1. Der Er­klä­rungs­ge­halt der bei Ab­schluss ei­nes Kauf­ver­trags über die Platt­form Ama­zon Mar­ket­place ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­er­klä­run­gen rich­tet sich auch nach den den Kauf von Mar­ket­place-Ar­ti­keln be­tref­fen­den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen von Ama­zon, so­weit bei­de Ver­trags­par­tei­en de­ren Gel­tung bei Ver­trags­schluss zu­ge­stimmt ha­ben (Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 31 m. w. Nachw).
  2. Die ge­schul­de­te Kauf­preis­zah­lung ist mit der von Ama­zon ver­an­lass­ten Gut­schrift des Kauf­prei­ses auf dem Ama­zon-Kon­to des Ver­käu­fers be­wirkt, so­dass die Kauf­preis­for­de­rung er­lischt. Mit der ein­ver­ständ­li­chen Ver­trags­ab­wick­lung über Ama­zon Mar­ket­place ver­ein­ba­ren die Kauf­ver­trags­par­tei­en je­doch zu­gleich still­schwei­gend, dass die Kauf­preis­for­de­rung wie­der­be­grün­det wird, wenn das Ama­zon-Kon­to des Ver­käu­fers auf­grund ei­nes er­folg­rei­chen A-bis-z-Ga­ran­tie­an­trags rück­be­las­tet wird (Fort­füh­rung von Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 32 ff.).

BGH, Ur­teil vom 01.04.2020 – VI­II ZR 18/19

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en strei­ten um An­sprü­che aus ei­nem über die In­ter­net-Platt­form Ama­zon Mar­ket­place ab­ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Ka­min­ofen zum Preis von 1.316 €.

Für die­sen Kauf­ver­trag galt die „Amazon.​de A-bis-z Ga­ran­tie“. In den hier maß­geb­li­chen Ga­ran­tie­be­din­gun­gen hieß es un­ter der Über­schrift „Vor­aus­set­zun­gen für die Be­an­tra­gung der Amazon.​de A-bis-z Ga­ran­tie“ un­ter an­de­rem:

„Wenn Sie bei Amazon.​de ei­ne Be­stel­lung bei Mar­ket­place-Ver­käu­fern auf­ge­ben, ga­ran­tie­ren wir für Zu­stand, recht­zei­ti­ge Lie­fe­rung des Ar­ti­kels so­wie Er­stat­tung in be­stimm­ten Fäl­len mit der A-bis-z-Ga­ran­tie. Al­le nach­fol­gen­den Vor­aus­set­zun­gen müs­sen für die In­an­spruch­nah­me der A-bis-z-Ga­ran­tie er­füllt sein:

  1. Sie ha­ben Ih­ren Mar­ket­place-Ver­käu­fer be­reits über Mein Kon­to kon­tak­tiert.
  2. Sie ha­ben 2 Werk­ta­ge auf ei­ne Ant­wort ge­war­tet.
  3. Sie ge­ben den A-bis-z Ga­ran­tie­an­trag bin­nen 90 Ta­gen nach dem letzt­mög­li­chen vor­aus­sicht­li­chen Lie­fer­da­tum auf.
  4. Es trifft min­des­tens ei­ner der fol­gen­den Fäl­le zu:
  • […]
  • Sie ha­ben die Wa­re er­hal­ten, die­se war je­doch be­schä­digt, de­fekt, ent­sprach nicht der vom Ver­käu­fer an­ge­ge­be­nen Be­schrei­bung, es ist kei­ne Re­pa­ra­tur oder Er­satz­lie­fe­rung mög­lich und der Ver­käu­fer hat Ih­nen den Kauf­preis oder die Ver­sand­kos­ten für Hin- und Rück­sen­dung nicht oder nicht voll­stän­dig er­stat­tet. […]
  • […]“

Der Ofen wur­de an die Be­klag­te aus­ge­lie­fert, von die­ser in­stal­liert und vom Schorn­stein­fe­ger ab­ge­nom­men. Die Be­klag­te über­wies den Kauf­preis auf ein Kon­to von Ama­zon. Der ein­ge­gan­ge­ne Geld­be­trag wur­de dem Ama­zon-Kon­to der Klä­ge­rin gut­ge­schrie­ben. In der Fol­ge gab Ama­zon ei­nem von der Be­klag­ten ge­stell­ten A-bis-z-Ga­ran­tie­an­trag statt, buch­te den Kauf­preis vom Kon­to der Klä­ge­rin wie­der ab und über­wies die­sen der Be­klag­ten zu­rück.

Die Klä­ge­rin hat von der Be­klag­ten die Be­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 1.316 € nebst Zin­sen so­wie die Er­stat­tung der Kos­ten au­ßer­ge­richt­li­cher Rechts­ver­fol­gung be­gehrt. Die Be­klag­te hat ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht we­gen di­ver­ser Män­gel gel­tend ge­macht. Die Kla­ge hat in ers­ter In­stanz Er­folg ge­habt. Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das Land­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on der Klä­ge­rin, die da­mit die Wie­der­her­stel­lung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils be­gehr­te, hat­te Er­folg: Das Ur­teil des Be­ru­fungs­ge­richts wur­de auf­ge­ho­ben und sie Sa­che an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

[7]    Aus den Grün­den: I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung sei­ner Ent­schei­dung, so­weit für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren von In­ter­es­se, im We­sent­li­chen aus­ge­führt: Mit der An­nah­me des Ga­ran­tie­falls durch den Platt­form­be­trei­ber Ama­zon sei für bei­de Par­tei­en des Kauf­ver­trags ver­bind­lich ent­schie­den, dass ge­gen­sei­ti­ge An­sprü­che zur Er­fül­lung des Kauf­ver­trags nicht mehr be­stün­den. Durch die Nut­zung der Platt­form und die von Ama­zon vor­ge­ge­be­nen Be­stim­mun­gen über die Ab­wick­lung des Kauf­ver­trags hät­ten sich bei­de Ver­trags­part­ner mit der An­wen­dung die­ser Re­ge­lun­gen ein­ver­stan­den er­klärt. Dem­nach kom­me die von Ama­zon der Be­klag­ten als Käu­fe­rin ge­währ­te A-bis-z-Ga­ran­tie zu­sätz­lich zu den all­ge­mei­nen Be­stim­mun­gen des Kauf­rechts zur An­wen­dung.

[8]    Das Ge­richt ha­be da­von aus­zu­ge­hen, dass im Rah­men der Ver­ein­ba­rung zwi­schen der Klä­ge­rin und Ama­zon über den Ver­kauf von Pro­duk­ten auf der Platt­form Ama­zon Mar­ket­place ei­ne Re­ge­lung da­hin ge­hend ge­trof­fen wor­den sei, dass die Klä­ge­rin als Ver­käu­fe­rin an die Ent­schei­dung von Ama­zon im Rah­men ei­ner Ga­ran­tie­ge­wäh­rung ge­bun­den sei. Zwar sei aus den der Käu­fe­rin er­sicht­li­chen Ga­ran­tie­be­din­gun­gen nichts da­für er­sicht­lich, dass mit der Be­ja­hung des Ga­ran­tie­falls zu­gleich die Er­fül­lungs­an­sprü­che der Ver­käu­fe­rin un­ter­gin­gen. Die Be­stim­mun­gen ent­hiel­ten aber auch kei­nen Vor­be­halt da­hin ge­hend, dass sich der Ver­käu­fer der Ent­schei­dung von Ama­zon an­schlie­ßen müs­se, da­mit der be­stä­tig­te Ga­ran­tie­fall zu ei­ner Rück­ab­wick­lung des Ver­trags füh­re. Un­ab­hän­gig von der Ver­ein­ba­rung zwi­schen der Klä­ge­rin und Ama­zon im De­tail lie­ßen be­reits die dem Käu­fer be­kann­ten Re­ge­lun­gen über die Ga­ran­tie kei­ne Aus­le­gung da­hin ge­hend zu, dass da­mit nur vor­läu­fig über An­sprü­che des Käu­fers durch Ama­zon ent­schie­den sei, die­se Ent­schei­dung aber den Kauf­ver­trag der Par­tei­en nicht be­rüh­re und der Käu­fer er­neut durch den Ver­käu­fer in An­spruch ge­nom­men wer­den kön­ne. So­weit sich die Klä­ge­rin ge­gen die An­nah­me ei­nes Ga­ran­tie­falls durch ih­re Ver­trags­part­ne­rin Ama­zon wen­de, sei – ge­ge­be­nen­falls – al­lein Ama­zon in An­spruch zu neh­men, nicht aber der Käu­fer, dem ein Ga­ran­tie­fall be­stä­tigt wor­den sei.

[9]    Der Fall sei nicht mit dem vom BGH ent­schie­de­nen Fall des Zah­lungs­dienst­leis­ters Pay­Pal (Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33) ver­gleich­bar. Ama­zon er­brin­ge ne­ben der blo­ßen Ab­wick­lung des Zah­lungs­ver­kehrs zu­gleich ei­ge­ne wei­te­re Leis­tun­gen, die dem Un­ter­neh­men ei­ne ge­son­der­te Stel­lung in­ner­halb des Ver­trags­ver­hält­nis­ses zwi­schen den Par­tei­en des Kauf­ver­trags zu­wei­se.

[10]   II. Die­se Be­ur­tei­lung hält recht­li­cher Nach­prü­fung nicht stand. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung kann ein An­spruch der Klä­ge­rin auf Kauf­preis­zah­lung nicht ver­neint wer­den. Die von Ama­zon nach den Re­ge­lun­gen der A-bis-z-Ga­ran­tie be­wil­lig­te Ga­ran­tie so­wie die auf die­ser Grund­la­ge von Ama­zon ver­an­lass­te Rück­erstat­tung des Kauf­prei­ses an die Be­klag­te ste­hen der Gel­tend­ma­chung des An­spruchs auf Kauf­preis­zah­lung (§ 433 II BGB) nicht ent­ge­gen. Die­ser ist zwar durch Gut­schrift des Be­trags auf dem Ama­zon-Kon­to der Klä­ge­rin er­lo­schen. Mit der ein­ver­ständ­li­chen Ver­trags­ab­wick­lung über Ama­zon Mar­ket­place ha­ben die Par­tei­en die Kauf­preis­for­de­rung aber für den Fall wie­der­be­grün­det, dass das Ama­zon-Kon­to der Klä­ge­rin auf­grund ei­nes er­folg­rei­chen A-bis-z-Ga­ran­tie­an­trags der Be­klag­ten rück­be­las­tet wird.

[11]   1. Der Kauf­preis­an­spruch der Klä­ge­rin ist durch die vor­be­halt­lo­se Gut­schrift des ge­schul­de­ten Be­trags auf ih­rem Ama­zon-Kon­to er­lo­schen. Das Ri­si­ko der Rück­bu­chung bei er­folg­rei­cher In­an­spruch­nah­me der Ama­zon A-bis-z-Ga­ran­tie steht der Er­fül­lungs­wir­kung nicht ent­ge­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 15 ff. [zum in­so­weit ver­gleich­ba­ren Be­zahl­sys­tem Pay­Pal]).

[12]   Die Er­fül­lungs­wir­kung ist durch die Rück­bu­chung nicht rück­wir­kend ent­fal­len. Ei­ne ver­trag­lich ver­ein­bar­te auf­lö­sen­de Be­din­gung für den Fall der Rück­bu­chung ist eben­so we­nig an­zu­neh­men wie ein ver­ein­bar­ter Vor­be­halt der Rück­for­de­rung (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 23 ff.). Auch in­so­weit ist die hier vor­lie­gen­de Fall­ge­stal­tung ver­gleich­bar mit der vom Se­nat ent­schie­de­nen Kon­stel­la­ti­on ei­ner Rück­bu­chung nach der Ge­wäh­rung des Pay­Pal-Käu­fer­schut­zes. Die Ent­schei­dung über die Rück­bu­chung des Kauf­prei­ses bei ei­nem er­folg­rei­chen A-bis-z-Ga­ran­tie­an­trag er­folgt auch hier nicht im Ver­hält­nis zwi­schen Käu­fer und Ver­käu­fer, son­dern be­ruht auf ei­ner be­son­de­ren Dienst­leis­tungs­ab­re­de zwi­schen Ama­zon und dem Käu­fer, wo­bei al­lein Ama­zon die Be­fug­nis ein­ge­räumt ist, ei­gen­stän­dig zu ent­schei­den, ob der Kauf­preis er­stat­tet wird.

[13]   2. Mit dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags über die Platt­form Ama­zon Mar­ket­place ha­ben die Ver­trags­par­tei­en in­des bei Ver­trags­schluss still­schwei­gend ver­ein­bart, dass die ge­tilg­te Kauf­preis­for­de­rung wie­der­be­grün­det wird, wenn – wie vor­lie­gend ge­sche­hen – das Ama­zon-Kon­to der Klä­ge­rin nach ei­nem er­folg­rei­chen A-bis-z-Ga­ran­tie­an­trag rück­be­las­tet wird.

[14]   Hier­bei ist un­er­heb­lich, ob die Vor­aus­set­zun­gen der A-bis-z-Ga­ran­tie tat­säch­lich vor­la­gen. Dies er­gibt sich nach Maß­ga­be der ge­bo­te­nen – dem Se­nat selbst mög­li­chen – nach bei­den Sei­ten hin in­ter­es­sen­ge­rech­ten Ver­trags­aus­le­gung.

[15]   a) Der Er­klä­rungs­ge­halt der bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags über die Platt­form Ama­zon Mar­ket­place ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­er­klä­run­gen (§§ 133, 157 BGB) rich­tet sich auch nach den den Kauf von Mar­ket­place-Ar­ti­keln be­tref­fen­den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen von Ama­zon, de­nen – wie das Land­ge­richt von der Re­vi­si­on un­be­an­stan­det fest­ge­stellt hat – die Par­tei­en vor der Nut­zung der In­ter­net­platt­form zu­ge­stimmt ha­ben (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 31 [zu den Pay­Pal-AGB]; Urt. v. 24.08.2016 – VI­II ZR 100/15, BGHZ 211, 331 Rn. 19 [zu den eBay-AGB]; je­weils m. w. Nachw.). Hier­zu ge­hö­ren ins­be­son­de­re die un­ter der Über­schrift „Vor­aus­set­zun­gen für die Be­an­tra­gung der Ama­zon A-bis-z Ga­ran­tie“ ent­hal­te­nen, zwi­schen Ama­zon und der Be­klag­ten als Käu­fe­rin gel­ten­den Re­ge­lun­gen. De­ren Aus­sa­ge­ge­halt ist da­her ent­spre­chend in die Aus­le­gung der von den Ver­trags­par­tei­en ab­ge­ge­be­nen Wil­lens­er­klä­run­gen ein­zu­be­zie­hen.

[16]   b) Hier­nach be­stand zwi­schen den Par­tei­en bei Ver­trags­schluss Ei­nig­keit dar­über, dass auch im Fal­le ei­nes er­folg­rei­chen An­trags auf Be­wil­li­gung ei­ner A-bis-z-Ga­ran­tie und der des­halb von Ama­zon vor­ge­nom­me­nen Rück­bu­chung des Kauf­prei­ses die ge­setz­li­chen und ver­trag­li­chen Rech­te bei­der Par­tei­en un­ab­hän­gig von der Ent­schei­dung über die Ge­wäh­rung der Ga­ran­tie Be­stand ha­ben soll­ten. We­der aus den bei­den Ver­trags­par­tei­en be­kann­ten Re­ge­lun­gen über die A-bis-z-Ga­ran­tie noch aus sons­ti­gen Um­stän­den er­ge­ben sich An­halts­punk­te da­für, dass die Ent­schei­dung über den Ga­ran­tie­an­trag auch den Ver­käu­fer im Ver­hält­nis zum Käu­fer bin­den soll­te und die Ver­trags­par­tei­en dies zum In­halt des Kauf­ver­trags ge­macht ha­ben. Im Ge­gen­teil spre­chen die be­rech­tig­ten In­ter­es­sen und Er­war­tun­gen der Kauf­ver­trags­par­tei­en ge­gen ei­ne der­ar­ti­ge Bin­dungs­wir­kung und da­für, dass das bei Ver­trags­schluss ver­ein­bar­te Recht wei­ter­hin über das Be­ste­hen der ver­trag­li­chen An­sprü­che so­wie et­wai­ge Leis­tungs­stö­run­gen ent­schei­den soll­te. Hier­aus folgt zu­gleich, dass nach dem Wil­len der Par­tei­en im Fal­le der Rück­bu­chung die Kauf­preis­for­de­rung wie­der­be­grün­det und über de­ren Be­rech­ti­gung nach dem für den Ver­trag gel­ten­den Recht ent­schie­den wer­den soll­te.

[17]   aa) Auch wenn die zwi­schen Ama­zon und der Käu­fe­rin gel­ten­den Re­ge­lun­gen der A-bis-z-Ga­ran­tie bei der Aus­le­gung der Wil­lens­er­klä­run­gen der Kauf­ver­trags­par­tei­en zu be­rück­sich­ti­gen sind, kann hier­aus nicht ge­schlos­sen wer­den, dass die­se ei­ne Bin­dungs­wir­kung der Ga­ran­tie­ent­schei­dung für die Kauf­preis­for­de­rung ver­ein­ba­ren woll­ten. Denn die­sen Re­ge­lun­gen ist nicht zu ent­neh­men, dass de­ren Ge­wäh­rung Aus­wir­kun­gen auf den Kauf­ver­trag und die Kauf­preis­for­de­rung ha­ben soll. Sie ent­hal­ten hier­zu kei­ne Aus­sa­ge. Ge­re­gelt ist hier­in le­dig­lich, dass Ama­zon dem Käu­fer die­se Ga­ran­tie ge­währt und wel­che Vor­aus­set­zun­gen hier­für er­füllt sein müs­sen.

[18]   bb) Aus et­wai­gen Re­ge­lun­gen zwi­schen Ama­zon und der Klä­ge­rin als Ama­zon Mar­ket­place nut­zen­de Ver­käu­fe­rin er­gibt sich eben­falls nicht, dass die Par­tei­en ei­ne Bin­dungs­wir­kung der Ga­ran­tie­ent­schei­dung für die Rech­te aus dem Kauf­ver­trag ver­ein­bart ha­ben.

[19]   Nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich ist in­so­weit, ob die Ver­mu­tung des Land­ge­richts zu­trifft, wo­nach zwi­schen Ama­zon und der Klä­ge­rin als Ver­käu­fe­rin ei­ne Re­ge­lung da­hin ge­hend ge­trof­fen wur­de, dass die­se an die Ent­schei­dung von Ama­zon ge­bun­den ist, und ob ei­ne sol­che Re­ge­lung über­haupt zu­läs­sig wä­re. Denn ei­ne et­wai­ge, der Be­klag­ten nicht be­kann­te der­ar­ti­ge Re­ge­lung wä­re für die Aus­le­gung der ver­trag­li­chen Er­klä­run­gen der Kauf­ver­trags­par­tei­en nach §§ 133, 157 BGB nicht re­le­vant, da nur bei­den Ver­trags­par­tei­en be­kann­te und von ih­nen über­ein­stim­mend in den Ver­trag ein­be­zo­ge­ne Re­ge­lun­gen Ein­fluss auf den Aus­sa­ge­ge­halt ih­rer nach ob­jek­ti­vem Emp­fän­ger­ho­ri­zont aus­zu­le­gen­den Wil­lens­er­klä­run­gen ha­ben kön­nen.

[20]   cc) Den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en ent­spricht al­lein die Aus­le­gung, wo­nach die Ga­ran­tie­ent­schei­dung sie in ih­rem ge­gen­sei­ti­gen Ver­hält­nis nicht bin­det und der Ver­käu­fer hier­durch nicht an der Gel­tend­ma­chung der Kauf­preis­for­de­rung ge­hin­dert wird, was zu­gleich die Wie­der­be­grün­dung der er­lo­sche­nen Kauf­preis­for­de­rung be­dingt.

[21]   (1) Es wi­der­sprä­che den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der am Kauf­ver­trag Be­tei­lig­ten, ei­ne Kauf­ver­trags­par­tei durch den Aus­schluss oder die Ein­schrän­kung ge­setz­li­cher oder ver­trag­li­cher Rech­te un­an­ge­mes­sen zu be­güns­ti­gen. So be­steht kein Zwei­fel, dass es dem Käu­fer un­be­nom­men bleibt, nach ei­nem er­folg­lo­sen Ga­ran­tie­an­trag die staat­li­chen Ge­rich­te in An­spruch zu neh­men, um Män­gel­ge­währ­leis­tungs­rech­te oder im Fall ei­ner nicht er­brach­ten Leis­tung sei­nen An­spruch auf Rück­ge­währ des Kauf­prei­ses un­ter den ge­setz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen gel­tend zu ma­chen. Dies er­gibt sich be­reits dar­aus, dass ei­ne Ga­ran­tie nach dem ge­setz­li­chen Re­ge­lungs­sys­tem die kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rech­te un­be­rührt lässt (vgl. Se­nat, Urt. v. 27.09.2017 – VI­II ZR 99/16, NJW 2018, 387 Rn. 22, 27) und Ab­wei­chen­des zwi­schen den Kauf­ver­trags­par­tei­en nicht ver­ein­bart ist. Des­halb ist es zur Ver­mei­dung ei­nes nach ob­jek­ti­ven Maß­stä­ben nicht trag­ba­ren ver­trag­li­chen Un­gleich­ge­wichts al­lein in­ter­es­sen­ge­recht, dass der Ver­käu­fer nach ei­nem er­folg­rei­chen Ga­ran­tie­an­trag des Käu­fers wie­der be­rech­tigt ist, auf die Kauf­preis­for­de­rung zu­rück­zu­grei­fen und zu ih­rer Durch­set­zung ge­ge­be­nen­falls die staat­li­chen Ge­rich­te an­zu­ru­fen (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 35 [zu den Pay­Pal-AGB]).

[22]   (2) Ei­ne Bin­dung des Ver­käu­fers an die Ga­ran­tie­ent­schei­dung von Ama­zon wür­de über­dies zu dem we­der trag­ba­ren noch in­ter­es­sen­ge­rech­ten Er­geb­nis füh­ren, dass über die ver­schie­de­nen An­sprü­che aus dem ein­heit­li­chen Ver­trags­ver­hält­nis nach un­ter­schied­li­chen Re­ge­lun­gen ent­schie­den wür­de. Der An­spruch des Ver­käu­fers auf Kauf­preis­zah­lung wür­de nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen von Ama­zon be­schie­den, wäh­rend für die Rech­te des Käu­fers die ver­trag­li­chen und ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen gel­ten wür­den. In­so­weit be­stün­de die Ge­fahr von Wer­tungs­wi­der­sprü­chen und ge­gen­läu­fi­gen Ent­schei­dun­gen, was den be­rech­tig­ten In­ter­es­sen der Kauf­ver­trags­par­tei­en an ei­ner fai­ren Ver­trags­ge­stal­tung zu­wi­der­lie­fe.

[21]   (3) Die be­rech­tig­ten Er­war­tun­gen des Käu­fers wer­den durch die Wie­der­be­grün­dung der Kauf­preis­for­de­rung nicht be­ein­träch­tigt. Zwar sug­ge­riert der Wort­laut „A-bis-z-Ga­ran­tie“ vor­der­grün­dig ei­ne ab­schlie­ßen­de Re­ge­lung zu­guns­ten des Käu­fers, je­doch wird aus den Richt­li­ni­en hier­zu deut­lich, dass es hier­bei nur um ein von Ama­zon ge­währ­tes Recht geht. Der ver­stän­di­ge, red­li­che Käu­fer kann trotz des Wort­lauts nicht er­war­ten, dass der Ver­käu­fer durch die Ent­schei­dung des am Kauf­ver­trag nicht be­tei­lig­ten Platt­form­be­trei­bers sei­ne Rech­te ihm ge­gen­über ver­liert. Die­sem kä­me im Fal­le ei­ner Bin­dungs­wir­kung die Rol­le ei­nes Schieds­rich­ters zu, der al­ler­dings in ei­nem weit­ge­hend un­ge­re­gel­ten Ver­fah­ren oh­ne hin­rei­chen­de Be­tei­li­gung bei­der Par­tei­en nach ei­ge­nem Er­mes­sen und oh­ne Bin­dung an die be­ste­hen­de Rechts­la­ge ent­schei­den könn­te. So se­hen die Re­ge­lun­gen zur A-bis-z-Ga­ran­tie nicht vor, dass Ama­zon hier­bei die be­ste­hen­de Rechts­la­ge zu be­rück­sich­ti­gen hät­te und sei­ne Ent­schei­dung an den für den Kauf­ver­trag gel­ten­den ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten aus­zu­rich­ten hat. Der von Ama­zon im Rah­men des Ga­ran­tie­an­trags an­ge­wand­te Prü­fungs­maß­stab bleibt un­klar. Nicht ge­re­gelt ist wei­ter, dass und wie der Käu­fer das Vor­lie­gen der Ga­ran­tie­vor­aus­set­zun­gen nach­wei­sen muss. Es ist kein Ver­fah­ren für den Fall sich wi­der­spre­chen­der Mei­nun­gen von Ver­käu­fer und Käu­fer zum Vor­lie­gen des Ga­ran­tie­falls vor­ge­ge­ben und kei­ne hin­rei­chen­de Mög­lich­keit des Ver­käu­fers vor­ge­se­hen, die Ent­schei­dung über die Ge­wäh­rung der Ga­ran­tie an­zu­grei­fen und ei­ne Rück­bu­chung zu ver­hin­dern. Ei­ne sach- und in­ter­es­sen­ge­rech­te aus­ge­wo­ge­ne Re­ge­lung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses der Par­tei­en kann dem­nach durch die Ga­ran­tie­ent­schei­dung of­fen­sicht­lich nicht er­fol­gen. An­ge­sichts des­sen hat der Käu­fer kei­nen Grund zu der An­nah­me, dass der Ver­käu­fer sich den­noch der Ent­schei­dung von Ama­zon bin­dend un­ter­wer­fen und da­mit ei­nen der­ar­tig weit­ge­hen­den Ein­griff in sei­ne Rech­te als Ver­käu­fer zu­las­sen möch­te.

[22]   (4) Die A-bis-z-Ga­ran­tie ver­liert hier­durch nicht ih­ren Nut­zen. Im Ge­gen­teil ver­blei­ben dem Käu­fer be­trächt­li­che Vor­tei­le ei­nes er­folg­rei­chen Ga­ran­tie­an­trags. Er er­langt sei­ne Kauf­preis­zah­lung zu­rück, oh­ne dass er die­sen An­spruch ein­kla­gen und zur Über­prü­fung der Ge­rich­te stel­len muss. Ei­ne Durch­set­zung im We­ge der Zwangs­voll­stre­ckung mit den da­mit ver­bun­de­nen Sol­venz­ri­si­ken bleibt ihm er­spart. Die Pro­zess­füh­rungs­last liegt durch die Rück­bu­chung auf­sei­ten des Ver­käu­fers.

[23]   (5) Schließ­lich ist es auch sach­ge­recht, Strei­tig­kei­ten über Leis­tungs­stö­run­gen ab­schlie­ßend im Ver­hält­nis der Kauf­ver­trags­par­tei­en zu klä­ren und nicht ei­ne Par­tei, hier den Ver­käu­fer, ge­ge­be­nen­falls auf ei­nen Rechts­streit ge­gen den Platt­form­be­trei­ber zu ver­wei­sen (eben­so für Pay­Pal: Se­nat, Urt. v. 22.11.2017 – VI­II ZR 83/16, BGHZ 217, 33 Rn. 45). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts ist dies im Fall von Ama­zon nicht an­ders zu be­wer­ten als bei Pay­Pal. Auch wenn Ama­zon nicht nur als Zah­lungs­dienst­leis­ter fun­giert, son­dern zu­gleich die Ver­kaufs­platt­form zur Ver­fü­gung ge­stellt und Richt­li­ni­en für den Ver­kauf über Ama­zon Mar­ket­place auf­ge­stellt hat, er­gibt sich hier­aus kei­ne Be­tei­li­gung an dem Ver­trags­ver­hält­nis zwi­schen Ver­käu­fer und Käu­fer und kein In­ter­es­se von Ama­zon dar­an, selbst Par­tei von Rechts­strei­tig­kei­ten über Leis­tungs­stö­run­gen zu wer­den.

[24]   dd) Nur er­gän­zend weist der Se­nat dar­auf hin, dass die­se Aus­le­gung be­stä­tigt wird durch § 12 der auf der In­ter­net­sei­te von Ama­zon ab­ruf­ba­ren All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (Stand: 26.06.2019), wo­nach der Ver­trag bei ei­ner Trans­ak­ti­on über Ama­zon Mar­ket­place aus­schließ­lich zwi­schen Käu­fer und Ver­käu­fer ge­schlos­sen wird, Ama­zon nicht Ver­trags­part­ner ist, für Re­kla­ma­tio­nen aus­schließ­lich der Ver­käu­fer zu­stän­dig ist und die Ama­zon A-bis-z-Ga­ran­tie le­dig­lich zu­sätz­lich zu den ge­setz­li­chen oder ver­trag­li­chen Rech­ten ge­währt wird. Hier­aus ist zu ent­neh­men, dass de­ren Aus­übung kei­ne Aus­wir­kun­gen auf den Kauf­ver­trag ha­ben soll. Zwar kön­nen die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen mit ak­tu­el­lem Stand nicht auf den ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag an­ge­wandt und da­mit für die Aus­le­gung der Wil­lens­er­klä­run­gen der Par­tei­en nicht her­an­ge­zo­gen wer­den und sind die für die­sen Ver­trag an­zu­wen­den­den, bei Ver­trags­schluss gel­ten­den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen nicht be­kannt, je­doch be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass in­so­weit da­mals an­der­wei­ti­ge Re­ge­lun­gen gal­ten und Ama­zon zum da­ma­li­gen Zeit­punkt sei­ne Rol­le noch an­ders de­fi­niert hat.

[25]   ee) Aus Vor­ste­hen­dem er­gibt sich wei­ter, dass es für die Wie­der­be­grün­dung der Kauf­preis­for­de­rung letzt­lich un­er­heb­lich ist, ob ein Ga­ran­tie­fall über­haupt vor­lag, Ama­zon die Vor­aus­set­zun­gen der A-bis-z-Ga­ran­tie al­so zu Recht be­jaht hat. Ent­schei­dend ist die Rück­bu­chung des Kauf­prei­ses nach Statt­ga­be des An­trags. Denn die­se führt un­ab­hän­gig von de­ren Be­rech­ti­gung da­zu, dass dem Ver­käu­fer der Be­trag nicht mehr zur Ver­fü­gung steht und er die­sen nun­mehr gel­tend ma­chen muss. Die Be­rech­ti­gung sei­nes An­spruchs rich­tet sich nach den für das Ver­trags­ver­hält­nis fort­gel­ten­den ge­setz­li­chen und ver­trag­li­chen Rech­ten, was die Wie­der­be­grün­dung der For­de­rung be­dingt. Ob die Vor­aus­set­zun­gen der Ama­zon A-bis-z-Ga­ran­tie tat­säch­lich vor­la­gen, spielt hier­bei kei­ne Rol­le.

[26]   III. Nach al­le­dem hat das Be­ru­fungs­ur­teil kei­nen Be­stand; es ist auf­zu­he­ben (§ 562 I ZPO). Der Rechts­streit ist noch nicht zur End­ent­schei­dung reif, da das Be­ru­fungs­ge­richt – von sei­nem Rechts­stand­punkt aus fol­ge­rich­tig – kei­ne hin­rei­chen­den Fest­stel­lun­gen da­zu ge­trof­fen hat, ob der Be­klag­ten ge­gen den Kauf­preis­an­spruch das von ihr gel­tend ge­mach­te Zu­rück­be­hal­tungs­recht we­gen Män­geln des Ofens zu­steht und ob – wie die Klä­ge­rin meint – dem die Ver­let­zung der Rü­ge­ob­lie­gen­heit nach § 377 HGB ent­ge­gen­steht. Die Sa­che ist da­her zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO).

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