1. Dass die vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge i. S. des § 434 I BGB man­gel­haft sind, er­gibt sich dar­aus, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt der Volks­wa­gen AG auf­er­legt hat, die­se Fahr­zeu­ge tech­nisch zu über­ar­bei­ten, um ih­re Vor­schrifts­mä­ßig­keit wie­der­her­zu­stel­len und ei­nen Ver­lust der Be­triebs­er­laub­nis ab­zu­wen­den.
  2. Der Man­gel, an dem ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug lei­det, ist nicht ge­ring­fü­gig i. S. des § 323 V 2 BGB, da er nicht kurz­fris­tig in ei­ner be­lie­bi­gen Kfz-Werk­statt be­sei­tigt wer­den kann. Viel­mehr be­darf es zur Man­gel­be­sei­ti­gung ei­nes mit ei­nem ho­hen zeit­li­chen Auf­wand ent­wi­ckel­ten und vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt frei­ge­ge­be­nen Soft­ware­up­dates. Dass die­ses Up­date schluss­end­lich in ei­ner Ver­trags­werk­statt mit ei­nem ver­hält­nis­mä­ßig ge­rin­gen Zeit- und Kos­ten­auf­wand in­stal­liert wer­den kann, macht den Man­gel, der ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug an­haf­tet, nicht zu ei­nem ge­ring­fü­gi­gen Man­gel i. S. des § 323 V 2 BGB.
  3. Setzt der Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs dem Ver­käu­fer ge­mäß § 323 I BGB ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung, so muss er hin­sicht­lich der An­ge­mes­sen­heit die­ser Frist be­rück­sich­ti­gen, dass der VW-Ab­gas­skan­dal ei­ne Viel­zahl von Fahr­zeu­gen in ganz Deutsch­land be­trifft und die­se nur suk­zes­si­ve im Rah­men ei­nes – noch da­zu mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt ab­zu­stim­men­den – Ge­samt­kon­zepts nach­ge­bes­sert wer­den kön­nen. Ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­bes­se­rung muss des­halb deut­lich län­ger sein als die Nach­bes­se­rungs­frist bei ei­nem „nor­ma­len“ Fahr­zeug­man­gel. Das ist dem Käu­fer auch zu­zu­mu­ten, da er das man­gel­haf­te Fahr­zeug bis zur Nach­bes­se­rung un­ein­ge­schränkt nut­zen kann.
  4. Die – nicht Par­tei des Kauf­ver­trags ge­wor­de­ne – Volks­wa­gen AG kann dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs so­wohl we­gen ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung (§ 826 BGB) als auch ge­mäß § 823 II BGB i. V. mit §§ 6 I, 27 I EG-FGV Scha­dens­er­satz leis­ten müs­sen. In­so­weit trifft die Volks­wa­gen AG ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last, der sie durch den Vor­trag ge­nügt, auf wel­cher Ebe­ne un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne die Ent­schei­dung ge­trof­fen wur­de, ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware zu ent­wi­ckeln und zu ver­wen­den, ob die­se Ent­schei­dung An­ge­hö­ri­gen ei­ner hö­he­ren Hier­ar­chie­ebe­ne mit­ge­teilt wur­de und wem sie ge­ge­be­nen­falls mit­ge­teilt wur­de und wel­che Bud­gets für die Ent­wick­lung der Soft­ware in An­spruch ge­nom­men wur­den. Ein sol­cher Vor­trag ist der Volks­wa­gen AG zu­mut­bar, zu­mal ge­wich­ti­ge An­halts­punk­te da­für be­ste­hen, dass ei­ne der­art un­ter­neh­mens­we­sent­li­che Ent­schei­dung wie die, ei­ne Ma­ni­pu­la­ti­ons­soft­ware zu ent­wi­ckeln und zu ver­wen­den, nicht un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne ge­trof­fen und dem Vor­stand auch nicht ver­heim­licht wur­de.
  5. Da­von, dass das sit­ten­wid­ri­ge Ver­hal­ten und der Ver­stoß der Volks­wa­gen AG ge­gen ein Ver­bots­ge­setz (§§ 6 I, 27 I EG-FGV) ur­säch­lich für den Kauf­ent­schluss ei­nes Käu­fers wa­ren, der ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug er­wor­ben hat, ist nach der Le­bens­er­fah­rung aus­zu­ge­hen. Es kommt des­halb nicht dar­auf an, ob der Käu­fer im Ver­kaufs­ge­spräch kon­kret ge­äu­ßert hat, dass er ein be­son­ders schad­stoff­ar­mes Fahr­zeug er­wer­ben wol­le.

LG Kle­ve, Ur­teil vom 31.03.2017 – 3 O 252/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten zu 1 auf der Grund­la­ge ei­ner Be­stel­lung vom 05.06.2014 und der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten zu 1 ei­nen ge­brauch­ten VW Golf Va­ri­ant Match 1.6 TDI zum Preis von 17.900 €. Das am 21.03.2013 erst­zu­ge­las­se­ne Fahr­zeug wies da­mals ei­ne Lauf­leis­tung von 19.990 km auf.

Es wur­de von der Volks­wa­gen AG (Be­klag­te zu 2) her­ge­stellt und ist mit ei­nem Mo­tor des Typs EA189 aus­ge­stat­tet und des­halb vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen.

Mit An­walts­schrei­ben vom 07.12.2015 er­klär­te der Klä­ger da­her ge­gen­über der Be­klag­ten zu 1 die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung, hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Wei­ter hilfs­wei­se setz­te er der Be­klag­ten zu 1 ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 17.12.2015.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug für man­gel­haft und be­haup­tet, in dem Pkw kom­me ei­ne von der Be­klag­ten zu 2 in­stal­lier­te Soft­ware – die aus Sicht des Klä­gers ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung dar­stellt – zum Ein­satz, die er­ken­ne, ob das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert. In die­sem Fall wer­de die Ab­gas­auf­be­rei­tung so „op­ti­miert“, dass der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß ver­hält­nis­mä­ßig nied­rig sei. Beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs im Stra­ßen­ver­kehr wür­den da­ge­gen Tei­le der Ab­gas­kon­troll­an­la­ge au­ßer Be­trieb ge­setzt, so­dass die NOX-Emis­sio­nen dann er­heb­lich hö­her sei­en als wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf dem Prüf­stand. Des­halb wür­de das Fahr­zeug zwar auf dem Prüf­stand den ein­schlä­gi­gen Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wert ein­hal­ten; beim re­gu­lä­ren Be­trieb des Fahr­zeugs wür­de die­ser Grenz­wert je­doch über­schrit­ten.

Ei­ne Be­sei­ti­gung die­ses – er­heb­li­chen – Man­gels sei nicht mög­lich, da ei­ne Ver­rin­ge­rung des NOX-Aus­sto­ßes zwangs­läu­fig zu ei­nem hö­he­ren CO2-Aus­stoß füh­re. Au­ßer­dem hät­ten Tests an „nach­ge­bes­ser­ten“ Fahr­zeu­gen un­ter an­de­rem er­ge­ben, dass der Kraft­stoff­ver­brauch um bis zu acht Pro­zent ge­stie­gen sei und es zu Leis­tungs­ver­lus­ten ins­be­son­de­re im hö­he­ren Dreh­zahl­be­reich kom­me. Je­den­falls hät­te ei­ne Nach­bes­se­rung zur Fol­ge, dass Ver­schleiß­tei­le (z. B. Dich­tun­gen) schnel­ler ge­wech­selt wer­den müss­ten und sich die Le­bens­dau­er des Mo­tors ver­kür­ze.

Der Klä­ger meint, ei­ne Nach­bes­se­rung sei ihm über­dies nicht zu­mut­bar, weil sie nur un­ter Be­tei­li­gung der Be­klag­ten zu 2 statt­fin­den kön­ne und die­se ihn – den Klä­ger – arg­lis­tig ge­täuscht ha­be. Das arg­lis­ti­ge Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu 2 müs­se sich die Be­klag­te zu 1 als Ver­trags­händ­le­rin zu­rech­nen las­sen.

Wei­ter ist der Klä­ger der Auf­fas­sung, dass ihm die Be­klag­te zu 2 un­ter an­de­rem des­halb Scha­dens­er­satz leis­ten müs­se, weil sie ihn be­tro­gen (§ 823 II BGB i. V. mit § 263 StGB) und in ei­ner ge­gen die gu­ten Sit­ten ver­sto­ßen­den Wei­se vor­sätz­lich ge­schä­digt (§ 826 BGB) ha­be. Die be­haup­te­te Scha­dens­er­satz­pflicht der Be­klag­ten zu 2 will der Klä­ger fest­ge­stellt ha­ben.

Die Kla­ge hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: Kla­ge­an­trag zu 1

Der Klä­ger hat ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich der Nut­zungs­ent­schä­di­gung Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des … Fahr­zeugs ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323, 346 I, 348 BGB ge­gen die Be­klag­te zu 1.

Das Fahr­zeug war bei Ge­fahr­über­gang man­gel­haft i. S. des § 434 I BGB. Denn auch nach dem Vor­brin­gen der Be­klag­ten ist ein Soft­ware­up­date not­wen­dig, um den ent­spre­chen­den Auf­la­gen des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes zu ge­nü­gen und nicht den Ver­lust der all­ge­mei­nen Be­triebs­er­laub­nis zu ris­kie­ren. Selbst wenn das Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor­lie­gend im We­ge ei­ner nach­träg­li­chen Ne­ben­be­stim­mung mit­ge­teilt hat, dass zu­nächst ei­ne Rück­nah­me der Ge­neh­mi­gung nicht er­fol­gen soll, kann dar­aus nicht her­ge­lei­tet wer­den, dass es die Ge­neh­mi­gung un­ein­ge­schränkt für wirk­sam er­ach­tet. Ge­ra­de dies ist wohl nicht der Fall, da das Kraft­fahrt-Bun­des­amt sich ge­ra­de an dem Nach­rüs­tungs­ver­fah­ren be­tei­li­gen lässt und die er­for­der­li­chen Maß­nah­men da­hin ge­hend prüft, ob die ge­plan­ten Schrit­te die er­for­der­li­chen Kri­te­ri­en für die er­teil­te Ge­neh­mi­gung nach­träg­lich er­fül­len. Da­her kann aus dem der­zei­ti­gen Feh­len des beim Rück­ruf auf­zu­spie­len­den Soft­ware­up­dates auch auf die Man­gel­haf­tig­keit des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs ge­schlos­sen wer­den (eben­so LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15).

Die Be­klag­ten­sei­te kann sich auch nicht er­folg­reich auf die be­haup­te­te Un­er­heb­lich­keit des Man­gels i. S. des § 323 V 2 BGB be­ru­fen.

Für die tech­ni­sche Vor­be­rei­tung der be­ab­sich­tig­ten Man­gel­be­sei­ti­gung ist vor­lie­gend nach dem Be­klag­ten­vor­trag ein er­heb­li­cher zeit­li­cher Vor­lauf er­for­der­lich. So re­kur­riert die Be­klag­te selbst dar­auf, dass ihr ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung in­ner­halb we­ni­ger Wo­chen nicht mög­lich sei, son­dern erst im Lau­fe des Rechts­streits im Ja­nu­ar 2017 er­fol­gen kön­ne. Erst nach Ab­lauf die­ser er­heb­li­chen Zeit­span­ne soll dann der Man­gel in­ner­halb ei­ner hal­ben Stun­de be­ho­ben wer­den kön­nen. Es han­delt sich da­her of­fen­sicht­lich nicht um ei­ne ein­fa­che tech­ni­sche Maß­nah­me, die kurz­fris­tig und oh­ne wei­te­re Vor­be­rei­tun­gen hät­te vor­ge­nom­men wer­den kön­nen (LG Mün­chen I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15).

Zu­dem muss­te der Her­stel­ler hier­für zu­nächst die Ge­neh­mi­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ein­ho­len. Ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gungs­maß­nah­me, die der vor­he­ri­gen be­hörd­li­chen Prü­fung und Ge­neh­mi­gung be­darf, ist aber eben­falls nicht als un­er­heb­lich an­zu­se­hen (LG Mün­chen I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15).

Au­ßer­dem steht ei­ner „Un­er­heb­lich­keit“ des Man­gels ent­ge­gen, dass die­ser ge­ra­de nicht in ei­ner be­lie­bi­gen Werk­statt zu ei­nem Preis von un­ter 100 € be­sei­tigt wer­den kann, son­dern erst nach Ent­wick­lung spe­zi­el­ler Soft­ware. Dass das Auf­spie­len die­ser Soft­ware nach de­ren auf­wen­di­gen und ge­neh­mi­gungs­be­dürf­ti­gen Ent­wick­lung dann für die Stel­len, de­nen die Soft­ware zur Ver­fü­gung ge­stellt wird, kei­nen gro­ßen Ar­beits­auf­wand mehr dar­stellt, be­grün­det nicht die Un­er­heb­lich­keit im Rechts­sin­ne.

Zwar wur­de hier nicht be­reits mit Schrei­ben vom 07.12.2015 wirk­sam der Rück­tritt er­klärt, da die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen un­mit­tel­ba­ren Rück­tritt nicht vor­la­gen. Je­doch ist mit Schrei­ben vom 07.12.2015 zu­gleich zur Man­gel­be­sei­ti­gung auf­ge­for­dert wor­den. Die im Schrei­ben vom 07.12.2015 ge­setz­te Frist ist zwar un­an­ge­mes­sen kurz, setz­te dann je­doch ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Gang.

Die An­ge­mes­sen­heit der Frist be­ur­teilt sich zwar vor­ran­gig nach dem In­ter­es­se des Käu­fers, der ge­ra­de bei All­tags­ge­schäf­ten die kurz­fris­ti­ge Re­pa­ra­tur oder den so­for­ti­gen Aus­tausch der man­gel­haf­ten Sa­che be­an­spru­chen kann (vgl. BT-Drs. 10/6040, S. 234). Dies än­dert je­doch nichts dar­an, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer die Zeit zu­ge­ste­hen muss, die die­ser für die ge­for­der­te Art der Nach­er­fül­lung bei ob­jek­ti­ver Be­trach­tung be­nö­tigt, wes­halb letzt­end­lich die Fra­ge der An­ge­mes­sen­heit der Frist nur un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Um­stän­de des Ein­zel­falls be­ant­wor­tet wer­den kann (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 902 f.).

Zweck des Rechts zur zwei­ten An­die­nung ist ei­ner­seits das In­ter­es­se des Gläu­bi­gers (Käu­fers) an als­bal­di­ger Klar­heit dar­über, ob der Schuld­ner (Ver­käu­fer) die ge­schul­de­te Leis­tung noch er­brin­gen kann und wird; an­de­rer­seits soll dem Schuld­ner (Ver­käu­fer) die letz­te Mög­lich­keit ge­ge­ben wer­den, die Leis­tung tat­säch­lich noch zu er­brin­gen. Die Frist muss da­her so lang be­mes­sen sein, dass der Ver­käu­fer in der La­ge ist, die be­reits be­gon­ne­ne Er­fül­lung noch zu voll­enden. Sie braucht al­ler­dings nicht so lang zu sein, dass der Ver­käu­fer die Mög­lich­keit hat, erst dann mit der Leis­tungs­vor­be­rei­tung zu be­gin­nen (vgl. ju­risPK-BGB/Alp­mann, 7. Aufl. [2014], § 323 Rn. 24).

Bei der Be­mes­sung der Frist ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass es sich vor­lie­gend um ei­ne Aus­nah­me­si­tua­ti­on han­delt. So be­trifft der vom Klä­ger ge­rüg­te Man­gel sehr vie­le Fahr­zeu­ge in ganz Deutsch­land. Zwar ist die­ser Um­stand grund­sätz­lich nicht dem Klä­ger, son­dern dem Fahr­zeug­her­stel­ler zu­zu­rech­nen, aber auf­grund der um­fang­rei­chen und weit­rei­chen­den The­ma­tik ist es nach­voll­zieh­bar, dass die Nach­er­fül­lung vor­lie­gend nur an­hand ei­nes Ge­samt­kon­zepts er­fol­gen kann, das zu ei­ner ge­samt­heit­li­chen Pro­blem­lö­sung führt. Hier­bei hat ei­ne Nach­bes­se­rung auch zu be­rück­sich­ti­gen, dass es nicht nur um das in­di­vi­du­el­le Fahr­zeug des Klä­gers geht, son­dern, dass bei ei­ner Viel­zahl an Fahr­zeu­gen ei­ne gleich­lau­ten­de Nach­bes­se­rung er­for­der­lich ist. Die­se kann ver­ständ­li­cher­wei­se nur durch ei­ne suk­zes­si­ve und ge­plan­te Vor­ge­hens­wei­se durch­ge­führt wer­den. Bei ei­ner sol­chen Vor­ge­hens­wei­se kann so­dann aber nicht mehr mit den­je­ni­gen Fahr­zeu­gen be­gon­nen wer­den, be­züg­lich de­rer be­reits Ge­währ­leis­tungs­rech­te gel­tend ge­macht wur­den. Es ist nach­voll­zieh­bar, dass ein Vor­ge­hen da­bei nach Grup­pie­run­gen er­fol­gen muss, bei de­nen gleich­ar­ti­ge Man­gel­grup­pen – vor­lie­gend die­sel­ben Mo­tor­ty­pen – der Rei­he nach nach­ge­bes­sert wer­den.

Ein sol­ches Ge­samt­kon­zept hat der Fahr­zeug­her­stel­ler vor­lie­gend er­stellt. Hier­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass nicht nur der Fahr­zeug­her­stel­ler die­ses Kon­zept er­stel­len und prü­fen muss, was in Be­zug auf die Be­klag­te be­reits nicht be­ein­flusst wer­den kann, son­dern dass vor­lie­gend die­ses Kon­zept auch mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt ab­ge­stimmt wer­den muss­te.

Die­se Um­stän­de stel­len er­heb­li­che Ab­wei­chun­gen von ei­nem „üb­li­chen“ Man­gel ei­nes Kraft­fahr­zeugs dar, der grund­sätz­lich nur ei­ne re­la­tiv kur­ze Nach­er­fül­lungs­frist recht­fer­tigt. Auf­grund die­ser Um­stän­de ist die Frist im vor­lie­gen­den Fall deut­lich län­ger zu be­mes­sen als bei nor­ma­len Kraft­fahr­zeug­män­geln (vgl. LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15).

Ei­ne län­ger zu be­mes­sen­de Frist ist auch … ge­recht­fer­tigt bzw. dem Klä­ger zu­zu­mu­ten, da er das er­wor­be­ne Fahr­zeug, wie dies auch vom Fahr­zeug­her­stel­ler mit­ge­teilt wur­de, un­ein­ge­schränkt wei­ter nut­zen kann, es ver­kehrs­si­cher so­wie voll funk­ti­ons­un­tüch­tig ist und das Kraft­fahrt-Bun­des­amt aus­drück­lich da­von ab­sieht, die er­teil­te Ge­neh­mi­gung zu ent­zie­hen. Auch dies stellt ei­ne Ab­wei­chung von „üb­li­chen“ Män­geln dar, da in den meis­ten Fäl­len ei­ne er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung der Nutz­bar­keit des Fahr­zeugs vor­liegt, ge­ge­be­nen­falls so­gar völ­li­ge Un­be­nutz­bar­keit. Hier­ge­gen spricht auch nicht, dass der Klä­ger mo­niert, das Fahr­zeug hal­te nicht die er­for­der­li­chen Ab­gas­grenz­wer­te ein, da dies nicht da­zu führt, dass das Fahr­zeug ver­kehrs- und ge­brauchs­un­taug­lich wä­re.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls (hier u. a. auch Frei­ga­be der Soft­ware für die­se Mo­to­ren­grup­pe be­reits im No­vem­ber 2016) ist je­doch le­dig­lich ein Zu­war­ten bis zum En­de des Jah­res 2016 noch als „ge­ra­de an­ge­mes­sen“ an­zu­se­hen (eben­so schon LG Kle­ve, Urt. v. 02.12.2016 – 3 O 153/16). Die hier an­ge­bo­te­ne Nach­bes­se­rung erst im Ja­nu­ar 2017 ist da­her als ver­spä­tet zu be­wer­ten.

Die Auf­recht­er­hal­tung des Kla­ge­an­trags zu 1 in der Ver­hand­lung vom 24.01.2017 ist als (er­neu­te, kon­klu­den­te) Rück­tritts­er­klä­rung ent­spre­chend §§ 133, 157 BGB an­zu­se­hen.

Der Klä­ger kann den Kauf­preis je­doch nur ab­züg­lich der er­lang­ten Ge­brauchs­vor­tei­le für die Nut­zung des Fahr­zeugs er­lan­gen. Nach zu­tref­fen­der An­sicht (vgl. et­wa OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 03.07.2014 – I-3 U 39/12, BeckRS 2014, 14180) sind die Nut­zungs­vor­tei­le bei ei­nem Ge­braucht­wa­gen­kauf ent­spre­chend fol­gen­der For­mel zu be­rech­nen:

\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttokaufpreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{erwartbare Restlaufleistung}}}.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der klä­ge­ri­schen An­ga­ben legt das Ge­richt ent­spre­chend § 287 ZPO zu­grun­de, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug zum maß­geb­li­chen Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24.01.2017 in der Be­sitz­zeit des Klä­gers 41.500 km ge­fah­ren wur­de.

Für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ist ent­spre­chend § 287 ZPO ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km zu er­war­ten. So­weit die Klä­ger­sei­te pau­scha­lie­rend vor­trägt, dass „Fahr­zeu­ge die­ser Art Ki­lo­me­ter­lauf­leis­tun­gen bis zu 500.000 km“ auf­wie­sen ist dies recht­lich un­be­acht­lich, da es nicht auf Ma­xi­mal­wer­te an­kommt, son­dern die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung. Die­se ist ge­ra­de auch für die­sen Mo­tor mit 250.000 km zu ver­an­schla­gen (eben­so LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16, NJW-RR 2016, 1397 [1399] für das ver­gleich­ba­re Fahr­zeug Au­di A1 mit … 2,0-Li­ter-Die­sel­mo­tor vom Typ EA189). Bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te der Klä­ger da­her noch ei­ne Lauf­leis­tung von 230.000 km zu er­war­ten. Da­her hat der Klä­ger Nut­zungs­vor­tei­le in Hö­he von 3.229,78 € zu er­stat­ten. Dem kann der Klä­ger nicht er­folg­reich ent­ge­gen­hal­ten, dass sein Fahr­zeug wäh­rend sei­ner Be­sitz­zeit man­gel­haft war, weil hier­mit kei­ne – je­den­falls kei­ne maß­geb­li­che – Be­ein­träch­ti­gung der Nut­zung ein­her­ging.

Da­her steht dem Klä­ger le­dig­lich ein An­spruch auf Rück­zah­lung von (17.900 € [Kauf­preis] − 3.229,78 € [Ge­brauchs­vor­tei­le] =)14.670,22 € zu.

Rechts­hän­gig­keits­zin­sen hier­aus kann der Klä­ger ab dem 26.10.2016 ge­mäß §§ 291, 288 BGB ver­lan­gen.

Ein wei­ter­ge­hen­der An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses steht dem Klä­ger auch nicht ge­mäß § 812 I 1 Fall 1 BGB im Hin­blick auf die vor­ran­gig er­klär­te An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung zu. Denn der Klä­ger hat nicht nach­ge­wie­sen, dass die Be­klag­te zu 1 arg­lis­tig i. S. des § 123 BGB han­del­te. Der Klä­ger be­haup­tet selbst schon nicht, dass die Be­klag­te zu 1 als blo­ße Händ­le­rin von der Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on zum Zeit­punkt des Kauf­ver­trags­schlus­ses wuss­te. Ein arg­lis­ti­ges Ver­hal­ten des Fahr­zeug­her­stel­lers muss sich die Be­klag­te zu 1 nicht zu­rech­nen las­sen, denn bei die­ser han­delt es sich um ei­ne recht­lich selbst­stän­di­ge Ver­trags­händ­le­rin, die als sol­che Pro­duk­te des Her­stel­lers ver­treibt, die sie nicht selbst her­stellt und in de­ren Her­stel­lung sie auch nicht ein­be­zo­gen ist. Ei­ne Wis­sens­zu­rech­nung nach § 166 I BGB schei­det dem­nach aus (vgl. LG Fran­ken­thal, Urt. v. 12.05.2016 – 8 O 208/15).

Dar­über hin­aus hät­te der Klä­ger aber auch bei ei­ner An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung eben­falls sei­ne Be­rei­che­rung (hier: die Nut­zungs­vor­tei­le) an die Be­klag­te zu 1 zu­rück­zu­ge­wäh­ren, wor­auf sich die Be­klag­te zu 1 auch be­ru­fen hat.

Kla­ge­an­trag zu 2

Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te zu 2 ei­nen An­spruch auf Schad­los­hal­tung ge­mäß §§ 826, 249 ff. BGB und § 823 II BGB i. V. mit §§ 6 I, 27 I EG-FGV.

Die Ein­wir­kung auf die Steue­rungs­soft­ware wäh­rend des Prüf­stand­tests mit der be­ab­sich­tig­ten Fol­ge, dass die da­mit ma­ni­pu­lier­ten Er­geb­nis­se sich ver­fäl­schend zu­guns­ten der Be­klag­ten so­wohl bei der Schad­stoff­klas­sen-Ein­grup­pie­rung („Eu­ro-Nor­men“) aus­wir­ken als auch in Wer­te, wel­che die Kauf­in­ter­es­sen­ten ent­we­der un­mit­tel­bar oder et­wa über „Ver­gleichs­tests“ ver­schie­de­ner Fahr­zeu­ge in den Me­di­en er­rei­chen, Ein­gang fin­den und so die Kauf­ent­schei­dung ma­ni­pu­lie­rend be­ein­flus­sen, stellt ein sit­ten­wid­ri­ges vor­sätz­lich Ver­hal­ten dar. Denn an­de­re Grün­de, als durch die­se Ma­ni­pu­la­ti­on un­be­rech­tig­ter­wei­se auf Kos­ten der Er­wer­ber Um­satz und Ge­winn zu stei­gern, sind nicht er­sicht­lich.

Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten liegt in der Ma­ni­pu­la­ti­on bei der Be­klag­ten zu 2 ein Ver­stoß ge­gen das Ver­bot von In­ver­kehr­ga­be und Han­del oh­ne gül­ti­ge Be­schei­ni­gung in § 27 I EG-FGV und … ge­gen die Pflicht zur Er­tei­lung ei­ner gül­ti­gen Be­schei­ni­gung ge­mäß § 6 I EG-FGV, und hier­bei han­delt es sich je­weils um Ver­bots­ge­set­ze i. S. des § 823 II BGB. Hier­zu wird auf die in­so­weit über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen in dem Auf­satz „Her­stel­ler­haf­tung im Ab­gas­skan­dal“ von Har­ke in VuR 2017, 83 ff. ver­wie­sen.

Die sit­ten­wid­ri­ge Schä­di­gung und der Ver­stoß ge­gen das Ver­bots­ge­setz sind nach Auf­fas­sung der Kam­mer auch kau­sal für die Kauf­ent­schei­dung des Klä­gers ge­we­sen. Es ist an­er­kannt, dass bei täu­schen­den (bzw. ma­ni­pu­la­ti­ven) Ver­hal­ten für die Dar­le­gung des ur­säch­li­chen Zu­sam­men­hangs zwi­schen Täu­schung und Ab­ga­be der Wil­lens­er­klä­rung es aus­rei­chend ist, dass der Ge­täusch­te Um­stän­de dar­ge­tan hat, die für sei­nen Ent­schluss von Be­deu­tung sein konn­ten und nach der Le­bens­er­fah­rung bei der Art des zu be­ur­tei­len­den Rechts­ge­schäfts Ein­fluss auf die Ent­schlie­ßung ge­habt ha­ben kön­nen (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 12.05.1995 – V ZR 34/94, NJW 1995, 2361 [2362], zu § 123 BGB). Von der Ma­ni­pu­la­ti­on bei der Be­klag­ten zu 2 ist hier der Mo­tor und da­mit der wert­volls­te und ele­men­tars­te Be­stand­teil des Kfz be­trof­fen. Die ma­ni­pu­lier­ten Da­ten ha­ben Ein­fluss auf die Schad­stoff­klas­sen-Ein­grup­pie­rung und die Zu­las­sung. Nach der Le­bens­er­fah­rung ist da­her da­von aus­zu­ge­hen, dass sie auf die Kauf­ent­schei­dung des Klä­gers Ein­fluss hat­ten, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob er im An­kaufs­ge­spräch kon­kret äu­ßer­te, ein be­son­ders schad­stoff­ar­mes Fahr­zeug er­wer­ben zu wol­len.

Ent­spre­chen­de Ver­stö­ße im Hau­se der Be­klag­ten zu 2 sind die­ser auch ent­spre­chend §§ 31, 166 I BGB un­mit­tel­bar zu­zu­rech­nen. Zwar trifft es zu, dass der Klä­ger die Vor­aus­set­zun­gen die­ser Zu­rech­nungs­nor­men dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen hat. Je­doch hat die Be­klag­te ih­rer se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last in­so­weit nicht ge­nügt.

Ei­ne se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last be­steht, wenn der be­weis­be­las­te­ten Par­tei nä­he­rer Vor­trag nicht mög­lich oder nicht zu­mut­bar ist, wäh­rend der Be­strei­ten­de al­le we­sent­li­chen Tat­sa­chen kennt und es ihm zu­mut­bar ist, nä­he­re An­ga­ben zu ma­chen. Dies ist ins­be­son­de­re an­zu­neh­men, wenn die be­weis­be­las­te­te Par­tei au­ßer­halb des von ihr vor­zu­tra­gen­den Ge­sche­hens­ab­laufs steht und kei­ne nä­he­re Kennt­nis der maß­ge­ben­den Tat­sa­chen be­sitzt, wäh­rend der Geg­ner zu­mut­bar nä­he­re An­ga­ben ma­chen kann (vgl. et­wa Be­ckOK-ZPO/Ba­cher, 24. Edi­ti­on [2017], § 284 Rn. 85 m. w. Nachw.).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier ge­ge­ben. Die Klä­ger­sei­te kann nicht nä­her da­zu vor­tra­gen, in wel­cher Or­ga­ni­sa­ti­ons­ein­heit der Be­klag­ten die Ent­schei­dung für die Ent­wick­lung der Soft­ware ge­fal­len ist und bis zu wel­cher „hö­he­ren Ebe­ne“ die­se Ent­schei­dung wann „wei­ter­kom­mu­ni­ziert“ wur­de. Da­ge­gen lässt die Be­klag­te zu 2 vor­tra­gen, dass sie die „ge­naue Ent­ste­hung“ der zum Ein­satz kom­men­den Soft­ware „um­fas­send auf­klä­ren lässt“ und da­her den der­zei­ti­gen Er­mitt­lungs­stand auch sub­stan­zi­iert dar­stel­len kann.

Ei­ne der­ar­ti­ge Mit­tei­lung ist auch zu­mut­bar. An­ge­sichts des Zeit­ab­lau­fes und der Be­deu­tung für die Be­klag­te dürf­ten de­tail­lier­te Er­kennt­nis­se vor­lie­gen, und es nicht er­kenn­bar, wel­che wei­te­ren „Nach­for­schungs­schrit­te“ noch er­for­der­lich sind.

Ei­ne In­for­ma­ti­on des Vor­stands der Be­klag­ten ist auch nicht von vorn­her­ein ab­we­gig. Der Vor­stand hat das Un­ter­neh­men den ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen ge­mäß zu or­ga­ni­sie­ren und zu füh­ren (sog. Com­p­li­an­ce; vgl. Münch­Komm-AktG/Spind­ler, AktG, 4. Aufl. [2014], § 91 Rn. 52 f.) Im Hin­blick auf ge­setz­li­che Pflich­ten (vgl. et­wa §§ 76, 77, 91 II AktG) ist da­von aus­zu­ge­hen, dass bei der Be­klag­ten or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men (u. a. et­wa durch Ein­rich­tung von In­nen­re­vi­si­on und Con­trol­ling, vgl. Koch, in: Hüf­fer/Koch, AktG, 12. Aufl. [2016], § 91 Rn. 10) in der Wei­se ge­trof­fen wur­den, dass Be­richts­pflich­ten ge­gen­über dem Vor­stand für al­le we­sent­li­chen Ent­schei­dun­gen ein­ge­rich­tet sind und de­ren Ein­hal­tung durch Kon­troll­maß­nah­men auch ge­währ­leis­tet ist. Die Be­ein­flus­sung der Mo­tor­steu­er­soft­ware ei­ner gan­zen Mo­to­ren­rei­he spe­zi­ell für den NEFZ-Prüf­stand er­scheint – auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des bei Ent­wick­lung ge­ge­be­nen Blick­win­kels – als ei­ne der­art we­sent­li­che Ent­schei­dung. Wenn die Ent­wick­lung ei­ner Elek­tro­nik­steue­rungs­soft­ware mit ei­nem grö­ße­ren fi­nan­zi­el­len Auf­wand ver­bun­den ist, müs­sen hier­für auch ent­spre­chen­de Bud­gets in An­spruch ge­nom­men wor­den sein.

Dem­entspre­chend hat­te das Ge­richt be­reits im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung die Rechts­la­ge ge­ra­de im Hin­blick auf die se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last wei­ter­ge­hend er­ör­tert und der Be­klag­ten zu 2 durch ei­nen Auf­la­gen­be­schluss auf­ge­ge­ben vor­zu­tra­gen, auf wel­cher „Ebe­ne un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne“ die Ent­schei­dung ge­trof­fen wor­den ist, die Mo­tor­steue­rungs­soft­ware zu ver­än­dern, wel­che Bud­gets hier­für ein­ge­setzt wor­den sind und ob und an wen je­weils die Ent­schei­dun­gen an dar­über be­find­li­che Hier­ar­chie­ebe­nen wei­ter­kom­mu­ni­ziert wur­den.

So­weit die Be­klag­ten­sei­te im Schrift­satz vom 21.03.2017 statt Er­fül­lung des Auf­la­gen­be­schlus­ses Aus­füh­run­gen zur Un­zu­mut­bar­keit der Auf­la­gen­er­fül­lung macht, ge­bie­tet die­se Aus­füh­run­gen nicht die Wie­der­er­öff­nung der münd­li­chen Ver­hand­lung, da sie aus den vor­ge­nann­ten Grün­den nicht zu­tref­fen. Ins­be­son­de­re be­ste­hen sehr wohl er­heb­li­che An­halts­punk­te da­für, dass die­se un­ter­neh­mens­we­sent­li­che Ent­schei­dung ge­ra­de nicht un­ter­halb der Vor­stands­ebe­ne ge­trof­fen und vor den Vor­stän­den auch ge­ra­de nicht „ver­heim­licht“ wor­den ist.

Des­halb muss in der hier zur Ent­schei­dung ste­hen­den pro­zes­sua­len La­ge man­gels sub­stan­zi­ier­ter ge­gen­tei­li­ger Dar­le­gung durch die Be­klag­te da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die­se Ent­schei­dung vom Vor­stand an­ge­ord­net oder doch je­den­falls „ab­ge­seg­net“ wor­den ist (eben­so LG Hil­des­heim, Urt. v. 17.01.2017 – 3 O 139/16, DAR 2017, 83).

Es kom­men auch wei­ter­ge­hen­de – der­zeit noch nicht be­zif­fer­ba­re – Schä­den in Be­tracht: Die Klä­ger­sei­te hat – in­so­weit un­wi­der­spro­chen – vor­ge­tra­gen, dass un­ter an­de­rem Kla­ge­ver­fah­ren ge­gen das Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor dem VG Gel­sen­kir­chen we­gen der Wei­ter­zu­las­sung der Fahr­zeu­ge lau­fen. Soll­te sich die Wei­ter­be­nut­zung des Fahr­zeugs nach­träg­lich als rechts­wid­rig dar­stel­len, kä­me auch ei­ne nach­träg­li­che In­an­spruch­nah­me des Klä­gers als Hand­lungs­stö­rer in Be­tracht. Dar­über hin­aus hat der Klä­ger vor­ge­tra­gen, in der Fahr­zeug­nut­zung je­den­falls in­so­weit ein­ge­schränkt zu sein, als er be­stimm­te Län­der (et­wa die Schweiz) mit sei­nem Fahr­zeug nicht be­rei­sen kön­ne, so­dass wei­ter­ge­hen­der Scha­dens­er­satz in Be­tracht kommt.

Kla­ge­an­trag zu 3

Es war auch der An­nah­me­ver­zug fest­zu­stel­len. Hier ge­nügt das wört­li­che An­ge­bot des Klä­gers (§ 295 BGB), da nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH ein­heit­li­cher Er­fül­lungs­ort für die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags der Ort ist, an dem sich die Kauf­sa­che be­stim­mungs­ge­mäß be­fin­det (hier: Wohn­sitz des Klä­gers) und dem­nach die Be­klag­te zu 1 den Pkw auch dort ab­zu­ho­len hat. We­gen der Mit­wir­kungs­hand­lung der Be­klag­ten zu 1 war da­her das wört­li­che An­ge­bot aus­rei­chend, um An­nah­me­ver­zug zu be­grün­den.

Kla­ge­an­trag zu 4

Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te zu 1 kei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den Rechts­an­walts­kos­ten ge­mäß § 280 I BGB. Schon ver­trag­lich sind durch die ein­be­zo­ge­nen All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der­ar­ti­ge Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus­ge­schlos­sen. Da­ne­ben hat sich die Be­klag­te zu 1 aber auch von dem nach § 280 I 2 BGB ver­mu­te­ten Ver­schul­den ent­las­tet, weil kei­ne An­halts­punk­te da­für be­ste­hen, dass sie Kennt­nis von der Ab­gas­ma­ni­pu­la­ti­on hat­te.

Ein An­spruch auf Frei­stel­lung von An­walts­kos­ten kann ent­ge­gen der klä­ge­ri­schen Rechts­an­sicht auch nicht aus § 439 II BGB her­ge­lei­tet wer­den.

Schließ­lich be­ste­hen kei­ne An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu 1 ge­mäß §§ 823 ff. BGB, da ein de­lik­ti­sches Ver­hal­ten der Be­klag­ten zu 1 ge­ra­de nicht nach­ge­wie­sen ist.

Da­ge­gen steht dem Klä­ger ge­gen die Be­klag­te zu 2 ein An­spruch auf Frei­stel­lung von den vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten für das an­walt­li­che Schrei­ben vom 07.12.2015 ge­mäß §§ 826, 249 ff. BGB und § 823 II BGB i. V. mit §§ 6 I, 27 I EG-FGV zu. Hier­zu wird auf die Aus­füh­run­gen zu Kla­ge­an­trag 2 ver­wie­sen.

Der Hö­he nach ist die Frei­stel­lung aber auf die be­rech­tig­ter­wei­se an­zu­set­zen­den An­walts­kos­ten be­schränkt. Hier ist im Hin­blick auf den an­zu­set­zen­den Ge­brauchs­vor­teil le­dig­lich ein Ge­gen­stands­wert von bis zu 16.000 € an­zu­set­zen. Fer­ner sind die Vor­aus­set­zun­gen für die Gel­tend­ma­chung ei­ner mehr als 1,3-fa­chen Ge­schäfts­ge­bühr auch nicht dar­ge­tan. Ei­ne be­son­de­re recht­li­che Schwie­rig­keit be­steht – auch im Ver­hält­nis zu an­de­ren Pkw-Rück­ab­wick­lun­gen – nicht, zu­mal der Tat­sa­chen­hin­ter­grund zum Man­gel auch sei­ner­zeit schon fest­stand. Al­lein da­durch, dass wäh­rend die­ses Pro­zes­ses al­le in ir­gend­ei­nem Zu­sam­men­hang zum Ab­gas­skan­dal ste­hen­den Ent­schei­dun­gen und Pres­se­ar­ti­kel zi­tiert bzw. zum Ak­ten­be­stand­teil ge­macht wur­den, kann we­der ein be­son­de­rer Um­fang noch ei­ne be­son­de­re Schwie­rig­keit be­grün­det wer­den, zu­mal es auch auf den da­ma­li­gen Zeit­punkt der vor­ge­richt­li­chen Tä­tig­keit an­kommt. Auch ist ei­ne be­son­de­re Be­deu­tung für den Klä­ger nicht dar­ge­tan, da le­dig­lich pau­schal auf die all­ge­mei­ne Wich­tig­keit ei­nes Au­to­kaufs ab­ge­stellt wird, aber kei­ner­lei in­di­vi­du­el­le In­for­ma­tio­nen (et­wa Ein­kom­mens- und Ver­mö­gens­si­tua­ti­on usw.) dar­ge­stellt wer­den.

Aus der klä­ger­sei­ti­gen Be­rech­nung er­gibt sich, dass er le­dig­lich Frei­stel­lung von den nicht an­re­chen­ba­ren au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten be­gehrt, so­dass in­so­weit le­dig­lich … 526,58 € an­zu­set­zen sind. …

PDF er­stel­len