- Ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug (hier: ein Audi Q3 2.0 TDI), in dem eine Software die Optimierung der Stickoxidemissionen bewirkt, sobald sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, ist unabhängig davon mangelhaft, ob es sich bei der „Schummelsoftware“ um eine verbotene Abschalteinrichtung handelt. Denn jedenfalls kann ein Käufer i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass in dem Fahrzeug keine Software zum Einsatz kommt, deren einziger Sinn darin besteht, niedrige Abgaswerte vorzutäuschen.
- Die in der Lieferung eines vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung des Verkäufers ist auch dann nicht i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich, wenn eine Nachbesserung durch Aufspielen eines Softwareupdates je Fahrzeug mit einem Kostenaufwand von nur 100 € verbunden ist. Denn weder dürfen die Kosten für die Entwicklung des Softwareupdates in Höhe von rund 70.000.000 € unberücksichtigt bleiben, wenn es um die Kosten der Nachbesserung geht, noch ist es zulässig, die Entwicklungskosten anteilig auf ein einzelnes Fahrzeug umzulegen.
LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2016 – 301 O 96/16
Sachverhalt: Die Klägerin erwarb von der beklagten Kfz-Händlerin am 10.03.2014 einen Audi Q3 2.0 TDI zum Preis von 34.202,28 €. Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 12.05.2014 übergeben. Es ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 und einer Software ausgestattet, die je nachdem, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet oder im realem Fahrbetrieb benutzt wird, unterschiedliche Abgasreinigungsmodi in Gang setzt. Auf einem Prüfstand (Modus 1) ist die Abgasrückführungsrate höher als im realen Fahrbetrieb (Modus 0); deshalb ist der Ausstoß von Stickoxiden auf dem Prüfstand niedriger als im realen Fahrbetrieb.
Über diese Umstände unterrichtete die Herstellerin des Fahrzeugs, die AUDI AG, die Klägerin im Februar 2016. In dem entsprechenden Schreiben heißt es unter anderem:
„Wir möchten Sie darüber informieren, dass der in Ihrem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor mit einer Software ausgestattet ist, durch die die Stickoxidwerte (NOX) im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert werden.“
Weiter heißt es:
„Wir können Ihnen aber bereits jetzt mitteilen, dass abhängig von der in Ihrem Fahrzeug verbauten Motorisierung die Instandsetzung für die 2.0 l-Aggregate ab KW 09/16 bzw. für die 1.6 l-Aggregate ab KW 36/16 in den Werkstätten starten wird.“
Mit Anwaltsschreiben vom 26.02.2016 rügte die Klägerin gegenüber der AUDI AG die in Rede stehende Software als Sachmangel. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, bis spätestens 11.03.2016 eine Mängelbeseitigung vorzunehmen, wobei das Fahrzeug durch Nachbesserungsmaßnahmen keinen Leistungsverlust erleiden dürfe. Da dies – so die Klägerin – nach Presseberichten technisch allerdings nicht möglich sei, erkläre sie den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte die Adressatin des Schreibens auf, ihr den Kaufpreis abzüglich von Nutzungsvorteilen Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu erstatten.
Die Verkäuferin des Fahrzeugs, die H-GmbH, trat mit Anwaltsschreiben vom 16.03.2016 der Forderung der Klägerin entgegen. Sie verwies auf die mittlerweile angelaufene Rückrufaktion der Volkswagen AG und darauf, dass die Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin nur einen sehr geringen Zeit- und Kostenaufwand verursache. Der Klägerin sei es zuzumuten abzuwarten, insbesondere, weil ihr keinerlei messbaren Nachteile entstünden. Es sei derzeit nicht abzusehen, wann das klägerische Fahrzeug zur Nachbesserung aufgerufen werde. Gewährleistungs- und insbesondere Rücktrittsrechte stünden der Klägerin nicht zu.
Die Klägerin forderte die Verkäuferin mit Schreiben vom 17.03.2016 auf, bis zur Klärung der Rechtslage hinsichtlich der geltend gemachten Gewährleistungsansprüche auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, was die Verkäuferin mit Schreiben vom 23.03.2016 unter Hinweis auf bereits erfolgte Erklärungen der Volkswagen AG ablehnte.
Die Klägerin meint, das von der Beklagten gekaufte Fahrzeug sei schon deshalb mangelhaft, weil darin eine „Schummelsoftware“ zum Einsatz komme. Zudem liege ein Mangel darin, dass bei dem Fahrzeug der Stickoxidausstoß höher sei, als bei Abschluss des Kaufvertrages als als Beschaffenheit vereinbart worden sei.
Mit Schriftsatz vom 12.10.2016 hat die Beklagte mitgeteilt, dass ein Update für das Fahrzeug der Klägerin nunmehr zur Verfügung stehe.
Die Klage hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 20.901,39 € aus §§ 346 I, 437 Nr. 2, 440, 323 BGB.
1. Das erworbene Fahrzeug war bei Übergabe mit einem Sachmangel behaftet, da es nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten konnte (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Fahrzeug mit einer Umschaltlogik ausgestattet ist, die die Abgasrückführung in zwei verschiedenen Modi betreibt, je nachdem, ob es sich auf dem Prüfstand (Modus 1) oder im realen Fahrbetrieb (Modus 0) befindet. Die mithilfe dieser Vorrichtung auf dem Prüfstand erzielten Abgaswerte weichen damit nicht nur deshalb von denjenigen im realen Fahrbetrieb ab, weil der durchgeführte Fahrzyklus nicht dem realen Fahrbetrieb entspricht, sondern weil die Abgasrückführungsrate im Prüfbetriebsmodus (Modus 1) höher ist als auf der Straße (Modus 0). Die AUDI AG erklärt in ihrem Schreiben aus dem Februar 2016, die Stickoxidwerte (NOX) würden im Vergleich zwischen Prüfstandslauf (NEFZ) und realem Fahrbetrieb verschlechtert. Der Sinn und Zweck der von der Klägerin beanstandeten Vorrichtung besteht einzig darin, niedrigere Abgaswerte vorzutäuschen. Mit einer solchen Umschaltlogik versehene Fahrzeuge sind – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht vorschriftsmäßig. Dies lässt sich dem Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 entnehmen, in dem es heißt, dass die von den Herstellern vorgestellten Änderungen der Applikationsdaten geeignet seien, die „Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt zwingend, dass die Fahrzeuge ohne diese Änderungen, das heißt ohne die Durchführung der Nachbesserung (Änderungen der Applikationsdaten), vorschriftswidrig sind. Ob diese Vorschriftswidrigkeit ohne ihre Beseitigung letztlich zum Entzug der EU-Typgenehmigung führt oder nicht, kann bei der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, ebenso dahinstehen, wie die Frage, ob es sich bei der Umschaltlogik um eine i. S. von Art. 3 Nr. 10, 5 II VO (EG) 715/2007, Abs. 2.16, 5.1.2.1 UN/ECE Regelung Nr. 83 verbotene Abschalteinrichtung handelt oder nicht.
Das Vorhandensein der beschriebenen Umschaltlogik im System des erworbenen Fahrzeugs stellt eine negative Abweichung von der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Fahrzeuge dar (vgl. auch die hierzu ergangene Rechtsprechung, zusammengestellt von LG Hagen, Urt. v. 18.10.2016 – 3 O 66/16, juris Rn. 24). Der Durchschnittskäufer eines Neufahrzeugs darf objektiv erwarten, dass in dem von ihm erworbenen Fahrzeug eine solche auf Täuschung der zuständigen Kontrollinstanzen angelegte und vorschriftswidrige Vorrichtung nicht vorhanden ist.
2. Der von der Klägerin erklärte Rücktritt ist wirksam.
a) Zwar hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 26.02.2016 die Aufforderung zur Nachbesserung sowie die Rücktrittserklärung zunächst gegenüber der Herstellerin (AUDI AG) erklärt und nicht gegenüber ihrer Vertragspartnerin, der Beklagten. Dies ist indes unschädlich. Denn ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 16.03.2016 ist dieser das Schreiben vom 26.02.2016 nicht nur zugegangen (vgl. hierzu MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl., § 323 Rn. 192), sondern will diese die Nachbesserungsaufforderung und die Rücktrittserklärung auch sich selbst gegenüber gelten lassen. Dies lässt sich dem Prozessvortrag der Beklagten entnehmen, die ausführt, die Klägerin habe „der Beklagten lediglich eine Frist von zwei Wochen zur Abhilfe gesetzt“. Letztlich ist die Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten spätestens durch Klagerhebung erfolgt (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 193).
b) Der Sachmangel ist auch nicht lediglich geringfügig. Die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung ist nicht unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB (vgl. zur Begrifflichkeit BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, juris Rn. 16).
Die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, juris Rn. 16). Für die Frage der Erheblichkeit eines Mangels ist – sofern es sich um behebbare Mängel handelt – grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung. Auf Letzteres kommt es nur dann an, wenn der Mangel nicht oder nur mit hohen Kosten behebbar oder die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung ungeklärt ist, etwa auch, weil der Verkäufer sie nicht feststellen konnte (BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, juris Rn. 21). Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Rücktrittserklärung (vgl. BGH, Urt. v. 15.06.2011 – VIII ZR 139/09, juris Rn. 9).
aa) Hiernach scheidet eine Unerheblichkeit der Pflichtverletzung schon deshalb aus, weil im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung der Klägerin vom 26.02.2016, die bei verständiger Würdigung erst nach Ablauf der gesetzten Frist vom 11.03.2016 wirksam werden sollte, nach eigenem Vortrag der Beklagten eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben war. Denn erst mit nachfolgender Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 hatte dieses bestätigt, dass die von der Volkswagen AG vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeugs herzustellen. Diese Erklärung war nach dem Vortrag der Beklagten auch notwendig, weil die Herstellerin die Mängelbeseitigung nicht in eigener Verantwortung durchführen konnte, sondern eine Freigabe des Kraftfahrt-Bundesamtes benötigte. Hiernach war selbst bei Annahme, eine wirksame Rücktrittserklärung gegenüber der Beklagten sei erst in der Klagschrift vom 04.05.2016 zu erblicken, die der Beklagten am 27.05.2016 zugestellt worden ist, in diesem Zeitpunkt eine Behebbarkeit des Mangels noch nicht gegeben.
bb) Aber selbst bei Annahme einer Behebbarkeit des Sachmangels im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung steht der Wirksamkeit des erklärten Rücktritts die Vorschrift des § 323 V 2 BGB nicht entgegen.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, die Pflichtverletzung sei unerheblich, weil die Kosten der Nachbesserung für das Fahrzeug der Klägerin, wie für alle anderen Fahrzeuge gleichen Motortyps, lediglich circa 100 € betrügen. Es greift bereits zu kurz, lediglich auf den bloßen Aufwand der Fachwerkstatt abzustellen, der im Rahmen der tatsächlichen Nachbesserungsarbeiten entsteht. Dies ließe zu Unrecht den ganz erheblichen und kostenträchtigen Aufwand zur Entwicklung der Nachbesserungsmaßnahmen unberücksichtigt, der bei dem Hersteller des Motors/des Fahrzeugs entstanden ist. Nach dem Vortrag der Beklagten dienten die kostenauslösenden Entwicklungen einzig der Behebung des Mangels nach Vorgabe des Kraftfahrt-Bundesamtes. Es ist daher kein vernünftiger Grund ersichtlich, bei der Bewertung der Mängelbeseitigungskosten i. S. des § 323 V 2 BGB diesen Kostenblock unberücksichtigt zu lassen. Bereits diese erheblichen Entwicklungskosten von bis zu 70.000.000 € für die durchzuführenden Nachbesserungsmaßnahmen stehen der Annahme, die Pflichtverletzung sei unerheblich, entgegen.
Der Beklagten ist insbesondere nicht darin zu folgen, die Unerheblichkeit des Mangels ergebe sich auch unter Einschluss dieser Entwicklungskosten, da diese, umgelegt auf alle betroffenen Fahrzeuge, nur wenige Euro je Einheit betrügen. Zwar scheidet nach der Rechtsprechung des BGH eine Erheblichkeit eines Mangels jedenfalls dann aus, wenn die Kosten der Mängelbeseitigung lediglich knapp ein Prozent im Verhältnis zum Kaufpreis betragen (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, juris Rn. 19). Zugleich ist bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB im Rahmen der insoweit auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung jedenfalls in der Regel bereits dann als erreicht anzusehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, juris Rn. 12). Diese Grenze wäre bei von der Beklagten behaupteten Kosten in Höhe von höchstens 100 € und dem diesen Kosten gegenüberzustellendem Kaufpreis für das klägerische Fahrzeug von über 34.000 € noch nicht überschritten. Gleichwohl überzeugt diese Gegenüberstellung von Kaufpreis und Kosten im Streitfall nicht. Soweit die Beklagte meint, die Entwicklungskosten von bis zu 70.000.000 € seien auf jede mängelbehaftete Einheit umzulegen, lässt sie unberücksichtigt, dass die Frage der rechtlichen (Un-)Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht davon abhängen kann, wie viele Fahrzeuge desselben Herstellers mit dem gerügten Mangel behaftet sind. Es mag betriebswirtschaftlich zutreffend sein, dass die Höhe der fixen Mängelbeseitigungskosten pro Fahrzeug von der Anzahl der einer Nachbesserung zu unterziehenden Fahrzeuge abhängig ist und sich demgemäß im Streitfall bei zehn Millionen Fahrzeugen ein Anteil von 7 € errechnet. Wären allerdings nicht zehn Millionen Fahrzeuge, sondern etwa nur 10.000 Einheiten mit dem Mangel behaftet, betrügen die umgelegten 70.000.000 € Entwicklungskosten nicht 7 €, sondern 7.000 € pro Einheit – die Pflichtverletzung wäre in diesem Fall nach der Argumentation der Beklagten unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH und bei unverändertem Sachmangel und identischen Nachbesserungsmaßnahmen nicht unerheblich. Dass dies nicht richtig sein kann, liegt auf der Hand und führt vorliegend dazu, dass bei der Beurteilung der Erheblichkeit der Pflichtverletzung eine Umlage der Entwicklungskosten auf die einzelnen Fahrzeuge zu unterbleiben hat.
cc) Der behaupteten Unerheblichkeit der Pflichtverletzung steht schließlich entgegen, dass ohne Vornahme der vom Kraftfahrt-Bundesamt geforderten und letztlich gebilligten Nachbesserungsmaßnahmen der Entzug der Typgenehmigung droht. In diesem Sinne ist der Vortrag der Beklagten zu verstehen, es sei nicht davon auszugehen, dass die EG-Typgenehmigung in der Zukunft entzogen werde, da das Kraftfahrt-Bundesamt die von der Volkswagen AG entwickelten Maßnahmen akzeptiert habe und dies entsprechend für Fahrzeuge des Herstellers Audi gelte. Hieraus und aus dem Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 kann ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, dass ohne Durchführung der entsprechenden Maßnahmen jedenfalls der Entzug der EG-Typgenehmigung konkret drohen würde. In dem genannten Schreiben heißt es nämlich, die dort genannten Maßnahmen seien geeignet, „die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen“. Hieraus folgt, wie bereits ausgeführt, dass der Zustand der Fahrzeuge ohne die Durchführung dieser Maßnahme nicht vorschriftsmäßig ist.
dd) Demgegenüber ttritt der Umstand, dass das Fahrzeug nach dem Vortrag der Beklagten fahrbereit und voll funktionsfähig ist, bei der Frage der Erheblichkeit der Pflichtverletzung in den Hintergrund.
c) Die Beklagte beruft sich ohne Erfolg darauf, die Frist zur Nachbesserung sei im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht abgelaufen gewesen.
Die Angemessenheit der dem Schuldner gesetzten Frist zur Nachbesserung bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Bei ihrer Beurteilung ist in erster Linie auf die Parteiabreden abzustellen (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 71). Abzustellen ist daher zunächst auf die Erklärung der AUDI AG, die sich die Beklagte später zu eigen gemacht hat, wonach eine Nachbesserung des klägerischen Fahrzeuges ab KW 09/2016 (= 22.02.–28.02.2016) erfolgen solle.
Diese Erklärung durfte die Klägerin so verstehen, dass zwischen diesem Zeitpunkt und der tatsächlichen Nachbesserung jedenfalls kein erheblicher Zeitraum mehr liegen würde (vgl. auch BGH, Urt. v. 13.07.2016 – VIII ZR 49/15, juris Rn. 36). Mag nachfolgend auch die gesetzte Nachfrist bis zum 11.03.2016 mit Schreiben vom 26.02.2016 zu kurz bemessen sein, erweist sich aber jedenfalls der bis zum Schreiben des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 01.06.2016 verstrichene Zeitraum und erst recht derjenige bis zur Erklärung der Beklagten vom 12.10.2016, nach der die Klägerin zur Durchführung des Updates bei der Beklagten vorstellig werden sollte, als nicht mehr angemessen.
Dessen ungeachtet kann sich die Beklagte aber auch deswegen nicht mit Erfolg auf fehlende Angemessenheit der ihr gesetzten Frist berufen, weil die Gewährleistungsansprüche der Klägerin mit Ablauf des 12.05.2016 zu verjähren drohten und die Beklagte die Anregung der Klägerin, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, zurückwies. Ein weiteres Zuwarten der Klägerin hätte ihren Rücktritt bei Erhebung der Verjährungseinrede durch die Beklagte nach §§ 438 IV 1, 218 I BGB unwirksam werden lassen. Etwaige Erklärungen der Volkswagen AG, die als Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung auszulegen sein könnten, ändern hieran nichts, da sie nicht für das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten wirken, die sich ausweislich ihres Schreibens vom 23.03.2016 diese Erklärungen auch gerade nicht zu eigen gemacht hat.
3. Nach allem steht der Klägerin in der Rechtsfolge ihres erklärten Rücktritts gemäß § 346 I BGB die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der gezogenen Nutzungen als Wertersatz (§ 346 II 1 Nr. 1 BGB) zu, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs. Der Nutzungsersatzanspruch berechnet sich anhand der zu schätzenden Gesamtfahrleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs, die das Gericht mit 250.000 km ansetzt (vgl. hierzu KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12 m. w. Nachw.). Der Nutzungsersatz wird ermittelt, indem der Kaufpreis durch die Restlaufleistung dividiert und der Quotient mit den gefahrenen Kilometern multipliziert wird (vgl. KG, Urt. v. 23.05.2013 – 8 U 58/12). Die Laufleistung des Fahrzeugs betrug im Schluss der mündlichen Verhandlung unbestritten 70.000 km. Es errechnet sich somit ein Wert von 13.300,89 €
$$\left({\frac{\text{34.202,28 €}\times\text{70.000 km}}{\text{180.000 km}}}\right)$$
der von dem Kaufpreis abzuziehen ist. Hiernach steht der Klägerin ein Betrag von (34.202,28 € − 13.300,89 € =) 20.901,39 € zu . Soweit die Klägerin einen darüber hinausgehenden Betrag geltend macht, der auf einer angenommenen Gesamtfahrleistung des Fahrzeuges von 300.000 km bei einer Fahrleistung im Zeitpunkt der Klagerhebung von 53.000 km beruht, ist die Klage als unbegründet abzuweisen.
II. Der Feststellungsantrag der Klägerin … ist zulässig und begründet. Sie hat der Beklagten das Fahrzeug spätestens seit der Klagerhebung wörtlich und damit ausreichend angeboten (§§ 293, 295 BGB).
III. Zulässig und begründet ist auch der Feststellungsantrag der Klägerin …, mit dem sie die Feststellung zukünftigen Schadensersatzes begehrt.
Das nach § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Ein berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Feststellung des Bestehens der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten ist der Klägerin nicht abzusprechen. Insoweit kann sie auch nicht auf die Leistungsklage verwiesen werden, da ihr eine Bezifferung ihrer Ansprüche derzeit nicht ohne Weiteres möglich ist.
Der Antrag ist auch begründet. Die Klägerin hat infolge der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB. Es scheint zumindest möglich, dass der Klägerin infolge des Rücktritts und der damit verbundenen Rückgabe des Fahrzeuges Schäden durch die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs etwa in Gestalt von Preiserhöhungen entstehen werden. Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung wird vermutet (§ 280 I 2 BGB). Die Beklagte hat sie entlastende Umstände nicht vorgebracht.
IV. Der geltend gemachte und zutreffend nach dem Streitwert von 34.202,28 € berechnete Freihalteanspruch betreffend die vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst entstehender Zinsen ist gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 I BGB unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung begründet. Die Klägerin durfte sich angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage zur Geltendmachung ihrer Ansprüche vorgerichtlicher anwaltlicher Unterstützung bedienen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 249 Rn. 57). Das Verschulden der Beklagten für die Pflichtverletzung des Kaufvertrages wird vermutet (§ 280 I 2 BGB). Umstände, die sie entlasten, hat die Beklagte nicht vorgebracht …