1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen ist je­den­falls i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn dass in ei­nem Neu­wa­gen ei­ne – als un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zu qua­li­fi­zie­ren­de – Soft­ware zum Ein­satz kommt, die nur dann für ei­ne Ver­rin­ge­rung des Stick­oxid­aus­sto­ßes sorgt, wenn das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert, ist bei Neu­wa­gen an­de­rer Her­stel­ler nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich.
  2. Be­ruft sich der Ver­käu­fer erst in ei­nem Rechts­streit über den An­spruch des Käu­fers auf Er­satz­lie­fe­rung (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB) dar­auf, dass die Er­satz­lie­fe­rung im Ver­gleich zu ei­ner Man­gel­be­sei­ti­gung mit un­ver­hält­nis­mä­ßig ho­hen Kos­ten ver­bun­den sei, so ist bei der nach § 439 III 2 BGB ge­bo­te­nen Be­ur­tei­lung, wel­che Be­deu­tung der Man­gel hat, auf den Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs (§ 446 Satz 1 BGB) ab­zu­stel­len.
  3. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Neu­wa­gens, der vom Ver­käu­fer ge­mäß §§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ver­langt, ver­hält sich nicht treu­wid­rig (§ 242 BGB), wenn er an sei­nem Ver­lan­gen fest­hält, ob­wohl mitt­ler­wei­le ein Soft­ware­up­date zur Ver­fü­gung steht, nach des­sen In­stal­la­ti­on der dem Fahr­zeug an­haf­ten­de Man­gel an­geb­lich voll­stän­dig und fol­gen­los be­sei­tigt sein soll. Denn je­den­falls trägt der Käu­fer an­ge­sichts der Tat­sa­che, dass so­wohl die Volks­wa­gen AG als auch die je­wei­li­gen Kfz-Ver­käu­fer ei­ne Man­gel­haf­tig­keit der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge in Ab­re­de stel­len, das Ri­si­ko, dass die Nach­bes­se­rung durch In­stal­la­ti­on des Soft­ware­up­dates schei­tert. Er muss näm­lich be­fürch­ten, dass er sei­nen An­spruch auf Nach­bes­se­rung des Up­dates kla­ge­wei­se durch­set­zen muss und die­sem An­spruch dann der Ver­jäh­rungs­ein­wand ent­ge­gen­ge­hal­ten wird.
  4. Der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal, der vom Ver­käu­fer mit an­walt­li­cher Hil­fe Nach­er­fül­lung (§ 439 I BGB) ver­langt, hat ge­gen den Ver­käu­fer ge­mäß § 439 II BGB ei­nen An­spruch auf Er­satz der auf­ge­wen­de­ten An­walts­kos­ten.

LG Zwi­ckau, Ur­teil vom 12.05.2017 – 7 O 370/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt von der be­klag­ten ŠKO­DA-Ver­trags­händ­le­rin im Zu­sam­men­hang mit dem so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal die Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) ei­nes ŠKO­DA Oc­ta­via Com­bi.

Er be­stell­te bei der Be­klag­ten am 18.09.2010 ver­bind­lich .2010 ei­nen ŠKO­DA Oc­ta­via Com­bi 2.0 TDI als Neu­wa­gen zum Preis von 23.165 €. Das be­stell­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 11.12.2010 über­ge­ben.

Es ist mit ei­nem von der Volks­wa­gen AG her­ge­stell­ten Die­sel­mo­tor des Typs EA189 (Eu­ro 5) aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen. In dem Pkw kommt ei­ne Soft­ware zum Ein­satz, die zur Ab­gas­auf­be­rei­tung ei­nen von zwei Be­triebs­mo­di ak­ti­viert. „Mo­dus 1“ ist nur ak­tiv, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Rol­len­prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert; dann ist die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her und des­halb der Stick­oxid­aus­stoß nied­ri­ger als im „Mo­dus 0“, in dem das Fahr­zeug re­gu­lär be­trie­ben wird.

Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt ver­pflich­te die Volks­wa­gen AG mit Be­scheid vom 14.10.2015, bei al­len vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor die Soft­ware – ei­ne aus Sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung – zu ent­fer­nen und nach­zu­wei­sen, dass die Fahr­zeu­ge an­schlie­ßend al­le tech­ni­schen An­for­de­run­gen der re­le­van­ten Ein­zel­rechts­ak­te der Richt­li­nie 2007/46/EG er­fül­len.

Mit An­walts­schrei­ben vom 14.12.2015 ver­lang­te der Klä­ger, der sein Fahr­zeug we­gen der be­schrie­be­nen Soft­ware für man­gel­haft hält, von der Be­klag­ten die Er­satz­lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Neu­wa­gens bis zum 25.01.2016. Dem trat die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 05.01.2016 ent­ge­gen.

In der Fol­ge­zeit ent­wi­ckel­te die Volks­wa­gen AG für den hier in­ter­es­sie­ren­den Mo­tor­typ ein Soft­ware­up­date, das da­zu füh­ren soll, dass die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge künf­tig auch im rea­len Stra­ßen­ver­kehr im „(Prüf­stand-)Mo­dus 1“ be­trie­ben wer­den. Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt gab die­ses Up­date am 10.06.2016 un­ter an­de­rem für den ŠKO­DA Oc­ta­via 2.0 TDI frei.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und be­haup­tet, dass der tat­säch­li­che Stick­oxid­aus­stoß im nor­ma­len Fahr­be­trieb den ein­schlä­gi­gen Eu­ro-5-Grenz­wert über­schrei­te, so dass der streit­ge­gen­ständ­li­che Pkw nicht zu­fas­sungs­fä­hig sei. Zu­dem – so meint der Klä­ger – wei­se das Fahr­zeug kei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei ver­gleich­ba­ren Neu­wa­gen üb­lich sei und die er als Käu­fer des­halb er­war­ten kön­ne. Er – der Klä­ger – ha­be des­halb den mit Schrei­ben vom 14.12.2015 gel­tend ge­mach­ten An­spruch auf Er­satz­lie­fe­rung (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB). Ei­ne Er­satz­lie­fe­rung sei we­der mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten ver­bun­den noch der Be­klag­ten un­zu­mut­bar, zu­mal ei­ne Nach­bes­se­rung durch In­stal­la­ti­on des von der Volks­wa­gen AG ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates nach­tei­li­ge Aus­wir­kun­gen auf das Fahr­zeug ha­be.

Die Be­klag­te stellt dem­ge­gen­über das Vor­lie­gen ei­nes Sach­man­gels in Ab­re­de. Sie macht gel­tend, dass für sie die er­satz­wei­se Lie­fe­rung ei­nes Neu­fahr­zeugs im Ver­gleich zur Man­gel­be­sei­ti­gung mit un­ver­hält­nis­mä­ßig ho­hen Kos­ten ver­bun­den sei. Der – be­haup­te­te – Man­gel des Fahr­zeugs las­se sich durch In­stal­la­ti­on ei­nes von der Volks­a­gen AG ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von we­ni­ger als 100 € be­sei­ti­gen.

Die Kla­ge hat­te ganz über­wie­gend Er­folg; sie wur­de le­dig­lich in­so­weit teil­wei­se ab­ge­wie­sen, als der Klä­ger den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten be­gehr­te.

Aus den Grün­den: I. Der Klä­ger hat ge­gen­über der Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en fa­brik­neu­en ty­penglei­chen Er­satz­fahr­zeugs … aus §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 1, 439 I 1 Fall 2 BGB.

1. Die in dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug zur Mo­tor­steue­rung in­stal­lier­te Soft­ware stellt ei­nen Sach­man­gel dar.

a) Un­strei­tig führt die bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug in­stal­lier­te Soft­ware da­zu, dass nur auf dem Rol­len­prüf­stand die Mo­tor­steue­rung in den stick­ox­id­op­ti­mier­ten Mo­dus 1 mit hö­he­rer Ab­gas­rück­füh­rung ge­schal­ten wird, wäh­rend sich der Mo­tor im nor­ma­len Fahr­be­trieb durch­gän­gig im par­ti­kel­op­ti­mier­ten Mo­dus 0 mit ei­nem hö­he­ren Stick­oxi­dan­teil be­fin­det.

Zwar sind nach der Ver­ord­nung (EG) Nr. 750/2007 für die Ein­hal­tung der Emis­si­ons­grenz­wer­te die Mess­er­geb­nis­se auf dem Rol­len­prüf­stand maß­geb­lich. Dies be­deu­tet aber nicht, dass der Her­stel­ler ei­nes Mo­tors die Mo­tor­steue­rung mit­tels Soft­ware der­ar­tig pro­gram­mie­ren darf, dass der Stick­oxi­dan­teil bei der Schad­stoff­mes­sung auf dem Rol­len­prüf­stand be­wusst von vorn­her­ein nied­ri­ger ge­hal­ten wird als un­ter den re­gu­lä­ren Be­din­gun­gen des Stra­ßen­ver­kehrs. Ei­ne aus­schließ­lich auf den Test­zy­klus zu­ge­schnit­te­ne Pro­gram­mie­rung der Ab­gas­be­hand­lung kann da­her nur als un­zu­läs­si­ge Um­ge­hung der ein­schlä­gi­gen Vor­schrif­ten an­ge­se­hen wer­den (LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, DAR 2017, 83). Zu Recht geht da­her auch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt von ei­ner bei dem Mo­tor des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeu­ges ein­ge­bau­ten un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung aus.

b) Es kann da­hin­ste­hen, ob als Fol­ge der in­stal­lier­ten Soft­ware ei­ne zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung nicht ein­ge­hal­ten wird. Denn je­den­falls liegt ein Man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB vor. Das Fahr­zeug weist näm­lich kei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art dar Sa­che er­war­ten kann. Die In­stal­la­ti­on und Ver­wen­dung ei­ner so­ge­nann­ten Ab­schalt­soft­ware zur Er­rei­chung bzw. bei der Er­mitt­lung der Ein­hal­tung ge­setz­li­cher Grenz­wer­te ist bei Pkw an­de­rer Her­stel­ler in ei­ner ver­gleich­ba­ren Fahr­zeug­klas­se je­den­falls nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich, auch wird Sol­ches von der Be­klag­ten nicht vor­ge­tra­gen (OLG Cel­le, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, VersR 2016, 1515; OLG Hamm, Beschl. v. 21.06.2016 – l-28 W 14/16, ju­ris; LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, MDR 2016, 1201; LG Bü­cke­burg, Urt. v. 11.01.2017 – 2 O 39/16, ju­ris).

2. Der bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug so­mit ge­ge­be­ne Man­gel gibt dem Klä­ger das Recht, Nach­er­fül­lung zu ver­lan­gen, da er grund­sätz­lich frei wäh­len kann, ob er die Be­sei­ti­gung des Man­gels oder – wie hier – die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che ver­langt (§ 439 I BGB).

Es mag sein, dass die Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags kei­ne Kennt­nis von dem Man­gel hat­te. Hier­auf kommt es aber we­gen des von ei­nem Ver­schul­den des Ver­käu­fers un­ab­hän­gi­gen An­spruch des Käu­fers auf Nach­lie­fe­rung nicht an.

Ei­ner Ent­schei­dung dar­über, ob das Ver­lan­gen der Nach­lie­fe­rung auch auf Scha­dens­er­satz ge­stützt wer­den kann, be­darf es nicht.

3. Dass die mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­te Nach­lie­fe­rung der Be­klag­ten nicht mög­lich wä­re, wird von der Be­klag­ten nicht be­haup­tet.

4. Die Be­klag­te kann die Nach­lie­fe­rung nicht nach § 439 III BGB ver­wei­gern.

a) Dass die Be­klag­te die Ein­re­de der Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­lie­fe­rung (§ 439 III BGB) erst­mals in die­sem Rechts­streit er­ho­ben hat, ist recht­lich oh­ne Be­lang (BGH, Urt. v. 16.10.2013 – VI­II ZR 273/12, NJW 2014, 213 Rn. 17).

b) Bei der Be­ur­tei­lung der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit sind nach § 439 III 2 BGB ins­be­son­de­re der Wert der Sa­che im man­gel­frei­en Zu­stand, die Be­deu­tung des Man­gels und die Fra­ge zu be­rück­sich­ti­gen, ob auf die an­de­re Art der Nach­er­fül­lung oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le für den Käu­fer zu­rück­ge­grif­fen wer­den kann.

c) Die für ei­nen erst­mals im Pro­zess gel­tend ge­mach­ten Aus­schluss der ver­lang­ten Nach­er­fül­lung nach § 439 III BGB re­le­van­te Be­deu­tung des Man­gels be­stimmt sich nach den zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor­lie­gen­den Um­stän­den (OLG Nürn­berg, Urt. v. 20.02.2017 – 14 U 199/16, ju­ris). Dies ist vor­lie­gend der 11.12.2010.

d) Zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs am 11.12.2010 hat­te aber die Volks­wa­gen AG die von ihr bei der Mo­tor­steue­rung mit­tels Soft­ware in­stal­lier­te un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung der Öf­fent­lich­keit und auch der Fach­welt ver­schwie­gen. Am 11.12.2010 hat­te die Volks­wa­gen AG auch – weil of­fen­bar hier­für kei­ne Ver­an­las­sung ge­se­hen wur­de – ei­ne Mög­lich­keit zur Be­he­bung die­ses Man­gels mit­tels ei­nes Soft­ware­up­dates nicht ent­wi­ckelt. Dies ist erst­mals im Lau­fe des Jah­res 2016 nach der Auf­for­de­rung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ge­sche­hen. Bei dem für die Be­ur­tei­lung der Ein­re­de des § 439 III BGB maß­geb­li­chen Zeit­punkt am 11.12.2010 war da­mit ei­ne Be­he­bung des von der Volks­wa­gen AG zu die­sem Zeit­punkt ver­schwie­ge­nen Sach­man­gels nicht mög­lich. Die Ein­re­de des § 439 III BGB greift da­her nicht.

e) Doch selbst wenn – was in der Li­te­ra­tur ver­tre­ten wird (vgl. Stau­din­ger/Wes­ter­mann, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 439 Rn. 25) – für die Be­ur­tei­lung der Be­grün­det­heit der im Pro­zess erst­mals er­ho­be­nen Ein­re­de des § 439 III BGB auf den Zeit­punkt des Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gens oder auf den Zeit­punkt ab­zu­stel­len wä­re, zu dem sich der Ver­käu­fer mit der ver­lang­ten Nach­lie­fe­rung im Ver­zug be­fun­den hat, wä­re vor­lie­gend die Ein­re­de des § 439 III BGB nicht be­grün­det. Denn zum Zeit­punkt des Nach­lie­fe­rungs­ver­lan­gens des Klä­gers am 14.12.2015 und zum Zeit­punkt des Ver­zu­ges der Be­klag­ten mit der Nach­lie­fe­rung auf­grund ih­rer Ab­leh­nung mit Schrei­ben vom 05.01.2016 hat­te das Kraft­fahrt-Bun­des­amt zwar von der Volks­wa­gen AG be­reits ei­ne Be­he­bung des Man­gels ver­langt. Ob und wenn ja wann und mit wel­chen Fol­gen der Volks­wa­gen AG ei­ne Be­sei­ti­gung des Man­gels mög­lich sein wür­de, war aber we­der am 14.12.2015 noch am 05.01.2016 ab­seh­bar. Der Klä­ger war nicht ver­pflich­tet, sich auf die­se Un­ge­wiss­heit ein­zu­las­sen. Die Ein­re­de der Be­klag­ten des § 439 III BGB wür­de da­mit auch un­ter die­sen Um­stän­den nicht grei­fen.

5. Das Fest­hal­ten des Klä­gers an sei­nem Nach­lie­fe­rungs­an­spruch ist auch nicht treu­wid­rig (§ 242 BGB).

Zwar hat die Volks­wa­gen AG auf Auf­for­de­rung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes zur Be­sei­ti­gung des Sach­man­gels ein Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt, das nach der Be­stä­ti­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom 10.06.2016 für den Mo­tor des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeu­ges fol­gen­los sein soll. Es kann da­hin­ste­hen, ob – was der­zeit of­fen­bar noch kon­tro­vers dis­ku­tiert wird – die­ses Soft­ware­up­date tat­säch­lich zu ei­ner fol­gen­lo­sen Nach­bes­se­rung füh­ren wür­de.

Denn bei der Nach­bes­se­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che durch den Ver­käu­fer be­ginnt nach weit ver­brei­te­tet Mei­nung die Ver­jäh­rung der Ge­währ­leis­tungs­rech­te nur dann von Neu­em, wenn aus den Um­stän­den an­zu­neh­men ist, dass der Ver­käu­fer den Man­gel an­er­kennt. Ein der­ar­ti­ges An­er­kennt­nis er­klärt die Be­klag­te und er­klärt üb­ri­gens auch die Volks­wa­gen AG aus­drück­lich nicht. Da­durch aber wird das Ri­si­ko des Schei­terns der Nach­bes­se­rung auf den Klä­ger als Käu­fer ver­la­gert, da die­ser sei­nen An­spruch auf Nach­bes­se­rung des Soft­ware­up­dates mög­li­cher­wei­se im Kla­ge­weg durch­set­zen muss und er ris­kiert, dass sei­nem da­hin ge­hen­den An­spruch der Ver­jäh­rungs­ein­wand ent­ge­gen­ge­hal­ten wird (LG Re­gens­burg, Urt. v. 04.01.2017 – 7 O 967/16, ju­ris).

Nach­dem aber die Be­klag­te und auch die Volks­wa­gen AG den von dem Klä­ger ge­rüg­ten Man­gel aus­drück­lich nicht an­er­ken­nen und auch kei­ne iso­lier­te Ge­währ­leis­tung für das an­ge­bo­te­ne Soft­ware­up­date über­neh­men, ist das Fest­hal­ten des Klä­gers an sei­nem Nach­lie­fe­rungs­an­spruch nicht treu­wid­rig.

6. Der Klä­ger schul­det der Be­klag­ten für die Nut­zung des man­gel­haf­ten Pkw ŠKO­DA Oc­ta­via Com­bi kei­nen Wert­er­satz.

Nach dem un­be­strit­te­nen Vor­trag des Klä­gers han­del­te es sich bei dem Er­werb des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs um ei­nen Ver­brauchs­gü­ter­kauf nach § 474 I BGB. Nach Art. 229 § 32 I EGBGB gilt für den im Jahr 2010 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag die Vor­schrift des § 474 BGB in ih­rer bis zum 12.06.2014 gel­ten­den Fas­sung. Bei richt­li­ni­en­kon­for­mer Aus­le­gung die­ser Vor­schrift ist § 439 IV BGB – auf den § 474 II BGB a.F. ver­weist – da­hin ge­hend an­zu­wen­den, dass bei ei­ner Er­satz­lie­fe­rung i. S. des § 439 I Fall 2 BGB ein An­spruch des Ver­käu­fers auf Wert­er­satz für Nut­zun­gen ge­gen­über dem Käu­fer nicht be­steht (BGH, Urt. v. 26.11.2008 – VI­II ZR 200/05, NJW 2009, 427 Rn. 13 ff.; LG Re­gens­burg, Urt. v. 04.01.2017 – 7 O 967/16, ju­ris).

Da­mit aber hat der Klä­ger den Wert der von ihm ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen des Fahr­zeugs nicht zu er­set­zen.

II. Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs seit ih­rer Ver­wei­ge­rung vom 05.01.2016 in Ver­zug.

III. Der An­spruch des Klä­gers auf Frei­stel­lung der ihm vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten be­steht in Hö­he von 914,63 €.

1. Der Klä­ger durf­te bei der Durch­set­zung sei­ner Män­gel­rech­te an­walt­li­chen Bei­stand in An­spruch neh­men. Den ihm hier­durch in Form von vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ent­stan­de­nen Auf­wand, hat die Be­klag­te ge­mäß § 439 II BGB zu tra­gen (BGH, Urt. v. 17.02.1999 – X ZR 40/96, NJW-RR 1999, 813 [814]). Der von dem Klä­ger gel­tend ge­mach­te Frei­stel­lungs­an­spruch be­steht da­her dem Grun­de nach.

2. Der Frei­stel­lungs­an­spruch für die ihm vor­ge­richt­lich ent­stan­de­nen Rechts­an­walts­kos­ten ist aber nur in ei­ner Hö­he von 914,63 € ge­ge­ben.

Der dem Rechts­streit zu­grun­de lie­gen­de Sach­ver­halt ist si­cher­lich in tat­säch­li­cher Hin­sicht und auch in recht­li­chen Fra­gen über­durch­schnitt­lich schwie­rig und kom­plex. Die­ser Um­stand recht­fer­tigt aber nicht die von dem Klä­ger gel­tend ge­mach­te 2,0-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr sei­ner Rechts­an­wäl­te, son­dern ei­ne 1,7-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr nach Nr. 2300 VV RVG (LG Re­gens­burg, Urt. v. 04.01.2017 – 7 O 967/16, ju­ris).

Die er­satz­fä­hi­gen vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten be­rech­nen sich da­her wie folgt:

Ge­gen­stands­wert: 23.165,00 €  
 
1,70 Ge­schäfts­ge­bühr (Nr. 2300 VV RVG) 1.339,60 €
0,75 Ge­schäfts­ge­bühr (An­rech­nung) 591,00 €
Aus­la­gen­pau­scha­le (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 €
Zwi­schen­sum­me net­to 768,60 €
19 % USt. (Nr. 7008 VV RVG) 146,04 €
Sum­me brut­to 914,64 €
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