1. Jedenfalls bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 I BGB) muss der Verkäufer eines noch kein Jahr alten Gebrauchtwagens den Käufer ungefragt darüber aufklären, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit als Mietwagen genutzt wurde. Denn zumindest bei einem „jungen“ Gebrauchtwagen wirkt sich eine Vorbenutzung als Mietwagen negativ auf den Wert des Fahrzeugs aus, weil potenzielle Käufer nicht bereit sind, für einen ehemaligen Mietwagen den gleichen Preis zu zahlen wie für ein nicht als Mietwagen genutztes Fahrzeug.
  2. Bei einem als „Jahreswagen“ angebotenen Gebrauchtwagen wird und darf ein potenzieller Käufer regelmäßig erwarten, dass das Fahrzeug nicht als Mietwagen genutzt worden ist.
  3. Der Käufer eines gebrauchten Pkw, der den Kaufvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, hat auch dann Anspruch auf Rückzahlung des vollen Kaufpreises, wenn er den Pkw (hier: wegen eines Hagelschadens) nur in verschlechtertem Zustand herausgeben kann, ihn insoweit aber kein Verschulden trifft.

LG Limburg, Urteil vom 09.06.2017 – 2 O 197/16

Sachverhalt: Die Klägerin begehrt von dem Beklagten, einem gewerblichen Kfz-Händler, die Rückabwicklung eines Kaufvertrags.

Sie suchte gemeinsam mit ihrem Ehemann E am 22.12.2015 den Betrieb des Beklagten auf. Dort ließ sich die Klägerin von dem bei dem Beklagten angestellten Verkäufer V beraten. V erklärte der Klägerin, dass er ihr aus einem Pool von 15 Nissan-Fahrzeugen, die allesamt die gleiche Ausstattung hätten und Jahreswagen seien, einen Nissan Qashqai besorgen könne. Die Klägerin bestellte daraufhin am selben Tag einen als „Jungwagen/Jahreswagen“ beschriebenen, im Januar 2015 erstzugelassenen Nissan Qashqai mit einem Kilometerstand von 21.050 km. In der schriftlichen Bestellung war neben diversen Ausstattungsmerkmalen vermerkt, dass das Fahrzeug Vorschäden in Höhe von circa 600 € habe. Der Kaufpreis betrug 17.900 €; er wurde der Klägerin am 04.01.2016 für ein nun konkret mit einer Fahrzeug-Identifizierungsnummer bezeichnetes Fahrzeug in Rechnung gestellt. Bei diesem Fahrzeug handelt es sich um ein vormals als Mietwagen genutztes Kfz.

Nachdem die Klägerin den Kaufpreis gezahlt hatte, holte sie den Pkw am 07.01.2016 bei dem Beklagten ab. Bei der anschließenden Zulassung des Fahrzeugs stellte sich heraus, dass der Beklagte der Klägerin irrtümlich die zu einem anderen Fahrzeug gehörende Zulassungsbescheinigung ausgehändigt hatte. Der Beklagte überließ der Klägerin daraufhin die richtigen Fahrzeugpapiere und zahlte ihr zur Wiedergutmachung der Verwechslung 50 € in bar.

Am 14.01.2016 gab die Klägerin ein Gutachten zur Feststellung etwaiger Mängel an dem Fahrzeug in Auftrag, das unter dem 10.03.2016 erstattet wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.01.2016 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zur Begründung machte sie geltend, dass der Beklagte sie nicht über die Vornutzung ihres Fahrzeugs als Mietwagen aufgeklärt habe. Der Beklagte wies Anfechtung und Rücktritt mit Schreiben vom 02.02.2016 zurück.

Die Klägerin verlangt mit der Klage deshalb die Rückzahlung des um eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 319,46 € verminderten Kaufpreises, wobei sie die Nutzungsentschädigung auf der Grundlage der bis zur Klageerhebung gefahrenen 3.136 km berechnet hat.

Darüber hinaus verlangt die Klägerin die Zahlung folgender Beträge:

Kosten für Kfz-Kennzeichen (05.01.2016) 39,85 €
Kosten für Zulassung des falschen Kfz (07.01.2016) 42,40 €
Kosten für Abmeldung des falschen Kfz (07.01.2016) 7,40 €
Kosten für Zulassung des richtigen Kfz (08.01.2016) 39,80 €
Kosten für Verbandskasten (08.01.2016) 12,50 €
Kosten für Inspektion gemäß Serviceplan (18.01.2016) 242,02 €
TÜV-Gebühr für Hauptuntersuchung (29.01.2016) 239,62 €
Kosten für Privatgutachten 73,00 €
Zwischensumme 696,59 €
in bar bereits erhalten 50,00 €
Summe 646,59 €

Außerdem begehrt die Klägerin den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und die Feststellung, dass der Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Verzug ist.

Die Klägerin meint, der Beklagte habe sie arglistig getäuscht, weil er sie – wie die Klägerin behauptet – nicht über die Mietwageneigenschaft des streitgegenständlichen Fahrzeugs aufgeklärt habe. Hätte sie – die Klägerin – gewusst, dass das Fahrzeug in der Vergangenheit als Mietwagen genutzt worden sei, dann hätte sie es nicht gekauft.

Der Beklagte behauptet, er habe den Ehemann E der Klägerin am 22.12.2015 darauf hingewiesen, dass alle von ihm – dem Beklagten – angebotenen Pkw des Modells Nissan Qashqai aus dem 15 Fahrzeuge umfassenden Pool ehemalige Mietwagen seien. Diese Information habe E sodann an die Klägerin weitergegeben, bevor diese die Fahrzeugbestellung unterzeichnet habe.

Während des vorliegenden Rechtsstreits hat das bei einem Toyota-Vertragshändler untergestellte Fahrzeug der Klägerin einen Hagelschaden erlitten. Der Haftpflichtversicherer des Vertragshändlers hat das Fahrzeug auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages über 5.812,18 € zur Reparatur freigegeben.

Die Klage hatte ganz überwiegend Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das LG Limburg ist örtlich gemäß § 29 I ZPO zuständig. Erfüllungsort für die Rückgewähransprüche ist der Wohnort der Klägerin als der Ort, an dem sich die Kaufsache vertragsgemäß befindet.

II. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 17.900 € gemäß § 812 I 1 Fall 1 BGB gegen den Beklagten. Von diesem sind 214,13 € wegen eines Nutzungsersatzanspruchs des Beklagten in Abzug zu bringen (s. unten III), sodass ein Rückzahlungsbetrag von 17.685,87 € verbleibt.

Der Beklagte hat die Kaufpreiszahlung ohne Rechtsgrund erlangt. Der zwischen den Parteien über das Fahrzeug geschlossene Kaufvertrag ist infolge Anfechtung gemäß §§ 123 1 Fall 1, 142 I BGB rückwirkend erloschen.

Der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter, der Zeuge V, hat die Klägerin vorsätzlich über die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs getäuscht, indem er diese der Klägerin nicht offenbarte.

1. Es liegt eine Täuschung durch Unterlassen vor. Voraussetzung einer solchen ist, dass der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung im Einzelfall redlicherweise eine Aufklärung über den verschwiegenen Umstand erwarten durfte. Es ist insbesondere über solche Umstände aufzuklären, die nur der eine Vertragsteil kennt und von denen er weiß oder wissen muss, dass sie für den anderen Teil von wesentlicher Bedeutung sind. Erforderlich ist mithin ein erkennbares Informationsgefälle zwischen den Vertragsparteien (BeckOK-BGB/Wendtland, 41. Edition [2016], § 123 Rn. 11).

2. Bei der Mietwageneigenschaft eines Gebrauchtwagens handelt es sich – jedenfalls im vorliegenden Fall – um eine aufklärungspflichtige Tatsache.

Die Mietwageneigenschaft ist zumindest bei jungen Gebrauchtwagen mit einem Alter von unter einem Jahr und nur einem Vorbesitzer bei Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs eine atypische Vorbenutzung, welche negativen Einfluss auf den Wert des Fahrzeugs hat. Für die Mietwageneigenschaft wird zumindest bei jungen Gebrauchtwagen gemeinhin ein Abschlag auf den sonst üblichen Kaufpreis vorgenommen. Kunden gehen davon aus, dass ein solches Fahrzeug einer stärkeren Abnutzung unterlag, da die zahlreichen Nutzer von Mietwagen aufgrund der nur kurzen und einmaligen Nutzung regelmäßig weniger pfleglich mit einem Fahrzeug umgehen als Eigentümer oder Leasingnehmer, welche einen längerfristigen Nutzungshorizont haben (OLG Stuttgart, Urt. v. 31.07.2008 – 19 U 54/08, NJW-RR 2009, 551; OLG Oldenburg, Urt. v. 16.09.2010 – 1 U 75/10, juris Rn. 22 ff.; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 222; jurisPK-BGB/Pammler, 8. Aufl. [2017], § 434 Rn. 219).

Sofern hiergegen mitunter eingewandt wird, die vorgenannte Befürchtung am Markt, ein Mietwagen werde weniger pfleglich behandelt, sei ohne objektiven Nachweis (LG Kaiserslautern, Beschl. v. 25.03.2009 – 2 O 498/08, NJW-RR 2010, 634 [635]; AG Kiel, Urt. v. 03.10.2014 – 107 C 135/13, juris Rn. 17, 20), so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Mietwageneigenschaft gleichwohl einen preisbildenden Faktor darstellt. Auch letztlich objektiv unbegründete Vermutungen und Befürchtungen können sich preis- und wertbildend auswirken. So liegt es beispielsweise bei dem allgemein anerkannten merkantilen Minderwert, welcher nach einer Reparatur verbleibt. Einem solchen ist es gerade immanent, dass er aus der nicht nachzuweisenden Befürchtung resultiert, die Reparatur des Vorschadens habe nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands geführt (vgl. zum Immobilienkauf Walter/Korves, NJW 2016, 1985 ff.). So erkennt denn auch diese Gegenmeinung an, dass ehemalige Mietfahrzeuge geringer bewertet werden als vergleichbare Fahrzeuge ohne vorherige Nutzung als Mietfahrzeug (LG Kaiserslautern, Beschl. v. 25.03.2009 – 2 O 498/08, NJW-RR 2010, 634 [635]; AG Kiel, Urt. v. 03.10.2014 – 107 C 135/13, juris Rn. 20).

Für die Richtigkeit, der Befürchtung, ein Mietwagen werde weniger pfleglich behandelt, spricht im Übrigen die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung. Dieser liegt die Vorstellung zugrunde, dass Mietwagen einem erhöhten Verschleiß unterliegen und daher in kürzeren Abständen der Hauptuntersuchung unterzogen werden müssen. Gemäß Nr. 2.2 der Anlage VIII zur Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung beträgt die Frist für die Hauptuntersuchung lediglich zwölf Monate, wenn das untersuchungspflichtige Fahrzeug ohne Gestellung eines Fahrers gewerbsmäßig vermietet wird. Bei erstmalsin den Verkehr gekommenen Personenkraftwagen beträgt die Frist dagegen für die erste Untersuchung 36 Monate und anschließend 24 Monate (Nr. 2.1.2.1.1 der Anlage VIII).

Das mitunter gegen eine Aufklärungspflicht vorgebrachte Argument, bei Gebrauchtwagen im Alter von drei bis zwölf Monaten stelle sich eine frühere Nutzung als Mietwagen als üblich dar (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 3203), vermag nicht zu überzeugen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Fahrzeuge mit einem Alter von bis zu einem Jahr des Öfteren zuvor als Mietwagen genutzt worden sind, existiert am Markt gleichwohl eine große Zahl solcher Fahrzeuge ohne Vornutzung als Mietwagen. Es erschließt sich nicht, warum der Verkäufer – jedenfalls sofern er Unternehmer ist – über den wertbildenden Faktor Mietwagen nicht aufklären müssen sollte, nur weil es des Öfteren auch einmal eine solche Vornutzung bei Gebrauchtwagen gibt. Schließlich existiert auch eine große Zahl von Fahrzeugen mit erheblichen Vorschäden. Gleichwohl ist der Verkäufer verpflichtet, deren Unfallwageneigenschaft zu offenbaren (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 03.03.1982 – VIII ZR 78/81, NJW 1982, 1386). Dass alle Fahrzeuge mit einem Alter von bis zu einem Jahr zuvor eine Nutzung als Mietwagen erfahren hätten, wird von niemandem behauptet.

Hinzu kommt, dass, wenn ein Gebrauchtwagen als „Jahreswagen“ deklariert wird, die Erwartung des Käufers dahin geht, dieser sei zuvor gerade nicht als Mietwagen genutzt worden. Ein Jahreswagen wird nämlich als ein Gebrauchtfahrzeug aus erster Hand definiert, welches von einem Werksangehörigen ein Jahr lang ab der Erstzulassung gefahren worden ist (BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 180/05, NJW 2006, 2694 Rn. 8). Der BGH ließ in der vorgenannten Entscheidung eine Minderung des Kaufpreises für einen als Jahreswagen etikettierten Mietwagen nur daran scheitern, dass dies dem Käufer bei Vertragsschluss bekannt gewesen ist (§ 442 I 1 BGB). Die Annahme einer Aufklärungspflicht über die Mietwageneigenschaft steht danach in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH.

3. Diese ihn treffende Aufklärungspflicht hat der die Vertragsverhandlungen führende Mitarbeiter des Beklagten, der Zeuge V, als Nichtdritter i. S. von § 123 II 1 BGB verletzt, indem er die ihm unstreitig bekannte Mietwageneigenschaft nicht offenbarte. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest.

Das Gericht folgt den Angaben des Zeugen E. Dieser hat ausgeführt, dass der das Verkaufsgespräch alleine führende Zeuge V ihm und seiner Frau – der Klägerin – gegenüber nicht von einer Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs gesprochen habe. Der Wagen sei vielmehr als Jahres- bzw. Jungwagen beschrieben worden. Erst nach Vertragsschluss habe ihm alleine der Beklagte mitgeteilt, dass an dem Fahrzeug kleinere Mängel vorliegen könnten, weshalb im Kaufvertrag 600 € als Abzug vorgesehen seien.

Diese Aussage ist glaubhaft. Der Zeuge war als Teilnehmer des Verkaufsgesprächs in der Lage, den Inhalt wahrzunehmen. Seiner Schilderung ist nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Sie weist auch zahlreiche Details auf wie etwa die Erwähnung, der Zeuge V habe gesagt, der Beklagte beziehe die Fahrzeuge günstig, weil er gute Beziehungen zu dem Vermittler des Fahrzeugpools habe, aus dem die Fahrzeuge stammen. Er trinke mit diesem Kaffee. Gleichzeitig hat der Zeuge deutlich gemacht, wenn er etwas nicht mehr sicher wusste, wie etwa die Tatsache, ob der Vertrag bereits bei dem ersten Gespräch mit dem Zeugen V unterschrieben worden sei. Zwar besteht eine persönliche Beziehung des Zeugen E zur Klägerin, sodass ein eigenes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits gegeben ist, doch waren keine Anzeichen dafür erkennbar, dass sich der Zeuge davon hätte leiten lassen. So hat er denn auch offengelegt, dass ihm der Beklagte mitgeteilt hat, dass die vermittelten Fahrzeuge über kleinere Schäden verfügten, weshalb 600 € in Abzug zu bringen seien. Dies hätte der Klägerin unter Umständen zum Nachteil gereichen können ….

Die Angaben des Zeugen stimmen denn auch mit denen der Klägerin im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung überein.

Wenn der Beklagte dagegen im Rahmen seiner informatorischen Anhörung angegeben hat, er habe dem Zeugen E auf dem Hof mitgeteilt, die Fahrzeuge seien so günstig, weil es sich um Mietwagen handele, so vermag dies die Überzeugung des Gerichts nicht zu erschüttern. Abgesehen davon, dass die Angaben des Beklagten sehr oberflächlich gehalten waren, spricht gegen diese, dass sowohl die Bestellung als auch die Rechnung das Fahrzeug als „Jungwagen/Jahreswagen“ deklarieren, nicht hingegen als Mietwagen. Wenig überzeugend erscheint auch, dass die Aufklärung über die Mietwageneigenschaft durch den nicht bei den Vertragsverhandlung präsenten Beklagten rein zufällig auf dem Hof erfolgt sein soll und nicht durch den Zeugen V. Dieser wusste denn auch nicht über eine Aufklärung seinerseits zu berichten, da er keine konkrete Erinnerung mehr an den Vorgang habe. Er konnte lediglich sagen, dass er die Mietwageneigenschaft offenbare, wenn er danach gefragt werde.

Die Aufklärung über die Mietwageneigenschaft ist auch nicht über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten erfolgt. Nach deren Nr. 8.2 c werden die Fahrzeuge des Beklagten überwiegend aus Miet- oder Leasingbeständen bezogen, weshalb unbekannte Unfallschäden vorliegen könnten. Damit ist keine konkrete Aussage zu dem kaufvertragsgegenständlichen Fahrzeug getroffen. Es handelt sich um eine abstrakte Angabe. Durch eine derart vage Aussage kann der Verkäufer weder seiner Offenbarungspflicht genügen noch eine Obliegenheit des Käufers begründen, wonach dieser nunmehr von sich aus Nachforschungen zur Frage der Mietwageneigenschaft machen müsste.

Darüber hinaus kommt es für die Frage der arglistigen Täuschung nicht darauf an, ob der Getäuschte den Irrtum hätte vermeiden können (Singer/Finckenstein, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2017, § 123 Rn. 50). Deshalb kann dem Käufer auch nicht vorgehalten werden, er hätte die Mietwageneigenschaft aus den Umständen erkennen können. Anders kann dies wegen § 442 I 2 BGB im Rahmen der kaufrechtlichen Gewährleistung zu beurteilen sein (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3204).

4. Der Zeuge V handelte arglistig.

Bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels handelt arglistig, wer einen Mangel mindestens für möglich hält, gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Ihm müssen die Tatsachen bekannt sein, die seine Aufklärungspflicht begründen (Singer/Finckenstein, in: Staudinger, a. a. O., § 123 Rn. 50; Erman/Arnold, BGB, 14. Aufl. [2014], § 123 Rn. 28). Ein Rechtsirrtum über die Aufklärungspflicht kann den Vorsatz ausschließen (BGH, Urt. v. 29.06.2010 – XI ZR 104/08 Rn. 43). Voraussetzung wäre indes, dass der Schuldner nicht einmal fahrlässig gehandelt hätte. Ihn trifft die Pflicht zur sorgfältigen Prüfung der Rechtslage, erforderlichenfalls zur Einholung von Rechtsrat, und zur Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. [2016], § 276 Rn. 22).

Maßgeblich sind zunächst die tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt. Diese Umstände – die Eigenschaft des Fahrzeugs als Mietwagen – waren dem Beklagten unstreitig bekannt. Er verfügte insofern über überlegenes Sachwissen gegenüber der Klägerin. Die ihm unschwer erfüllbare Aufklärungspflicht hat er verletzt, indem er die Mietwageneigenschaft nicht offenbart hat. Dass die Mietwageneigenschaft für die Klägerin von Interesse war, hätte der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter zumindest erkennen können. Das Fahrzeug war schließlich in der Bestellung sowie in der Rechnung als „Jungwagen/Jahreswagen“ bezeichnet.

Des Weiteren war der Beklagte – wie gezeigt – zur Aufklärung verpflichtet. Dass zu dieser Frage auch abweichende Rechtsprechung existiert, erlaubt es ihm nicht, sich unter Berufung auf einen Rechtsirrtum zu exkulpieren. Der Beklagte durfte wegen der vorgenannten Instanzentscheidungen nicht darauf vertrauen, nicht aufklären zu müssen. Eine höchstrichterliche Klärung stand und steht zu dieser Frage aus. Aus der ständigen Rechtsprechung des BGH zur Definition eines Jahreswagens ergibt sich vielmehr, dass ein Mietwagen nicht als Jahreswagen verstanden werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 180/05, NJW 2006, 2694 Rn. 8). Danach hatte es der Beklagte bzw. sein Mitarbeiter selbst in der Hand, ob die Klägerin von der Mietwageneigenschaft Kenntnis erlangt. Er ist bewusst das Risiko eingegangen, dass die Frage der Aufklärungspflicht in einem späteren Prozess abweichend beurteilt wird.

Hinzu kommt, dass die Berufung auf einen Rechtsirrtum durch den Beklagten rechtsmissbräuchlich ist. So will er doch – seiner informatorischen Anhörung zufolge – über die Mietwageneigenschaft aufgeklärt haben. Es erscheint selbstwidersprüchlich, wenn er sich einerseits auf einen Rechtsirrtum hinsichtlich seiner Aufklärungspflicht beruft und andererseits vorträgt, aufgeklärt zu haben.

5. Die Täuschung ist auch für die Willenserklärung der Klägerin ursächlich geworden. Dies folgt aus den überzeugenden Angaben des Zeugen E, der ausgesagt hat, sie – also er und die Klägerin – hätten sich gerade deshalb für das Fahrzeug entschieden, weil sie einen Jahreswagen gewollt hätten.

6. Die Anfechtung ist form- und fristgerecht erklärt worden (§ 124 BGB, § 143 BGB). Die Klägerin hat die Anfechtung am 21.01.2016 erklärt. Kenntnis von der Mietwageneigenschaft hat sie nach ihren Angaben am 08.01.2016 erlangt, nachdem ihr Ehemann dies im Internet recherchiert hatte.

7. Gemäß § 818 I BGB sind neben der erlangten Leistung (hier: Besitz an dem Fahrzeug) gezogene Nutzungen (hier: gefahrene Kilometer) sowie dasjenige, was der Empfänger als Ersatz für die Beschädigung des Erlangten erwirbt (z. B. Anspruch gegen Kaskoversicherung), herauszugeben. Sofern eine Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich ist, ist Wertersatz zu leisten (§ 818 II BGB). Sofern keine Bereicherung vorliegt, besteht auch kein Herausgabe- bzw. Wertersatzanspruch (§ 818 III BGB).

Danach ist im vorliegenden Fall das Fahrzeug herauszugeben und eine Nutzungsentschädigung (Wertersatz) für die seit der Übergabe gefahrenen Kilometer zu leisten. Die gezogenen Nutzungen sind gemäß § 287 ZPO zu schätzen anhand des Verhältnisses des Kaufpreises zur erwartbaren Restlaufleistung im Zeitpunkt des Kaufs multipliziert mit den von der Klägerin gefahrenen Kilometern (vgl. Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 346 Rn. 10; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl. [2016], § 818 Rn. 23).

Erworben hat die Klägerin das Fahrzeug für 17.900 €. Es ist bei heutigen Fahrzeugen eine Gesamtlaufleistung von 200.000 km zu erwarten. Bei Übergabe betrug die Laufleistung 21.150 km und die Restlaufleistung damit (200.000 km − 21.150 km =) 178.850 km . Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug der Tachostand 29.751 km. Die (29.751 km − 21.150 km =) 8.601 km, die die Klägerin mit dem Fahrzeug zurückgelegt hat , sind daher mit 860,82 € zu ersetzen. Dieser Betrag ist – wie bereits in der Klageschrift mit dem dort errechneten geringeren Betrag vorgenommen – von den Aufwendungs- bzw. Schadensersatzansprüchen (s. unten III) in Abzug zu bringen.

Darüber hinaus hat die Klägerin ihren Ersatzanspruch wegen des Hagelschadens … an den Beklagten abzutreten. Wertersatz muss die Klägerin insofern nicht leisten. Den Käufer trifft bei einer nicht verschuldeten Verschlechterung des Fahrzeugs im Falle der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung nach Arglistanfechtung keine Wertersatzpflicht für den geringeren Wert des Fahrzeugs (BGH, Urt. v. 08.01.1970 – VII ZR 130/68). Selbst bei leichter und mittlerer Fahrlässigkeit gilt im Falle des Annahmeverzugs (dazu unten V) wegen § 300 I BGB dasselbe (OLG Stuttgart, Urt. v. 13.05.1997 – 10 U 209/96). Es ist dann nur ein eventueller Ersatzanspruch gegen eine Versicherung abzutreten. Dafür, dass die Klägerin den vorgenannten Ersatzanspruch wegen des Hagelschadens nicht abtreten könnte (vgl. BGH, Urt. v. 25.03.2015 – VIII ZR 38/14, NJW 2015, 1748), ist nichts ersichtlich. Es liegt vielmehr eine Deckungszusage der Versicherung vor.

8. Der Zinsanspruch ab dem 03.02.2016 folgt aus §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB . Durch die ernsthafte und endgültige Verweigerung der Rückabwicklung mit seinem Schreiben vom 02.02.2016 ist der Beklagte in Verzug geraten.

III. Schadensersatz kann die Klägerin angesichts ihrer Pflicht zur Zahlung von Nutzungsersatz (s. oben II) nicht verlangen.

Sie hat grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 696,59 € gemäß §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB gegen den Beklagten. Die arglistige Täuschung stellt eine vorvertragliche Pflichtverletzung dar.

Zu ersetzen ist gemäß § 249 I BGB der adäquat-kausal auf der Pflichtverletzung beruhende Schaden.

Dazu zählen vergebliche Aufwendungen, die im Vertrauen auf den Bestand des Vertrages getätigt wurden (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 311 Rn. 55). Dies betrifft die Kosten des Kennzeichens am 05.01.2016, die Zulassung des falschen Kfz am 08.01.2016, die Abmeldekosten des falschen Kfz am 07.01.2016, die Zulassung des richtigen Kfz am 08.01.2016 und die Kosten des Privatgutachtens.

Zu erstatten sind überdies Aufwendungen, die die Klägerin tätigen musste, um das Fahrzeug überhaupt weiter nutzen zu können, und um so den Schaden gering zu halten. Dies gilt für die TÜV-Gebühr am 29.01.2016, den Verbandskasten am 08.01.2016 und die Inspektionskosten gemäß Serviceplan am 18.01.2016.

Erstattungsfähig sind damit folgende unstreitig der Klägerin entstandene Kosten:

Kosten für Kfz-Kennzeichen (05.01.2016) 39,85 €
Kosten für Zulassung des falschen Kfz (07.01.2016) 42,40 €
Kosten für Abmeldung des falschen Kfz (07.01.2016) 7,40 €
Kosten für Zulassung des richtigen Kfz (08.01.2016) 39,80 €
Kosten für Verbandskasten (08.01.2016) 12,50 €
Kosten für Inspektion gemäß Serviceplan (18.01.2016) 242,02 €
TÜV-Gebühr für Hauptuntersuchung (29.01.2016) 239,62 €
Kosten für Privatgutachten 73,00 €
Zwischensumme 696,59 €

Davon abzuziehen sind die … Barzahlung in Höhe von 50 € sowie die Nutzungsentschädigung in Höhe von 860,82 € (s. oben II 7). Somit ergibt sich ein Minus von 214,23 € zulasten der Klägerin, welches von dem Kaufpreisrückzahlungsanspruch in Abzug zu bringen ist (s. oben II). Eine Verrechnung des Nutzungsersatzes hat die Klägerin bereits im Rahmen der Klageschrift vorgenommen, sodass auch ohne Aufrechnungserklärung des Beklagten eine Verrechnung vorzunehmen war.

IV. Weiter hat die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 562,13 € gemäß §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB gegen den Beklagten. Die arglistige Täuschung stellt eine vorvertragliche Pflichtverletzung dar. Sofern die Klägerin die Rechtsanwaltskosten nicht beglichen haben sollte, hat sich der Freistellungsanspruch durch die Zahlungsverweigerung des Beklagten gemäß § 250 BGB in einen Zahlungsanspruch umgewandelt. Aus dem Streitwert der begründeten Klage von 17.685,87 € errechnen sich Rechtsanwaltskosten jedenfalls in der geltend gemachten Höhe.

V. Gemäß § 256 I ZPO i. V. mit § 812 I 1 Fall 1 BGB war festzustellen, dass sich der Beklagte mit seiner Pflicht zur Rücknahme des Fahrzeugs seit dem 03.02.2016 in Annahmeverzug befindet. Durch Ablehnung der Rückabwicklung des Kaufvertrags mit Schreiben vom 02.02.2016 ist der Beklagte gemäß §§ 293, 295 BGB in Annahmeverzug geraten. …

Hinweis: Die Berufung gegen das Urteil wurde zurückgenommen.

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