Die Pflicht der Kraft­fahr­zeug-Zu­las­sungs­stel­le, im Zu­sam­men­hang mit der Ab­stem­pe­lung des Kenn­zei­chen­schil­des mit zu­ge­teil­tem Kenn­zei­chen durch ei­ne Stem­pel­pla­ket­te (§ 10 III 1 FZV) zu über­prü­fen, ob das Schild das zu­ge­teil­te Kenn­zei­chen trägt und nicht dem Schil­der­her­stel­ler beim Auf­druck des Kenn­zei­chens ein Feh­ler un­ter­lau­fen ist, ob­liegt der Be­hör­de je­den­falls auch im In­ter­es­se der In­ha­ber be­reits zu­ge­teil­ter Kenn­zei­chen, da­vor be­wahrt zu wer­den, irr­tüm­lich für Vor­gän­ge im Zu­sam­men­hang mit dem Be­trieb ei­nes frem­den Fahr­zeugs zur Ver­ant­wor­tung ge­zo­gen zu wer­den.

BGH, Ur­teil vom 05.04.2018 – III ZR 211/17

Sach­ver­halt: Der kla­gen­de Rechts­schutz­ver­si­che­rer nimmt aus über­ge­gan­ge­nem Recht sei­nes Ver­si­che­rungs­neh­mers V den be­klag­ten Land­kreis auf Scha­dens­er­satz we­gen Amts­pflicht­ver­let­zung im Zu­sam­men­hang mit der Ab­stem­pe­lung ei­nes Kenn­zei­chen­schil­des (§ 10 III 1 FZV) in An­spruch.

Der Ver­si­che­rungs­neh­mer der Klä­ge­rin ist Hal­ter ei­nes Mo­tor­rads, für das die Kfz-Zu­las­sungs­be­hör­de des Be­klag­ten im Fe­bru­ar 2013 das amt­li­che Kenn­zei­chen …-TW 9 (Sai­son 04/10) zu­teil­te. Der Streit­hel­fer des Be­klag­ten ist eben­falls Hal­ter ei­nes Mo­tor­rads. Für die­ses teil­te die Kfz-Zu­las­sungs­be­hör­de des Be­klag­ten im Mai 2014 das amt­li­che Kenn­zei­chen …-WT 9 (Sai­son 03/10) zu. Das Kenn­zei­chen des Streit­hel­fers wur­de da­bei im Sys­tem der Zu­las­sungs­stel­le kor­rekt er­fasst so­wie in die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I (vor­mals Fahr­zeug­schein) und die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (vor­mals Fahr­zeug­brief) ein­ge­tra­gen. Das am Mo­tor­rad des Streit­hel­fers an­ge­brach­te Kenn­zei­chen­schild wies al­ler­dings die Buch­sta­ben­kom­bi­na­ti­on …-TW 9 (oh­ne Sai­son­be­fris­tung) auf. Der Klä­ger hat be­haup­tet, die Buch­sta­ben W und T sei­en auf­grund ei­nes Feh­lers des Schil­der­her­stel­lers ver­tauscht wor­den. Die An­ge­stell­te des be­klag­ten Land­krei­ses M ha­be beim an­schlie­ßen­den Ab­stem­peln über­se­hen, dass das Schild nicht mit dem zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen über­ein­ge­stimmt ha­be, und des­halb das feh­ler­haf­te Kenn­zei­chen­schild mit der Zu­las­sungs­pla­ket­te ver­se­hen.

Am 04.05.2015 wur­de das Mo­tor­rad des Streit­hel­fers we­gen ei­ner Ge­schwin­dig­keits­über­schrei­tung in Ös­ter­reich „ge­blitzt“. Nach­dem der Be­klag­te auf Nach­fra­ge der Be­zirks­haupt­mann­schaft Inns­bruck mit­ge­teilt hat­te, dass Hal­ter des Mo­tor­rads mit dem Kenn­zei­chen …-TW 9 der Ver­si­che­rungs­neh­mer der Klä­ge­rin sei, wur­de ge­gen die­sen ein Ver­fah­ren ein­ge­lei­tet und, da die Be­hör­de des­sen Be­teue­rung, sein Mo­tor­rad ha­be zur Tat­zeit in sei­ner ver­schlos­se­nen Ga­ra­ge ge­stan­den, kei­nen Glau­ben schenk­te, ei­ne so­ge­nann­te Straf­ver­fü­gung bzw. ein so­ge­nann­tes Strafer­kennt­nis ver­hängt. Die im Zu­sam­men­hang mit dem Ein­spruchs- und Be­schwer­de­ver­fah­ren ent­stan­de­nen An­walts­kos­ten – das Ver­fah­ren wur­de letzt­lich durch Ur­teil des Lan­des­ver­wal­tungs­ge­richts Ti­rol ein­ge­stellt – macht die Klä­ge­rin, die die­se be­zahlt hat, aus über­ge­gan­ge­nem Recht ge­gen den Be­klag­ten gel­tend.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat das Ober­lan­des­ge­richt der Kla­ge un­ter Ab­än­de­rung der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung im We­sent­li­chen – mit Ab­stri­chen bei den Zin­sen – statt­ge­ge­ben. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on des Be­klag­ten hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [5]    Der Klä­ge­rin steht aus über­ge­gan­ge­nem Recht ih­res Ver­si­che­rungs­neh­mers (§ 86 I 1 VVG) ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz aus Amts­haf­tung ge­mäß § 839 I 1 BGB i. V. mit Art. 34 Satz 1 GG auf Er­stat­tung der zur Ver­tei­di­gung in dem Ein­spruchs- und Be­schwer­de­ver­fah­ren an­ge­fal­le­nen An­walts­kos­ten zu.

[6]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Fest­stel­lung ge­trof­fen, dass die An­ge­stell­te M das nicht mit dem zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen iden­ti­sche Num­mern­schild des Streit­hel­fers ab­ge­stem­pelt ha­be. Hier­durch ha­be sie schuld­haft ih­re Amts­pflicht zu recht­mä­ßi­gem Ver­wal­tungs­han­deln ver­letzt. Die Amts­pflicht zur Kon­trol­le, ob das Schild mit dem zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen über­ein­stim­me, be­ste­he – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Land­ge­richts – nicht le­dig­lich im öf­fent­li­chen In­ter­es­se, son­dern auch zu­guns­ten von In­ha­bern be­reits zu­ge­teil­ter Kenn­zei­chen. Die­se hät­ten ein schutz­wür­di­ges In­ter­es­se dar­an, dass si­cher­ge­stellt wer­de, dass die ih­nen als Un­ter­schei­dungs­merk­mal ih­rer Fahr­zeu­ge zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen nicht nur kein zwei­tes Mal ver­ge­ben, son­dern dass dies auch durch ei­ne Kon­trol­le des zur Ab­stem­pe­lung vor­lie­gen­den Schil­des ge­währ­leis­tet wer­de. Der ent­stan­de­ne Scha­den in Form der an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten sei auch vom sach­li­chen Schutz­be­reich der Amts­pflicht um­fasst. Ei­ne an­der­wei­ti­ge Er­satz­mög­lich­keit be­ste­he nicht. Die Er­stat­tung der Kos­ten durch die Klä­ge­rin stel­le für den ge­schä­dig­ten Ver­si­che­rungs­neh­mer kei­ne sol­che Er­satz­mög­lich­keit dar. Ein An­spruch auf Kos­ten­er­stat­tung ge­gen die Staats­kas­se be­ste­he nach ös­ter­rei­chi­schem Recht nicht; viel­mehr müs­se da­nach der Be­schul­dig­te trotz der Ein­stel­lung des Ver­fah­rens sei­ne Aus­la­gen selbst tra­gen. Ein An­spruch ge­gen den Streit­hel­fer sei nicht er­kenn­bar. So­weit nach § 10 XII FZV auch der Hal­ter für die ord­nungs­ge­mä­ße Kenn­zeich­nung ver­ant­wort­lich sei, han­de­le es sich um kein Schutz­ge­setz i. S. des § 823 II BGB.

[7]    II. Dies hält der recht­li­chen Nach­prü­fung stand.

[8]   1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu­tref­fend und von der Re­vi­si­on zu Recht un­be­an­stan­det fest­ge­stellt, dass die An­ge­stell­te M fahr­läs­sig ih­re Amts­pflicht ver­letz­te, in­dem sie das nicht mit dem zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen über­ein­stim­men­de Kenn­zei­chen­schild des Streit­hel­fers ab­stem­pel­te.

[9]    Nach § 3 I 1 FZV dür­fen Fahr­zeu­ge auf öf­fent­li­chen Stra­ßen nur in Be­trieb ge­setzt wer­den, wenn sie zum Ver­kehr zu­ge­las­sen sind. Die Zu­las­sung wird auf An­trag er­teilt, wenn das Fahr­zeug ei­nem ge­neh­mig­ten Typ ent­spricht oder ei­ne Ein­zel­ge­neh­mi­gung er­teilt ist und ei­ne dem Pflicht­ver­si­che­rungs­ge­setz ent­spre­chen­de Kraft­fahr­zeug-Haft­pflicht­ver­si­che­rung be­steht (§ 3 I 2 FZV). Die Zu­las­sung er­folgt nach § 3 I 3 FZV (i. d. F. von Art. 1 Nr. 1 der Ver­ord­nung zur Än­de­rung der Fahr­zeug-Zu­las­sungs­ver­ord­nung, an­de­rer stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­cher Vor­schrif­ten und der Kraft­fahr­zeug-Pflicht­ver­si­che­rungs­ver­ord­nung vom 13.01.2012, BGBl. 2012 I 103) durch Zu­tei­lung ei­nes Kenn­zei­chens, Ab­stem­pe­lung der Kenn­zei­chen­schil­der und Aus­fer­ti­gung ei­ner Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung. Die Zu­las­sungs­be­hör­de teilt dem Fahr­zeug ein Kenn­zei­chen zu, um ei­ne Iden­ti­fi­zie­rung des Hal­ters zu er­mög­li­chen, wo­bei das Kenn­zei­chen aus ei­nem Un­ter­schei­dungs­zei­chen für den Ver­wal­tungs­be­zirk, in dem das Fahr­zeug zu­ge­las­sen ist, und ei­ner auf das ein­zel­ne Fahr­zeug be­zo­ge­nen Er­ken­nungs­num­mer be­steht (§ 8 I 1 und 2 FZV i. d. F. von Art. 1 Nr. 5 der Ers­ten Ver­ord­nung zur Än­de­rung der Fahr­zeug-Zu­las­sungs­ver­ord­nung und an­de­rer stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­cher Vor­schrif­ten vom 19.10.2012, BGBl. 2012 I 2232, 2233). Je­des Schild mit zu­ge­teil­tem Kenn­zei­chen muss ge­mäß § 10 III 1 FZV der Zu­las­sungs­be­hör­de zur Ab­stem­pe­lung mit­tels ei­ner Stem­pel­pla­ket­te vor­ge­legt wer­den. Erst die Ab­stem­pe­lung ver­leiht dem Schild den amt­li­chen Sta­tus ei­nes Kenn­zei­chens ge­mäß § 1 I 2 StVG (vgl. Münch­Komm-StVR/Hup­pertz, § 8 FZV Rn. 32; Dau­er, in: Hent­schel/Kö­nig/Dau­er, Stra­ßen­ver­kehrs­recht, 44. Aufl., § 3 FZV Rn. 5, § 10 FZV Rn. 9; NK-GVR/Wohl­fahrt, 2. Aufl., § 10 FZV Rn. 6). Das ab­ge­stem­pel­te Schild bil­det ge­mein­sam mit dem Fahr­zeug ei­ne die Zu­las­sung be­stä­ti­gen­de Ur­kun­de i. S. des § 267 I StGB, dem nicht ab­ge­stem­pel­ten Schild kommt die­se Ei­gen­schaft da­ge­gen nicht zu (vgl. nur BGH, Beschl. v. 19.12.1957 – 4 StR 443/57, BGHSt 11, 165, 167 f.; Urt. v. 21.09.1999 – 4 StR 71/99, BGHSt 45, 197, 200 f.). Bei der Ab­stem­pe­lung muss die Zu­las­sungs­be­hör­de mit­hin prü­fen, ob das Kenn­zei­chen vor­schrifts­ge­mäß ist. Sie über­nimmt durch die Ab­stem­pe­lung die Ver­ant­wor­tung für die sach­ge­mä­ße Er­le­di­gung der Auf­ga­ben, die sie bei der Zu­las­sung des Fahr­zeugs wahr­zu­neh­men hat (BGH, Beschl. v. 19.12.1957 – 4 StR 443/57, BGHSt 11, 165, 167 f.; Urt. v. 21.09.1999 – 4 StR 71/99, BGHSt 45, 197, 200 f.). Bei der ge­bo­te­nen Sorg­falt hät­te die Mit­ar­bei­te­rin des Be­klag­ten den Feh­ler des Schil­der­her­stel­lers er­ken­nen und man­gels Über­ein­stim­mung mit dem zu­ge­teil­ten Kenn­zei­chen von ei­ner Ab­stem­pe­lung Ab­stand neh­men müs­sen.

[10]   2. Die ver­letz­te Amts­pflicht be­stand auch im In­ter­es­se des Ver­si­che­rungs­neh­mers der Klä­ge­rin.

[11]   a) Ob ei­ne Amts­pflicht ge­gen­über dem ge­schä­dig­ten Drit­ten be­steht, be­stimmt sich da­nach, ob die Pflicht – wenn auch nicht not­wen­dig al­lein, so doch ge­ge­be­nen­falls ne­ben der Er­fül­lung all­ge­mei­ner In­ter­es­sen und öf­fent­li­cher Zwe­cke auch – den Sinn hat, sein In­ter­es­se wahr­zu­neh­men. Aus den die Amts­pflicht be­grün­den­den und sie um­rei­ßen­den Be­stim­mun­gen so­wie aus der be­son­de­ren Na­tur des Amts­ge­schäfts muss sich er­ge­ben, dass der Ge­schä­dig­te zu dem Per­so­nen­kreis zählt, des­sen Be­lan­ge nach dem Zweck und der recht­li­chen Be­stim­mung des Amts­ge­schäfts ge­schützt und ge­för­dert wer­den sol­len. Dar­über hin­aus kommt es dar­auf an, ob in qua­li­fi­zier­ter und zu­gleich in­di­vi­dua­li­sier­ba­rer Wei­se auf schutz­wür­di­ge In­ter­es­sen ei­nes er­kenn­bar ab­ge­grenz­ten Krei­ses Drit­ter Rück­sicht zu neh­men ist. Es muss mit­hin ei­ne be­son­de­re Be­zie­hung zwi­schen der ver­letz­ten Amts­pflicht und dem ge­schä­dig­ten Drit­ten be­ste­hen. Hier­für ist die un­mit­tel­ba­re Be­tei­li­gung am Amts­ge­schäft eben­so we­nig not­wen­di­ge Vor­aus­set­zung wie ein Rechts­an­spruch des Be­trof­fe­nen auf die maß­geb­li­che Amts­hand­lung. An­de­rer­seits ge­nügt es nicht al­lein, dass sich die Ver­let­zung der Amts­pflicht für den Ge­schä­dig­ten nach­tei­lig aus­ge­wirkt hat; die Amts­hand­lung muss ent­we­der auch im In­ter­es­se des Drit­ten vor­ge­nom­men wer­den oder in sei­ne Rechts­stel­lung ein­grei­fen. Für die Fra­ge, ob der Ge­schä­dig­te zu dem Per­so­nen­kreis zu rech­nen ist, des­sen In­ter­es­sen durch die Pflicht mit­ge­schützt wer­den sol­len, oder ob er le­dig­lich re­flex­ar­tig durch die Wahr­neh­mung der nur im öf­fent­li­chen In­ter­es­se lie­gen­den Pflich­ten be­güns­tigt wird, kommt es we­sent­lich dar­auf an, wel­che Wer­tun­gen und Ziel­vor­stel­lun­gen dem be­tref­fen­den Ge­setz mit den her­kömm­li­chen Aus­le­gungs­me­tho­den zu ent­neh­men sind (stän­di­ge Se­nats­recht­spre­chung, vgl. nur Urt. v. 14.07.2016 – III ZR 265/15, BGHZ 211, 171 Rn. 16; Urt. v. 20.10.2016 – III ZR 278/15, BGHZ 212, 303 Rn. 21 f.; je­weils m. um­fang­rei­chen w. Nachw.).

[12]   b) Nach die­ser Maß­ga­be ist die ver­letz­te Amts­pflicht dritt­be­zo­gen. Das amt­li­che Kenn­zei­chen dient der Iden­ti­fi­zie­rung des Hal­ters (vgl. § 8 I 1 FZV). Des­sen Per­son soll – et­wa im Zu­sam­men­hang mit der Ver­fol­gung von Ord­nungs­wid­rig­kei­ten oder Straf­ta­ten, bei de­nen das Fahr­zeug ei­ne Rol­le spielt, oder im Zu­sam­men­hang mit Ver­kehrs­un­fäl­len – zwei­fels­frei fest­ge­stellt und von an­de­ren Per­so­nen un­ter­schie­den wer­den kön­nen. Das Kenn­zei­chen soll in­so­weit ei­ner­seits der Iden­ti­fi­zie­rung des wirk­li­chen Hal­ters die­nen und an­de­rer­seits an­de­re Hal­ter da­vor be­wah­ren, irr­tüm­lich für Vor­gän­ge im Zu­sam­men­hang mit dem Be­trieb ei­nes Fahr­zeugs zur Ver­ant­wor­tung ge­zo­gen zu wer­den. Die der Zu­las­sungs­be­hör­de ob­lie­gen­de Kon­trol­le der Über­ein­stim­mung des zu­ge­teil­ten Kenn­zei­chens mit dem ab­zu­stem­peln­den Kenn­zei­chen dient in­so­weit nicht nur öf­fent­li­chen Zwe­cken. Amt­li­che Kenn­zei­chen ver­kör­pern die recht­li­che Be­fug­nis, auf­grund der Zu­tei­lung durch die zu­stän­di­ge Be­hör­de und nach Ab­stem­pe­lung ei­ne be­stimm­te Buch­sta­ben-Zah­len-Kom­bi­na­ti­on als Kenn­zei­chen zu füh­ren (vgl. auch Münch­Komm-StVR/Hup­pertz, a. a. O., § 8 FZV Rn. 2; Ja­gow/Kar­neth/Ko­ehl, Fahr­er­laub­nis- und Zu­las­sungs­recht, Lo­sebl. (Stand: 2012), § 8 FZV Rn. 1e). Das Kenn­zei­chen ver­kör­pert die Er­klä­rung der Zu­las­sungs­stel­le, dass das Fahr­zeug un­ter die­sem Kenn­zei­chen für ei­nen be­stimm­ten Hal­ter zu­ge­las­sen ist (BGH, Urt. v. 21.09.1999 – 4 StR 71/99, BGHSt 45, 197, 200). Je­der Hal­ter hat in­so­weit aus dem vor­ge­nann­ten Grund ein un­mit­tel­ba­res schutz­wür­di­ges In­ter­es­se dar­an, dass das ihm als Un­ter­schei­dungs­merk­mal des Fahr­zeugs zu­ge­wie­se­ne Kenn­zei­chen – „sein“ Kenn­zei­chen – kein zwei­tes Mal ver­ge­ben und dies bei spä­te­ren Zu­las­sungs­vor­gän­gen an­de­rer Hal­ter bei der Zu­tei­lung und bei der Kon­trol­le des zur Ab­stem­pe­lung vor­ge­leg­ten Schil­des auch si­cher­ge­stellt wird.

[13]   Ent­ge­gen der in der münd­li­chen Ver­hand­lung ver­tre­te­nen Auf­fas­sung des Be­klag­ten wird da­mit letzt­lich nicht die All­ge­mein­heit in den Schutz­be­reich der ver­letz­ten Amts­pflicht ein­be­zo­gen. Es geht um die In­ha­ber be­reits zu­ge­teil­ter Kenn­zei­chen und da­mit um ei­nen von der All­ge­mein­heit ab­grenz­ba­ren Kreis Drit­ter. Nicht Vor­aus­set­zung für die Ein­be­zie­hung in den Schutz­be­reich ist da­ge­gen, dass die­ser Kreis zah­len­mä­ßig klein ist, wo­bei im Üb­ri­gen die hier in Re­de ste­hen­de Amts­pflicht­ver­let­zung in der Rechts­wirk­lich­keit nur im Be­reich ver­wech­se­lungs­fä­hi­ger Kenn­zei­chen von Be­deu­tung ist. Die von dem Be­klag­ten in der münd­li­chen Ver­hand­lung the­ma­ti­sier­te Fra­ge, ob in ei­nem Fall, in dem ein fal­sches, aber bis­her noch nicht zu­ge­teil­tes Kenn­zei­chen ab­ge­stem­pelt wur­de, auch der­je­ni­ge, dem die­ses Kenn­zei­chen spä­ter zu­ge­teilt wird, in den Schutz­be­reich fällt, ist nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich.

[14]   Der Schutz des Ver­si­che­rungs­neh­mers der Klä­ge­rin ist da­mit nicht ei­ne blo­ße re­flex­ar­ti­ge Be­güns­ti­gung ei­ner nur im öf­fent­li­chen In­ter­es­se lie­gen­den Amts­pflicht. Viel­mehr ist der In­ha­ber ei­nes Kenn­zei­chens in den Schutz­be­reich der der Zu­las­sungs­be­hör­de ob­lie­gen­den Amts­pflich­ten ein­be­zo­gen. So­weit die­se im Vor­feld der Ab­stem­pe­lung prü­fen muss, ob das zu­ge­teil­te Kenn­zei­chen rich­tig auf dem Schild auf­ge­druckt ist, ob­liegt ihr die­se Kon­trol­le auch, um im In­ter­es­se der In­ha­ber be­reits zu­ge­teil­ter Kenn­zei­chen zu ver­mei­den, dass ver­se­hent­lich nicht das zu­ge­teil­te, son­dern ein von ihr be­reits an­der­wei­tig ver­ge­be­nes Kenn­zei­chen auf dem Schild auf­ge­druckt ist.

[15]   c) Zu Un­recht be­ruft sich der Be­klag­te für sei­ne ge­gen­tei­li­ge Rechts­auf­fas­sung auf die Se­nats­ur­tei­le vom 11.07.1955 – III ZR 178/53, BGHZ 18, 11 – und vom 26.11.1981 – III ZR 123/80, NJW 1982, 2188. Bei­de sind nicht ein­schlä­gig. In der ers­ten Ent­schei­dung ging es um die vom Se­nat ver­nein­te Fra­ge, ob der be­klag­te TÜV nach Amts­haf­tungs­grund­sät­zen dem spä­te­ren Käu­fer ei­nes Fahr­zeugs haf­tet, wenn ein bei ihm an­ge­stell­ter Sach­ver­stän­di­ger in dem Ver­fah­ren der Er­tei­lung ei­ner Be­triebs­er­laub­nis (§ 21 StV­ZO) fahr­läs­sig un­rich­ti­ge tech­ni­sche An­ga­ben über das Fahr­zeug im Kraft­fahr­zeug­brief als rich­tig be­schei­nigt hat, und ob der Brief in­so­weit nach sei­ner ge­setz­li­chen Zweck­be­stim­mung ei­ne ver­läss­li­che Ver­trau­ens­grund­la­ge für den Käu­fer, ei­ne Art Ge­währ­leis­tungs­pa­pier sein soll. In der zwei­ten Ent­schei­dung ging es um die vom Se­nat ver­nein­te Fra­ge, ob die Pflicht der Zu­las­sungs­be­hör­de, den Zeit­punkt der Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs sorg­fäl­tig zu er­mit­teln und rich­tig in den Kraft­fahr­zeug­brief ein­zu­tra­gen, den Ver­mö­gens­in­ter­es­sen ei­nes spä­te­ren Käu­fers die­nen soll. Aus der im Mit­tel­punkt bei­der Ur­tei­le ste­hen­den Er­ör­te­rung der Schutz­zwe­cke des Kraft­fahr­zeug­briefs kann für den hie­si­gen Fall nichts ab­ge­lei­tet wer­den. Dies gilt eben­so für die Aus­füh­run­gen des Se­nats (s. auch das ei­ne ähn­li­che Fall­kon­stel­la­ti­on be­han­deln­de Urt. v. 11.01.1973 – III ZR 32/71, DÖV 1973, 243) da­zu, dass das Zu­las­sungs­ver­fah­ren nach § 21 StV­ZO der öf­fent­li­chen Si­cher­heit dient. Dies trifft zwar auch für das Zu­las­sungs­ver­fah­ren nach der Fahr­zeug-Zu­las­sungs­ver­ord­nung zu. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten be­schränkt es sich aber nicht dar­auf. So­weit der Be­klag­te meint, das Zu­las­sungs­ver­fah­ren die­ne nur der Ver­kehrs­si­cher­heit und dem Ver­si­che­rungs­schutz (Teil­nah­me nur ver­kehrs­si­che­rer und ver­si­cher­ter Fahr­zeu­ge am öf­fent­li­chen Ver­kehr), dif­fe­ren­ziert er nicht aus­rei­chend zwi­schen den ver­schie­de­nen Be­stand­tei­len des Zu­las­sungs­ver­fah­rens. Auch wenn das Ab­stem­peln des Kenn­zei­chen­schil­des zum Zu­las­sungs­ver­fah­ren ge­hört, kann dar­aus nichts ge­gen die An­nah­me ei­ner Dritt­be­zo­gen­heit der im Zu­ge der Ab­stem­pe­lung zu be­ach­ten­den Amts­pflich­ten ab­ge­lei­tet wer­den. Das Zu­las­sungs­ver­fah­ren be­trifft nicht nur die Prü­fung der Ver­kehrs­si­cher­heit des Fahr­zeugs und des Be­ste­hens ei­ner Haft­pflicht­ver­si­che­rung. Durch das Ab­stem­peln soll viel­mehr dar­über hin­aus­ge­hend si­cher­ge­stellt wer­den, dass das zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug nur mit dem ihm zu­ge­wie­se­nen Kenn­zei­chen am Stra­ßen­ver­kehr teil­nimmt und die ver­se­hent­lich dop­pel­te Ver­ga­be von iden­ti­schen Num­mern­schil­dern auf­grund et­wa von Feh­lern des Schil­der­her­stel­lers ver­hin­dert wird. In­so­weit be­steht die Pflicht der Zu­las­sungs­be­hör­de ge­ra­de auch im In­ter­es­se von In­ha­bern be­reits ver­ge­be­ner Kenn­zei­chen und da­mit zum Schutz ein­zel­ner Be­trof­fe­ner, die an­sons­ten über das ih­nen zu­ge­teil­te Kenn­zei­chen fälsch­li­cher­wei­se als Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs er­mit­telt wer­den kön­nen, wel­ches an ei­ner Straf­tat oder Ord­nungs­wid­rig­keit oder an ei­nem Un­fall im Stra­ßen­ver­kehr be­tei­ligt ist. Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on be­trifft das Ab­stem­peln so­mit nicht nur das In­ter­es­se von Drit­ten, ei­ne zu­ver­läs­si­ge Halt­er­fest­stel­lung durch­füh­ren zu kön­nen, son­dern spie­gel­bild­lich eben­so das In­ter­es­se ei­nes Hal­ters, nicht auf­grund ei­ner feh­ler­haf­ten Ab­stem­pe­lung zwei­er iden­ti­scher Kenn­zei­chen zu Un­recht in An­spruch ge­nom­men zu wer­den. In­so­fern dient die Ab­stem­pe­lung auch der Si­cher­stel­lung der nur ein­ma­li­gen Zu­wei­sung ei­nes Kenn­zei­chens. Es geht da­mit an­ders als in den zi­tier­ten Se­nats­ent­schei­dun­gen um den Schutz ei­nes Hal­ters, der selbst in un­mit­tel­ba­rer Be­zie­hung zur Zu­las­sungs­be­hör­de steht und dar­auf ver­traut bzw. ver­trau­en darf, al­lei­ni­ger In­ha­ber ei­nes Kenn­zei­chens zu sein, wäh­rend die in den zi­tier­ten Se­nats­ur­tei­len be­trof­fe­nen Käu­fer zu der Zu­las­sungs­be­hör­de in kei­ner un­mit­tel­ba­ren Rechts­be­zie­hung stan­den.

[16]   d) Dass nach § 10 XII FZV der Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs des­sen In­be­trieb­nah­me nicht an­ord­nen oder zu­las­sen darf, wenn sich an dem Fahr­zeug kein ord­nungs­ge­mä­ßes Kenn­zei­chen be­fin­det, ist in die­sem Zu­sam­men­hang ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten oh­ne Be­deu­tung. Der Dritt­schutz der Kon­troll­pflich­ten der Zu­las­sungs­be­hör­de zu­guns­ten des In­ha­bers ei­nes be­reits ver­ge­be­nen Kenn­zei­chens ent­fällt nicht des­halb, weil auch den Hal­ter des neu zu­ge­las­se­nen Fahr­zeugs Pflich­ten tref­fen, bei de­ren ord­nungs­ge­mä­ßer Er­fül­lung er hät­te be­mer­ken müs­sen, dass das zu­ge­teil­te Kenn­zei­chen nicht dem auf dem Schild auf­ge­druck­ten ent­spricht. Ge­nau­so we­nig spielt es ei­ne Rol­le, dass die von der Zu­las­sungs­be­hör­de im Zu­sam­men­hang mit der Ab­stem­pe­lung zu be­ach­ten­den Amts­pflich­ten kei­nen lü­cken­lo­sen Schutz ge­gen Miss­brauch ge­währ­leis­ten. Dass der Hal­ter statt des ihm zu­ge­teil­ten und ab­ge­stem­pel­ten Kenn­zei­chens ein an­de­res Schild an sei­nem Fahr­zeug mon­tie­ren könn­te oder dass Schil­der durch Drit­te ge­stoh­len und an an­de­ren Fahr­zeu­gen an­ge­bracht wer­den kön­nen oder Drit­te Fahr­zeu­ge mit nach­ge­mach­ten Kenn­zei­chen in Be­trieb neh­men, ist für die Fra­ge des Dritt­schut­zes ir­re­le­vant. Die Zu­las­sungs­be­hör­de kann sich nicht durch den Hin­weis, auch durch rechts­wid­ri­ges Ver­hal­ten Drit­ter kön­ne es zu ei­ner Schä­di­gung des be­trof­fe­nen Hal­ters kom­men, ih­rer Haf­tung ent­zie­hen.

[17]   3. Zu Recht ist das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass die Rechts­an­walts­kos­ten vom sach­li­chen Schutz­be­reich der ver­letz­ten Amts­pflicht um­fasst sind.

[18]   a) Zwar muss ei­ne Per­son, der ge­gen­über ei­ne Amts­pflicht zu er­fül­len ist, nicht in all ih­ren Be­lan­gen im­mer als Drit­ter an­zu­se­hen sein. Viel­mehr ist zu prü­fen, ob ge­ra­de das im Ein­zel­fall be­rühr­te In­ter­es­se nach dem Zweck und der recht­li­chen Be­stim­mung des Amts­ge­schäfts ge­schützt sein soll. Der Ge­schä­dig­te kann dem­entspre­chend nur den Er­satz sol­cher Schä­den ver­lan­gen, de­ren Aus­gleich vom Schutz­zweck der ver­letz­ten Amts­pflicht ge­deckt ist (stän­di­ge Se­nats­recht­spre­chung, vgl. nur Urt. v. 14.07.2016 – III ZR 265/15, BGHZ 211, 171 Rn. 16; Urt. v. 20.10.2016 – III ZR 278/15, BGHZ 212, 303 Rn. 21 f.; je­weils m. w. Nachw.).

[19]   b) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on be­steht in­so­weit kein all­ge­mei­ner Rechts­grund­satz, wo­nach Ver­tei­di­ger­kos­ten, die ei­nem Ge­schä­dig­ten im Rah­men ei­nes Buß­geld- oder Straf­ver­fah­rens ent­ste­hen, grund­sätz­lich nicht vom Schutz­be­reich der vom Schä­di­ger ver­letz­ten Norm er­fasst wer­den. Den von der Re­vi­si­on zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen (BGH, Urt. v. 22.04.1958 – VI ZR 65/57, NJW 1958, 1041, und Urt. v. 06.11.1979 – VI ZR 244/77, BGHZ 75, 230) lässt sich ein sol­cher Rechts­satz nicht ent­neh­men. Im ers­ten Ur­teil ging es um die Fra­ge, ob Ver­tei­di­ger­kos­ten ei­nes Un­fall­be­tei­lig­ten, der im Straf­ver­fah­ren frei­ge­spro­chen wur­de, im Rah­men des § 823 I BGB vom Un­fall­geg­ner als Ver­mö­gens­scha­den er­setzt wer­den müs­sen, wenn die­ser den Un­fall schuld­haft her­bei­ge­führt hat. Da das Ver­mö­gen als sol­ches im Rah­men des § 823 I BGB nicht ge­schützt ist, kam ei­ne Haf­tung nur in Be­tracht, wenn die Ver­tei­di­ger­kos­ten noch dem pri­mä­ren Scha­den zu­ge­ord­net wer­den konn­ten. Dies hat der VI. Zi­vil­se­nat mit der Be­grün­dung ver­neint, die Ver­tei­di­ger­kos­ten be­ruh­ten nicht auf der ver­ur­sach­ten Sach­be­schä­di­gung bzw. Kör­per­ver­let­zung, son­dern dar­auf, dass ge­gen den Ge­schä­dig­ten der Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung be­stan­den ha­be, und dies dem all­ge­mei­nen Le­bens­ri­si­ko zu­zu­ord­nen sei. Dem­ge­gen­über sind im Rah­men der Amts­haf­tung grund­sätz­lich al­le Ver­mö­gens­schä­den er­satz­fä­hig. In­so­weit hat sich im vor­lie­gen­den Fall zu­las­ten des Ver­si­che­rungs­neh­mers der Klä­ge­rin auch nicht des­sen all­ge­mei­nes Le­bens­ri­si­ko, son­dern das be­son­de­re durch die Amts­pflicht­ver­let­zung des Be­klag­ten be­grün­de­te Ri­si­ko ver­wirk­licht, auf­grund der Ab­stem­pe­lung ei­nes be­reits ver­ge­be­nen Kenn­zei­chens zu Un­recht ei­ner Ord­nungs­wid­rig­keit ver­däch­tigt zu wer­den. In dem zwei­ten Ur­teil ging es – an­ders als hier – nicht um Ver­tei­di­ger­kos­ten, die dem Ge­schä­dig­ten ent­stan­den sind, son­dern um Kos­ten, die beim Ge­schä­dig­ten auf­grund der von ihm in­iti­ier­ten Ein­lei­tung ei­nes Straf­ver­fah­rens we­gen Dieb­stahls ge­gen den Schä­di­ger an­ge­fal­len wa­ren. Die Fra­ge, ob sich der Ei­gen­tums­schutz auch auf die durch Ein­lei­tung ei­nes Straf­ver­fah­rens ge­gen den Schä­di­ger ent­ste­hen­den Auf­wen­dun­gen er­streckt oder die Be­stra­fung des Tä­ters au­ßer­halb des Schutz­be­reichs der zi­vil­recht­li­chen Haf­tungs­norm liegt (s. hier­zu auch BGH, Urt. v. 21.07.2011 – IX ZR 151/10, BGHZ 190, 353 Rn. 24), hat je­doch nichts da­mit zu tun, ob der Ge­schä­dig­te die bei ihm an­fal­len­den Ver­tei­di­ger­kos­ten auf­grund der Ver­let­zung ei­ner dritt­be­zo­ge­nen Amts­pflicht er­setzt ver­lan­gen kann.

[20]   So­weit zum Teil im Schrift­tum (MünchKomm-BGB/Oet­ker, 7. Aufl., § 249 Rn. 187; Schu­bert, in: Bam­ber­ger/Roth, BGB, 3. Aufl., § 249 Rn. 86) – oh­ne nä­he­re Be­grün­dung – die Auf­fas­sung ver­tre­ten wird, Ver­tei­di­ger­kos­ten ei­nes Ge­schä­dig­ten sei­en im Rah­men des § 839 BGB nicht zu er­set­zen, ver­mag dem der Se­nat nicht zu fol­gen. Viel­mehr hat der Se­nat be­reits in sei­nem Ur­teil vom 18.11.1957 (III ZR 117/56, BGHZ 26, 69, 76 f.) Ver­tei­di­ger­kos­ten, die durch ei­ne Amts­pflicht­ver­let­zung ver­an­lasst wor­den sind, als er­satz­fä­hig an­ge­se­hen und hier­an auch spä­ter fest­ge­hal­ten (vgl. Urt. v. 18.09.1975 – III ZR 139/73, BGHZ 65, 170, 177; s. ent­spre­chend zum Ent­schä­di­gungs­an­spruch nach § 7 St­rEG auch Urt. v. 18.09.1975 – III ZR 139/73, BGHZ 65, 170, 177 ff., und Urt. v. 11.11.1976 – III ZR 17/76, BGHZ 68, 86, 87). Bei den Ver­tei­di­ger­kos­ten, die dem Ver­si­che­rungs­neh­mer der Klä­ge­rin er­wach­sen sind, han­delt es sich im Üb­ri­gen um ty­pi­sche Kos­ten, die aus ei­ner Amts­pflicht­ver­let­zung der hier in Re­de ste­hen­den Art fol­gen, so­dass ei­ne Ver­wei­ge­rung der Er­satz­fä­hig­keit nicht zu recht­fer­ti­gen ist.

[21]   4. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on be­steht auch kei­ne an­der­wei­ti­ge Er­satz­mög­lich­keit.

[22]   a) Der An­spruch des Ge­schä­dig­ten ge­gen die Klä­ge­rin aus der ab­ge­schlos­se­nen Rechts­schutz­ver­si­che­rung fällt nicht un­ter § 839 I 2 BGB. Pri­vat­recht­li­che Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen stel­len ge­ne­rell kei­ne an­der­wei­ti­ge Er­satz­mög­lich­keit dar. Es han­delt sich um Leis­tun­gen, die der Ge­schä­dig­te ver­dient bzw. un­ter Auf­wen­dung ei­ge­ner Mit­tel er­kauft hat. Der Ver­si­che­rungs­trä­ger soll nach dem Grund­ge­dan­ken des § 86 I 1 VVG nur das Ri­si­ko der Durch­setz­bar­keit des Re­gress­an­spruchs, nicht aber den Scha­den end­gül­tig tra­gen. In­so­weit kann für die Rechts­schutz­ver­si­che­rung nichts an­de­res gel­ten, als in der Se­nats­recht­spre­chung be­reits für die pri­va­te Kran­ken­ver­si­che­rung (Urt. v. 20.11.1980 – III ZR 31/78, BGHZ 79, 35, 36 f.), die pri­va­te Kas­ko­ver­si­che­rung (Urt. v. 28.10.1982 – III ZR 89/81, BGHZ 85, 230, 232 ff.; Urt. v. 16.02.1995 – III ZR 106/93, BGHZ 129, 23 f.; Urt. v. 18.11.1999 – III ZR 63/98, VersR 2000, 356) und die pri­va­te Feu­er­ver­si­che­rung (Urt. v. 02.04.1987 – III ZR 149/85, NJW 1987, 2664, 2666 [in­so­weit in BGHZ 100, 313 nicht ab­ge­druckt]) ent­schie­den wor­den ist (s. ent­spre­chend auch für die ge­setz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung: Se­nat, Urt. v. 20.11.1980 – III ZR 122/79, BGHZ 79, 26, 31 ff; für die ge­setz­li­che Un­fall- und Ren­ten­ver­si­che­rung: Se­nat, Urt. v. 17.03.1983 – III ZR 170/81, NJW 1983, 2191, 2192; s. auch be­reits Se­nat, Urt. v. 10.11.1977 – III ZR 79/75, BGHZ 70, 7, 8 ff. zur fran­zö­si­schen ge­setz­li­chen Un­fall­ver­si­che­rung). Denn es ist nicht sach­ge­recht, den So­li­dar­ge­mein­schaf­ten der Ver­si­cher­ten, die über ih­re Bei­trä­ge letzt­lich die Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen be­zah­len, die Fol­gen staat­li­chen Un­rechts auf­zu­bür­den.

[23]   b) Zu­tref­fend hat das Be­ru­fungs­ge­richt auch ent­schie­den, dass ein an­der­wei­ti­ger Er­satz­an­spruch nicht ge­gen den Streit­hel­fer be­steht. § 10 XII FZV ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten kein Schutz­ge­setz i. S. von § 823 II BGB.

[24]   aa) Ei­ne Norm ist dann Schutz­ge­setz, wenn sie nach Zweck und In­halt zu­min­dest auch da­zu die­nen soll, den Ein­zel­nen oder ein­zel­ne Per­so­nen­krei­se ge­gen die Ver­let­zung ei­nes be­stimm­ten Rechts­guts zu schüt­zen. Da­für kommt es nicht auf die Wir­kung, son­dern auf In­halt und Zweck des Ge­set­zes so­wie dar­auf an, ob der Ge­setz­ge­ber bei Er­lass des Ge­set­zes ge­ra­de ei­nen Rechts­schutz, wie er we­gen der be­haup­te­ten Ver­let­zung in An­spruch ge­nom­men wird, zu­guns­ten von Ein­zel­per­so­nen oder be­stimm­ten Per­so­nen­grup­pen ge­wollt oder doch mit­ge­wollt hat. Es ge­nügt, dass die Norm auch das in­fra­ge ste­hen­de In­ter­es­se des Ein­zel­nen schüt­zen soll, mag sie auch in ers­ter Li­nie das In­ter­es­se der All­ge­mein­heit im Au­ge ha­ben. An­de­rer­seits soll der An­wen­dungs­be­reich von Schutz­ge­set­zen nicht aus­ufern. Des­halb reicht es nicht aus, dass der In­di­vi­du­al­schutz durch Be­fol­gung der Norm als ihr Re­flex ob­jek­tiv er­reicht wer­den kann; er muss viel­mehr im Auf­ga­ben­be­reich der Norm lie­gen. Zu­dem muss die Schaf­fung ei­nes in­di­vi­du­el­len Scha­dens­er­satz­an­spruchs sinn­voll und im Licht des haf­tungs­recht­li­chen Ge­samt­sys­tems trag­bar er­schei­nen, wo­bei in um­fas­sen­der Wür­di­gung des ge­sam­ten Re­ge­lungs­zu­sam­men­hangs, in den die Norm ge­stellt ist, ge­prüft wer­den muss, ob es in der Ten­denz des Ge­setz­ge­bers lie­gen konn­te, an die Ver­let­zung des ge­schütz­ten In­ter­es­ses die de­lik­ti­sche Ein­stands­pflicht des da­ge­gen Ver­sto­ßen­den mit al­len da­mit zu­guns­ten des Ge­schä­dig­ten ge­ge­be­nen Be­wei­ser­leich­te­run­gen zu knüp­fen (s. nur BGH, Urt. v. 22.06.2010 – VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26; Urt. v. 13.12.2011 – XI ZR 51/10, NJW 2012, 1800 Rn. 21; je­weils m. w. Nachw.).

[25]   bb) Nach § 10 XII FZV darf der Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs des­sen In­be­trieb­nah­me nicht an­ord­nen oder zu­las­sen, wenn sich an dem Fahr­zeug kein ord­nungs­ge­mä­ßes Kenn­zei­chen be­fin­det. Die schuld­haf­te Ver­let­zung die­ser Pflicht stellt ei­ne Ord­nungs­wid­rig­keit dar (§ 48 Nr. 1b FZV). § 10 XII FZV re­gelt in­so­weit „die Ver­ant­wort­lich­keit für … Hal­ter hin­sicht­lich der Ein­hal­tung der Vor­schrif­ten zu den Kenn­zei­chen beim Be­trieb des Fahr­zeugs im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr“ (vgl. BR-Drs. 811/05, S. 173). Dass der Ver­ord­nungs­ge­ber mit die­ser Re­ge­lung dem In­ha­ber ei­nes be­reits ver­ge­be­nen Kenn­zei­chens Scha­dens­er­satz­an­sprü­che ge­gen den Hal­ter zu­bil­li­gen woll­te, wenn auf­grund des von der Zu­las­sungs­be­hör­de über­se­he­nen Feh­lers des Schil­der­her­stel­lers ver­se­hent­lich das be­reits ver­ge­be­ne Kenn­zei­chen auf das Schild des Hal­ters ge­druckt wur­de, ist nicht er­sicht­lich. Dem Hal­ter ob­liegt die ihm in § 10 XII FZV auf­er­leg­te Pflicht nicht im In­ter­es­se an­de­rer un­be­kann­ter Hal­ter. So­fern die­se von der Er­fül­lung der Pflich­ten aus § 10 XII FZV der­ge­stalt pro­fi­tie­ren, dass ver­hin­dert wird, dass zwei Ver­kehrs­teil­neh­mer ein gleich­lau­ten­des Kenn­zei­chen­schild ver­wen­den, han­delt es sich um ei­nen rei­nen Rechts­re­flex, der die Schutz­ge­set­zei­gen­schaft der Norm nicht be­grün­den kann. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­klag­ten ist in­so­weit der Schutz­be­reich der Pflicht des Kenn­zei­chen­in­ha­bers ge­mäß § 10 XII FZV nicht de­ckungs­gleich mit dem der Amts­pflich­ten des Be­klag­ten. Im Ge­gen­satz zum In­ha­ber ei­nes spä­ter zu­ge­teil­ten Kenn­zei­chens steht die Zu­las­sungs­be­hör­de zu den an­de­ren Hal­tern auf­grund der de­ren Fahr­zeu­ge be­tref­fen­den vor­he­ri­gen Zu­las­sungs­ver­fah­ren in ei­ner Rechts­be­zie­hung. Die Pflicht des Amts­trä­gers geht dem­entspre­chend wei­ter und schützt auch die In­ha­ber be­reits ver­ge­be­ner Kenn­zei­chen da­vor, nicht un­ge­recht­fer­tigt als ver­meint­li­cher Hal­ter in An­spruch ge­nom­men zu wer­den.

PDF er­stel­len