Die Daim­ler AG hat Käu­fer ih­rer mit ei­nem „Ther­mo­fens­ter“ ver­se­he­nen Fahr­zeu­ge auch dann nicht i. S. von § 826 BGB in sit­ten­wid­ri­ger Wei­se vor­sätz­lich ge­schä­digt, wenn ein „Ther­mo­fens­ter“ ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ist. Denn an­ders als den Ver­ant­wort­li­chen der Volks­wa­gen AG kann den Ver­ant­wort­li­chen der Daim­ler AG nicht oh­ne Wei­te­res un­ter­stellt wer­den, dass sie im Be­wusst­sein agiert ha­ben, mög­li­cher­wei­se ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zu ver­wen­den. Viel­mehr muss ins­be­son­de­re mit Blick dar­auf, dass als Recht­fer­ti­gung für ein „Ther­mo­fens­ter“ ernst­haft er­wo­gen wer­den kann, den Mo­tor vor Schä­di­gung zu schüt­zen, in Be­tracht ge­zo­gen wer­den, dass die Ver­ant­wort­li­chen der Daim­ler AG das Recht (mög­li­cher­wei­se) falsch, aber den­noch ver­tret­bar aus­ge­legt und an­ge­wen­det ha­ben.

OLG Ko­blenz, Ur­teil vom 20.01.2020 – 12 U 1593/19

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 04.02.2017 von ei­nem pri­va­ten Ver­käu­fer für 13.000 € ei­nen ge­brauch­ten, am 07.11.2011 erst­zu­ge­las­se­nen Pkw Mer­ce­des-Benz C 220 CDI mit ei­ner Lauf­leis­tung von 69.838 km.

Das Fahr­zeug ist werks­sei­tig mit ei­nem Die­sel­mo­tor der Bau­rei­he OM 651 (Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet. Für den Fahr­zeug­typ wur­de ei­ne Typ­ge­neh­mi­gung nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 mit der Schad­stoff­klas­se Eu­ro 5 er­teilt.

Bei dem Pkw des Klä­gers wird ein va­ria­bler An­teil der Ab­ga­se wie­der der Ver­bren­nung im Mo­tor zu­ge­führt, was zu ei­ner Ver­rin­ge­rung der Stick­oxid(NOX)-Emis­sio­nen führt. Das Aus­maß der Ab­gas­rück­füh­rung hängt un­ter an­de­rem von der Au­ßen­tem­pe­ra­tur ab, wo­bei zwi­schen den Par­tei­en strei­tig ist, bei wel­chen Au­ßen- oder La­de­luft­tem­pe­ra­tu­ren die Ab­gas­rück­füh­rung re­du­ziert wird („Ther­mo­fens­ter“).

Der Klä­ger be­haup­tet, die Be­klag­te ha­be auch in sei­nem Fahr­zeug ei­ne Soft­ware in­stal­liert, die be­wir­ke, dass bei ei­nem Emis­si­ons­test auf ei­nem Prüf­stand Mess­wer­te er­reicht wür­den, die un­ter den tat­säch­li­chen Emis­si­ons­wer­ten und den ein­schlä­gi­gen Grenz­wer­ten lä­gen, wäh­rend im nor­ma­len Fahr­be­trieb die ein­schlä­gi­gen Grenz­wer­te nicht ein­ge­hal­ten wür­den. Die Be­klag­te ha­be in das Fahr­zeug ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung in Ge­stalt ei­nes „Ther­mo­fens­ters“ im­ple­men­tiert: Zu­min­dest bei Tem­pe­ra­tu­ren von un­ter 7 °C fin­de kei­ne Ab­gas­rück­füh­rung mehr statt lie­ge. Da­mit ha­be die Be­klag­te aus rei­nem Ge­winn­stre­ben ge­zielt Um­welt­vor­ga­ben um­gan­gen und die Kauf­ent­schei­dung ih­rer Kun­den ma­ni­pu­la­tiv be­ein­flusst, die Wett­be­wer­ber be­nach­tei­ligt und die Um­welt ge­schä­digt, so­dass Ge­sund­heits­ge­fah­ren droh­ten. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ha­be da­durch ei­nen er­heb­li­chen Wert­ver­lust er­lit­ten.

Der Klä­ger hat in ers­ter In­stanz be­an­tragt, die Be­klag­te zur Zah­lung von 12.762,10 € nebst Zin­sen, Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Mer­ce­des-Benz C 220 CDI, und zum Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 958,19 € zu ver­ur­tei­len.

Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, im Fahr­zeug des Klä­gers sei kei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung in­stal­liert.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, dass dem Klä­ger we­der An­sprü­che aus § 826 BGB noch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB zu­stün­den. Die Aus­le­gung der Be­klag­ten, die von ihr ein­ge­setz­te tem­pe­ra­tur­ge­steu­er­te Ab­gas­rück­füh­rung sei ei­ne (zu­läs­si­ge) Ein­rich­tung zum Schutz des Mo­tors i. S. von Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 sei je­den­falls ver­tret­bar, so­dass der Be­klag­ten nicht der Vor­wurf ei­ner sit­ten­wid­ri­gen schä­di­gen­den Hand­lung ge­macht wer­den kön­ne. Dies gel­te selbst dann, wenn an­stel­le der tem­pe­ra­tur­ge­steu­er­ten Ab­gas­rück­füh­rung heut­zu­ta­ge „bes­se­re Tech­no­lo­gi­en“ zur Ver­fü­gung stün­den, um nied­ri­ge­re Emis­sio­nen zu er­mög­li­chen. Die Be­klag­te dür­fe auch in die­sem Fall un­ter wirt­schaft­li­chen Ge­sichts­punk­ten der Über­zeu­gung sein, in Ver­fol­gung ei­nes er­laub­ten In­ter­es­ses zu han­deln. Ein An­spruch aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB schei­te­re be­reits an der feh­len­den Stoff­gleich­heit von Ver­mö­gens­scha­den und er­streb­ten Ver­mö­gens­vor­teil, da der Klä­ger das Fahr­zeug nicht un­mit­tel­bar von der Be­klag­ten er­wor­ben ha­be.

Mit sei­ner da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat der Klä­ger sein Kla­ge­be­geh­ren un­ver­än­dert wei­ter­ver­folgt und gel­tend ge­macht, das in sei­nem Fahr­zeug vor­han­de­ne „Ther­mo­fens­ter“ sei ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung. Ein Fahr­zeug­her­stel­ler, der – wie die Be­klag­te – vom grund­sätz­li­chen Ver­bot von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen ab­wei­chen wol­le, müs­se dies be­son­ders recht­fer­ti­gen. Die Be­klag­te ha­be in­des nicht nach­ge­wie­sen, dass das „Ther­mo­fens­ter“ er­for­der­lich sei, um der Ge­fahr ei­ner Ver­sot­tung des Mo­tors zu be­geg­nen. Im Üb­ri­gen er­ge­be sich der gel­tend ge­mach­te An­spruch auch aus § 823 II BGB i. V. mit §§ 6, 27 I EG-FGV.

Die Be­ru­fung hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Dem Klä­ger steht ge­gen die Be­klag­te kein An­spruch auf Scha­dens­er­satz aus § 826 BGB we­gen ei­nes von ihm be­haup­te­ten Ver­mö­gens­scha­dens in­fol­ge der Aus­stat­tung des Fahr­zeugs mit ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung zu. Dem Klä­ger ist von der Be­klag­ten nicht in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ein Scha­den zu­ge­fügt wor­den.

a) Zu­nächst ist in pro­zes­sua­ler Hin­sicht fest­zu­hal­ten, dass der Se­nat nicht ge­hal­ten war, den vor­lie­gen­den Rechts­streit im Hin­blick auf die vom LG Fran­ken­thal zu dem dor­ti­gen Ak­ten­zei­chen 2 O 13/19 be­an­trag­te Vor­ab­ent­schei­dung des EuGH nach Art. 267 I lit. a, II AEUV aus­zu­set­zen. Ge­gen­stand des dor­ti­gen Vor­la­ge­ver­fah­rens ist die Fra­ge­stel­lung, wie der im Zu­sam­men­hang mit der aus­nahms­wei­se sta­tu­ier­ten Zu­läs­sig­keit ei­ner Ab­schalt­ein­rich­tung zum Schutz des Mo­tors vor Be­schä­di­gung oder Un­fall oder zur Ge­währ­leis­tung ei­nes si­che­ren Be­triebs des Fahr­zeugs ver­wen­de­te Be­griff „not­wen­dig“ i. S. des Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 aus­zu­le­gen ist. Die Be­ant­wor­tung die­ser Fra­ge­stel­lung hat für die Be­ur­tei­lung des dem Se­nat zur Ent­schei­dung vor­ge­leg­ten Sach­ver­halts kei­ne recht­li­chen Aus­wir­kun­gen. Un­ab­hän­gig von der Fra­ge der uni­ons­recht­li­chen Zu­läs­sig­keit ei­nes in dem Fahr­zeug des Klä­gers ver­bau­ten „Ther­mo­fens­ters“ hat die Kla­ge – und da­mit auch die ge­gen das kla­ge­ab­wei­sen­de Ur­teil ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers – aus an­de­ren, im Fol­gen­den noch dar­zu­le­gen­den Grün­den kei­nen Er­folg.

Es ist grund­sätz­lich aus­schließ­lich Sa­che der mit dem Rechts­streit be­fass­ten na­tio­na­len Ge­rich­te, die die Ver­ant­wor­tung für die ab­schlie­ßen­de rich­ter­li­che Ent­schei­dung tra­gen, un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Be­son­der­hei­ten des Rechts­streits so­wohl die Not­wen­dig­keit ei­ner Vor­ab­ent­schei­dung als auch den Ge­gen­stand und die Er­heb­lich­keit von dem EuGH vor­zu­le­gen­den Fra­gen fest­zu­le­gen (EuGH, Urt. v. 16.03.1999 – C-159/97, ECLI:EU:C:1999:142 = ju­ris Rn. 14 – Ca­s­tel­let­ti, un­ter Hin­weis u. a. auf EuGH, Urt. v. 27.02.1997 – C-220/95, Slg. 1997, I-01147 = ECLI:EU:C:1997:91 Rn. 16 – van den Boo­gaard; Zöl­ler/Gei­mer, ZPO, 33. Aufl. [2020], Art. 1 Eu­GV­VO Rn. 7). Kon­se­quen­ter­wei­se muss dann auch die Fra­ge, ob ein Rechts­streit im Hin­blick auf ei­ne an­der­wei­tig be­an­trag­te Vor­ab­ent­schei­dung des EuGH aus­zu­set­zen ist, der sach­li­chen Ent­schei­dungs­be­fug­nis des na­tio­na­len Ge­richts, je­weils un­ter Be­rück­sich­ti­gung des kon­kret zu ent­schei­den­den Sach­ver­halts, über­las­sen blei­ben. Es be­steht des­halb für den Se­nat aus tat­säch­li­chen Grün­den kei­ne Ver­an­las­sung, den Rechts­streit aus­zu­set­zen.

b) So­weit der Klä­ger sein An­spruchs­be­geh­ren pri­mär dar­auf stützt, die Be­klag­te ha­be ihm ge­mäß § 826 BGB in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ei­nen Scha­den zu­ge­fügt, ver­mag der Se­nat sei­ner recht­li­chen Ar­gu­men­ta­ti­on vor dem Hin­ter­grund der von ihm dar­ge­leg­ten Tat­sa­chen­grund­la­ge nicht zu fol­gen.

Sit­ten­wid­rig ist ein Ver­hal­ten, das nach sei­nem Ge­samt­cha­rak­ter, der durch um­fas­sen­de Wür­di­gung von In­halt, Be­weg­grund und Zweck zu er­mit­teln ist, ge­gen das An­stands­ge­fühl al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den ver­stößt. Da­für ge­nügt es im All­ge­mei­nen nicht, dass der Han­deln­de ei­ne Pflicht­ver­let­zung und ei­nen Ver­mö­gens­scha­den her­vor­ruft. Viel­mehr muss ei­ne be­son­de­re Ver­werf­lich­keit sei­nes Ver­hal­tens hin­zu­tre­ten, die sich aus dem ver­folg­ten Ziel, den ein­ge­setz­ten Mit­teln, der zu­ta­ge ge­tre­te­nen Ge­sin­nung oder den ein­ge­tre­te­nen Fol­gen er­ge­ben kann. Da­bei kann es auf Kennt­nis­se, Ab­sich­ten und Be­weg­grün­de des Han­deln­den an­kom­men, die die Be­wer­tung sei­nes Ver­hal­tens als ver­werf­lich recht­fer­ti­gen. Sie kann sich auch aus ei­ner be­wuss­ten Täu­schung er­ge­ben (BGH, Urt. v. 28.06.2016 – VI ZR 536/15, ju­ris Rn. 16). Be­züg­lich des An­stands­ge­fühls al­ler bil­lig und ge­recht Den­ken­den kommt es we­sent­lich auf die be­rech­tig­ten Ver­hal­tenser­war­tun­gen im Ver­kehr an (Stau­din­ger/Oechs­ler, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 826, Rn. 31).

Aus­ge­hend von die­sen Maß­stä­ben ist das Ver­hal­ten der Be­klag­ten, ein mit ei­nem Mo­tor aus­ge­stat­te­tes Fahr­zeug, in des­sen Steue­rung ein „Ther­mo­fens­ter“ in­stal­liert, in den Ver­kehr zu brin­gen, im vor­lie­gen­den Fall nicht als sit­ten­wid­ri­ge Hand­lung ein­zu­stu­fen. Da­bei kommt es hier nicht dar­auf an, ob das im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug in­stal­lier­te „Ther­mo­fens­ter“ ei­ne ob­jek­tiv un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung dar­stellt oder nicht. Bei ei­ner so­ge­nann­ten Schum­mel­soft­ware, wie sie in dem VW-Mo­tor EA189 ver­wen­det wor­den ist, er­gibt sich die Sit­ten­wid­rig­keit des Han­delns per se aus der Ver­wen­dung ei­ner Um­schalt­lo­gik, die – auf den Be­triebs­zu­stand des Fahr­zeugs ab­stel­lend – al­lein da­nach un­ter­schei­det, ob sich die­ses auf dem Prüf­stand oder im nor­ma­len Fahr­be­trieb be­fin­det. Ei­ne sol­che Ab­schalt­ein­rich­tung ist ein­deu­tig un­zu­läs­sig; an die­ser recht­li­chen Wer­tung kann auch aus Sicht der Han­deln­den bzw. der hier­für Ver­ant­wort­li­chen kein Zwei­fel be­ste­hen. Bei ei­ner an­de­ren die Ab­gas­rei­ni­gung (Ab­gas­rück­füh­rung oder Ab­gas­nach­be­hand­lung) be­ein­flus­sen­den Mo­tor­steue­rungsssoft­ware, wie dem hier in Re­de ste­hen­den „Ther­mo­fens­ter“, die vom Grund­satz her im no­ma­len Fahr­be­trieb in glei­cher Wei­se ar­bei­tet wie auf dem Prüf­stand und bei der Ge­sichts­punk­te des Mo­tor- re­spek­ti­ve des Bau­teil­schut­zes als Recht­fer­ti­gung ernst­haft er­wo­gen wer­den kön­nen, kann bei Feh­len jed­we­der kon­kre­ter An­halts­punk­te nicht oh­ne Wei­te­res un­ter­stellt wer­den, dass die Han­deln­den bzw. Ver­an­wort­li­chen bei der Be­klag­ten in dem Be­wusst­sein agiert ha­ben, mög­li­cher­wei­se ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zu ver­wen­den. Viel­mehr muss in die­ser Si­tua­ti­on, selbst wenn hin­sicht­lich des „Ther­mo­fens­ters“ von ei­ner ob­jek­tiv un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung aus­zu­ge­hen sein soll­te, ei­ne mög­li­cher­wei­se fal­sche, aber den­noch ver­tret­ba­re Ge­set­zes­aus­le­gung und -an­wen­dung durch die Or­ga­ne der Be­klag­ten in Be­tracht ge­zo­gen wer­den (Se­nat, Urt. v. 21.10.2019 – 12 U 246/19, BeckRS 2019, 25135 Rn. 31; so auch OLG Stutt­gart, Urt. v. 30.07.2019 – 10 U 134/19, MDR 2019, 1248; OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 – 3 U 148/18, ju­ris Rn. 6). Ei­ne Sit­ten­wid­rig­keit kommt da­her hier nur in Be­tracht, wenn über die blo­ße Kennt­nis von der Ver­wen­dung ei­ner Soft­ware mit der in Re­de ste­hen­den Funk­ti­ons­wei­se in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor hin­aus zu­gleich auch An­halts­punk­te da­für er­kenn­bar wä­ren, dass dies von­sei­ten der Be­klag­ten in dem Be­wusst­sein ge­schah, hier­mit mög­li­cher­wei­se ge­gen die ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten zu ver­sto­ßen, und die­ser Ge­set­zes­ver­stoß bil­li­gend in Kauf ge­nom­men wur­de (OLG Stutt­gart, Urt. v. 30.07.2019 – 10 U 134/19, MDR 2019, 1248; OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 – 3 U 148/18, ju­ris Rn. 6). Sol­che An­halts­punk­te hat der Klä­ger we­der vor­ge­tra­gen, noch sind die­se an­der­wei­tig er­sicht­lich.

So­lan­ge da­her in Be­tracht zu zie­hen ist, dass die Be­klag­te die Rechts­la­ge fahr­läs­sig ver­kannt hat, fehlt es in sub­jek­ti­ver Hin­sicht an dem für die Sit­ten­wid­rig­keit er­for­der­li­chen Be­wusst­sein der Rechts­wid­rig­keit (vgl. Pa­landt/Sprau, BGB, 78. Aufl. [2019], § 826 Rn. 8). Dass auf­sei­ten der Be­klag­ten die Er­kennt­nis ei­nes mög­li­chen Ge­set­zes­ver­sto­ßes zu­min­dest in Form ei­nes bil­li­gen­den In­kauf­neh­mens des­sel­ben, vor­han­den war, ist von dem – in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­pflich­ti­gen – Klä­ger we­der dar­ge­tan noch aus den Ge­samt­um­stän­den er­sicht­lich.

Die eu­ro­pa­recht­li­che Ge­set­zes­la­ge ist an die­ser Stel­le nicht un­zwei­fel­haft und nicht ein­deu­tig. Dies zeigt be­reits die kon­tro­vers ge­führ­te Dis­kus­si­on über In­halt und Reich­wei­te der Aus­nah­me­vor­schrift des Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007.

Nach Ein­schät­zung der vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ver­kehr und di­gi­ta­le In­fra­struk­tur ein­ge­setz­ten Un­ter­su­chungs­kom­mis­si­on „Volks­wa­gen“ liegt ein Ge­set­zes­ver­stoß durch die von al­len Au­to­her­stel­lern ein­ge­setz­ten „Ther­mo­fens­ter“ je­den­falls nicht ein­deu­tig vor. So heißt im Be­richt der Kom­mis­si­on zur Aus­le­gung der Aus­nah­me­vor­schrift des Art. 5 II 2 lit. a der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 aus­drück­lich:

„Zu­dem ver­stößt ei­ne wei­te In­ter­pre­ta­ti­on durch die Fahr­zeug­her­stel­ler und die Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen mit der Be­grün­dung, dass ei­ne Ab­schal­tung er­for­der­lich ist, um den Mo­tor vor Be­schä­di­gun­gen zu schüt­zen und um den si­che­ren Be­trieb des Fahr­zeugs zu ge­währ­leis­ten, an­ge­sichts der Un­schär­fe der Be­stim­mung, die auch wei­te In­ter­pre­ta­tio­nen zu­lässt, mög­li­cher­wei­se nicht ge­gen die Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007.

Kon­se­quenz die­ser Un­schär­fe der eu­ro­päi­schen Re­ge­lung könn­te sein, dass un­ter Be­ru­fung auf den Mo­tor­schutz die Ver­wen­dung von Ab­schalt­ein­rich­tun­gen letzt­lich stets dann ge­recht­fer­tigt wer­den könn­te, wenn von Sei­ten des Fahr­zeug­her­stel­lers nach­voll­zieh­bar dar­ge­stellt wird, dass oh­ne die Ver­wen­dung ei­ner sol­chen Ein­rich­tung dem Mo­tor Scha­den droht, sei die­ser auch noch so klein.“

(Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Ver­kehr und di­gi­ta­le In­fra­struk­tur [Hrsg.], Be­richt der Un­ter­su­chungs­kom­mis­si­on „Volks­wa­gen“. Un­ter­su­chun­gen und ver­wal­tungs­recht­li­che Maß­nah­men zu Volks­wa­gen, Er­geb­nis­se der Feld­un­ter­su­chung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes zu un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen bei Die­sel­fahr­zeu­gen und Schluss­fol­ge­run­gen, Stand: April 2016, S. 123).

Schließ­lich zeigt auch der in der Li­te­ra­tur (vgl. Führ, NVwZ 2017, 265) be­trie­be­ne er­heb­li­che Be­grün­dungs­auf­wand, um das „Ther­mo­fens­ter“ als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ein­zu­stu­fen, dass kei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Rechts­la­ge ge­ge­ben ist, ge­gen die die Be­klag­te be­wusst ver­sto­ßen hät­te (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 04.07.2019 – 3 U 148/18, ju­ris Rn. 6; OLG Stutt­gart, Urt. v. 30.07.2019 – 10 U 134/19, MDR 2019, 1248).

Ei­ne Aus­le­gung, wo­nach ein „Ther­mo­fens­ter“ ei­ne zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung dar­stellt, ist da­her je­den­falls nicht un­ver­tret­bar. Ein Han­deln un­ter ver­tret­ba­rer Aus­le­gung des Ge­set­zes kann aber nicht als be­son­ders ver­werf­li­ches Ver­hal­ten an­ge­se­hen wer­den (vgl. OLG Stutt­gart, Urt. v. 30.07.2019 – 10 U 134/19, MDR 2019, 1248 f.).

Hin­zu kommt, dass der Streit um die Zu­läs­sig­keit und Grö­ße ei­nes „Ther­mo­fens­ters“ ei­nen Ex­per­ten­streit dar­stellt (vgl. da­zu z. B. Führ, NVwZ 2017, 265), bei dem nicht nur Rechts­fra­gen, son­dern auch tech­ni­sche De­tails ei­ne Rol­le spie­len. Vor die­sem Hin­ter­grund wür­de der Um­stand, dass das im Fahr­zeug des Klä­gers ver­bau­te „Ther­mo­fens­ter“ mög­li­cher­wei­se in sei­ner tech­ni­schen Aus­ge­stal­tung als un­zu­läs­sig an­zu­se­hen sein könn­te, nicht da­zu füh­ren, dass von ei­nem Sit­ten­ver­stoß aus­zu­ge­hen wä­re.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der dar­ge­leg­ten, aus den Ge­samt­um­stän­den er­kenn­ba­ren Be­wusst­seins­la­ge der Be­klag­ten fehlt es da­her man­gels fest­stell­ba­ren sit­ten­wid­ri­gen Han­delns be­reits in sub­jek­ti­ver Hin­sicht an der Tat­be­stands­mä­ßig­keit i. S. des § 826 BGB.

2. Ei­ne Haf­tung der Be­klag­ten aus § 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB ist eben­falls nicht ge­ge­ben. So fehlt es zu­min­dest am Vor­satz. Wie oben be­reits mehr­fach aus­ge­führt, stellt die An­nah­me der Be­klag­ten, dass es sich bei dem in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ver­bau­ten „Ther­mo­fens­ter“ nicht um ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung han­delt, je­den­falls zum Zeit­punkt des In­ver­kehr­brin­gens des Fahr­zeugs ei­ne zu­läs­si­ge Aus­le­gung des Ge­set­zes dar, so­dass die Ver­ant­wort­li­chen nicht mit dem Vor­satz han­del­ten, den Klä­ger über ei­ne Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs zu täu­schen und ihm da­durch ei­nen Ver­mö­gens­scha­den zu­zu­fü­gen.

3. Aus § 823 II BGB i. V. mit §§ 6 I, 27 I EG-FGV lässt sich der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch eben­falls nicht her­lei­ten. Bei den §§ 6 I, 27 I EG-FGV han­delt es sich ent­ge­gen der An­sicht des Klä­gers nicht um Schutz­ge­set­ze, weil sie den Schutz in­di­vi­du­el­ler In­ter­es­sen nicht be­rück­sich­ti­gen. Dass der In­di­vi­du­al­schutz (hier: der Schutz des Ver­mö­gens des Er­wer­bers ei­nes Kraft­fahr­zeugs) im Auf­ga­ben­be­reich der ge­nann­ten Vor­schrift liegt oder aber aus de­ren Aus­le­gung un­ter Be­rück­sich­ti­gung der zu­grun­de lie­gen­den Richt­li­nie 2007/46/EG folgt, ist nicht er­sicht­lich (vgl. OLG Mün­chen, Beschl. v. 29.08.2019 – 8 U 1449/19, ju­ris Rn. 76 ff.).

a) Schutz­ge­setz i. S. von § 823 II BGB ist je­de Rechts­norm, die zu­min­dest auch da­zu die­nen soll, ei­nen ein­zel­nen oder ei­nen be­stimm­ten Per­so­nen­kreis ge­gen die Ver­let­zung ei­nes be­stimm­ten Rechts­in­ter­es­ses zu schüt­zen (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1963 – V ZR 201/61, BGHZ 40, 306 = ju­ris Rn. 1; Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 218/2003, BGHZ 160, 134, 139 = ju­ris Rn. 21; Urt. v. 10.02.2011 – I ZR 136/2009, BGHZ 188, 326 = ju­ris Rn. 18; Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/2010, BGHZ 192, 90 = ju­ris Rn. 21). Der Schutz ei­nes Ein­zel­nen ist da­bei nicht be­reits dann be­zweckt, wenn er als Re­flex ei­ner Be­fol­gung der Norm ob­jek­tiv er­reicht wird, son­dern nur dann, wenn der Ge­setz­ge­ber dem Ein­zel­nen selbst die Rechts­macht in die Hand ge­ben woll­te, mit Mit­teln des Pri­vat­rechts ge­gen den­je­ni­gen vor­zu­ge­hen, der das Ver­bot über­tritt und sein Rechts­in­ter­es­se be­ein­träch­tigt (vgl. BGH, Urt. v. 27.11.1963 – V ZR 201/61, BGHZ 40, 306, 307 = ju­ris Rn. 2; Urt. v. 19.07.2004 – II ZR 218/2003, BGHZ 160, 134, 139 f. = ju­ris Rn. 21; Urt. v. 10.02.2011 – I ZR 136/2009, BGHZ 188, 326 = ju­ris Rn. 18; Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/2010, BGHZ 192, 90 = ju­ris Rn. 21).

b) Aus­ge­hend von die­sen Maß­stä­ben kann ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass den §§ 6 I, 27 I EG-FGV ei­ne in­di­vi­du­al­schüt­zen­de Wir­kung im Sin­ne der vor­ste­hend ge­nann­ten Kri­te­ri­en in­ne­wohnt.

(1) Ne­ben den der Um­set­zung der Richt­li­nie 2007/46/EG die­nen­den Vor­schrif­ten der EG-Fahr­zeug­ge­neh­mi­gungs­ver­ord­nung kann die Richt­li­nie nicht un­mit­tel­bar als Schutz­ge­setz her­an­ge­zo­gen wer­den. Zwar kommt als Schutz­ge­setz auch in den Mit­glieds­staa­ten un­mit­tel­bar gel­ten­des Recht der Eu­ro­päi­schen Uni­on in Be­tracht (BGH, Urt. v. 10.02.2011 – I ZR 136/09, BGHZ 188, 326 = ju­ris Rn. 17). Dies gilt je­doch nicht für die hier vor­lie­gen­de Richt­li­nie. Nach Art. 288 III AEUV un­ter­schei­det sich ei­ne Richt­li­nie von ei­ner Ver­ord­nung näm­lich da­durch, dass sie nicht un­mit­tel­bar in den Mit­glieds­staa­ten der Eu­ro­päi­schen Uni­on gilt, son­dern der Um­set­zung in na­tio­na­les Recht be­darf.

(2) So­weit dem­ge­gen­über die Vor­schrif­ten der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 über die Zu­las­sung von Fahr­zeu­gen so­wie Ab­schalt­ein­rich­tun­gen, ins­be­son­de­re die als ver­letz­te Norm in Be­tracht kom­men­den Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II (Vor­schrif­ten zu ei­ner mög­li­chen il­le­ga­len Ab­schalt­ein­rich­tung) so­wie Art. 4 (Vor­schrif­ten zu den all­ge­mei­nen Pflich­ten des Her­stel­lers bei Be­an­tra­gung ei­ner Typ­ge­neh­mi­gung), als Schutz­ge­set­ze in Be­tracht kom­men, weil sie im Sin­ne der un­ter II 3 a zi­tier­ten Recht­spre­chung nach Art. 288 II AEUV un­mit­tel­bar gel­ten­des Uni­ons­recht sind, fehlt den ge­nann­ten Nor­men die Schutz­ge­set­zei­gen­schaft.

Ziel der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 ist nach de­ren ein­lei­ten­den Be­mer­kun­gen (1) bis (4) so­wie zu­sam­men­ge­fasst noch­mals (27) die Har­mo­ni­sie­rung und Voll­endung des Bin­nen­markts durch Ein­füh­rung ge­mein­sa­mer tech­ni­scher Vor­schrif­ten zur Be­gren­zung von Fahr­zeu­ge­mis­sio­nen. Zwar wer­den ne­ben der Ver­ein­heit­li­chung der Rechts­re­ge­lung ein ho­hes Um­welt­schutz­ni­veau (1) als Ziel und die Rein­hal­tung der Luft als Vor­ga­be für Re­ge­lun­gen zur Sen­kung der Emis­sio­nen von Fahr­zeu­gen (4) be­schrie­ben, doch folgt aus den Aus­füh­run­gen un­ter (7), die die Ver­bes­se­rung der Luft­qua­li­tät in ei­nem Zug mit der Sen­kung der Ge­sund­heits­kos­ten (und dem Ge­winn an Le­bens­jah­ren) nen­nen, dass es auch in­so­weit nicht um in­di­vi­du­el­le In­ter­es­sen, son­dern letzt­lich um um­welt- und ge­sund­heits­po­li­ti­sche Zie­le geht. Dass der eu­ro­päi­sche Ge­setz­ge­ber im Sin­ne der De­fi­ni­ti­on des Schutz­ge­set­zes dem ein­zel­nen Ver­brau­cher die Rechts­macht in die Hand ge­ben woll­te, mit Mit­teln des Pri­vat­rechts ge­gen den­je­ni­gen vor­zu­ge­hen, der in die­ser Ver­ord­nung zur Um­set­zung die­ser Zie­le ge­re­gel­te Ver­bo­te über­tritt und sein Rechts­in­ter­es­se be­ein­träch­tigt, geht aus den Vor­be­mer­kun­gen nicht her­vor. Viel­mehr spricht statt­des­sen der Um­stand, dass die Zie­le in (7) in Be­zie­hung ge­setzt wer­den zu den Aus­wir­kun­gen der Emis­si­ons­grenz­wer­te auf die Märk­te und die Wett­be­werbs­fä­hig­keit von Her­stel­lern, ge­gen ei­nen ent­spre­chen­den Wil­len des Ge­setz­ge­bers. Dies gilt um­so mehr, als auch die Re­ge­lun­gen der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 selbst kei­nen Be­zug zu In­di­vi­dual­in­ter­es­sen des ein­zel­nen Bür­gers auf­wei­sen (so i. E. auch OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 144; Riem, DAR 2016, 12, 13).

(3) Die Vor­schrif­ten der EG-Fahr­zeug­ge­neh­mi­gungs­ver­ord­nung, die die Richt­li­nie in na­tio­na­les Recht um­set­zen, be­rück­sich­ti­gen eben­falls nicht den Schutz in­di­vi­du­el­ler In­ter­es­sen.

(3.1) Maß­ge­bend sind zu­nächst die Er­wä­gungs­grün­de (2), (4) und (23) der Richt­li­nie 2007/46/EG. Aus die­sen er­gibt sich ein­deu­tig, dass das Ziel der Richt­li­nie in ers­ter Li­nie die Voll­endung des Eu­ro­päi­schen Bin­nen­markts ist; dar­über hin­aus soll­te sie die tech­ni­schen An­for­de­run­gen in Rechts­ak­ten har­mo­ni­sie­ren und spe­zi­fi­zie­ren, wo­bei die­se Rechts­ak­te vor al­lem auf ho­he Ver­kehrs­si­cher­heit, Ge­sund­heits- und Um­welt­schutz, ra­tio­na­le En­er­gie­nut­zung und wirk­sa­men Schutz ge­gen un­be­fug­te Nut­zung ab­ziel­ten. In­di­vi­dual­in­ter­es­sen, vor al­lem das Ver­mö­gens­in­ter­es­se von Kraft­fahr­zeu­ger­wer­bern, fin­den kei­ne Er­wäh­nung.

Sons­ti­ge Er­wä­gungs­grün­de der Richt­li­nie, ins­be­son­de­re (14) und (17), las­sen an­der­wei­ti­ge Rück­schlüs­se nicht zu. Die­se be­tref­fen, so­weit sie über die be­reits ge­nann­ten Er­wä­gungs­grün­de hin­aus­ge­hen, aus­schließ­lich wei­te­re all­ge­mei­ne Gü­ter, näm­lich ein ho­hes Um­welt­schutz­ni­veau, den Schutz der (all­ge­mei­nen) Ge­sund­heit und den Schutz der Ver­brau­cher, oh­ne dass der Ver­mö­gens­schutz des Ein­zel­nen dar­in an­ge­spro­chen wä­re.

(3.2) Et­was an­de­res folgt nicht aus dem Zweck der Art. 18 I und 26 I der Richt­li­nie 2007/46/EG selbst, de­ren Um­set­zung die §§ 6 I, 27 I EG-FGV die­nen. So­weit nach Art. 26 I der Richt­li­ne 2007/46/EG die Mit­glieds­staa­ten die Zu­las­sung, den Ver­kauf und die In­be­trieb­nah­me von Fahr­zeu­gen ge­stat­ten, wenn sie mit ei­ner gül­ti­gen Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung ver­se­hen sind, zielt dies auf die Er­leich­te­rung des Bin­nen­markts; An­halts­punk­te da­für, dass die Richt­li­nie auf den Schutz des Ver­mö­gens des Au­to­käu­fers ab­stellt, er­ge­ben sich nicht.

Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus der Än­de­rung, die die Richt­li­nie 2007/46/EG durch die Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009 er­fah­ren hat. Da­nach stellt die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung „ei­ne Er­klä­rung des Fahr­zeug­her­stel­lers dar, in der er dem Fahr­zeug­käu­fer ver­si­chert, dass das von ihm er­wor­be­ne Fahr­zeug zum Zeit­punkt sei­ner Her­stel­lung mit den in der Eu­ro­päi­schen Uni­on gel­ten­den Rechts­vor­schrif­ten über­ein­stimm­te“. Dies be­deu­tet je­doch nicht, dass da­mit be­reits der in der Aus­gangs­richt­li­nie ein­deu­tig auf all­ge­mei­ne Rechts­gü­ter be­zo­ge­ne Schutz­zweck auf in­di­vi­du­el­le Rechts­gü­ter des Fahr­zeug­käu­fers er­streckt wer­den soll­te.

Da­ge­gen spricht zu­nächst der Er­wä­gungs­grund (2) der Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009, in dem die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung als ei­ne „of­fi­zi­el­le“ Er­klä­rung be­zeich­net wird, denn dies deu­tet wie­der auf den amt­li­chen, im Rah­men des Zu­las­sungs­ver­fah­rens von der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung zu er­fül­len­den Zweck hin.

Ein In­di­vi­du­al­schutz lässt sich eben­falls nicht aus dem Er­wä­gungs­grund (3) der Ver­ord­nung (EG) Nr. 385/2009 her­lei­ten, wo­nach si­cher­zu­stel­len ist, dass die An­ga­ben auf der Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung für die be­tei­lig­ten Ver­brau­cher und Wirt­schafts­teil­neh­mer ver­ständ­lich sind. Das Ver­ständ­lich­keits­ge­bot al­lei­ne spricht näm­lich nicht da­für, dass nun­mehr in­di­vi­du­el­le In­ter­es­sen ge­schützt wer­den sol­len, son­dern ist auch da­durch zu er­klä­ren, dass es der Käu­fer ist, der die Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung zum Zwe­cke der Zu­las­sung bei den zu­stän­di­gen Be­hör­den vor­le­gen muss. Schon da­zu be­darf es ei­ner ver­ständ­li­chen Fas­sung (vgl. OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.02.2019 – 7 U 134/17, ju­ris Rn. 152).

4. Dem Klä­ger steht kein An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Zah­lung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten in Hö­he von 958,19 € zu. De­lik­ti­sche An­sprü­che schei­den als An­spruchs­grund­la­ge aus. Zur Be­grün­dung wird auf obi­ge Aus­füh­run­gen ver­wie­sen. Man­gels Haupt­an­spruchs er­gibt sich ein sol­cher An­spruch des Klä­gers eben­falls nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs nach §§ 280 I, II, 286 I 1 BGB. …

Hin­weis: Die Re­vi­si­on ist beim BGH un­ter dem Ak­ten­zei­chen VI ZR 162/20 an­hän­gig.

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