Zeigt sich in­ner­halb von sechs Mo­na­ten nach der Über­ga­be ei­nes Fahr­zeugs an den Käu­fer ein – auf ei­ne de­fek­te GPS-An­ten­ne zu­rück­zu­füh­ren­der – De­fekt des Na­vi­ga­ti­ons­sys­tems, mit des­sen Auf­tre­ten je­der­zeit ge­rech­net wer­den muss, so kann nicht ge­mäß § 476 BGB a.F. (= § 477 BGB n.F.) ver­mu­tet wer­den, dass das Fahr­zeug zu­min­dest im An­satz schon bei der Über­ga­be man­gel­haft war. Denn die­se Ver­mu­tung ist mit der Art des Man­gels un­ver­ein­bar, so­dass ei­ne Be­weis­last­um­kehr zu­guns­ten des Käu­fers aus­ge­schlos­sen ist.

AG Nord­hau­sen, Ur­teil vom 08.10.2018 – 22 C 347/17

Sach­ver­halt:Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Pkw der Mar­ke Au­di. Der Kauf­preis in Hö­he von 21.000 € wur­de dem Klä­ger am 03.11.2016 in Rech­nung ge­stellt; das Fahr­zeug wur­de ihm eben­falls im No­vem­ber 2016 über­ge­ben.

Im März 2017 such­te der Klä­ger mit dem Pkw ei­ne Au­di-Ver­trags­werk­statt in H. (H-GmbH) auf, weil es Pro­ble­me mit dem Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem gab. Für die Feh­ler­su­che (Über­prü­fung des Na­vi­ga­ti­ons­ge­räts und der GPS-An­ten­ne wur­de dem Klä­ger schließ­lich un­ter dem 22.03.2017 ein Be­trag von 681,99 € in Re­chung ge­stellt. Der Klä­ger be­glich die­se Rech­nung, weil er an­dern­falls sein Fahr­zeug nicht zu­rück­er­hal­ten hät­te. Be­reits un­ter dem 16.032017 war dem Klä­ger ei­ne Pro-for­ma-Rech­nung er­teilt wor­den; da­nach wür­de für die Feh­ler­su­che und den Aus­tausch der GPS-An­ten­ne Kos­ten in Hö­he von ins­ge­samt 865,11 € an­fal­len. Die GPS-An­ten­ne wur­de nicht aus­ge­tauscht.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger – je­weils nebst Zin­sen – die Er­stat­tung der an die H-GmbH ge­zahl­ten 681,99 € so­wie die Zah­lung von 895,11 € net­to ver­langt. Er hat be­haup­tet, dass Kos­ten in Hö­he von 895,11 € net­to auf­ge­wen­det wer­den müss­ten, um die de­fek­te GPS-An­ten­ne aus­zu­tau­schen. Wei­ter hat der Klä­ger be­haup­tet, dass er sei­nen Pkw nach Ab­spra­che mit dem Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten M in die Au­di-Ver­trags­werk­statt in H. ge­bracht ha­be. De­ren Mit­ar­bei­ter F ha­be dann Rück­spra­che mit M ge­hal­ten, und in die­sem Ge­spräch ha­be die Be­klag­te zu­ge­sagt, die Kos­ten für ei­ne Feh­ler­dia­gno­se zu über­neh­men. An die­se Zu­sa­ge ha­be sich die Be­klag­te dann aber ab­spra­che­wid­rig nicht ge­hal­ten und ei­ne Kos­ten­über­nah­me ab­ge­lehnt. Schließ­lich hat der Klä­ger be­haup­tet, dass er schon auf der ers­ten – von der Be­klag­ten zu sich nach Hau­se un­ter­nom­me­nen – Fahrt be­merkt ha­be, dass ihn das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem falsch füh­re. Er ha­be sich dar­um je­doch in der Fol­ge­zeit nicht mehr ge­küm­mert und erst viel spä­ter be­merkt, dass ihm das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem ei­nen Stand­ort an­ge­zeigt ha­be, der von sei­nem tat­säch­li­chen Stand­ort weit ent­fernt ge­we­sen sei.

Die Be­klag­te hat ei­nen Man­gel des Na­vi­ga­ti­ons­sys­tems in Ab­re­de ge­stellt und dar­auf ver­wie­sen, dass ein Man­gel nicht von ei­ner dem Klä­ger ge­währ­ten Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie er­fasst wür­de. Ab­ge­se­hen da­von ha­be ihr der Klä­ger zu kei­nem Zeit­punkt Ge­le­gen­heit zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben. Sie, die Be­klag­te, ha­be schließ­lich – ent­ge­gen der Be­haup­tung des Klä­gers – nie er­klärt, dass sie die Kos­ten für ei­ne Feh­ler­dia­gno­se über­neh­me.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch auf Er­stat­tung des von ihm ge­zahl­ten Rech­nungs­be­trags, und er hat auch kei­nen An­spruch auf den gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz.

Et­wai­ge ver­trag­li­che An­sprü­che kann der Klä­ger zu­nächst nicht auf die über­nom­me­ne Haus­ga­ran­tie stüt­zen, weil De­fek­te an An­ten­nen und Na­vi­ga­ti­ons­sys­te­men aus­drück­lich von der Ga­ran­tie aus­ge­schlos­sen sind.

Des Wei­te­ren kann er kei­ne Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che nach § 434 ff. BGB er­folg­reich gel­tend ma­chen.

Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che kön­nen nur we­gen sol­cher Män­gel gel­tend ge­macht wer­den, die be­reits bei Ver­trags­schluss bzw. Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­han­den wa­ren. Da­für trägt grund­sätz­lich der Käu­fer die Dar­le­gungs- und Be­weis­last.

Hier ist nach der Be­weis­auf­nah­me da­von aus­zu­ge­hen, dass die GPS-Emp­fangs­an­ten­ne de­fekt war bzw. ist und aus die­sem Grund durch das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät ein gänz­lich fal­scher Stand­punkt des Fahr­zeugs an­ge­zeigt wur­de. Ein Man­gel mit die­sem Er­schei­nungs­bild war erst­mals nach den klä­ge­ri­schen Dar­le­gun­gen von ihm im März 2017 be­merkt wor­den, und nach der Art des Man­gels kann ge­ra­de nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die­ser be­reits bei Über­ga­be des Fahr­zeugs vor­lag. Wann die­ser Man­gel tat­säch­lich erst­mals auf­ge­tre­ten ist, kann auch ein Sach­ver­stän­di­ger nicht fest­stel­len. Nach den Be­kun­dun­gen des vom Klä­ger be­nann­ten Zeu­gen F sind sol­che Feh­ler durch­aus häu­fi­ger auf­ge­tre­ten, und nach den Be­kun­dun­gen bei­der Zeu­gen gibt es in­so­weit auch Her­stel­ler­emp­feh­lun­gen be­züg­lich der vor­zu­neh­men­den Feh­ler­su­che. Es han­delt sich hier schlicht um ei­nen De­fekt im elek­tro­ni­schen Be­reich, mit des­sen Ein­tritt je­der­zeit zu rech­nen ist.

Zeigt sich ein Man­gel in­ner­halb der ers­ten sechs Mo­na­te nach Ge­fahr­über­gang, wird ge­setz­lich ver­mu­tet, dass die­ser bzw. die An­la­ge zu die­sem Man­gel be­reits bei Ge­fahr­über­gang vor­lag. Dies gilt je­doch nicht, wenn die Art des Man­gels mit die­ser ge­setz­li­chen Ver­mu­tung un­ver­ein­bar ist. Dies ist hier bei Vor­lie­gen ei­nes sol­chen elek­tri­schen De­fekts je­doch ge­ge­ben.

Es be­darf auch kei­ner Be­weis­auf­nah­me über die klä­ge­ri­sche Be­haup­tung, wo­nach es zu Pro­ble­men mit dem Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät be­reits an­läss­lich der Heim­fahrt ge­kom­men sei. Es ist näm­lich be­reits nach den klä­ge­ri­schen Dar­le­gun­gen nicht er­sicht­lich, was die von ihm be­nann­te Zeu­gin, sei­ne Ehe­frau, da­zu über­haupt sa­gen kann. Der Klä­ger legt selbst le­dig­lich dar, dass er falsch ge­lei­tet wor­den sei und des­halb das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät ab­ge­schal­tet ha­be. Nach den im März 2017 ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen durch das Au­to­haus H ist je­doch da­von aus­zu­ge­hen, dass auf­grund ei­nes De­fekts der GPS-An­ten­ne ein fal­scher Stand­ort des Fahr­zeugs an­ge­ge­ben wird und von da­her auch ei­ne fal­sche Rou­ten­be­rech­nung er­folgt bzw. ein Stand­ort über­haupt nicht an­ge­zeigt wird. Dies hat je­doch mit ei­ner nicht nä­her de­fi­nier­ten „fal­schen Lei­tung“ zu­nächst nichts zu tun.

Der Klä­ger hat auch nicht be­wei­sen kön­nen, dass sei­tens der Be­klag­ten ei­ne Kos­ten­über­nah­me­er­klä­rung ab­ge­ge­ben wur­de.

Hier hat ins­be­son­de­re der Zeu­ge F mit sei­ner Aus­sa­ge dif­fe­ren­zie­rend dar­auf hin­ge­wie­sen, dass be­reits zwi­schen den Kos­ten für ei­ne mög­li­che Feh­ler­su­che und mit­hin -dia­gno­se und den Kos­ten für die ei­gent­li­che Re­pa­ra­tur un­ter­schie­den wer­den müs­se. Er hat auch aus­drück­lich dar­auf ver­wie­sen, dass für den Kun­den im­mer das Ri­si­ko be­ste­he, die Kos­ten für ei­ne mög­li­cher­wei­se auf­wen­di­ge Feh­ler­su­che letzt­lich selbst über­neh­men zu müs­sen. Der Zeu­ge M hat an­de­rer­seits die Dar­le­gun­gen der Be­klag­ten da­hin ge­hend be­stä­tigt, dass zu­nächst ein­mal ei­ne Kennt­nis dar­über vor­lie­gen müs­se, wel­cher De­fekt über­haupt vor­lie­ge, be­vor ei­ne Ent­schei­dung über ei­ne Kos­ten­über­nah­me für die Re­pa­ra­tur durch ei­ne an­de­re Ver­trags­werk­statt er­fol­gen kön­ne.

Ent­spre­chend der von ihm vor­ge­nom­me­nen Dif­fe­ren­zie­rung hat der Zeu­ge F dann wei­ter aus­ge­sagt, kei­ne kon­kre­te Er­in­ne­rung mehr an das Ge­spräch mit dem Zeu­gen M zu ha­ben. Be­züg­lich des vom Klä­ger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­leg­ten Re­pa­ra­tur­auf­trags, der vom Zeu­gen F er­stellt wur­de, hat der Zeu­ge F aus­ge­sagt, dass er da­von aus­ge­he, dass vom Zeu­gen M die Über­nah­me der Kos­ten für ei­ne Dia­gno­se zu­ge­sagt wor­den sei. Es fin­det sich dann dort auch der wei­te­re Pas­sus, dass ein Kos­ten­vor­an­schlag ver­sandt wer­den sol­le, wenn der Feh­ler ge­fun­den wor­den sei. Der Zeu­ge F hat aber des Wei­te­ren aus­ge­sagt, dass in der Re­gel auch ei­ne schrift­li­che Kos­ten­über­nah­me­be­stä­ti­gung ab­ge­war­tet wer­de und dass er des Wei­te­ren da­von aus­ge­he, ei­nen Auf­wand be­züg­lich der Feh­ler­su­che in ei­nem Um­fang von 150 Zeit­ein­hei­ten, mit­hin cir­ca 1½ Stun­den, ver­an­schlagt zu ha­ben. Der Zeu­ge M hat dann sei­ner­seits in Ab­re­de ge­stellt, ei­ne ver­bind­li­che Kos­ten­über­nah­me­er­klä­rung für ei­ne ent­spre­chen­de Dia­gno­se in die­sem Um­fang ab­ge­ge­ben zu ha­ben, und sei­ner­seits dar­auf ver­wie­sen, dass ei­ne schrift­li­che Be­stä­ti­gung hät­te er­fol­gen müs­sen.

Hier war dann aus­ge­hend von den klä­ge­ri­schen Dar­le­gun­gen al­lein für die Feh­ler­su­che und den da­mit ver­bun­de­nen Aus­bau der de­fek­ten GPS-An­ten­ne und dem An­schluss der Be­helfs­an­ten­ne ein Kos­ten­auf­wand von 573,10 € net­to er­for­der­lich. Be­reits die­ser Be­trag über­steigt bei Wei­tem nach den Be­kun­dun­gen des Zeu­gen F die ver­an­schlag­ten 150 Zeit­ein­hei­ten, so­dass aus­ge­hend von der Aus­sa­ge des Zeu­gen F auch für die­sen be­reits kei­ne Ver­an­las­sung da­zu be­stand, von ei­ner Kos­ten­über­nah­me al­lein für die Dia­gno­se in Hö­he von 681,99 € durch die Be­klag­te aus­ge­hen zu dür­fen.

Bei Wür­di­gung der Be­weis­auf­nah­me ins­ge­samt ist das Ge­richt mit­hin nicht zu der Über­zeu­gung ge­langt, dass ei­ne ver­bind­li­che Kos­ten­über­nah­me­er­klä­rung sei­tens der Be­klag­ten da­hin ge­hend ab­ge­ge­ben wur­de, ei­nen Rech­nungs­be­trag für die Feh­ler­su­che in Hö­he von knapp 700 € zu über­neh­men, be­vor über­haupt Klar­heit dar­über be­stand, ob im Hin­blick auf ei­nen mög­li­chen De­fekt über­haupt von ei­ner Ein­tritts­pflicht auf­grund von Ge­währ­leis­tung oder Ga­ran­tie aus­zu­ge­hen ist.

Ob der von der H-GmbH er­stell­te Kos­ten­vor­an­schlag in Form der „Pro-for­ma-Rech­nung“ vom 16.03.2017 der Be­klag­ten über­haupt über­sandt wur­de, lässt sich we­der den klä­ge­ri­schen Dar­le­gun­gen noch der Aus­sa­ge des Zeu­gen F ent­neh­men. Es war je­doch mit Si­cher­heit wirt­schaft­lich un­sin­nig, sämt­li­che Kos­ten für Ein- und Aus­bau der An­zei­ge­be­dien­ein­heit, der GPS-An­ten­ne und des An­schlus­ses der Be­helfs­an­ten­ne zu über­neh­men, oh­ne auch zu­gleich ei­ne neue in­tak­te An­ten­ne für 134,47 € net­to ein­bau­en zu las­sen. So­weit es hier zu et­wai­gen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­pro­ble­men zwi­schen dem Klä­ger und der H-GmbH ge­kom­men sein soll­te, die letzt­lich da­zu führ­ten, dass der Klä­ger ei­nen Rech­nungs­be­trag in Hö­he von 681,99 € aus­glei­chen muss­te, um das Fahr­zeug mit im­mer noch de­fek­ter An­ten­ne zu­rück­zu­er­hal­ten, könn­te dies oh­ne­hin nicht zu­las­ten der Be­klag­ten ge­hen mit der Fol­ge, dass we­sent­li­che Rech­nungs­po­si­tio­nen letzt­lich dop­pelt aus­zu­glei­chen wä­ren. …

PDF er­stel­len