- Der Käufer eines Kraftfahrzeugs – hier: eines Ferrari LaFerrari – mit Tageszulassung darf nach der im Kfz-Handel üblichen Bedeutung dieser Bezeichnung ein Fahrzeug erwarten, das noch nicht im Straßenverkehr benutzt wurde und nur kurzzeitig – nicht länger als 30 Tage – auf einen Kfz-Händler zugelassen war.
- Vereinbaren die Parteien eines Kfz-Kaufvertrags i. S. des § 434 I 1 BGB, dass der Käufer ein Fahrzeug erhält, das lediglich „Werkskilometer“ zurückgelegt hat, so sind damit die Kilometer gemeint, die das Fahrzeug bei oder nach der Herstellung auf dem Werksgelände oder auf einer werkseigenen Teststrecke im Rahmen von Probefahrten zurückgelegt hat. Dies können einige Hundert Kilometer sein, ohne dass dadurch die Neuwageneigenschaft des Fahrzeugs infrage gestellt wird.
OLG Hamm, Urteil vom 18.05.2017 – 28 U 134/16
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten, die in Dortmund gewerblich mit exklusiven Kraftfahrzeugen handelt, die Erstattung einer Anzahlung.
Die Beklagte bot im Frühjahr 2015 einen Ferrari LaFerrari im Internet zum Kauf an. Dieser Supersportwagen war im März 2013 auf dem Genfer Auto-Salon vorgestellt worden; die 499 produzierten Fahrzeuge waren seinerzeit sofort ausverkauft gewesen. Die Klägerin, die ihren Geschäftssitz in Prag hat, wurde auf das Internetinserat der Beklagten aufmerksam und nahm Kontakt mit der Beklagten auf, weil sie das angebotene Fahrzeug erwerben und an einen Kunden in Großbritannien weiterverkaufen wollte.
Am 31.03.2015 unterzeichneten die Parteien eine von der Beklagten erstellte „Auftragsbestätigung“. Darin wurden folgende Angaben gemacht:
Hersteller: Ferrari Modell: LaFerrari Fahrgestellnummer: […] Unverbindlicher Liefertermin: April 2015 Erstzulassung: neu/Tageszulassung Kilometerstand: Werkskilometer Preis netto: 1.950.000,00 € zzgl. 19 % MwSt. 0,00 € Gesamtbetrag: 1.950.000,00 €
Auf den Kaufpreis sollte die Klägerin sofort eine Anzahlung in Höhe von 300.000 € leisten; der restliche Kaufpreis sollte innerhalb einer Woche nach Aufforderung durch die Beklagte zur Zahlung fällig sein.
In der „Auftragsbestätigung“ hieß es außerdem, dass die Beklagte gemäß ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen Schadensersatz in Höhe von 15 % des Kaufpreises verlangen werde, sollte die Klägerin den Kaufpreis trotz Fristsetzung nicht zahlen oder das Fahrzeug trotz Fristsetzung nicht abnehmen. Auf die im Internet abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurde verwiesen. Ebenso findet sich in der „Auftragsbestätigung“ ein Hinweis darauf, dass das Fahrzeug bis zur vollständigen Kaufpreiszahlung Eigentum der Beklagten bleibe.
Abweichend von der zunächst getroffenen Vereinbarung vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin nicht eine Anzahlung von 300.000 € leisten, sondern nur 40.000 € auf den Kaufpreis anzahlen sollte. Diesen Betrag zahlte die Klägerin in zwei Teilbeträgen am 07.04. und am 14.04.2015.
Am Abend des 14.04.2015 traf der Geschäftsführer der Klägerin in Begleitung des Zeugen T in Dortmund ein, nachdem ihnen die Beklagte für den 15.04.2015 die Besichtigung und die Übergabe des LaFerrari in Aussicht gestellt hatte. Den Vertretern der Klägerin wurde dann aber kurzfristig mitgeteilt, dass sich das Fahrzeug doch nicht in Dortmund befinde. Am Morgen des 16.04.2015 wurden der Geschäftsführer der Klägerin und T mit einem Pkw nach Nürnberg gebracht, wo ihnen nach einer längeren Wartezeit der Ferrari vorgeführt wurde. Dabei stellten der Geschäftsführer der Klägerin und T fest, dass das Fahrzeug bereits im April 2014 erstmals zum Straßenverkehr zugelassen worden war und seitdem als Leasingfahrzeug genutzt wurde und dass die Laufleistung des LaFerrari 1.412 km betrug. Die Vertreter der Klägerin beanstandeten, dass das Fahrzeug nicht dem Vereinbarten entspreche. Ob sie sich deshalb mit dem Geschäftsführer der Beklagten oder deren Verkaufsmitarbeiter, dem Zeugen H, auf einen Preisnachlass einigten, ist zwischen den Parteien streitig.
Noch am 16.04.2015 übersandte die Beklagte der Klägerin um 19:15 Uhr eine E-Mail, in der es hieß:
„Bitte das unterschreiben
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir fassen die Ergebnisse der heutigen Besichtigung des Fahrzeugs LaFerrari wie folgt zusammen:
1. Das Fahrzeug wurde im April 2014 erstmalig zugelassen.
2. Der Tachostand beträgt 1.412 km.
3. Der bisher vereinbarte Kaufpreis wird um 25.000 € von 1.950.000 € auf 1.925.000 € reduziert.
4. Der restliche Kaufpreis von 1.885.000 € (bisher wurden insgesamt 40.000 € überwiesen) muss auf unserem Konto bis 17.04.2015 16:00 Uhr eingehen.
5. Wird die Frist nach Nr. 4 versäumt, verpflichten Sie sich zu Zahlung eines pauschalen Schadensersatzes gemäß unseren AGB in Höhe von 15 % des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises.
Um eine kurze Bestätigung Ihrerseits wird höflich gebeten.“
Am 17.04.2015 antwortete die Klägerin der Beklagten:
„1. Wir halten an dem Kaufvertrag/Auftragsbestätigung vom 31.03.2015 fest und fordern Sie hiermit auf, diesen zu erfüllen, bis Montag, den 20.04.2015.
2. Wie die Besichtigung des Fahrzeugs […] ergab, entspricht das vorgestellte Fahrzeug nicht dem Kaufgegenstand […]. Das Fahrzeug ist in 2014 gebaut und seit ca. 12 Monaten zugelassen und weist daher Gebrauchsspuren auf. Der KM-Stand ist 1.412. Sie sind weder im Besitz noch in der Lage, den vertragsgemäßen Zustand zu liefern.
3. Wir halten dennoch an dem Kaufvertrag/Auftragsbestätigung vom 31.03.2015 fest und fordern hier eine Kaufpreisminderung (entgegen Ihrem Angebot) von netto 100.000 € […].“
Die weiter zwischen den Parteien geführte Korrespondenz führte weder zu einer schriftlichen Vereinbarung über die Änderung des Kaufvertrags noch zur Erstattung der geleisteten Anzahlung von 40.000 € an die Klägerin.
Diese ließ am 24.04.2015 über ihre späteren Prozessbevollmächtigten die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung erklären, dass sie sich hinsichtlich wesentlicher Tatsachen (kein Eigentum der Beklagten, „neu/Tageszulassung“; „Werkskilometer“) getäuscht fühle. Hilfsweise wurde der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und der Beklagten eine Frist zur Rückzahlung der Anzahlung von 40.000 € bis zum 28.04.2015 gesetzt.
Im Klageverfahren hat die Klägerin betont, dass die Beklagte nicht in der Lage gewesen sei, ihr – der Klägerin – das Eigentum an dem Ferrari LaFerrari zu verschaffen. Außerdem habe das Fahrzeug mit Blick auf die Angaben „neu/Tageszulassung“ und „Werkskilometer“ nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufgewiesen.
Demgegenüber hat die Beklagte hervorgehoben, dass von dem Modell LaFerrari bekanntlich nur 499 Fahrzeuge hergestellt worden seien und die Produktion bereits eingestellt gewesen sei, als sie – die Beklagte – einen Kaufvertrag mit der Klägerin geschlossen habe. Insofern für jeden – insbesondere für einen Kfz-Händler – erkennbar gewesen, dass das zum Kauf angebotene Fahrzeug nicht „neu“ im eigentlichen Sinne sein konnte, zumal es andernfalls nur von einem Ferrari-Händler hätte angeboten werden dürfen. Jeder Ferrari LaFerrari, den man kaufen könne, habe einen wesentlich höheren Preis als den ursprünglichen Verkaufspreis. Insofern hätten die von der Klägerin gerügten Umstände keine Auswirkungen auf den Preis des Fahrzeugs gehabt.
Abgesehen davon – so hat die Beklagte behauptet – habe der Zeugen H mit den Vertretern der Klägerin bei der Fahrzeugbesichtigung eine Einigung dahin erzielt, dass der Kaufpreis um 25.000 € reduziert werden sollte. Die Klägerin habe sich aber nicht an diese Vereinbarung gehalten, sondern später eine Reduzierung um 100.000 € verlangt.
Die Beklagte hat gemeint, die Kläger sei deshalb zu Unrecht vom Kaufvertrag zurückgetreten, sodass ihr – der Beklagten – ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 15 % des Kaufpreises zustehe. Mit diesem die Klageforderung übersteigenden Anspruch hat die Beklagte die Aufrechnung erklärt.
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Es hat ausgeführt, die Klägerin sei schon deshalb wirksam von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten, weil die Beklagte der Klägerin bis zum Ablauf der ihr dafür gesetzten Frist (§ 323 I BGB) keinen Ferrari LaFerrari übergeben und übereignet habe. Die Beklagte sei auch gar nicht in der Lage gewesen, der Klägerin ein mangelfreies Fahrzeug zu liefern. Denn die Parteien hätten i. S. des § 434 I 1 BGB vereinbart, dass die Klägerin ein neues Fahrzeug mit Tageszulassung erhalten sollte, das lediglich die „Werkskilometer“ zurückgelegt hat. Diese Beschaffenheit weise der Ferrari LaFerrari, den die Beklagte der Klägerin angeboten habe, nicht auf.
Ob sich die Parteien, wie die Beklagte behaupte, auf eine Minderung des Kaufpreises geeinigt hätten, könne offenbleiben, da die Beklagte der Klägerin das dieser vorgeführte Fahrzeug mittlerweile ohnehin nicht mehr liefern könne.
Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung greife nicht durch; die Klägerin sei berechtigt gewesen, die Abnahme des – mangelhaften – Fahrzeugs zu verweigern.
Mit ihrer dagegen gerichteten Berufung hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin hab von vornherein nicht erwarten können, ein Neufahrzeug zu erhalten, da es einen neuen Ferrari LaFerrari auf dem Markt bekanntlich nicht mehr gegeben habe. Für die Klägerin habe deshalb lediglich die Unsicherheit bestanden, welche Laufleistung das ihr angebotene Fahrzeug letztlich haben würde. Mit Blick darauf hätten sich die Parteien bei der Fahrzeugbesichtigung – noch vor Ort – einvernehmlich auf eine Kaufpreisminderung um 25.000 €. Von dieser Vereinbarung habe die Klägerin sich einseitig lösen und einen Nachlass von 100.000 € fordern können. Wäre das Landgericht dem auf Vernehmung des Zeugen H gerichteten Beweisantrag nachgegangen, hätte sich letztlich herausgestellt, dass die Klägerin angesichts der getroffenen Vereinbarung nicht mehr zur Anfechtung oder zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt gewesen sei. Ein Rücktritt scheitere ohnehin daran, dass die Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB nicht überschritten sei. Der eigentliche Grund für die unterbliebene Abnahme des Ferrari LaFerrari sei gewesen, dass die Klägerin das Fahrzeug nicht – wie vorgesehen – an den Ferrari-Händler in Großbritannien habe weiterverkaufen können. Dafür sei das streitgegenständliche Fahrzeug zu neu gewesen, denn Ferrari-Händler dürften aufgrund einer Weisung des Herstellers Ferrari-Fahrzeuge nur dann als Gebrauchtwagen verkaufen, wenn sie mindestens 18 Monate alt seien.
Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin von der Beklagten die Rückzahlung der Anzahlung von 40.000 € verlangen kann. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 346 I, 323 I, 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I 1, § 433 I 2 BGB, weil die Klägerin aufgrund der Mangelhaftigkeit des angebotenen Fahrzeugs am 24.04.2015 wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist.
a) Die Parteien haben im Zuge der Unterzeichnung der „Auftragsbestätigung“ vom 31.03.2015 einen Kaufvertrag abgeschlossen, durch den die Beklagte verpflichtet war, der Klägerin einen Ferrari LaFerrari gegen Zahlung des Kaufpreises von 1.950.000 € zu übereignen und zu übergeben.
Auf dieses Vertragsverhältnis war die Rom-I-Verordnung anzuwenden, weil die Parteien ihre Geschäftssitze in zwei unterschiedlichen EU-Staaten haben. Nach Art. 4 I lit. a Rom-I-VO und Art. 19 Rom-I-VO ist bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Verkäufer seine Hauptverwaltung hat, hier also deutsches Kaufrecht. Das deutsche Kaufrecht umfasst zwar seinerseits die Regelungen des UN-Kaufrechts. Diese Regelungen wurden aber in der Senatssitzung durch ausdrückliche Bestimmung abbedungen (Art. 6 CISG), was auch noch im Laufe des Rechtsstreits möglich war (jurisPK-BGB/Münch, 8. Aufl. [2017], Art. 6 CISG Rn. 21).
b) Die Anforderungen an das zu liefernde Fahrzeug ergaben sich aus den zwischen den Parteien getroffenen Absprachen, wie sie in der „Auftragsbestätigung“ wiederholt wurden, bei der es sich entgegen der verwendeten Begrifflichkeit um die eigentliche Kaufvertragsurkunde handelte, die von beiden Parteien unterzeichnet wurde.
Soweit es darin hieß
Erstzulassung: neu/Tageszulassung Kilometerstand: Werkskilometer
wurden diese Informationen über das auszuliefernde Fahrzeug zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB.
Dabei musste die Klägerin allerdings den jedenfalls in Fachkreisen bekannten Umstand berücksichtigen, dass sämtliche in 2013 hergestellten 499 Exemplare des LaFerrari bereits vor der Produktion ausverkauft waren. Das heißt, wenn die Beklagte einen „neuen“ LaFerrari anbot, konnte es sich nicht um ein Fahrzeug handeln, das kurz zuvor von Ferrari neu produziert worden war, denn solche Fahrzeuge waren am Markt nicht mehr erhältlich und durften von der Beklagten auch ohnehin nicht vertrieben werden, weil sie bekanntermaßen keine offizielle Ferrari-Händlerin war und ist. Vor diesem Hintergrund musste die Beklagte als Vermittlerin angesehen werden, die selbst nicht Eigentümerin des angebotenen Fahrzeugs war, sondern die der Klägerin das Eigentum im Zuge der Auslieferung im „April 2015“ verschaffen sollte.
Durch die weitere in der Vertragsurkunde enthaltene Angabe „Tageszulassung“ durfte die Klägerin allerdings nach der im Kraftfahrzeughandel üblichen Verwendung dieses Begriffs erwarten, dass der Ferrari bis dahin nur auf einen Handelsbetrieb zugelassen war und die Zulassungsdauer maximal bei 30 Tagen lag (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl. [2017], Rn. 632). Fahrzeuge mit Tageszulassungen werden nur formal auf einen Händler zugelassen, aber nicht im Straßenverkehr bewegt, sodass sie weiter als Neuwagen angesehen werden (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VIII ZR 109/04, NJW 2005, 1422, 1423 = juris Rn. 13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2010 – I-22 U 168/09, juris Rn. 33).
Diesen Eindruck verstärkte die im Kaufvertrag enthaltene Angabe „Werkskilometer“. Dabei handelt es sich um eine Fahrtstrecke, die nach der Produktion eines Ferrari üblicherweise auf dem Werksgelände zurückgelegt wird, um an den Fahrzeugen noch letzte Tests und Abstimmungen vorzunehmen. Diese Fahrtstrecke kann einige Hundert Kilometer betragen, ohne dass dadurch die Neuwageneigenschaft infrage gestellt wird (BGH, Urt. v. 26.03.1997 – VIII ZR 115/96, NJW 1997, 1847: 200 Werkskilometer eines Ferrari Testarossa).
Der von der Beklagten am 16.04.2015 in Nürnberg präsentierte Ferrari LaFerrari blieb allerdings hinter dieser vereinbarten Beschaffenheit zurück und war damit mangelhaft.
Bei dem Ferrari handelte es sich zum einen nicht bloß um ein Fahrzeug mit „Tageszulassung“, sondern um ein Fahrzeug, das bereits seit einem Jahr für die tatsächliche Nutzung im Straßenverkehr zugelassen war. Und zum anderen wurde in dieser Nutzungszeit auch eine über die üblichen Werkskilometer hinausgehende Fahrtstrecke im öffentlichen Straßenverkehr zurückgelegt, sodass der Kilometerzähler des Ferrari am 16.04.2015 eine Laufleistung von 1.412 km aufwies.
c) Die beschriebenen Negativabweichungen von der Beschaffenheitsvereinbarung waren einer Nacherfüllung i. S. des § 323 I BGB nicht zugänglich. Jedenfalls wurde von der Beklagten weder vorprozessual angeboten noch im jetzigen Rechtsstreit vorgetragen, dass es ihr möglich war, einen anderen Ferrari LaFerrari zu liefern, der tatsächlich lediglich eine Tageszulassung und Werkskilometer aufwies.
d) Entgegen der Darstellung der Beklagten bedeutete die Negativabweichung von der Soll-Beschaffenheit auch nicht lediglich eine unerhebliche Pflichtverletzung, bei der der Rücktritt gemäß § 323 V 2 BGB unwirksam gewesen wäre.
Nach der Rechtsprechung des BGH indiziert vielmehr der Bruch einer vertraglichen Vereinbarung über die Beschaffenheit der Kaufsache die Erheblichkeit der Pflichtverletzung (BGH, Urt. v. 06.02.2013 – VIII ZR 374/11, NJW 2013, 1365 Rn. 16; Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 70/07, NJW-RR 2010, 1289 Rn. 23). Davon besteht auch im Streitfall keine Ausnahme:
Die Beklagte behauptet zwar, dass angesichts der Seltenheit des Ferrari-Sondermodells LaFerrari ein Kaufinteressent etwaige Mehrkilometer oder eine längere Erstzulassung ohne Weiteres hinnehmen werde, um überhaupt eine der Raritäten erwerben zu können. Dabei macht es aber jedenfalls im Hinblick auf die Preisfindung einen Unterschied, ob ein Fahrzeug angeboten wird, das bislang nur von einem professionellen Werksfahrer eingefahren wurde, oder ein Fahrzeug, das durch eine Privatperson auf unbekannte Weise – gegebenenfalls im Rennbetrieb – genutzt wurde.
Der Zeuge T bestätigte in diesem Zusammenhang bei seiner Vernehmung vor dem Senat, dass sich der in Nürnberg präsentierte LaFerrari im Besitz eines jungen Unternehmers befunden habe, der das Fahrzeug nach eigenem Bekunden auf einer Rennstrecke genutzt habe; dabei sei der Ferrari auch bereits beschädigt worden.
e) Die Beklagte hat auch nicht ihre Behauptung bewiesen, dass anlässlich der Fahrzeugbesichtigung am 16.04.2015 eine für beide Parteien verbindliche Einigung dahin gehend erzielt wurde, dass die Klägerin einen Preisnachlass von 25.000 € erhalten und im Gegenzug auf ihr Rücktrittsrecht verzichten sollte.
Die Beklagte hat sich zur Stützung ihrer Behauptung auf den Zeugen H berufen, der seinerzeit für sie als Verkaufsmitarbeiter tätig war. Der Zeuge H bekundete bei seiner Vernehmung vor dem Senat, dass er an der Fahrzeugvorführung in Nürnberg teilgenommen habe, sich aber an die Einzelheiten nicht mehr erinnern könne. Er gab an, dass damals aufgrund der Mehrkilometer ein „Riesenstress“ geherrscht habe. Er habe noch in Erinnerung, dass man der Käuferin ein Entgegenkommen zeigen wollte durch einen Preisnachlass von 20.000 € bis 25.000 €. Wie die Klägerin darauf reagiert habe, wisse er nicht. Insbesondere konnte der Zeuge H auch auf Nachfrage des Senats nicht bestätigen, dass der Zeuge T mit einem solchen Nachlass einverstanden war.
Der Zeuge H bestätigte lediglich insofern die Angabe von Beklagtenseite, als er und der Geschäftsführer der Beklagten am 16.04.2015 nach der Fahrzeug-besichtigung noch in Nürnberg geblieben seien und sie dort an einem Laptop fortlaufend den Stand des Geschäftskontos der Beklagten verfolgt hätten, um den Eingang des Kaufpreises festzustellen. Nachdem ein solcher Geldeingang nicht zu verzeichnen gewesen sei, seien sie abends nach Dortmund zurückgefahren.
Die inhaltliche Richtigkeit dieser Aussage begegnet allerdings durchgreifenden Bedenken, denn aus der eigenen von der Beklagten am 16.04.2015 um 19.15 Uhr an die Klägerin übersandten E-Mail ergab sich, dass man sich im Zuge der Fahrzeugbesichtigung – vermeintlich – darauf verständigt habe, dass die Klägerin den restlichen Kaufpreis bis zum 17.04.2015 um 16.00 Uhr auf das Konto der Beklagten zahlen sollte. Nach eigener Angabe der Beklagten gab es deshalb am Nachmittag des 16.04.2015 keinen Anlass, auf einen Geldeingang zu warten.
Abgesehen davon hat aber ohnehin der Zeuge T vor dem Senat glaubhaft bekundet, dass man die vorgeschlagenen 20.000 € oder 25.000 € angesichts des Kaufpreises von annährend zwei Millionen Euro als „lächerlich“ zurückgewiesen habe. Stattdessen sei von ihrer Seite dann ein Nachlass von 100.000 € vorgeschlagen worden; den habe aber die Beklagte nicht akzeptiert.
Diese Darstellung des Zeugen T steht im Einklang mit den E-Mails, die am Abend des 16.04.2015 bzw. am Folgetag zwischen den Parteien gewechselt wurden. Danach hat die Beklagte zwar um Unterzeichnung einer Vereinbarung mit einem Preisnachlass von 25.000 € gebeten, diese Unterschrift von der Klägerin aber gerade nicht erhalten, sondern vielmehr deren Gegenvorschlag über einen Betrag von 100.000 €.
f) In der Rechtsfolge war die Beklagte gemäß § 346 I BGB zur Rückzahlung der bereits erhaltenen Anzahlung von 40.000 € verpflichtet. Umgekehrt ging die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit einem pauschalierten Schadensersatzanspruch wegen der unterbliebenen Fahrzeugabnahme ins Leere, denn die Klägerin brauchte den Kaufvertrag wegen des wirksam ausgeübten Rücktrittsrechts nicht mehr zu erfüllen.
g) Das Landgericht hat der Klägerin schließlich zu Recht Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 29.04.2015 zugesprochen, weil die Beklagte die bis zum Vortag gesetzte Frist zur Rückerstattung der Anzahlung hat verstreichen lassen. …