1. Der pri­va­te Ver­käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs (hier: ei­nes Mo­tor­ra­des), der An­ga­ben zur Mo­tor­leis­tung macht, teilt re­gel­mä­ßig kei­ne ei­ge­nen Er­kennt­nis mit. Viel­mehr gibt er auch dann, wenn er das Fahr­zeug zu­vor selbst ge­nutzt hat und da­her des­sen Fahr­ver­hal­ten kennt, in al­ler Re­gel – für den Käu­fer oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar und nach­voll­zieh­bar – le­dig­lich die ent­spre­chen­den An­ga­ben in den Fahr­zeug­pa­pie­ren un­ge­prüft wie­der. An­ga­ben ei­nes pri­va­ten Kfz-Ver­käu­fers zur Mo­tor­leis­tung füh­ren da­her re­gel­mä­ßig auch dann nicht zu ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB), wenn der Ver­käu­fer nicht aus­drück­lich dar­auf hin­weist, dass er die An­ga­ben den Fahr­zeug­pa­pie­ren ent­nom­men ha­be. Auch in die­sem Fall liegt viel­mehr in der Re­gel ei­ne rei­ne Wis­sens­mit­tei­lung vor.
  2. Die Kos­ten, die der Käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Mo­tor­rads für neue Rei­fen auf­wen­det, hat ihm der Ver­käu­fer im Fal­le ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts des Käu­fers vom Kauf­ver­trag nicht als nütz­li­che Ver­wen­dun­gen i. S. des § 347 II 2 BGB zu er­set­zen.

LG Darm­stadt, Ur­teil vom 27.03.2017 – 13 O 551/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt den Be­klag­ten auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­tra­ges über ein ge­brauch­tes Mo­tor­rad in An­spruch.

Die­ses 1976 ge­bau­te Mo­tor­rad (Mo­to Guz­zi Le Mans) bot der Be­klag­te über das Be­nut­zer­kon­to sei­nes Schwie­ger­va­ters in dem In­ter­net­por­tal „mobile.​de“ zum Kauf an, nach­dem die Ma­schi­ne im Jahr 2006 in ei­nem Fach­be­trieb zahl­rei­che tech­ni­sche und op­ti­sche Ver­än­de­run­gen er­fah­ren hat­te. Un­ter an­de­rem wa­ren der Mo­tor um­fang­reich ver­än­dert und ein an­de­rer Schall­dämp­fer ein­ge­baut wor­den. We­gen der um­fang­rei­chen Um­bau­ten war für das Mo­tor­rad am 18.05.2006 auf der Grund­la­ge ei­nes TÜV-Gut­ach­tens vom 16.05.2006 ei­ne neue Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I aus­ge­stellt wor­den. So­wohl in dem TÜV-Gut­ach­ten als auch in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I (Feld P.2/P.4) ist die Mo­tor­leis­tung mit 70 kW bei 7.000 min−1 an­ge­ge­ben. Die Fahr­zeug­klas­se ist im Feld 5 der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I mit „KRAFT­RAD O.​LB.“ an­ge­ge­ben, wo­bei „O.​LB.“ für „oh­ne Leis­tungs­be­schrän­kung“ steht.

In sei­nem mobile.​de-In­se­rat gab der Be­klag­te die Leis­tung des Kraft­rads mit „70 kW (95 PS)“ an und be­schrieb das Fahr­zeug wie folgt:

„Das Mo­tor­rad wur­de vom Spe­zia­lis­ten 2011 neu auf­ge­baut. Seit­dem ca. 4.000 km ge­fah­ren. Es sind nur Topp Ele­men­te mon­tiert. Es gibt kei­ne Män­gel.“

Der Klä­ger nahm mit dem Be­klag­ten Kon­takt auf und be­sich­tig­te das Kraft­rad am 05.09.2016 bei dem Be­klag­ten. Da es an die­sem Tag reg­ne­te, fuhr er das Mo­tor­rad nur kurz und vor­sich­tig Pro­be. Nach­dem der Be­klag­te zu­nächst ei­nen Kauf­preis von 12.000 € ver­langt hat­te, ei­nig­ten sich die Par­tei­en schließ­lich auf 11.400 €. Der Be­klag­te fer­tig­te un­ter Ver­wen­dung ei­nes Vor­drucks („Kauf­ver­trag über ein Ge­braucht­fahr­zeug von pri­vat“) ei­ne Kauf­ver­trags­ur­kun­de an und trug dort im Ab­schnitt „I. Über das Fahr­zeug“ bei „kW/PS“ die Mo­tor­leis­tung mit „0070“ ein. Der schrift­li­che Kauf­ver­trag ent­hält zu­dem fol­gen­den vor­ge­druck­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss:

II. Ge­währ­leis­tung

Das Fahr­zeug wird wie be­sich­tigt und un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft, so­weit nicht un­ter Zif­fer III. ei­ne be­stimm­te Zu­si­che­rung er­folgt. Die­ser Aus­schluss gilt nicht für Scha­dens­er­satz­an­sprü­che aus Sach­män­gel­haf­tung, die auf ei­ner vor­sätz­li­chen oder grob fahr­läs­si­gen Ver­let­zung von Pflich­ten des Ver­käu­fers be­ru­hen so­wie bei der schuld­haf­ten Ver­let­zung von Le­ben, Kör­per und Ge­sund­heit. …“

Nach Un­ter­zeich­nung des Kauf­ver­trags durch bei­de Par­tei­en ge­währ­te der Be­klag­te dem Klä­ger we­gen ge­ring­fü­gi­ger Män­gel ei­nen Preis­nach­lass von 100 €, so­dass tat­säch­lich nur ein Kauf­preis von 11.300 € ver­ein­bart wur­de, oh­ne dass die Ver­trags­ur­kun­de ent­spre­chend ge­än­dert wur­de. Der Klä­ger zahl­te die­sen Be­trag an den Be­klag­ten und er­hielt im Ge­gen­zug das Kraft­rad.

Des­sen Rei­fen wa­ren be­reits zehn Jah­re alt und stark ver­schlis­sen. Der Klä­ger er­warb des­halb am 14.09.2016 für 224,91 € neue Rei­fen, die er al­ler­dings nicht mon­tier­te.

Da der Klä­ger mit der Leis­tung des Mo­tor­ra­des un­zu­frie­den war, ließ er sie am 17.09.2016 auf ei­nem Prüf­stand mes­sen. Da­bei wur­de am Hin­ter­rad ei­ne Leis­tung von 50,1 kW bei 6.894 min−1 und am Mo­tor ei­ne Leis­tung von 55,1 kW bei 6.939 min−1 er­mit­telt. Der Klä­ger teil­te dies dem Be­klag­ten am glei­chen Tag per E-Mail mit und frag­te, wie nun ver­fah­ren wer­den sol­le.

Mit E-Mail vom 19.09.2016 schlug der Klä­ger dem Be­klag­ten vor, den Kauf­ver­trag rück­ab­zu­wi­ckeln, wo­bei der Be­klag­te dann auch den Kauf­preis für die neu­en Rei­fen er­stat­ten müs­se, das Mo­tor­rad hin­sicht­lich der Leis­tung nach­zu­bes­sern oder ihm – dem Klä­ger – ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses um min­des­tens 3.000 € zu ge­wäh­ren. Der Be­klag­te ging dar­auf nicht ein.

Der Klä­ger ließ den Be­klag­ten des­halb mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.10.2016 auf­for­dern, das Mo­tor­rad bis zum 20.10.2016 so nach­zu­bes­sern, dass es ei­ne die Leis­tung von 95 PS (= 70 KW) er­brin­ge. Die­se Auf­for­de­rung ließ der Be­klag­te un­ter Be­zug­nah­me auf den ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 19.10.2016 zu­rück­ge­wie­sen. Er – der Be­klag­te – ha­be zur Leis­tung le­dig­lich an­ge­ge­ben, was er der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I ent­nom­men ha­be.

Der Klä­ger er­klär­te des­halb mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 02.11.2016 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te den Be­klag­ten auf, ihm bis zum 16.11.2016 den Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Rück­nah­me des Mo­tor­ra­des zu er­stat­ten. Au­ßer­dem wur­de der Be­klag­te auf­ge­for­dert, dem Klä­ger den Kauf­preis für die neu­en Rei­fen Zug um Zug ge­gen de­ren Über­ga­be zu er­stat­ten und Er­satz für au­ßer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 958,19 € zu leis­ten. Dies lehn­te der Be­klag­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 15.11.2016 ab.

Der Klä­ger be­haup­tet, das streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad er­brin­ge statt ei­ner Leis­tung von 70 kW le­dig­lich die ge­mes­se­ne Leis­tung von 55,1 kW. An­ge­sichts der um­fang­rei­chen Um­bau­ar­bei­ten im Jahr 2006, die der Be­klag­te selbst in Auf­trag ge­ge­ben ha­be, sei die Leis­tung des Mo­tor­rads für ihn – den Klä­ger – von ent­schei­den­der Be­deu­tung ge­we­sen. Denn durch die Än­de­run­gen sei das Kraft­rad zu ei­ner Renn­ma­schi­ne ge­wor­den, bei der es auf die Leis­tung be­son­ders an­kom­me. Der Be­klag­te ha­be ihm – dem Klä­ger – im Ver­kaufs­ge­spräch mit­ge­teilt, mit dem Kraft­rad kön­ne man „je­den BMW-Mo­tor­rad­fah­rer rich­tig är­gern“; das Kraft­rad ha­be ei­ne ex­tre­me Be­schleu­ni­gung und sei schnel­ler als ei­ne BMW GS, die zwi­schen 100 PS und 125 PS (ent­spricht 74 kW bzw. 92 kW) leis­te.

Der Klä­ger ist der Auf­fas­sung, dass durch die An­ga­ben des Be­klag­ten in dem mobile.​de-In­se­rat und im schrift­li­chen Kauf­ver­trag ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) des In­halts zu­stan­de ge­kom­men sei, dass das Mo­tor­rad ei­ne Mo­tor­leis­tung von 70 kW ha­be.

Der Be­klag­te be­strei­tet, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­rad we­ni­ger als 70 kW leis­te. Soll­te dies dies tat­säch­lich der Fall sein, so sei es ihm – dem Be­klag­ten – je­den­falls nicht be­kannt ge­we­sen. Zu­dem kön­ne ei­ne even­tu­el­le Min­der­leis­tung ei­ne Viel­zahl von Grün­den ha­ben, oh­ne dass die Leis­tungs­fä­hig­keit des Mo­tors dau­er­haft ein­ge­schränkt sei. Er – der Be­klag­te – ha­be das Fahr­zeug in dem Zu­stand er­wor­ben, in dem es sich jetzt be­fin­de, und selbst kei­ne Um­bau­ar­bei­ten vor­neh­men las­sen. Er ha­be die An­ga­be der Mo­tor­leis­tung aus den Fahr­zeug­pa­pie­ren über­nom­men, oh­ne dass er in­so­weit ei­ne Ge­währ ha­be über­neh­men wol­len, und das Mo­tor­rad we­der als Renn­ma­schi­ne ge­nutzt noch als sol­che ver­kauft. Er ha­be im Ver­kaufs­ge­spräch mit dem Klä­ger auch kei­ne An­ga­ben zur Leis­tungs­fä­hig­keit der Ma­schi­ne ge­macht.

Der Be­klag­te meint, dass ein Man­gel in Ge­stalt ei­ner Min­der­leis­tung je­den­falls von dem ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­fasst sei. Nach den Maß­stä­ben des ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zonts sei er­kenn­bar ge­we­sen, dass es sich bei der An­ga­be der Mo­tor­leis­tung le­dig­lich um ei­ne Wie­der­ga­be der An­ga­be, die sich in den Fahr­zeug­pa­pie­ren fin­de, ge­han­delt ha­be.

Die Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Es kann of­fen­blei­ben, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Kraft­rad tat­säch­lich we­ni­ger als 70 kW leis­tet. Selbst wenn dies tat­säch­lich der Fall sein soll­te, be­grün­det dies im Er­geb­nis kei­ne Haf­tung des Be­klag­ten.

Es wird nicht ver­kannt, dass ei­ne nicht un­er­heb­li­che Min­der­leis­tung grund­sätz­lich ei­nen ob­jek­ti­ven Sach­man­gel i. S. von § 434 I BGB dar­stel­len dürf­te. Al­ler­dings ha­ben die Par­tei­en für Sach­män­gel ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart, an des­sen Gül­tig­keit das Ge­richt kei­ne Zwei­fel hat.

So­weit die Klä­ger­sei­te die Auf­fas­sung ver­tritt, dass der Be­klag­te durch die An­ga­be der Leis­tung mit 70 kW in An­zei­ge und Ver­trags­for­mu­lar ei­ne ent­spre­chen­de Zu­si­che­rung über­nom­men ha­be, so ist zu­tref­fend, dass die Ver­käu­fer von Ge­braucht­fahr­zeu­gen re­gel­mä­ßig für die aus­drück­lich im Ver­trag be­schrie­be­nen we­sent­li­chen Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs wie Typ, Erst­zu­las­sung oder Lauf­leis­tung ein­zu­ste­hen ha­ben und sich in­so­weit re­gel­mä­ßig nicht auf ei­nen an­sons­ten ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen kön­nen. Al­ler­dings ist hier nach Auf­fas­sung des Ge­richts in der An­ga­be der Leis­tung des ver­kauf­ten Kraft­rads in An­zei­ge und For­mu­lar­ver­trag auf­grund der kon­kre­ten Ge­samt­um­stän­de kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung mit dem In­halt zu se­hen, dass das Kraft­rad zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs tat­säch­lich ei­ne sol­che Mo­tor­leis­tung er­brin­gen konn­te.

Der pri­va­te Ver­käu­fer ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs gibt in Be­zug auf die Mo­tor­leis­tung an­ders als bei an­de­ren be­schrei­ben­den An­ga­ben er­kenn­bar kei­ne ei­ge­ne Er­kennt­nis wie­der, son­dern über­nimmt bei der Ein­tra­gung der Mo­tor­leis­tung in al­ler Re­gel un­ge­prüft die ent­spre­chen­den An­ga­ben in den Fahr­zeug­pa­pie­ren. Dies gilt auch dann, wenn der Ver­käu­fer das Fahr­zeug zu­vor selbst ge­nutzt hat und da­her das Fahr­ver­hal­ten des Fahr­zeugs aus sei­nem ei­ge­nen All­tag kennt. Es ist ge­richts­be­kannt, dass die „ge­fühl­te“ Leis­tung ei­nes Kraft­fahr­zeugs nicht nur von der ei­gent­li­chen Mo­tor­leis­tung ab­hängt, son­dern auch von zahl­rei­chen wei­te­ren Fak­to­ren wie Dreh­mo­ment, Ge­samt­ge­wicht, Ge­trie­be- und Achs­über­set­zung so­wie Be­rei­fung ge­prägt wird. So­lan­ge nicht Ver­gleichs­fahr­ten mit an­de­ren Fahr­zeu­gen iden­ti­schen Typs durch­ge­führt wer­den, lässt der sub­jek­ti­ve Fah­rein­druck nur be­grenzt Rück­schlüs­se auf die tat­säch­lich vor­han­de­ne Mo­tor­leis­tung zu. Da­her ist auch oh­ne ei­nen aus­drück­li­chen Hin­weis auf die Über­nah­me der Leis­tungs­an­ga­be aus den Fahr­zeug­pa­pie­ren für den Käu­fer oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar und nach­voll­zieh­bar, dass sich der Ver­käu­fer mit die­ser An­ga­be le­dig­lich auf ei­ne be­stimm­te Quel­le be­ruft und nicht et­wa auf ei­ge­nes Wis­sen oder ei­ge­ne über­le­ge­ne Kennt­nis und da­her auch nicht in ver­trag­lich bin­den­der Wei­se für die Rich­tig­keit die­ser An­ga­ben ein­ste­hen will. Ins­be­son­de­re ei­ge­ne Kennt­nis des pri­va­ten Ver­käu­fers aus ei­ner Leis­tungs­er­mitt­lung am Prüf­stand er­war­tet der Käu­fer in al­ler Re­gel nicht. Der Ver­käu­fer macht da­her in­so­weit le­dig­lich ei­ne rei­ne Wis­sens­mit­tei­lung „von Hö­ren­sa­gen“.

Für die Rich­tig­keit ei­ner sol­chen Wis­sens­mit­tei­lung be­steht au­ßer bei arg­lis­ti­ger Täu­schung kei­ne ver­trag­li­che Haf­tung. Ei­ne arg­lis­ti­ge
Täu­schung des Be­klag­ten kann hier nicht er­kannt wer­den. Es ist nicht so, dass sich ei­ne even­tu­ell vor­han­de­ne Min­der­leis­tung dem Be­klag­ten bei sei­ner ei­ge­nen Nut­zung des Kraft­ra­des hät­te auf­drän­gen müs­sen.

Es mag sein, dass im vor­lie­gen­den Fall für den Klä­ger als Käu­fer die tat­säch­li­che Mo­tor­leis­tung von be­son­de­rer Be­deu­tung war. Die­se sub­jek­ti­ve Er­war­tungs­hal­tung des Klä­gers ver­mag je­doch kei­ne be­son­de­ren Pflich­ten des Be­klag­ten zu be­grün­den, zu­mal die­ser – so­weit aus An­zei­ge und Ver­trags­ur­kun­de er­kenn­bar – das Kraft­rad ge­ra­de nicht als Renn­ma­schi­ne ver­äu­ßert hat, son­dern als tech­nisch und op­tisch um­fang­reich um­ge­bau­te Stra­ßen­ma­schi­ne. Auch der Klä­ger selbst ging wohl nicht da­von aus, dass es sich
bei dem Kraft­rad um ei­ne Renn­ma­schi­ne han­delt, da das Kraft­rad auf den von ihm vor­ge­leg­ten Leis­tungs­mes­sun­gen als „Ca­fe Ra­cer“ be­zeich­net wird, was ge­ra­de kein Renn­mo­tor­rad be­zeich­net, son­dern ei­ne – frei­lich in der Re­gel leis­tungs­star­ke – Stra­ßen­ma­schi­ne, wel­che durch in­di­vi­du­el­len Um­bau ei­nes Se­ri­en­kraft­rads mit sze­ne­ty­pi­schen Stil­merk­ma­len wie po­lier­ten Me­tall­tanks, Ein­zel­sitz­bank oder Stum­mel­len­ker ent­steht (vgl. da­zu https://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​Cafe_​Racer).

Auch die Ein­tra­gung der Fahr­zeug­klas­se als Kraft­rad „oh­ne Leis­tungs­be­schrän­kung“ ist nicht ge­eig­net, be­son­de­re Er­war­tun­gen an die Leis­tungs­fä­hig­keit des Kraft­rads zu we­cken, da dies le­dig­lich be­deu­tet, dass es sich bei dem vor­han­de­nen Kraft­rad nicht um ein Klein- oder Leicht­kraft­rad han­delt. Wei­ter­ge­hen­de Rück­schlüs­se auf ei­ne be­son­de­re Leis­tungs­fä­hig­keit des Kraft­rads lässt die­se Klas­si­fi­zie­rung hin­ge­gen nicht zu.

Für ei­ne Be­zug­nah­me auf die An­ga­ben in den Fahr­zeug­pa­pie­ren spricht zu­dem, dass die An­ga­be der Leis­tung in den Fahr­zeug­pa­pie­ren für den Käu­fer auch im Fal­le ei­ner tat­säch­li­chen Min­der­leis­tung von er­heb­li­cher Re­le­vanz für die Fra­ge der er­for­der­li­chen Fahr­er­laub­nis, Zu­las­sung und Ver­si­che­rung ist.

So­weit der Klä­ger be­haup­tet, dass der Be­klag­te beim Ver­kaufs­ge­spräch die Leis­tungs­fä­hig­keit des Kraft­ra­des be­son­ders her­aus­ge­stellt und po­si­tiv mit an­de­ren Kraft­rä­dern ver­gli­chen ha­be, kann er aus die­sen Äu­ße­run­gen schon des­halb kei­ne Rech­te her­lei­ten, weil das hier ver­wen­de­te Kauf­ver­trags­for­mu­lar die Gül­tig­keit münd­li­cher Ne­ben­ab­re­den aus­schließt. Zu­dem dürf­te es sich bei die­sen – strei­ti­gen – An­ga­ben oh­ne­hin nicht um rechts­ver­bind­li­che An­ga­ben han­deln, son­dern al­len­falls um all­ge­mei­ne wer­ben­de An­prei­sun­gen, die nicht ge­eig­net er­schei­nen, be­rech­tig­te Er­war­tun­gen beim Klä­ger zu we­cken.

An­de­re An­spruchs­grund­la­gen für den Kla­ge­an­trag zu 1 sind nicht er­sicht­lich.

Un­ab­hän­gig von der Fra­ge, ob dem Klä­ger ein Rück­tritts­recht zu­steht oder nicht, kann er im Er­geb­nis nicht die Er­stat­tung der für die An­schaf­fung neu­er Rei­fen auf­ge­wen­de­ten Kos­ten … ver­lan­gen. Der Klä­ger hat die neu­en Rei­fen aus ei­ge­nem Ent­schluss und auf ei­ge­nes Ri­si­ko er­wor­ben und kann den Be­klag­ten nicht da­für in die Haf­tung neh­men. Ins­be­son­de­re kommt hier kei­ne Er­stat­tung nütz­li­cher Ver­wen­dun­gen ge­mäß § 347 II 2 BGB in Be­tracht, weil es an der hier­für er­for­der­li­chen Be­rei­che­rung des Be­klag­ten fehlt. Mit dem Aus­tausch der Rei­fen wä­re selbst nach de­ren Ein­bau kein Ei­gen­tums­ver­lust für den Klä­ger ver­bun­den. Es han­delt sich bei den Rei­fen nicht um we­sent­li­che Be­stand­tei­le ei­nes Kraft­fahr­zeugs. We­sent­li­che Be­stand­tei­le ei­ner Sa­che sind ge­mäß § 93 BGB nur sol­che, die von­ein­an­der nicht ge­trennt wer­den kön­nen, oh­ne dass der ei­ne oder der an­de­re zer­stört oder in sei­nem We­sen ver­än­dert wird. Bei der Ent­fer­nung der Rei­fen von ei­nem Fahr­zeug wird we­der die­ses noch wer­den die Rei­fen zer­stört, auch ist da­mit kei­ne We­sens­än­de­rung ver­bun­den. Da­her ver­blei­ben die­se – oh­ne­hin nach ei­ge­nem Vor­trag des Klä­gers gar nicht mon­tier­ten – Rei­fen im Fal­le der Rück­ga­be nicht wert­mä­ßig bei dem Fahr­zeug, son­dern im Ei­gen­tum des Klä­gers.

Da­von ab­ge­se­hen be­ste­hen Zwei­fel, ob es sich bei der An­schaf­fung von Rei­fen über­haupt um ei­ne dem Fahr­zeug die­nen­de Ver­wen­dung han­delt, oder ob es sich in­so­weit um grund­sätz­lich nicht er­stat­tungs­fä­hi­ge Kos­ten im Zu­sam­men­hang mit dem Be­trieb des Fahr­zeugs durch den Klä­ger han­delt.

Da der Be­klag­te so­mit nicht zur Rück­nah­me des Kraft­ra­des bzw. zur An­nah­me der Rei­fen ver­pflich­tet ist, be­fin­det er sich in­so­weit auch nicht in An­nah­me­ver­zug. Die An­trä­ge zu 2 und zu 4 sind da­mit eben­falls un­be­grün­det.

Man­gels be­grün­de­ter Haupt­for­de­rung geht auch der Kla­ge­an­trag zu 5 hin­sicht­lich der Er­stat­tung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ins Lee­re. Hin­zu kommt, dass die­se selbst bei Er­folg in der Haupt­sa­che je­den­falls nicht als Ver­zugs­scha­den i.&nbps;S. von §§ 280 I, II, 286 BGB an­zu­se­hen wä­ren, da die vor­ge­richt­li­che Be­auf­tra­gung des Rechts­an­walts zu ei­nem Zeit­punkt er­folg­te, in dem der Be­klag­te noch nicht in Ver­zug … war. Die vor­ge­richt­li­chen E-Mails des Klä­gers vom 17.09. und vom 19.09.2016 stel­len kei­ne Mah­nun­gen i.&nbps;S. von § 286 I 1 BGB dar, da sie kei­ne ein­deu­ti­ge und be­stimm­te Auf­for­de­rung zur Leis­tungs­er­brin­gung ent­hal­ten, son­dern le­dig­lich den Ein­stieg in Nach­ver­hand­lun­gen dar­stel­len. Es liegt auch kei­ne Si­tua­ti­on vor, in der ei­ne Mah­nung ent­behr­lich wä­re. Die vor Ver­zug­s­ein­tritt be­grün­de­ten Rechts­an­walts­kos­ten wä­ren von dem Klä­ger da­her in je­dem Fall selbst zu tra­gen. …

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