartiges Neufahrzeug liefern zu können, unbeachtlich, denn hierauf kam es nach dem Vorgesagten gerade nicht an.
dd) Das Verschulden der Beklagten, die gemäß § 276 I BGB für Vorsatz und Fahrlässigkeit einzutreten hat, wird gemäß § 280 I 2 BGB vermutet.
ee) Ein Schaden ist dem Kläger in Höhe von 3.830,80 € entstanden.
(1) Wie die Kammer schon im Rahmen des Pkh-Beschlusses hervorgehoben hat, ist der Kläger nicht gehindert, der Berechnung seines Schadens nach der Differenzmethode den geleisteten Kaufpreis zugrunde zu legen. In dem Begehren ist zugleich eine konkludente Rücktrittserklärung (§ 349 BGB) zu sehen, die den Kaufvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis i. S. des § 346 BGB mit entsprechenden Rechten und Pflichten wandelt (BeckOK-BGB/Lorenz, a. a. O., § 281 Rn. 37; NK-BGB/Dauner-Lieb, a. a. O., § 281 Rn. 62). Die Voraussetzungen des Rücktritts liegen auch mit Blick auf §§ 323 I, 326 V BGB vor, da eine Fristsetzung aufgrund der eingetretenen Unmöglichkeit entbehrlich war.
Dieser konkludenten Rücktrittserklärung stand auch die Regelung des § 218 I 1 BGB nicht entgegen. Der Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung ist danach unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft, wobei dies nach Absatz 1 Satz 2 der Norm auch für den – hier gegebenen – Fall der Unmöglichkeit der Hauptleistungspflicht gilt. Ebenfalls unwidersprochen hat der Kläger nämlich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Kammer vorgetragen, dass bereits in einem Gespräch kurz vor Ende des Jahres 2016 – und damit in unverjährter Zeit (s. unten) – zwischen seinem Sohn und der Beklagten die „Ansage“ der Klägerseite getätigt worden sei: „Geld zurück oder einen anderen Traktor“. Dass dabei der Begriff „Rücktritt“ oder „Schadensersatz“ nicht gefallen ist, ist unerheblich. Im Rahmen der gebotenen Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt sich aus dieser „Ansage“ mit hinreichender Deutlichkeit der Wille, sich vom Vertrage lösen zu wollen.
(2) Entgegen der Bezifferung der für die Anspruchshöhe darlegungs- und beweisbelasteten Klägerseite, die insoweit keine weiteren Nachweise vorgelegt hat, ist jedoch nicht von der Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von 6.950 € auszugehen, sondern auf Grundlage der Ausführungen der Beklagten lediglich von einem Betrag in Höhe von 6.905 €. Zudem hat der Kläger schon bei Bezifferung der Klage Standgebühren und einen Wertverlust des Traktors „eingepreist“, die in geringem Umfang gar über das hinausgehen, was er der Bezifferung seines Klagebegehrens im Wege der Klageänderung in der Replik vom 05.03.2019 letztlich zugrunde gelegt hat. Danach bleibt ein Schadensbetrag in Höhe von 3.830,80 € gemäß nachfolgender Aufstellung:
Kaufpreiszahlung | 6.905,00 € | |
Standgebühren | − | 1750,00 € |
Wertverlust | − | 777,70 € |
Rechtsanwaltskosten | − | 546,50 € |
Schadenssumme | 3.830,80 € |
(3) Der Annahme eines Schadens in dieser Höhe steht der Verjährungseinwand der Beklagten nicht entgegen. Der Erfüllungsanspruch war nicht schon verjährt, als die Beklagte den Traktor anderweitig veräußerte. Der Anspruch auf Übergabe und Übereignung aus § 433 I 1 BGB verjährt binnen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Die Frist begann gemäß § 199 I BGB, da der Anspruch mit dem Kaufvertragsschluss im August 2013 entstand und ab dem 30.09.2013 fällig war, ab dem 01.01.2014 zu laufen und endete mit Ablauf des 31.12.2016. Da die Pflichtverletzung der Beklagten am 24.08.2016 durch die anderweitige Veräußerung (und Übereignung) erfolgte, war zu dieser Zeit noch keine Anspruchsverjährung eingetreten.
b) Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen, nachdem die Beklagte im Schriftsatz vom 03.07.2020 die erklärte Hilfsaufrechnung zurückgenommen hat.
c) Der Anspruch ist letztlich auch durchsetzbar.
aa) Ohne Erfolg beruft sich die Beklagtenseite auf die Einrede der Verjährung gemäß § 214 I BGB.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Die Verjährung beginnt gemäß § 199 I BGB mit Entstehung des Anspruchs. Das ist der Fall, wenn er erstmals gerichtlich geltend gemacht werden kann, was folglich sowohl das Entstehen des Anspruchs im materiell-rechtlichen Sinne als auch dessen Fälligkeit bedingt (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 79. Aufl. [2020], § 199 Rn. 3).
Wann das bei Schadensersatzansprüchen statt der Leistung der Fall ist, ist streitig.
Nach einer Auffassung, der ohne weitere Auseinandersetzung mit dem Streitstand auch das Amtsgericht folgt, soll die regelmäßige Verjährung des Schadensersatzanspruchs stets zugleich mit derjenigen des Erfüllungsanspruchs beginnen, sodass der Gläubiger mit der Verjährung des Erfüllungsanspruchs auch das monetäre Erfüllungsinteresse in Gestalt des Schadensersatzes statt der Leistung nicht mehr durchsetzen könne (Palandt/Ellenberger, a. a. O., § 199 Rn. 15; MünchKomm-BGB/Grothe, 8. Aufl. 2018, § 199 Rn. 24; BeckOK-BGB/Henrich, Stand: 01.08.2019, § 199 Rn. 14; NK-BGB/Dauner-Lieb, a. a. O., § 281 Rn. 66).
Nach anderer Auffassung ist der Schadensersatzanspruch dagegen verjährungsrechtlich als eigenständiger Anspruch zu betrachten, der frühestens mit der Pflichtverletzung und gegebenenfalls den weiteren Voraussetzungen der §§ 281 bis 283 BGB entsteht (BeckOGK/Riehm, Stand: 01.07.2019, § 280 Rn. 326; MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 281 Rn. 175; jeweils mit Verweis auf BGH, Urt. v. 09.06.1999 – VIII ZR 149/98, BGHZ 142, 36 = NJW 1999, 2884, 2886; Staudinger/Schwarze, BGB, Neubearb. 2014, § 280 Rn. G 5).
Die Kammer schließt sich in Abweichung von der amtsgerichtlichen Entscheidung der letztgenannten Auffassung an. Die Auffassung, die den Schadenersatz statt der Leistung mit dem Leistungsanspruch verjähren lassen will, überzeugt die Kammer nicht. Sie wird – wohl vornehmlich mit Blick auf § 281 BGB – mit der Besorgnis begründet, dass der Gläubiger es sonst in der Hand hätte, durch eine Fristsetzung kurz vor Verjährung des Leistungsanspruchs die Verjährungsfrist zu verdoppeln. Diese Möglichkeit besteht aber bei einem Schadensersatz statt der Leistung wegen Unmöglichkeit nicht, denn eine Fristsetzung ist nicht erforderlich und jedenfalls im vorliegenden Fall war es die Beklagte, die die Unmöglichkeit der Leistung herbeigeführt hat. Auch hat der Gesetzgeber lediglich den Rücktritt für ausgeschlossen erachtet, wenn der Leistungsanspruch verjährt ist (§ 218 I BGB). Für Schadensersatzansprüche fehlt es an einer solchen Regelung, ohne dass im Zuge der umfänglichen Neuregelung der Sekundärrechte belastbare Anhaltspunkte dafür bestünden, dass eine entsprechende Regelung für Schadensersatzansprüche statt der Leistung übersehen worden wären, sodass die Anwendungsvoraussetzungen einer Analoge nicht gegeben sind.
Ebenfalls nicht erfolgreich bemühen kann die Beklagte dabei die Regelung des § 217 BGB. Der an die Stelle des Hauptanspruchs tretende Schadensersatzanspruch nach § 283 BGB stellt schon keine Nebenleistung i. S. des § 217 BGB dar (BeckOK-BGB/Henrich, a. a. O., § 217 Rn. 4).
Der Schadensersatzanspruch verjährte daher grundsätzlich nicht vor Ablauf des 31.12.2019. Mit Rechtshängigkeit der Klage durch Zustellung an die Beklagtenseite (§§ 261 I, 253 I ZPO) unter dem 14.12.2018 ist allerdings bereits weit vorher gemäß § 204 I Nr. 1 BGB Hemmung eingetreten.
bb) Der pauschale Verweis der Beklagten auf Treu und Glauben steht dem Anspruch ebenfalls nicht entgegen. In der konkreten Gestaltung kommt allenfalls ein Anwendungsfall der Verwirkung in Betracht. Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, sodass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH, Urt. v. 16.10.2018 – XI ZR 69/18, NJW 2019, 66 Rn. 12).
Unabhängig davon, dass die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hierzu nichts vorgetragen hat, gibt der Sach- und Streitstand für die Annahme der Voraussetzungen nichts her. Im Ausgangspunkt lässt sich zwar festhalten, dass der Kläger auf mehrere Aufforderungen und trotz ganz überwiegender Kaufpreiszahlung im Wesentlichen untätig geblieben ist, sodass erwogen werden könnte, das Umstandsmoment zu bejahen, wobei die Beklagte durch die anderweitige Veräußerung des Traktors eine Vermögensdisposition im Vertrauen darauf getätigt hat, der Kläger werde seinen Erfüllungsanspruch nicht mehr geltend machen, sodass es treuwidrig erschiene, dass er sich – mit ergänzendem Blick auf seine eigene Vertragsuntreue (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. [2020], § 281 Rn. 35) – nunmehr auf einen Sekundäranspruch beruft.
Dies verliert aber aus dem Blick, dass die Beklagte diesem Verhalten nicht hilflos ausgeliefert war. Sie konnte auf Leistung des restlichen Kaufpreises und Abholung klagen oder sich selbst die erforderliche Sicherheit für eine anderweitige Verwertung schaffen, indem sie vom Kaufvertrag mit dem Kläger zurücktritt. Ohnehin ist ein irgendwie gearteter dolus malus des Klägers, der sein Petitum als treuwidrig erscheinen ließe, in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich. Vielmehr mangelte es ihm – wie auch das in zweiter Instanz gestellte Pkh-Gesuch neuerlich bestätigt – schlichtweg an den finanziellen Mitteln, um seiner Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung nachkommen zu können; mag es sich auch um eine in Relation zur Hauptforderung geringe Restforderung in Höhe von 94 € gehandelt haben.
Auch ist weiter zu differenzieren: Geltend gemacht wird nicht der ursprünglichen Anspruch auf Übergabe und Übereignung, sondern eben der Schadensersatzanspruch, der grundsätzlich erst mit der Veräußerung des Traktors im Sommer 2016 entstanden ist und von dessen Entstehung der Kläger erst kurz vor Verjährung des Leistungsanspruchs Ende Dezember 2016 erfuhr. Insoweit liegt schon kein hinreichender Zeitablauf vor, denn der Kläger forderte ja nur zehn Monate später schon zur Mitteilung des erzielten Erlöses auf.
2. Ein weitergehender Anspruch kann daneben aus § 285 BGB, dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, aus ungerechtfertigter Bereicherung und auch auf deliktischer Grundlage nicht hergeleitet werden.
a) Zwar liegen die Voraussetzungen des § 285 BGB vor, allerdings wäre der Anspruch von vornherein nur in Höhe des Verwertungserlöses von 4.205,88 € entstanden. Abzüglich der seitens der Beklagten in Aufrechnung gebrachten bzw. berücksichtigten Gegenforderungen verbliebe es daher lediglich bei einem Anspruch in Höhe von 1.131,68 €.
b) Ansprüche aus dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag in Gestalt der §§ 677, 681 Satz 1, § 667 BGB auf Herausgabe des Veräußerungserlöses und auf Schadensersatz nach § 678 BGB scheitern schon daran, dass die Grundvoraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vorliegen. Die Veräußerung des Traktors war nämlich für die Beklagte, die immer noch Eigentümerin des Traktors war, kein fremdes Geschäft, da es mangels Eigentumserwerbs des Klägers nicht in einen fremden Interessenkreis fiel. Eine Eigentumsübertragung nach § 929 Satz 1 BGB hat gerade nicht stattgefunden – es fehlt an der Übergabe in Gestalt der unmittelbaren Besitzverschaffung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Parteien ein Besitzmittlungsverhältnis i. S. der §§ 930, 868 BGB – etwa in Gestalt einer Verwahrung (§ 688 BGB) geschlossen haben – sodass es einer Übergabe nicht bedurfte.
c) Ein Anspruch aus §§ 989, 990 BGB scheitert daran, dass der Kläger noch nicht Eigentümer des Traktors war und damit keine Vindikationslage bestand.
d) Aus diesem Grunde liegt in der Veräußerungshandlung der Beklagten auch keine Eigentumsverletzung i. S. des § 823 I BGB.
e) Der Kläger hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Zahlung des vereinnahmten Kaufpreises aus § 812 I 1 Fall 2 BGB. Die Beklagte hat die Kaufpreiszahlung des Zweitkäufers nicht auf Kosten des Klägers erlangt, denn Gläubigerin des Kaufpreiszahlungsanspruchs aus dem Kaufvertrag war die insoweit berechtigte Beklagte.
Der Anspruch aus § 816 I BGB scheitert daran, dass die Beklagte als Eigentümerin Berechtigte war, und der Anspruch aus § 816 II BGB erforderte, dass der Kläger Berechtigter ist, was mangels Eigentümerstellung nicht der Fall war.
3. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 I 2, 291 Satz 1 BGB.
B. … Die Zulassung der Revision folgt aus § 543 II 1 Nr. 2 Fall 1 ZPO. Nachdem im Zusammenhang mit der Frage nach dem Umfang der Nacherfüllungspflicht bei den „Dieselskandal“-Fällen der BGH neuerlich betont hat, dass die Unterscheidung zwischen Gattungs- und Stückschuld dabei in den Hintergrund tritt, während insbesondere in der Literatur die Tendenz besteht, dieses Verständnis auch auf den (direkten) Anwendungsbereich des § 275 BGB zu übertragen (vgl. NK-BGB/Dauner-Lieb, a. a. O., § 275 Rn. 30 m. w. Nachw.), gibt die hiesige Konstellation, in der sich die Problematik akut stellt, Anlass, höchstrichterliche Leitsätze für die Bedeutung der Unterscheidung zwischen Stück- und Gattungsschuld im Allgemeinen Teil des BGB aufzuzeigen. Die Zulassung dient mithin der Fortbildung des Rechts.
Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Zwar hat die Kammer unter A II 1 a cc (2) der Entscheidungsgründe im vorletzten Absatz darauf abgestellt, dass die Übertragung der Grundsätze zum Umfang der Beschaffungspflicht im Rahmen des § 439 I BGB auf den hiesigen Fall, in dem das besondere Schuldrecht mangels Übergabe der Sache keine Anwendung findet, gleichsam zulässt, eine Unmöglichkeit der Leistungspflicht der Beklagten betreffend die Lieferung des streitgegenständlichen Traktors anzunehmen. Indes handelt es sich hierbei vor dem Hintergrund, dass die Kammer de lege lata für eine Übertragung der Wertungsmaßstäbe keinen Raum sieht, lediglich um eine Hilfsbegründung, die an der Entscheidungserheblichkeit der Rechtsfrage nichts ändert (Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl. [2020], § 543 Rn. 6a). …