1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Ge­braucht­wa­gen ist man­gel­haft. Denn ein Käu­fer kann i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass das Fahr­zeug die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te (hier: die Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te) wäh­rend ei­nes Emis­si­ons­tests auf ei­nem Prüf­stand nicht nur des­halb ein­hält, weil ei­ne Soft­ware die Test­si­tua­ti­on er­kennt und in ei­nen spe­zi­el­len Be­triebs­mo­dus schal­tet, in dem der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß ver­gleichs­wei­se nied­rig ist.
  2. Ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen, das in kei­ner Wei­se er­ken­nen lässt, dass dem Ver­käu­fer le­dig­lich für die Nach­er­fül­lung le­dig­lich ein be­grenz­ter (be­stimm­ba­rer) Zeit­raum zur Ver­fü­gung steht, ge­nügt nicht den An­for­de­run­gen des § 323 I BGB.
  3. Ein Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ver­hält sich wi­der­sprüch­lich, wenn er ei­ner­seits gel­tend macht, es sei ihm i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar, auf ei­ne Nach­bes­se­rung rund ein Jahr zu war­ten, er an­de­rer­seits aber be­reit ist, das – man­gel­haf­te – Fahr­zeug wei­ter zu nut­zen, und des­halb nicht die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges, son­dern le­dig­lich ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses ver­langt.
  4. Dem Käu­fer ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens ist ei­ne Nach­bes­se­rung auch dann nicht i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar, wenn man an­nimmt, dass der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung zur Last fällt. Denn in­fol­ge die­ser Täu­schung mag der Käu­fer zwar das Ver­trau­en, dass die Nach­bes­se­rung ord­nungs­ge­mäß er­folgt, ob­wohl es da­für ei­nes von der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates be­darf, ver­lo­ren ha­ben. Die­ser Ver­trau­ens­ver­lust wird in­des da­durch auf­ge­wo­gen, dass die vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge in en­ger Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt und da­mit un­ter staat­li­cher Auf­sicht nach­ge­bes­sert wer­den.
  5. Die blo­ße Be­fürch­tung des Käu­fers ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Ge­braucht­wa­gens, dass ei­ne Nach­bes­se­rung durch die In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates zu neu­en Män­gel (z. B. ei­nem er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch) füh­ren könn­te, macht dem Käu­fer ei­ne Nach­bes­se­rung nicht i. S. von § 440 Satz 1 Fall 3 BGB un­zu­mut­bar. Viel­mehr er­gibt sich aus § 440 Satz 2 BGB, wo­nach ei­ne Nach­bes­se­rung re­gel­mä­ßig erst nach zwei er­folg­lo­sen Ver­su­chen als fehl­ge­schla­gen gilt, dass der Käu­fer die Un­si­cher­heit, ob ei­ne Nach­bes­se­rung er­folg­reich sein wird, grund­sätz­lich to­le­rie­ren muss.

AG Waib­lin­gen, Ur­teil vom 13.01.2017 – 9 C 1008/16

Sach­ver­halt: Mit Kauf­ver­trag vom 12.11.2014 er­warb der Klä­ger von der Be­klag­ten, ei­ner im ei­ge­nen Na­men und für ei­ge­ne Rech­nung han­deln­den Au­di-Ver­trags­händ­le­rin, ei­nen ge­brauch­ten Au­di A3 zum Preis von 22.100 €.

Die­ses Fahr­zeug ist mit ei­nem EA189-Die­sel­mo­tor aus­ge­stat­tet und des­halb vom so­ge­nann­ten VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen. Ei­ne Soft­ware er­kennt, ob der Pkw auf ei­nem tech­ni­schen Prüf­stand ei­nen Emis­si­ons­test ab­sol­viert oder ob er re­gu­lär im Stra­ßen­ver­kehr be­trie­ben wird. In ei­ner Test­si­tua­ti­on ak­ti­viert die Soft­ware ei­nen be­stimm­ten Be­triebs­mo­dus, in dem die Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te hö­her und des­halb der Stick­oxid(NOX)-Aus­stoß ge­rin­ger ist als beim Nor­mal­be­trieb des Fahr­zeugs. Nur des­halb wird – auf dem Prüf­stand – der ein­schlä­gi­ge Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wert ein­ge­hal­ten.

Nach Be­kannt­wer­den des VW-Ab­gas­skan­dals bat der Klä­ger die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 06.10.2015, durch „ei­nen ent­spre­chen­den Nach­bes­se­rungs­ver­such den Man­gel zu be­sei­ti­gen“. Fer­ner bat er um schrift­li­che Mit­tei­lung, wie die Par­tei­en wei­ter vor­ge­hen soll­ten. Die Be­klag­te ant­wor­te­te mit E-Mail vom 07.10.2015, dass sie dem Klä­ger mo­men­tan lei­der noch kei­ne ge­nau­en Aus­künf­te ge­ben kön­ne, da auch ihr noch kei­ne De­tails be­kannt sei­en. Sie wer­de ih­re Kun­den ent­spre­chend in­for­mie­ren, so­bald sie al­le re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen zu den be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen und de­ren Nach­bes­se­rung ha­be.

Mit An­walts­schrei­ben vom 30.10.2015 er­klär­te der Klä­ger dar­auf­hin ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses um 2.500 € und for­der­te die Be­klag­te auf, die­sen Be­trag bis spä­tes­tens 11.11.2015 an ihn zu zah­len. Die Be­klag­te ant­wor­te­te mit Schrei­ben vom 04.11.2015, dass noch of­fen sei, ob das Fahr­zeug des Klä­gers im recht­li­chen Sin­ne man­gel­haft sei, und dass, soll­te ein Man­gel vor­lie­gen, zu­nächst ein Nach­bes­se­rungs­ver­such zu er­fol­gen ha­be. Fer­ner teil­te die Be­klag­te mit, dass be­reits be­hörd­lich ein Rück­ruf der vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge an­ge­ord­net wor­den sei und die Fahr­zeu­ge wohl ab An­fang Ja­nu­ar 2016 zu­rück­ge­ru­fen wür­den. Die Be­klag­te er­klär­te sich fer­ner be­reit, be­fris­tet bis zum 31.2016 auf die Er­he­bung der Ver­jäh­rungs­ein­re­de zu ver­zich­ten.

Im Zeit­punkt der Min­de­rungs­er­klä­rung des Klä­gers war un­klar, ob und ge­ge­be­nen­falls wie sein Fahr­zeug nach­ge­bes­sert wer­den kann.

Nach­dem das Kraft­fahrt-Bun­des­amt dem VW-Kon­zern auf­ge­ge­ben hat­te, die den Schad­stoff­aus­stoß ma­ni­pu­lie­ren­de Soft­ware – ei­ne aus Sicht des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung – aus al­len vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen zu ent­fer­nen, er­klär­te es im Ok­to­ber 2015 ei­nen ihm von der Volks­wa­gen AG vor­ge­leg­ten Zeit- und Maß­nah­men­plan für ver­bind­lich. In der Fol­ge­zeit wur­de für die be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge im VW-Kon­zern ein Soft­ware­up­date ent­wi­ckelt. Des­sen In­stal­la­ti­on be­wirkt, dass die Fahr­zeu­ge so­wohl auf dem Prüf­stand als auch im Stra­ßen­ver­kehr so be­trie­ben wer­den, dass die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten wer­den.

Das Soft­ware­up­date für den Au­di A3 gab das Kraft­fahrt-Bun­des­amt erst im Herbst 2016 zur In­stal­la­ti­on frei. Aus­weis­lich des Frei­ga­be­be­scheids wer­den nach der In­stal­la­ti­on die ein­schlä­gi­gen Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­ge­hal­ten und ver­än­dert das Up­date die Mo­tor­leis­tung nicht. Der ur­sprüng­lich vom Fahr­zeug­her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauch und die ur­sprüng­lich an­ge­ge­be­nen CO2-Emis­sio­nen wer­den sei­tens des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes be­stä­tigt.

Auch oh­ne das Soft­ware­up­date ist das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug fahr­be­reit und ver­kehrs­si­cher.

Der Klä­ger hält sein Fahr­zeug we­gen des Ver­sto­ßes ge­gen ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) für man­gel­haft. Er be­haup­tet, beim re­gu­lä­ren Be­trieb im Stra­ßen­ver­kehr über­schrit­ten die Schad­stoff­emis­sio­nen des Pkw die ein­schlä­gi­gen Eu­ro-5-Emis­si­ons­grenz­wer­te um das Zehn­fa­che. Der NOX-Grenz­wert wür­de nur bei ak­ti­ver Ab­schalt­ein­rich­tung auf dem Prüf­stand ein­ge­hal­ten.

Der Klä­ger ist der Auf­fas­sung, er ha­be der Be­klag­ten ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt. Selbst wenn die­se un­an­ge­mes­sen kurz ge­we­sen sein soll­te, sei da­durch ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist in Lauf ge­setzt wor­den. Es sei ihm – dem Klä­ger – in­des nicht zu­zu­mu­ten, fast ein Jahr auf ei­ne Nach­bes­se­rung, die die Be­klag­te un­ter dem 07.10.2015 im Üb­ri­gen ver­wei­gert ha­be, zu war­ten.

Au­ßer­dem – so macht der Klä­ger gel­tend – sei ihm ei­ne Nach­bes­se­rung des­halb nicht zu­zu­mu­ten, weil zu be­fürch­ten sei, dass ei­ne Ver­rin­ge­rung der NOX-Emis­sio­nen sei­nes Fahr­zeugs ei­nen An­stieg des Kraft­stoff­ver­brauchs oder ei­ne Ver­min­de­rung der Mo­tor­leis­tung zur Fol­ge ha­be. Ab­ge­se­hen da­von sei sein – des Klä­gers – Ver­trau­ens­ver­hält­nis zu AU­DI AG auf­grund des VW-Ab­gas­skan­dals nach­hal­tig zer­stört; und da ei­ne Nach­bes­se­rung durch die In­stal­la­ti­on ei­nes von der AU­DI AG ent­wi­ckel­ten Soft­ware­up­dates er­fol­ge, bes­se­re letzt­lich der­je­ni­ge nach, der ge­täuscht und sich da­durch als un­zu­ver­läs­sig er­wie­sen ha­be. Je­den­falls aber strah­le sein – des Klä­gers – Ver­trau­ens­ver­lust auch auf die Be­klag­te aus, die als Ver­trags­händ­le­rin eng mit der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ver­bun­den sei, so­dass ihm – dem Klä­ger – ei­ne Nach­bes­se­rung auch un­ter die­sem Ge­sichts­punkt un­zu­mut­bar sei.

Schließ­lich be­haup­tet der Klä­ger, dass sein Fahr­zeug durch den VW-Ab­gas­skan­dal er­heb­lich an Wert ver­lo­ren ha­be.

Die auf Zah­lung von 5.000 € und den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten ge­rich­te­te Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … Dem Klä­ger steht ge­gen die Be­klag­te kein Rück­for­de­rungs­an­spruch auf­grund er­klär­ter Min­de­rung ge­mäß §§ 346 I, 434, 437 Nr. 2 Fall 2, 441, 323 BGB zu.

1. Zwar ha­ben die Par­tei­en ei­nen Kauf­ver­trag i. S. von § 433 BGB ge­schlos­sen.

Fer­ner weist das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf.

Nach die­ser Vor­schrift ist ei­ne Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Vor­lie­gend eig­net sich das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug grund­sätz­lich für den Fahr­be­trieb und die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung. Je­doch ver­fügt es nicht über ei­ne Be­schaf­fen­heit, die bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und die ein Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Ein Käu­fer ei­nes Fahr­zeug, für wel­ches die Emis­si­ons­klas­se „Eu­ro 5“ aus­ge­wie­sen ist, darf an­neh­men, dass das Fahr­zeug die vor­ge­ge­be­nen Grenz­wer­te im Rah­men des für die Ein­stu­fung maß­geb­li­chen Prüf­ver­fah­rens nicht nur auf­grund ei­ner im Fahr­zeug ver­bau­ten Soft­ware ein­hält, die den künst­li­chen Fahr­zy­klus er­kennt und in ei­nen Be­triebs­mo­dus schal­tet, wel­cher den Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert (vgl. LG Pa­der­born, Urt. v. 17.05.2016 – 2 O 381/15).

Die Man­gel­haf­tig­keit wird von der durch das Kraft­fahrt-Bun­des­amt vor­ge­schrie­be­nen Rück­ruf­ak­ti­on be­stä­tigt.

2. Je­doch lie­gen die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Min­de­rung nicht vor, denn der Klä­ger hat der Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt.

Ge­mäß § 323 I BGB kann der Gläu­bi­ger im Fall ei­ner nicht ver­trags­ge­mäß er­brach­ten Leis­tung des Schuld­ners vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn er dem Schuld­ner er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung be­stimmt hat. Die­se Vor­aus­set­zun­gen gel­ten ge­mäß §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I 1 BGB auch für die Min­de­rung.

Vor­lie­gend hat der Klä­ger die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 06.10.2015 le­dig­lich zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert. Ei­ne Frist­set­zung war in dem Schrei­ben da­ge­gen nicht ent­hal­ten. Hier­bei be­rück­sich­tigt das Ge­richt, dass nach der neu­es­ten Recht­spre­chung des BGH es für ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung je­den­falls auch ge­nügt, wenn der Gläu­bi­ger durch das Ver­lan­gen nach so­for­ti­ger, un­ver­züg­li­cher oder um­ge­hen­der Leis­tung oder durch ver­gleich­ba­re For­mu­lie­run­gen deut­lich macht, dass dem Schuld­ner für die Er­fül­lung nur ein be­grenz­ter Zeit­raum zur Ver­fü­gung steht (BGH, Urt. vom 13.07.2016 – VI­II ZR 49/15 Rn. 25). Aus dem Wort­laut des Schrei­bens des Klä­gers vom 06.10.2015 geht je­doch in kei­ner Wei­se her­vor, dass der Be­klag­te le­dig­lich ein be­grenz­ter bzw. be­stimm­ba­rer Zeit­raum zur Nach­bes­se­rung zur Ver­fü­gung ste­hen soll. Es han­delt sich um ein rei­nes Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen oh­ne ir­gend­ei­ne zeit­li­che Be­gren­zung. Ei­ne grund­sätz­li­che Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung ist mit dem Ge­set­zes­wort­laut nicht in Ein­klang zu brin­gen.

3. Ei­ne Frist­set­zung war vor­lie­gend auch nicht auf­grund ei­ner Ver­wei­ge­rung der Nach­bes­se­rung durch die Be­klag­te ent­behr­lich (§ 323 II Nr. 1 BGB). Die Be­klag­te hat we­der mit E-Mail vom 07.10.2015 noch mit Schrei­ben vom 04.11.2015 die Nach­bes­se­rung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert.

An das Vor­lie­gen ei­ner ernst­haf­ten und end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung sind grund­sätz­lich stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len (BGH, Urt. v. 17.10.2008 – V ZR 31/08, NJW 2009, 1813 Rn. 29; Urt. v. 12.02.2014 – XII ZR 76/13, NJW 2014, 1521 Rn. 27). Er­for­der­lich ist ein Ver­hal­ten des Schuld­ners, aus dem zu schlie­ßen ist, dass die­ser sich durch ei­ne wei­te­re Auf­for­de­rung zur Leis­tung nicht um­stim­men las­sen wird. Die Wei­ge­rung des Schuld­ners muss als sein letz­tes Wort auf­zu­fas­sen sein (BGH, Urt. v. 12.02.2014 – XII ZR 76/13, NJW 2014, 1521 Rn. 27). Ein blo­ßes Be­strei­ten des Man­gels reicht dem­ge­gen­über nicht aus (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 22).

In der E-Mail vom 07.10.2015 teil­te die Be­klag­te le­dig­lich mit, dass sie mo­men­tan noch kei­ne ge­nau­en Aus­künf­te ge­ben kön­ne und den Be­klag­ten in­for­mie­ren wer­de, so­bald die re­le­van­ten In­for­ma­tio­nen un­ter an­de­rem zur Nach­bes­se­rung vor­lä­gen. Auch im Schrei­ben vom 04.11.2015 wur­de die Nach­bes­se­rung nicht ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert. Viel­mehr be­ruft sich die Be­klag­te in die­sem Schrei­ben ge­ra­de dar­auf, dass ihr noch die Mög­lich­keit zur Nach­bes­se­rung zu ge­ben sei. Ei­ne end­gül­ti­ge Leis­tungs­ver­wei­ge­rung kann hier­in nicht ge­se­hen wer­den.

4. Ei­ne Frist­set­zung ist auch nicht des­halb ent­behr­lich, weil dem Klä­ger als Käu­fer die Nach­er­fül­lung un­zu­mut­bar wä­re (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB).

Nach § 440 Satz 1 BGB be­darf es au­ßer in den Fäl­len des § 281 II BGB und des § 323 II BGB der Frist­set­zung un­ter an­de­rem dann nicht, wenn dem Käu­fer die Nach­er­fül­lung un­zu­mut­bar ist. § 440 Satz 1 BGB ist im Lich­te von Art. 3 III der Ver­brauchs­gü­terkauf­richt­li­nie (Richt­li­nie 1999/44/EG) aus­zu­le­gen. Nach der Richt­li­nie be­darf es ei­ner Frist­set­zung durch den Käu­fer nicht. Die Richt­li­nie be­stimmt in Art. 3 III 3 le­dig­lich, dass die Nach­bes­se­rung oder die Er­satz­lie­fe­rung in­ner­halb ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist und oh­ne er­heb­li­che Un­an­nehm­lich­kei­ten für den Ver­brau­cher er­fol­gen muss, wo­bei die Art des Ver­brauchs­gu­tes so­wie der Zweck, für den der Ver­brau­cher das Ver­brauchs­gut be­nö­tig­te, zu be­rück­sich­ti­gen sind. Im Rah­men des hier vor­lie­gen­den Ver­brauchs­gü­ter­kaufs ist § 440 Satz 1 BGB da­her da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Käu­fer auch oh­ne vor­he­ri­ge Frist­set­zung we­gen der mit der Nach­er­fül­lung ver­bun­de­nen un­trag­ba­ren Un­an­nehm­lich­kei­ten auf Ge­währ­leis­tungs­rech­te über­ge­hen kann, wenn die Un­an­nehm­lich­kei­ten von vorn­her­ein be­ste­hen oder sich wäh­rend des Laufs ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist her­aus­stel­len (MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann,, 7. Aufl., § 440 Rn. 3).

Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen nicht vor.

a) Der von dem Klä­ger be­an­stan­de­te Man­gel in Form des er­höh­ten Ab­gas­aus­sto­ßes im ge­wöhn­li­chen Fahr­be­trieb führt zu kei­ner­lei funk­tio­nel­len Be­ein­träch­ti­gun­gen in der Nut­zung des Fahr­zeugs. Ins­be­son­de­re ver­fügt das Fahr­zeug nach wie vor über al­le er­for­der­li­chen Ge­neh­mi­gun­gen zur Nut­zung im öf­fent­li­chen Stra­ßen­ver­kehr.

b) Ei­ne Un­zu­mut­bar­keit in die­sem Sin­ne er­gibt sich auch nicht dar­aus, dass zum Zeit­punkt der Min­de­rungs­er­klä­rung der Zeit­punkt ei­ner mög­li­chen ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­bes­se­rung of­fen war und es letzt­end­lich mehr als ein Jahr ge­dau­ert hat, bis die not­wen­di­ge Frei­ga­be­be­schei­ni­gung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vor­lag und da­mit ei­ne Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs mög­lich wur­de.

Zwar kann grund­sätz­lich ei­ne Nach­bes­se­rung auch auf­grund der zeit­li­chen Kom­po­nen­te un­zu­mut­bar sein. Al­ler­dings muss im Rah­men der Be­wer­tung der Zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung be­rück­sich­tigt wer­den, dass der Klä­ger nicht die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags, son­dern viel­mehr die Min­de­rung des Kauf­prei­ses ver­langt. An­ge­sichts des Um­stands, dass ei­ne Nach­bes­se­rung hier le­dig­lich durch die von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Auf­spie­lung ei­nes Soft­ware­up­dates der Fir­ma Au­di er­fol­gen kann, al­so an­ders als in an­de­ren Fäl­len ei­ne Nach­bes­se­rung nicht durch ei­ne drit­te, vom Klä­ger be­auf­trag­te Werk­statt, ge­ge­be­nen­falls zeit­nä­her, er­fol­gen kann, re­du­ziert sich die Fra­ge der Zu­mut­bar­keit der Nach­bes­se­rung auf die Fra­ge, ob dem Klä­ger ein an­er­ken­nens­wer­tes In­ter­es­se zu­zu­er­ken­nen ist, sein Fahr­zeug in un­re­pa­rier­tem Zu­stand ge­gen Zah­lung ei­nes an­ge­mes­se­nen Min­de­rungs­be­tra­ges wei­ter zu be­nut­zen, an­statt auf die an­ge­bo­te­ne Nach­bes­se­rung zu war­ten.

In die­sem Zu­sam­men­hang ist zu be­ach­ten, dass das Kraft­fahrt-Bun­des­amt im Rah­men der Rück­ruf­ak­ti­on den Her­stel­ler ver­pflich­tet hat, das Soft­ware­up­date auf­zu­spie­len. Dem­ge­mäß ist auch ein ob­jek­ti­ves In­ter­es­se des Klä­ger, wenn nicht so­gar ei­ne Ver­pflich­tung des Klä­gers zu be­ja­hen, zu­zu­war­ten und das Soft­ware­up­date auf sein Fahr­zeug auf­spie­len zu las­sen, um die Zu­las­sung des Fahr­zeugs zu­künf­tig nicht zu ge­fähr­den (vgl. LG Kre­feld, Urt. v. 14.09.2016 – 2 O 83/16). Der Klä­ger ver­hält sich wi­der­sprüch­lich, in­dem er ei­ner­seits ei­nen Zu­las­sungs­man­gel des Fahr­zeugs und ei­nen über­höh­ten Schad­stoff­aus­stoß gel­tend macht, an­de­rer­seits das Fahr­zeug je­doch ge­gen Zah­lung ei­ner Min­de­rung mit die­sem recht­li­chen Man­gel und dem be­sag­ten Schad­stoff­aus­stoß wei­ter be­nut­zen möch­te. Dem Klä­ger ist es da­her zu­mut­bar, der Be­klag­ten die Nach­bes­se­rung zu er­mög­li­chen, auch wenn die­se Nach­bes­se­rung durch die er­for­der­li­che Soft­ware­ent­wick­lung so­wie die er­for­der­li­che be­hörd­li­che Ge­neh­mi­gung erst cir­ca ein Jahr spä­ter zur Ver­fü­gung stand.

c) Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht vor dem Hin­ter­grund der be­haup­te­ten arg­lis­ti­gen Täu­schung durch den Her­stel­ler Au­di im Rah­men des Ab­gas­skan­dals. Ein Ver­lust der Ver­trau­ens­grund­la­ge auf­sei­ten des ge­täusch­ten Käu­fers, der Grund für den Weg­fall der Nach­er­fül­lungs­mög­lich­keit des Ver­käu­fers in die­sen Fäl­len ist, kann je­den­falls dann nicht an­ge­nom­men wer­den, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen (vgl. BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 20). Der Ver­trau­ens­ver­lust des Klä­gers, wel­cher zwar nicht die Be­klag­te als Ver­trags­part­ne­rin, je­doch die al­lein durch die Her­stel­ler­fir­ma Au­di durch­zu­füh­ren­de Nach­bes­se­rungs­maß­nah­me be­trifft, wird da­durch auf­ge­wo­gen, dass die Nach­bes­se­rungs­ar­bei­ten in en­ger Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kraft­fahrt-Bun­des­amt und da­mit un­ter staat­li­cher Auf­sicht er­fol­gen. In­zwi­schen liegt auch die Frei­ga­beer­klä­rung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vor. Die­se wiegt den Ver­trau­ens­ver­lust des Klä­gers in Be­zug auf die Ge­eig­net­heit der an­ge­bo­te­nen Nach­bes­se­rung auf.

d) Schließ­lich er­gibt sich ei­ne Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung auch nicht aus der Be­fürch­tung des Klä­gers, dass durch das Soft­ware­up­date Nach­fol­ge­män­gel ent­ste­hen könn­ten. Nach der ge­setz­li­chen Re­ge­lung der §§ 437 Nr. 2, 323, 439 BGB muss der Käu­fer ei­ne Un­si­cher­heit hin­sicht­lich des Er­folgs ei­ner an­ge­bo­te­nen Nach­bes­se­rung grund­sätz­lich to­le­rie­ren, was sich dar­aus er­gibt, dass die Nach­er­fül­lung erst nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen gilt (§ 440 Satz 2 BGB).

Der Ver­gleich mit so­ge­nann­ten Mon­tags­au­tos trägt nach Auf­fas­sung des Ge­richts nicht, da das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug, an­ders als ein so­ge­nann­tes Mon­tags­au­to, nicht mit ei­ner Viel­zahl von Män­geln, son­dern le­dig­lich mit ei­nem ein­zi­gen Man­gel be­haf­tet ist. Da­ge­gen, dass die be­ab­sich­ti­ge und von der Be­klag­ten be­schrie­be­ne Nach­bes­se­rung von vorn­her­ein nicht er­folg­reich sein kann, spricht der Frei­ga­be­be­scheid des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes. Soll­te die Nach­bes­se­rung tat­säch­lich er­folg­los ver­lau­fen bzw. zu an­der­wei­ti­gen Män­gel füh­ren, stün­den dem Klä­ger ge­ge­be­nen­falls wei­te­re Ge­währ­leis­tungs­rech­te ge­gen die Be­klag­te zu.

5. Man­gel Haupt­an­spruchs hat der Klä­ger auch kei­nen Zins­an­spruch … so­wie kei­nen An­spruch auf Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten …

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