1. Der Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens, der auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te – et­wa auf­grund un­ter­schied­li­cher Lack­schicht­di­cken – den Ver­dacht hegt, dass das Fahr­zeug ei­nen Un­fall­scha­den er­lit­ten ha­ben könn­te, han­delt arg­lis­tig, wenn er dem Käu­fer die­sen Ver­dacht ver­schweigt.
  2. Ei­nen Ge­braucht­wa­gen­händ­ler trifft kei­ne ge­ne­rel­le, an­las­s­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, ein Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr ist der Händ­ler grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet. Er­ge­ben sich dar­aus kei­ne An­halts­punk­te für ei­nen Vor­scha­den, dann be­steht kei­ne Pflicht zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen. Der Händ­ler ist des­halb auch nicht ver­pflich­tet, sich in ei­ner zen­tra­len Da­ten­bank des Fahr­zeug­her­stel­lers über in der Ver­gan­gen­heit durch­ge­führ­te Re­pa­ra­tu­ren des Fahr­zeugs zu er­kun­di­gen, al­so des­sen „Re­pa­ra­tur­his­to­rie“ ab­zu­fra­gen (im An­schluss an BGH, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24 f.).
  3. Ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, der die ihm ob­lie­gen­de „Sicht­prü­fung“ un­ter­lässt, muss, um dem Vor­wurf der Arg­list zu ent­ge­hen, den Käu­fer von sich aus ein­deu­tig dar­auf hin­wei­sen, dass er nicht an­satz­wei­se ge­prüft ha­be, ob das Fahr­zeug ei­nen Un­fall­scha­den auf­wei­se, und des­halb das nicht ge­rin­ge Ri­si­ko be­ste­he, dass der Käu­fer ei­nen Un­fall­wa­gen er­wer­be.

LG Ful­da, Ur­teil vom 14.11.2019 – 2 O 76/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb am 08.07.2016 von der be­klag­ten Be­trei­be­rin ei­nes Au­to­hau­ses ei­nen ge­brauch­ten Pkw Au­di Q7 4.2 TDI quat­tro zum Preis von 21.800 €. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag fin­det sich hin­ter dem Wort „Un­fall­fahr­zeug“ ein Strich. Au­ßer­dem heißt es in dem Ver­trag:

„Der Ver­käu­fer weist aus­drück­lich dar­auf hin, dass er das Fahr­zeug auf et­wai­ge Vor­schä­den nicht un­ter­sucht hat.“

Die Be­klag­te hat­te das Fahr­zeug ih­rer­seits kurz vor dem 08.07.2016 von ei­nem Drit­ten er­wor­ben. In dem ent­spre­chen­den Kauf­ver­trag ist ver­merkt, das Fahr­zeug sei „un­fall­frei It. Vor­be­sit­zer“.

Zwi­schen den Par­tei­en ist un­strei­tig, dass der Klä­ger vor Ab­schluss des hier in­ter­es­sie­ren­den Kauf­ver­trags auf Vor­schla­ge der Be­klag­ten mit dem Au­di Q7 ei­ne DE­KRA-Prüf­stel­le auf­such­te. Strei­tig ist aber, wel­che In­for­ma­tio­nen der Klä­ger dort er­hielt. Un­strei­tig ist fer­ner, dass die Be­klag­te vor der Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger von die­sem ge­wünsch­te La­ckier­ar­bei­ten auf ih­re Kos­ten an dem Pkw vor­nahm.

Am 18.01.2018 ließ der Klä­ger das Fahr­zeug durch ei­nen Drit­ten be­wer­ten. Da­bei wur­de ei­ne Un­fall­frei­heit des Pkw mit Blick auf zwei – un­strei­tig vor­han­de­ne – Vor­schä­den am Heck bzw. an der rech­ten Sei­te ver­neint. Der Klä­ger er­klär­te des­halb mit Schrei­ben vom 30.01.2018 ge­gen­über der Be­klag­ten die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung.

Er be­haup­tet, dass der Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten M ihm vor dem Kauf zu­ge­si­chert ha­be, dass der Wa­gen un­fall­frei sei. M ha­be ge­sagt, er schaue in ei­ner Da­ten­bank der Fahr­zeug­her­stel­le­rin (AU­DI AG) nach, sei dann für kur­ze Zeit weg­ge­gan­gen und ha­be ihm, dem Klä­ger, an­schlie­ßend die Un­fall­frei­heit des Au­di Q7 zu­ge­si­chert. Ei­ne Mes­sung der Lack­schicht­di­cke sei in sei­ner – des Klä­gers – An­we­sen­heit nicht vor­ge­nom­men wor­den. Man ha­be ihm auch nicht mit­ge­teilt, dass ei­ne ent­spre­chen­de Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs an zwei Stel­len Auf­fäl­lig­kei­ten er­ge­ben ha­be. In der DE­KRA-Prüf­stel­le ha­be man kei­ne Zeit für ei­ne rich­ti­ge Un­ter­su­chung des Au­di Q7 ge­habt; ein DE­KRA-Mit­ar­bei­ter ha­be das Fahr­zeug nur ober­fläch­lich in Au­gen­schein ge­nom­men und le­dig­lich ge­äu­ßert, dass der Wa­gen „ko­misch“ aus­se­he. Als er, der Klä­ger, M die­se Aus­sa­ge vor­ge­hal­ten ha­be, ha­be M ihm er­neut die Un­fall­frei­heit des Au­di Q7 zu­ge­si­chert.

Die Be­klag­te be­haup­tet, der Klä­ger ha­be be­reits vor dem Kauf des Pkw te­le­fo­nisch bei ihr nach der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ge­fragt, um sich über Vor­schä­den des Fahr­zeugs zu in­for­mie­ren. Die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ha­be der Klä­ger auch er­hal­ten, und sie, die Be­klag­te, ge­he da­von aus, dass er an­schlie­ßend ei­ne Au­di-Da­ten­bank ab­ge­fragt und so Kennt­nis von den Un­fall­schä­den er­langt ha­be. Sie, die Be­klag­te, ha­be kei­nen Zu­gang zu je­ner Au­di-Da­ten­bank. Bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen sei dem Klä­ger die Un­fall­frei­heit des Au­di Q7 nicht zu­ge­si­chert wor­den. Viel­mehr ha­be sie, die Be­klag­te, dar­auf ver­wie­sen, dass sie den Wa­gen nicht selbst un­ter­sucht ha­be; für ei­ne sol­che Un­ter­su­chung fehl­ten ihr die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen. Mit dem Quer­strich im Ver­trags­for­mu­lar ha­be sie letzt­lich nur ver­deut­li­chen wol­len, dass sie kei­ne An­ga­ben zu Un­fall­schä­den ma­chen wol­le, da sie dies­be­züg­lich aus ei­ge­nem Wis­sen nichts sa­gen kön­ne. In An­we­sen­heit des Klä­gers sei aber die Lack­schicht­di­cke ge­mes­sen wor­den. Da­bei hät­ten sich an zwei Stel­len, näm­lich am Heck und an der Bei­fah­rer­sei­te, Auf­fäl­lig­kei­ten er­ge­ben, die auf ei­nen Un­fall­scha­den hät­ten hin­deu­ten kön­nen. Dem Klä­ger sei des­halb an­ge­bo­ten wor­den, mit dem Pkw ei­ne DE­KRA-Prüf­stel­le auf­zu­su­chen, um den Auf­fäl­lig­kei­ten nach­zu­ge­hen. Als der Klä­ger von der DE­KRA-Prüf­stel­le zu­rück­ge­kom­men sei, ha­be er ge­sagt, dass Un­fall­schä­den fest­ge­stellt wor­den sei­en. Die­se In­for­ma­ti­on ha­be der Klä­ger so­dann ge­nutzt, um über den Kauf­preis nach­zu­ver­han­deln. Sie, die Be­klag­te, sei ihm in­so­weit et­was ent­ge­gen­ge­kom­men, ha­be ihm Win­ter­rei­fen mit Fel­gen kos­ten­frei über­las­sen und sei­nen La­ckier­wün­schen ent­spro­chen.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch auf Rück­erstat­tung des Kauf­prei­ses nach § 812 I 1 Fall 1, §§ 142 I, § 123 I Fall 1 BGB.

Da­für, dass er durch arg­lis­ti­ge Täu­schung zum Ver­trags­schluss be­stimmt wor­den ist, trifft ihn die Be­weis­last. Wird die An­fech­tung auf ein Ver­schwei­gen ge­stützt, muss der An­fech­ten­de be­wei­sen, dass dem Geg­ner die zu of­fen­ba­ren­den Tat­sa­chen im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses be­wusst wa­ren. Auch die un­ter­blie­be­ne Of­fen­ba­rung muss der An­fech­ten­de be­wei­sen, wo­bei der Geg­ner aber kon­kret vor­tra­gen muss, wann und wie er die Auf­klä­rung er­teilt ha­be (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 78. Aufl. [2019], § 123 Rn. 30). Die­sen Be­weis ver­moch­te der Klä­ger nicht zu füh­ren.

Dass die Be­klag­te beim Ver­trags­schluss po­si­ti­ve Kennt­nis von ei­nem Vor­un­fall ge­habt ha­be, be­haup­tet der Klä­ger nicht. Ein arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ei­ner be­kann­ten Tat­sa­che liegt da­mit nicht vor.

Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung kann aber auch dar­in be­ste­hen, dass der Han­deln­de, ob­wohl er nur mit der mög­li­chen Un­rich­tig­keit sei­ner An­ga­ben rech­net, oh­ne dies zu wis­sen, ins Blaue hin­ein un­rich­ti­ge Be­haup­tun­gen auf­stellt (Pa­landt/El­len­ber­ger, a. a. O., § 123 Rn. 11). Die­se Va­ri­an­te wür­de vor­lie­gen, wenn die Be­klag­te auf un­si­che­rer Tat­sa­chen­ba­sis die Un­fall­frei­heit des Wa­gens be­haup­tet hät­te. Ob sie ei­ne sol­che Be­haup­tung auf­stell­te, ist strei­tig.

Al­lein aus dem schrift­li­chen Ver­trag folgt da­bei nicht, dass sie ver­nein­te, dass ein Un­fall­fahr­zeug vor­lie­ge. Hin­ter dem Punkt „Un­fall­fahr­zeug“ fin­det sich ein Quer­strich. Was da­mit aus­ge­drückt wer­den soll, ist un­klar. Denk­bar ist, dass da­mit ei­ne sol­che Ei­gen­schaft ver­neint wer­den soll; eben­so denk­bar ist aber, dass so aus­ge­drückt wer­den soll, dass man hier­zu kei­ne An­ga­ben ma­chen will bzw. kann. Die ob­jek­ti­ve Aus­le­gung je­ner Er­klä­rung deu­tet da­bei eher auf die letzt­ge­nann­te Va­ri­an­te hin. Denn in je­nem For­mu­lar fin­det sich zu­dem die Text­stel­le, dass die Be­klag­te das Fahr­zeug nicht auf et­wai­ge Vor­schä­den un­ter­sucht hat. Hier­zu wür­de aber ei­ne Ver­nei­nung der Ei­gen­schaft ei­nes Un­fall­wa­gens nicht pas­sen, son­dern al­lein die da­hin ge­hen­de Aus­le­gung, mit dem Strich kei­ne Er­klä­rung hier­zu ab­ge­ben zu wol­len, da dies bei ei­ner feh­len­den Un­ter­su­chung na­he­lie­gend wä­re. Auch fin­det sich hin­ter an­de­ren Punk­ten ein „Ja“, was es na­he­le­gen wür­de, bei ei­ner Ver­nei­nung ein „Nein“ ein­zu­fü­gen. Ein Strich als drit­te Al­ter­na­ti­ve könn­te dann tat­säch­lich ei­ne Nicht-Er­klä­rung zu die­sem Punkt aus­drü­cken. Al­lein aus je­nem For­mu­lar folgt da­her nicht die Über­zeu­gung, dass die Be­klag­te die Un­fall­frei­heit des Wa­gens ge­äu­ßert ha­be; viel­mehr deu­tet dies eher in die ent­ge­gen­ge­setz­te Rich­tung.

Die ge­nann­te ob­jek­ti­ve Aus­le­gung wird da­bei auch durch die Aus­sa­ge des Zeu­gen M be­stä­tigt. Die­ser ver­wies dar­auf, dass man den Wa­gen zwar als un­fall­frei ge­kauft ha­be, dies auf­grund sei­ner Er­fah­run­gen aber an­ge­sichts des Al­ters des Wa­gens und der An­zahl der Vor­be­sit­zer nichts da­zu sagt, ob wirk­lich kein Vor­un­fall vor­lag. Mit dem Strich ha­be man des­halb aus­drü­cken wol­len, dass man nicht wis­se, ob ein Un­fall­fahr­zeug vor­liegt oder nicht. So­weit der Zeu­ge Z, der als Ver­käu­fer für die Be­klag­te tä­tig ist, hier­zu aus­führ­te, dass man mit dem Strich ha­be ver­deut­li­chen wol­len, dass der Klä­ger selbst die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft mit­ge­teilt ha­be, man aber deut­lich ma­chen woll­te, zum Um­fang des Vor­un­falls nichts sa­gen zu kön­nen, er­scheint dies hin­ge­gen we­nig nach­voll­zieh­bar.

Die Zeu­gen­ein­ver­nah­me er­brach­te eben­falls nicht die Über­zeu­gung des Ge­richts, dass ein Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten münd­lich die Un­fall­frei­heit er­klärt hat. Zwar be­stä­tig­te dies der Zeu­ge F des Klä­gers, doch wur­de dies von den Zeu­gen M und Z ver­neint. Statt­des­sen sei es so­gar so ge­we­sen, dass der Klä­ger selbst re­cher­chiert (sei es bei der Au­di-Da­ten­bank oder bei der DE­KRA) und ih­nen mit­ge­teilt ha­be, dass es ein Un­fall­fahr­zeug sei, wo­mit er aber ein­ver­stan­den ge­we­sen sei, nach­dem er ei­ni­ge Zu­ga­ben aus­ge­han­delt hat­te. Wer in­so­weit die Wahr­heit sagt, ver­moch­te die Kam­mer nicht mit der er­for­der­li­chen Si­cher­heit zu er­ken­nen, was zu­las­ten des be­weis­be­las­te­ten Klä­gers geht.

Der Zeu­ge F be­stä­tig­te zwar den klä­ge­ri­schen Vor­trag, dass der Ver­käu­fer die Un­fall­frei­heit des Wa­gens be­stä­tigt ha­be. In drei zen­tra­len Punk­ten wich er aber auch von dem ab, was der Klä­ger vor­trägt. Zum ei­nen hat­te er kei­ne Er­in­ne­rung dar­an, dass der Ver­käu­fer er­klärt ha­be, zur Si­cher­heit in der Au­di-Da­ten­bank nach­schau­en zu wol­len, dann ge­gan­gen sei, um da­nach wie­der zu kom­men und zu er­klä­ren, auch dort die Un­fall­frei­heit< fest­ge­stellt zu ha­ben. Bei ei­nem so ein­präg­sa­men, ei­ni­ge Zeit in An­spruch neh­men­den und ei­ne ver­meint­lich ob­jek­ti­ve Si­cher­heit aus­strah­len­den Ge­sche­hen wä­re aber ei­gent­lich an­zu­neh­men ge­we­sen, dass es in Er­in­ne­rung ge­blie­ben wä­re, zu­mal die Un­fall­frei­heit das zen­tra­le An­lie­gen des Klä­gers ge­we­sen sein soll. Fer­ner be­stä­tig­te die­ser Zeu­ge im Un­ter­schied zum Klä­ger, dass es tat­säch­lich in ih­rer An­we­sen­heit zu ei­ner Fahr­zeug­un­ter­su­chung mit ei­nem Lack­di­cke­meß­ge­rät ge­kom­men sei, die so­gar an ei­ner Stel­le ei­ne Auf­fäl­lig­keit er­ge­ben ha­be. Der Klä­ger hat­te noch im ers­ten Ter­min auf Be­fra­gen des Ge­richts ein­deu­tig be­strit­ten ge­habt, dass es über­haupt ei­ne sol­che Un­ter­su­chung ge­ge­ben ha­be. Und zum Letz­ten be­stä­tig­te der Zeu­ge nicht, dass der DE­KRA-Mit­ar­bei­ter ge­äu­ßert ha­be, dass der Wa­gen ko­misch wir­ke, wie der Klä­ger vor­trägt. Viel­mehr be­kun­de­te er, dass je­ner Mit­ar­bei­ter nichts Ne­ga­ti­ves über das Fahr­zeug ge­äu­ßert ha­be. Er ha­be auch kei­nen ir­gend­wie ge­ar­te­ten Ver­dacht da­hin aus­ge­drückt, dass ein Un­fall­wa­gen vor­lie­gen kön­ne. Viel­mehr sei nichts zu se­hen ge­we­sen, wes­halb man mit ei­nem gu­ten Ge­fühl von dort ge­fah­ren sei. Der klä­ge­ri­sche Vor­trag, je­ner Mit­ar­bei­ter ha­be den Wa­gen als ko­misch be­zeich­net, was man nach Rück­kehr dem Ver­käu­fer vor­ge­hal­ten ha­be, wor­auf­hin die­ser er­neut die Un­fall­frei­heit zu­ge­si­chert ha­be, weicht hier­von doch er­heb­lich ab. Ins­ge­samt ist da­mit fest­zu­stel­len, dass der Zeu­ge zwar die Kern­aus­sa­ge des klä­ge­ri­schen Vor­trags be­stä­tig­te, näm­lich die Zu­si­che­rung ei­ner Un­fall­frei­heit, er aber zu drei zen­tra­len Punk­ten das Ge­sche­hen gänz­lich an­ders schil­der­te als der Klä­ger. Be­denkt man wei­ter, dass je­ner Zeu­ge ein Freund des Klä­gers ist, könn­te dies ein In­diz da­für sein, dass ei­ne Ge­fäl­lig­keits­aus­sa­ge vor­liegt, die schlecht vor­be­rei­tet wor­den ist, weil man nur das un­mit­tel­ba­re Kern­ge­sche­hen kon­kret ab­ge­spro­chen hat, nicht aber die De­tails um die­ses her­um. Dies könn­te be­stä­tigt wer­den durch die An­ga­ben der bei­den an­de­ren Zeu­gen, dass der Zeu­ge F bei den Ver­trags­ver­hand­lun­gen gar nicht an­we­send ge­we­sen sei. Denn wenn sie da­mit recht hät­ten und je­ner Zeu­ge man­gels ei­ge­nen Er­le­bens nur et­was schil­der­te, was er vom Klä­ger hör­te, er­schei­nen je­ne Ab­wei­chun­gen zu Punk­ten, die zwar nicht der Kern des Gan­zen sind, aber doch eng an ihn her­an­na­hen, gut ver­ständ­lich.

Fer­ner fiel auch auf, dass die­ser Zeu­ge nichts da­zu zu sa­gen wuss­te, war­um man zwar in zen­tra­ler Wei­se be­strebt ge­we­sen sei, die Un­fall­frei­heit zu­ge­si­chert zu er­hal­ten, man sich dann aber mit ei­ner münd­li­chen Er­klä­rung be­gnüg­te und dies nicht in ein­deu­ti­ger Wei­se im schrift­li­chen Ver­trag ver­merkt ha­ben woll­te.

Ins­ge­samt blei­ben da­mit für das Ge­richt Zwei­fel, ob die­ser Zeu­gen­aus­sa­ge ge­folgt wer­den kann. Auf die bei­den an­de­ren Zeu­gen kommt es da­mit in­so­weit be­reits nicht mehr an, zu­mal sie den klä­ge­ri­schen Vor­trag zur Zu­sa­ge der Un­fall­frei­heit nicht be­stä­tig­ten, so­dass dies für ei­ne Be­weis­füh­rung im Sin­ne des Klä­gers nicht er­gie­big war.

Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch Zu­sa­ge der Un­fall­frei­heit steht da­mit nicht fest und kann da­mit kei­ne An­fech­tung recht­fer­ti­gen.

Ei­ne Täu­schung durch Un­ter­las­sen liegt auch nicht in der Va­ri­an­te ei­ner feh­len­den Auf­klä­rung über ei­nen Un­fall­ver­dacht vor. Zwar ist an­er­kannt, dass beim Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht nicht nur für Un­fall­schä­den, son­dern eben­so be­züg­lich des Vor­han­den­seins ei­nes blo­ßen Un­fall­ver­dachts be­steht. Ein Ver­käu­fer, der auf­grund kon­kre­ter An­halts­punk­te ei­nen Un­fall­ver­dacht hegt, han­delt da­her arg­lis­tig, wenn er sei­nen Ver­dacht ge­gen­über dem Kauf­in­ter­es­sen­ten ver­schweigt. Aus fest­ge­stell­ten Lack­un­ter­schie­den folgt aber ein sol­cher Ver­dacht (OLG Karls­ru­he, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1072; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 19.02.1999 – 24 U 71/97, NJW-RR 1999, 1064, 1064). Vor­lie­gend räumt die Be­klag­te ein, sol­che Lack­un­ter­schie­de am Fahr­zeu­ge er­kannt zu ha­ben, die ih­ren Grund zwar auch nur in ei­ner Schön­heits­re­pa­ra­tur ha­ben könn­ten, ge­nau­so gut aber auch in ei­nem er­heb­li­chen Vor­un­fall. Es ist je­doch nicht er­wie­sen, dass die Be­klag­te die­sen Ver­dacht nicht ge­gen­über dem Klä­ger of­fen­bar­te. Ganz im Ge­gen­teil be­kun­de­ten al­le drei Zeu­gen, dass es ei­ne sol­che Lack­dichte­un­ter­su­chung in An­we­sen­heit des Klä­gers ge­ge­ben ha­be, die Auf­fäl­lig­kei­ten er­gab. Letzt­lich war dies auch An­lass, mit dem Wa­gen so­dann zur DE­KRA zu fah­ren. An­ge­sichts die­ser Sach­la­ge steht dann aber ge­ra­de nicht fest, dass& die Be­klag­te die­sen Un­fall­ver­dacht nicht of­fen­bar­te, so­dass ihr un­ter die­sem As­pekt kei­ne Täu­schung an­zu­las­ten ist.

Ei­ne Täu­schung be­steht auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt, den Klä­ger nicht über ei­ne un­ter­blie­be­ne Fahr­zeug­un­ter­su­chung auf­ge­klärt zu ha­ben.

Denn den Ge­braucht­wa­gen­händ­ler trifft kei­ne ge­ne­rel­le, an­la­ß­un­ab­hän­gi­ge Ob­lie­gen­heit, das Fahr­zeug vor dem Ver­kauf um­fas­send zu un­ter­su­chen. Viel­mehr ist er grund­sätz­lich nur zu ei­ner fach­män­ni­schen äu­ße­ren Be­sich­ti­gung („Sicht­prü­fung“) ver­pflich­tet (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 14). Wenn sich hier­aus kei­ne An­halts­punk­te für ei­nen Vor­scha­den er­ge­ben, dann be­steht kei­ne Pflicht zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen und da­mit auch nicht zu ei­ner Ab­fra­ge bei der zen­tra­len Da­ten­bank des Her­stel­lers be­tref­fend der dort vor­han­de­nen Re­pa­ra­tur­his­to­rie des Fahr­zeugs bei an­de­ren Ver­trags­händ­lern (BGH, Urt. v. 19.06.2013 – VI­II ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24 f.).

Nimmt der Ver­käu­fer die er­for­der­li­che Sicht­un­ter­su­chung nicht vor, er­gibt sich das Merk­mal der Arg­list da­bei dar­aus, dass er den Käu­fer nicht in ein­deu­ti­ger Wei­se auf die un­ter­las­se­ne Un­ter­su­chung hin­ge­wie­sen hat. Ein Kraft­fahr­zeug­händ­ler, der an ei­nem Fahr­zeug kei­ne Sicht­prü­fung auf Un­fall­schä­den vor­nimmt, muss, um dem Vor­wurf der Arg­list zu ent­ge­hen, ei­nen Kauf­in­ter­es­sen­ten ein­deu­tig dar­auf hin­wei­sen, dass ein nicht ge­rin­ges Ri­si­ko ei­nes Un­fall­scha­dens be­steht, weil ein­fachs­te Un­ter­su­chun­gen zur Fra­ge ei­nes Un­fall­scha­dens nicht durch­ge­führt wur­den (OLG Karls­ru­he, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1072). Die­se Er­klä­rung sei­ner Un­kennt­nis schul­det der Ver­käu­fer auch un­ge­fragt (OLG Köln, Urt. v. 05.07.1996 – 19 U 106/95, NJW-RR 1997, 1214, 1215).

Vor­lie­gend ist zum ei­nen an­hand des mit­ge­teil­ten Be­wei­s­er­geb­nis­ses aber da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne ent­spre­chen­de ein­fa­che Un­ter­su­chung in Ge­stalt ei­ner Lack­dich­te­prü­fung er­folg­te, de­ren Er­geb­nis dem Klä­ger mit­ge­teilt wur­de. Zum an­de­ren ver­wies die Be­klag­te im schrift­li­chen Ver­trag auch ein­deu­tig dar­auf, dass sie wei­ter­ge­hen­de Un­ter­su­chun­gen auf et­wai­ge Vor­schä­den nicht vor­ge­nom­men hat. Auch un­ter die­sem Ge­sichts­punkt schei­det ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung da­mit aus.

Ein An­spruch in­fol­ge ei­ner wirk­sa­men An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ist so­mit nicht er­wie­sen. Ent­spre­chen­des gilt dann auch für ei­nen et­wai­gen An­spruch we­gen Ver­schul­dens bei Ver­trags­schluss. Und kauf­recht­li­che Ge­währ­leis­tungs­rech­te hat der Klä­ger nicht gel­tend ge­macht; viel­mehr hat er in sei­nem vor­ge­richt­li­chen Schrei­ben aus­drück­lich nur die An­fech­tung nach § 143 I, II BGB er­klärt und sich auch im Ver­fah­ren al­lein auf ei­ne sol­che An­fech­tung be­ru­fen.

Die Kla­ge war da­her ab­zu­wei­sen. …

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