Die Verhängung von Dieselfahrverboten hat für davon betroffene Fahrzeuge keinen Einfluss auf die Höhe der Kfz-Steuer.
BFH, Beschluss vom 13.08.2019 – III B 2/19
Sachverhalt: Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist seit 07.11.2017 Halter eines erstmalig am 13.10.2010 zugelassenen Kraftfahrzeugs. Bei dem Fahrzeug handelt es sich nach den Feststellungen der Zulassungsbehörde um einen Selbstzünder mit einem Hubraum von 1 461 cm³ und einer CO2-Emission von 145 g/km (Emissionsklasse Euro 5).
Mit Bescheid vom 16.11.2017 setzte der frühere Beklagte und Beschwerdegegner – das Hauptzollamt X. – für das Fahrzeug des Klägers bezüglich des Zeitraums 07.11.2017 bis zum 06.11.2018 Kfz-Steuer in Höhe von 192 € fest.
Mit dem hiergegen gerichteten Einspruch machte der Kläger geltend, dass er aufgrund der von einigen Städten und Gemeinden seit 2018 verhängten Fahrverbote in der Nutzung seines Fahrzeugs eingeschränkt werde. Die Kfz-Besteuerung führe daher zu einer unrechtmäßigen Ungleichbehandlung. Das Hauptzollamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.06.2018 als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht im Hinblick auf den Hauptantrag, mit dem der Kläger eine nicht näher bezifferte Herabsetzung der Kfz-Steuer begehrte, als unzulässig ab. Soweit der Kläger mit dem Hilfsantrag die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und der Einspruchsentscheidung beantragte, wies das Finanzgericht die Klage als unbegründet ab.
Die dagegen gerichtete Beschwerde, mit der der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 II Nr. 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 II Nr. 2 Fall 2 FGO) begehrte, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: [6] II. Die Beschwerde ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 V 1 FGO). Denn sofern Zulassungsgründe überhaupt in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 III 3 FGO genügenden Form geltend gemacht wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.
[7] 1. Im Streitfall hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens zum 01.01.2019 ein gesetzlicher Beteiligtenwechsel stattgefunden (z. B. BFH, Urt. v. 22.08.2007 X R 2/04, BFHE 218, 533 = BStBl. II 2008, 109 unter II 1). Beklagter und Beschwerdegegner ist nunmehr das durch Zusammenlegung der Hauptzollämter X. und Y. neu errichtete Hauptzollamt Z. Das Rubrum war entsprechend zu ändern.
[8] 2. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 II Nr. 1 FGO).
[9] a) Grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 II Nr. 1 FGO kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt, wenn die Beantwortung der Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung dem allgemeinen Interesse dient (BFH, Beschl. v. 21.04.1999 – I B 99/98, BFHE 188, 372 = BStBl. II 2000, 254). Es muss sich um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage handeln, die im Revisionsverfahren auch geklärt werden könnte. Am Klärungsbedarf fehlt es, wenn die Rechtsfrage anhand der gesetzlichen Grundlagen und der bereits vorliegenden Rechtsprechung beantwortet werden kann und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH geboten erscheinen lassen. Im Übrigen kommt eine Zulassung der Revision nicht schon deshalb in Betracht, weil es zu den konkret im Streitfall zu beurteilenden Fragen noch keine BFH-Entscheidung gibt (vgl. BFH, Beschl. v. 31.01.2019 – VIII B 41/18, BFH/NV 2019, 702 Rn. 3 m. w. Nachw.).
[10] b) Nach diesen Grundsätzen kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung nach § 115 II Nr. 1 FGO zu.
[11] aa) Dies gilt, soweit der Kläger sinngemäß die Rechtsfrage aufwirft, ob die Verhängung von Fahrverboten zu geringeren Schadwirkungen des davon betroffenen Fahrzeugs führe und sich diese geringeren Schadwirkungen auf die Bemessung der Kfz-Steuer auswirken müssten.
[12] Steuergegenstand der Kfz-Steuer ist nach § 1 I Nr. 1 KraftStG – worauf das Finanzgericht zu Recht hingewiesen hat – das Halten von inländischen Fahrzeugen zum Verkehr auf öffentlichen Straßen (Senat, Urt. v. 21.03.2019 – III R 30/18, NJW 2019, 2343 Rn. 12). Die Steuerpflicht dauert gemäß § 5 I Nr. 1 KraftStG bei einem inländischen Fahrzeug, vorbehaltlich des § 5 II KraftStG, solange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, mindestens jedoch einen Monat. Steuerschuldner ist nach § 7 Nr. 1 KraftStG bei einem inländischen Fahrzeug die Person, für die das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist. Insofern ist in der Rechtsprechung geklärt, dass der Tatbestand des Haltens auch dann erfüllt ist, wenn die Benutzungsmöglichkeit eingeschränkt ist, wobei gleichgültig bleiben muss, ob die Einschränkung auf gesetzlichem Zwang oder auf dem freien Willen des Halters oder einem sonstigen beim Halter liegenden Umstand beruht (BFH, Urt. v. 06.08.1958 – II 109/57 U, BFHE 67, 332 = BStBl. III 1958, 402). Der steuerliche Tatbestand ist damit nicht erst dann verwirklicht, wenn mit dem Fahrzeug eine öffentliche Straße tatsächlich befahren wird, sondern schon dann, wenn das Fahrzeug nach den verkehrsrechtlichen Vorschriften über das Zulassungsverfahren für Kfz (§§ 1 ff. FZV) „zum Verkehr zugelassen“ worden ist. Denn mit der Zulassung hat der Halter das Recht erlangt, das Fahrzeug „auf öffentlichen Straßen … in Betrieb“ zu setzen (BFH, Urt. v. 18.04.2012 – II R 32/10, BFHE 240, 413 = BStBl. II 2013, 516 Rn. 9 m. w. Nachw.). Das Fahrzeug wird daher auch dann gehalten, wenn von dem durch die Zulassung eingeräumten Recht, es auf öffentlichen Straßen in Betrieb zu setzen, kein Gebrauch gemacht wird oder wenn es trotz der Zulassung im Straßenverkehr nicht genutzt werden darf (Senat, Urt. v. 14.06.2018 – III R 26/16, BFHE 261, 480 Rn. 13).
[13] Entsprechend kommt es auch für die Bemessung der Kfz-Steuer nicht darauf an, ob das Fahrzeug tatsächlich infolge einer umfangreicheren Nutzung mehr Schadstoffe oder infolge einer nur eingeschränkt möglichen Nutzung weniger Schadstoffe ausstößt. Vielmehr bemisst sich die Höhe der Kfz-Steuer für das streitgegenständliche Fahrzeug – worauf das Finanzgericht ebenfalls zu Recht hingewiesen hat – gemäß § 8 Nr. 1 lit. b KraftStG nach den von der Zulassungsbehörde mit Bindungswirkung (§ 2 II Nr. 2 KraftStG) für die Steuerbehörde getroffenen Feststellungen zur Fahrzeugklasse, zu den Kohlendioxidemissionen und zum Hubraum. Entgegen der Auffassung des Klägers stellt auch die heutige Fassung des KraftStG keinen Zusammenhang zwischen dem durch Fahrverbote beeinflussten Umfang der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit und der Steuerbemessungsgrundlage her, sodass sich im Hinblick auf die der Entscheidung in BFHE 67, 332 = BStBl. III 1958, 402 zugrundeliegenden Erwägungen kein neuer Klärungsbedarf ergibt. Ebenso wenig ergibt sich im Hinblick auf den Schadstoffbegriff weiterer Klärungsbedarf, da die Steuerbehörde insoweit weder eine eigenständige Prüfung des allgemeinen Abgasverhaltens des Fahrzeugs (s. hierzu BFH, Urt. v. 05.12.2012 – II R 23/11, BFH/NV 2013, 992 Rn. 22) noch eine Prüfung der tatsächlichen Nutzung oder Nutzungsmöglichkeit vorzunehmen, sondern die für die Bemessungsgrundlage maßgeblichen Feststellungen der Zulassungsbehörde zu übernehmen hat.
[14] bb) Grundsätzliche Bedeutung kommt ferner auch nicht der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage zu, ob darin eine Ungleichbehandlung zu erblicken sei, dass nach der ursprünglichen Intention des Gesetzgebers Halter von nach Euro 5 und Euro 6 eingestuften Fahrzeugen untereinander gleich und gegenüber Haltern von Fahrzeugen der Klassen Euro 1 bis 4 besser behandelt werden sollten, nun aber der Halter eines Euro 5-Fahrzeugs mehr Opfer für den Umweltschutz erbringen müsse. Insoweit weist das Finanzgericht ebenfalls zu Recht darauf hin, dass die Bemessungsgrundlage der Kfz-Steuer nach dem Willen des Gesetzgebers nicht von dem – durch den tatsächlichen Nutzungsumfang beeinflussten – Schadstoffausstoß des Fahrzeugs auf den vom Steuerpflichtigen befahrenen Straßen abhängig ist, sondern von den allgemeinen Schadstoffeinstufungen des Fahrzeugs. Insofern ist weder im Hinblick auf die Rechtssetzungsgleichheit noch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsanwendungsgleichheit erkennbar, dass der Kläger gegenüber Haltern derselben oder anderer Schadstoffklassen ungleich behandelt wird.
[15] 3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz zuzulassen (§ 115 II Nr. 2 Fall 2 FGO), da der Kläger die Voraussetzungen dieses Zulassungsgrundes nicht in der erforderlichen Weise dargelegt hat.
[16] a) Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichungsrüge muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den behaupteten, genau bezeichneten Divergenzentscheidungen andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so die behauptete Abweichung zu verdeutlichen (z. B. Senat, Beschl. v. 11.03.2011 – III B 76/10, BFH/NV 2011, 981 Rn. 15). Außerdem muss sich aus der Beschwerdebegründung ergeben, dass dem Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liegt wie der Divergenzentscheidung und es sich um eine identische Rechtsfrage handelt (z. B. Senat, Beschl. v. 30.09.2013 – III B 20/12, BFH/NV 2014, 58 Rn. 3). Dabei muss der Beschwerdeführer von den vom Finanzgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ausgehen, die den BFH gemäß § 118 II FGO auch im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision grundsätzlich binden (BFH, Beschl. v. 27.03.2009 – VIII B 184/08, BFHE 224, 458 = BStBl. II 2009, 850 Rn. 20).
[17] b) Hieran fehlt es. Der Kläger führt lediglich aus, dass das angefochtene Urteil bezüglich der Zulässigkeit des Hauptantrags im Widerspruch zum BFH-Urteil VI B 114/1 (gemeint ist wohl der BFH-Beschluss vom 17.01.2002 – VI B 114/01, BFHE 198, 1 = BStBl. II 2002, 306) stehe. Weitere Ausführungen, insbesondere zu etwaigen divergierenden Rechtssätzen und zur Vergleichbarkeit der Sachverhalte, fehlen indessen.
[18] 4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 V 2 FGO ab.
[19] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 I FGO i. V. mit § 135 II FGO.