1. Ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen Man­gel nur dann arg­lis­tig, wenn er die den Man­gel be­grün­den­den Um­stän­de kennt oder sie zu­min­dest für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer die­se Um­stän­de nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te. Ob der Ver­käu­fer die den Man­gel be­grün­den­den Um­stän­de recht­lich zu­tref­fend ein­ord­net, ist oh­ne Be­lang; dass sich ihm ihr Vor­lie­gen hät­te auf­drän­gen müs­sen, ge­nügt für Arg­list aber nicht.
  2. Ei­nen Man­gel, der ei­ner Be­sich­ti­gung zu­gäng­lich und da­mit für den Käu­fer oh­ne Wei­te­res er­kenn­bar ist, muss der Ver­käu­fer nicht von sich aus of­fen­ba­ren.
  3. Nach ei­nem man­gel­be­ding­ten Rück­tritt des Käu­fers vom Kauf­ver­trag ist ge­mein­sa­mer Er­fül­lungs­ort für sämt­li­che Rück­ge­währ­pflich­ten der Ort, an dem sich die Kauf­sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det.

OLG Mün­chen, Ur­teil vom 09.06.2016 – 23 U 1201/14

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin hat von der Be­klag­ten ein Ab­schlepp­fahr­zeug er­wor­ben und be­gehrt die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges.

Am 12.12.2011 be­gab sich ver­ein­ba­rungs­ge­mäß der Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin zu der Be­klag­ten, um dort ein Ab­schlepp­fahr­zeug mit Ver­schie­be­pla­teau und La­de­kran zu be­sich­ti­gen. Der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten er­klär­te, die­ses Fahr­zeug be­fin­de sich noch in Bam­berg, weil es ein Lea­sing­rück­läu­fer sei, und zeig­te un­ter an­de­rem Bil­der vom Auf­bau des Fahr­zeugs. Am sel­ben Tag un­ter­zeich­ne­te die Klä­ge­rin ei­nen als „Auf­trags­be­stä­ti­gung Nr. 42“ über­schrie­be­nen Kauf­ver­trag über ein Ab­schlepp­fahr­zeug mit Ver­schie­be­pla­teau, La­de­kran, Win­de und Hub­bril­le zum Preis von 53.550 € brut­to.

In die­sem Ver­trag heißt es un­ter an­de­rem:

„Wenn laut TÜV Brem­sen und Rei­fen nicht er­neu­ert wer­den müs­sen, be­kommt Kun­de … Hub­joch und Rad­klam­mern da­zu. An­sons­ten wer­den die­se be­rech­net.

Fahr­zeug ver­kauft wie be­sich­tigt, ge­prüft und Pro­be ge­fah­ren un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung und Män­gel­rü­ge.“

Die Klä­ge­rin wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Be­klag­te in ih­rem Lie­fer­pro­gramm auch Fahr­zeu­ge ha­be, bei de­nen die La­de­flä­che fast kom­plett ab­ge­senkt wer­den kön­ne. Des Wei­te­ren wur­de sie dar­auf hin­ge­wie­sen, dass man zwar fast al­le Pkw be­för­dern kön­ne, aber je nach Be­schaf­fen­heit des ab­zu­schlep­pen­den Fahr­zeugs der La­de­kran ver­wen­det wer­den müs­se, was un­ter an­de­rem an der Be­rei­fung des Fahr­zeugs lie­ge.

Nach Ab­schluss des Kauf­ver­trags ver­brach­te die Be­klag­te das Fahr­zeug in ei­ne Werk­statt, in der un­ter an­de­rem die Brem­sen re­pa­riert wur­den. Den ihr von der Klä­ge­rin über­sand­ten Scheck über den Kauf­preis lös­te sie am 23.12.2011 ein.

Ab­ge­holt wur­de das am 27.02.2012 zu­ge­las­se­ne Ab­schlepp­fahr­zeug am 03.02.2012. Bei der Ab­ho­lung for­der­te die Be­klag­te mit der Be­grün­dung, dass die Brem­sen er­neu­ert wor­den sei­en, die Zah­lung von 3.000 € zzgl. MwSt. für das La­de­ge­schirr. Die Klä­ge­rin zahl­te den ver­lang­ten Be­trag. Beim Be­fah­ren des Ver­schie­be­pla­teaus setz­te der Opel Cor­sa des Zeu­gen T mit der vor­de­ren Stoß­stan­ge auf. Dies rüg­te der Zeu­ge T. Der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten re­agier­te auf die Fra­ge, ob man das Pla­teau ver­stel­len kön­ne, um den Auf­fahr­win­kel zu ver­än­dern, nicht, son­dern sag­te, er müs­se nun weg.

Nach ers­ten Ein­sät­zen des Ab­schlepp­fahr­zeugs, die die Klä­ge­rin auf­grund des Auf­fahr­win­kels des Ver­schie­be­pla­teaus nicht zu­frie­den­stell­ten, kam es zu wei­te­ren Ver­hand­lun­gen zwi­schen der Klä­ge­rin und der Be­klag­ten. Die Be­klag­te bot an, den Hub­zy­lin­der des Ver­schie­be­pla­teaus nach vorn zu ver­set­zen und so den Auf­fahr­win­kel zu ver­bes­sern. Hier­für ver­brach­te die Klä­ge­rin das Fahr­zeug am 22.03.2012 zur Be­klag­ten. Bei der Ab­ho­lung am 05.04.2012 stell­te sie fest, dass man auch nach der Nach­bes­se­rung ei­nen „durch­schnitt­li­chen“ Au­di A 3 nicht oh­ne Auf­fahr­schie­nen auf­la­den kann. Der Zeu­ge T woll­te das Ab­schlepp­fahr­zeug des­halb zu­nächst so lan­ge nicht mit­neh­men, bis die nach sei­ner Auf­fas­sung noch vor­han­de­nen Män­gel be­sei­tigt sei­en. Als der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten droh­te, die Po­li­zei zu ru­fen, nahm der Zeu­ge T das Fahr­zeug je­doch mit. Er er­hielt ei­nen Lie­fer­schein, in dem un­ter an­de­rem auf­ge­führt ist, dass der Zy­lin­der in Rich­tung Füh­rer­haus ver­setzt wur­de und die Auf­fahr­ram­pen auf Ku­lanz mit Spann­gur­ten auf dem Ver­schie­be­pla­teau be­fes­tigt wur­den.

Mit Schrift­satz vom 03.05.2012 lei­te­te die Klä­ge­rin ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren beim LG Mün­chen II ein.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.05.2013 er­klär­te die Klä­ge­rin die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung, hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, und for­der­te die Be­klag­te auf, das Ab­schlepp­fahr­zeug bis zum 17.05.2013 ab­zu­ho­len und ihr den Kauf­preis zu er­stat­ten.

Die Klä­ge­rin ist der An­sicht, das Fahr­zeug kön­ne nicht zu dem ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Zweck – als Ab­schlepp­fahr­zeug – ein­ge­setzt wer­den. Die Be­klag­te, der dies zwin­gend be­kannt ge­we­sen sein müss­te, ha­be sie in­so­weit arg­lis­tig über den Zu­stand des Fahr­zeugs ge­täuscht.

Das Land­ge­richt (LG Mün­chen II, Urt. v. 30.01.2014 – 4 HK O 3749/13) hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Es hat die Arg­listan­fech­tung für un­wirk­sam ge­hal­ten und ge­meint, die Klä­ge­rin ha­be nicht be­wie­sen, dass die Be­klag­te bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags arg­lis­tig ge­han­delt ha­be. Der Ab­schlepp­wa­gen sei als Ge­samt­heit zu se­hen, das heißt, es müs­se be­rück­sich­tigt wer­den, dass das Fahr­zeug auch über enen La­de­kran ver­fü­ge. Da die Be­klag­te im Üb­ri­gen we­der ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit des Ab­schlepp­fahr­zeugs über­nom­men noch ei­ne be­stimm­te Ei­gen­schaft zu­ge­si­chert ha­be, sei der ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht ge­mäß § 444 BGB un­wirk­sam.

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin, die als Man­gel nur noch gel­tend mach­te, dass der Auf­fahr­win­kel zu steil sei, hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 434 I BGB …

1.1 Das Ab­schlepp­fahr­zeug ist man­gel­haft i. S. von § 434 I BGB, da der Auf­fahr­win­kel zu steil ist.

1.1.1 Die Klä­ge­rin und die Be­klag­te ha­ben ei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen; die­ser wur­de nicht wirk­sam nach § 123 I BGB an­ge­foch­ten. Die mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.05.2013 er­klär­te An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung ist ver­fris­tet.

Ge­mäß § 124 I BGB kann die An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung nur bin­nen Jah­res­frist er­fol­gen. Die Frist be­ginnt im Fall der arg­lis­ti­gen Täu­schung mit dem Zeit­punkt, in wel­chem der An­fech­tungs­be­rech­tig­te die Täu­schung ent­deckt (§ 124 II 1 BGB). Ein blo­ßer Ver­dacht oder Ken­nen­müs­sen ge­nügt nicht (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 75. Aufl. [2016], § 124 Rn. 2). Die Klä­ge­rin hat vor­ge­tra­gen, sie ha­be beim ers­ten Ein­satz fest­ge­stellt, dass der Auf­fahr­win­kel des Ab­schlepp­fahr­zeugs zu steil ist. Un­strei­tig wur­de das Fahr­zeug am 22.03.2012 zur Nach­bes­se­rung zur Be­klag­ten ge­bracht. Da­mit be­gann die Frist zur An­fech­tung spä­tes­tens am 22.03.2012 und war je­den­falls am 06.05.2013 ab­ge­lau­fen.

1.1.2 Ge­mäß § 434 I 1 BGB ist ei­ne Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat.

Un­strei­tig hat die Klä­ge­rin nicht aus­drück­lich in Be­zug auf die Ab­senk­bar­keit des Pla­teaus und den Auf­fahr­win­kel nach­ge­fragt. Die An­nah­me der Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­schaf­fen­heit, für de­ren Feh­ler der Ver­käu­fer nach Maß­ga­be des § 437 BGB haf­tet, kommt nicht mehr „im Zwei­fel“, son­dern nur noch in ei­nem ein­deu­ti­gen Fall in Be­tracht (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, ju­ris Rn. 13). Ei­ne der­ar­ti­ge ein­deu­ti­ge Ver­ein­ba­rung, dass ein be­stimm­ter Auf­fahr­win­kel vor­liegt oder mit der Platt­form na­he­zu al­le Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen, wur­de vor­lie­gend nicht ge­trof­fen.

So­weit kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung vor­liegt, ist die Sa­che ge­mäß § 434 I 2 Nr. 1 BGB frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung eig­net. Er­for­der­lich ist, dass in dem Ver­trag aus­drück­lich oder still­schwei­gend ei­ne be­stimm­te Ver­wen­dung der Kauf­sa­che bei­der­seits vor­aus­ge­setzt wird; dies er­gibt sich in der Re­gel oh­ne be­son­de­re Er­klä­rung aus dem all­ge­mei­nen Ver­wen­dungs­zweck der Kauf­sa­che (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 75. Aufl. [2015], § 434 Rn. 21).

Im vor­lie­gen­den Fall war von den Par­tei­en vor­aus­ge­setzt, dass das Ab­schlepp­fahr­zeug un­ter Ein­satz des Ver­schie­be­pla­teaus und nicht über­wie­gend nur un­ter Zu­hil­fe­nah­me des Krans ein­ge­setzt wer­den soll­te. Die Klä­ge­rin hat in der PSA-Check­lis­te hin­sicht­lich des ge­plan­ten Ein­satz­be­reichs an­ge­ge­ben, das Fahr­zeug sol­le für „Ab­schlep­pen – Falsch­par­ker“, „Klei­ne Ber­gun­gen (Pkw bis 3,4 t)“, „Kra­n­ar­bei­ten, die nicht im Zu­sam­men­hang mit dem Ab­schlep­pen­vor­gän­gen ste­hen (z. B. Bau­stel­len­be­trieb usw.)“ und „Ber­gun­gen mit­tels Seil­win­de – Zug­rich­tung ge­ra­de zum Fahr­zeug“ ein­ge­setzt wer­den. Hier­aus er­gibt sich, dass Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den soll­ten.

1.1.3 Auf­grund des ein­ge­hol­ten Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens steht zur Über­zeu­gung des Se­nats fest, dass das Ab­schlepp­fahr­zeug zum Auf­zie­hen der meis­ten Pkw nicht ge­eig­net und die Be­nut­zung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen oder des Krans kei­ne Al­ter­na­ti­ve ist.

1.​1.​3.​1 Der Sach­ver­stän­di­ge hat bei dem durch­ge­führ­ten Orts­ter­min auf ei­ner nicht ebe­nen Grund­stücks­flä­che Auf­fahr­win­kel von cir­ca 13° mit und cir­ca 16° oh­ne Aus­schub­ram­pen ge­mes­sen. Bei sei­ner Gut­ach­ten­ser­stel­lung hat er Auf­fahr­win­kel von 16,7° und 20,8° zu­grun­de ge­legt, die der Sach­ver­stän­di­ge W bei der Be­sich­ti­gung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Ab­schlepp­fahr­zeugs im Rah­men des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens in ei­ner TÜV-Nie­der­las­sung er­mit­telt hat.

Es ist nicht zu be­an­stan­den, dass der Sach­ver­stän­di­ge bei Gut­ach­ten­er­stel­lung die vom Sach­ver­stän­di­gen W in der TÜV-Nie­der­las­sung er­mit­tel­ten Auf­fahr­win­kel zu­grun­de ge­legt hat, da – wor­auf der Sach­ver­stän­di­ge auf Sei­te 4 sei­nes Gut­ach­tens hin­weist – im prak­ti­schen Ein­satz des Ab­schlepp­fahr­zeugs die Auf­fahr­win­kel von der Ge­län­de­be­schaf­fen­heit be­ein­flusst wer­den und – wie der Sach­ver­stän­di­ge bei der münd­li­chen Er­läu­te­rung sei­nes Gut­ach­tens an­ge­ge­ben hat – die Auf­fahr­win­kel bei ei­ner ent­spre­chen­den Bo­den­be­schaf­fen­heit noch grö­ßer sein könn­ten als die von ihm zu­grun­de ge­leg­ten Win­kel.

1.​1.​3.​2 Der Sach­ver­stän­di­ge hat die Auf­zieh­bar­keit von neun zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags gän­gi­gen Pkw-Mo­del­len auf­grund ei­ner zeich­ne­ri­schen Ana­ly­se, bei der die Fahr­zeu­ge vir­tu­ell auf­ge­fah­ren wer­den, über­prüft. Es ist we­der von den Par­tei­en vor­ge­tra­gen noch sonst er­sicht­lich, dass es sich bei den vom Sach­ver­stän­di­gen aus­ge­wähl­ten Pkw-Mo­del­len nicht um gän­gi­ge Mo­del­le han­delt.

1.​1.​3.​3 Bei dem vir­tu­el­len Auf­fah­ren kommt der Sach­ver­stän­di­ge nach­voll­zieh­bar und über­zeu­gend zu dem Er­geb­nis, dass die aus­ge­wähl­ten Fahr­zeu­ge oh­ne Ver­wen­dung hy­drau­li­scher Zu­satz­schie­nen und mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen nicht auf das Pla­teau auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Die Fahr­zeu­ge kön­nen auch nicht bei aus­ge­fah­re­nen hy­drau­li­schen Zu­satz­schie­nen auf­ge­zo­gen wer­den. Bei Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen mit ei­ner Län­ge von ca. 2.400 mm kön­nen sämt­li­che aus­ge­wähl­te Fahr­zeu­ge – mit Aus­nah­me des Opel As­tra – auf­ge­zo­gen wer­den. Der Opel As­tra kön­ne aber we­gen der De­for­mier­bar­keit der fahr­zeug­sei­ti­gen Be­rühr­stel­len und ih­rer Aus­le­gung für ge­rin­gener­ge­ti­sche Kol­li­sio­nen in dem be­tref­fen­den Fall auf­grund der ge­rin­gen Über­schnei­dung des Vor­baus und der Ram­pen­flä­che von 1,23 mm als auf­zieh­bar be­trach­tet wer­den. Dies stimmt auch über­ein mit den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen W in des­sen Gut­ach­ten vom 09.04.2013. Die­ser konn­te zwar ei­nen Pkw Golf Kom­bi bei ab­ge­senk­tem Pla­teau so­wie ab­ge­senk­tem Fahr­werk so­wohl mit als auch oh­ne aus­ge­fah­re­ne Zu­satz­schie­nen auf­zie­hen. Wei­te­re Stan­dard­fahr­zeu­ge konn­ten je­doch bei dem La­de­ver­such oh­ne Be­schä­di­gung der Fahr­zeu­ge nicht auf­ge­zo­gen wer­den. Der Sach­ver­stän­di­ge W kommt da­her zu dem Er­geb­nis, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nicht un­ein­ge­schränkt als Ab­schlepp­wa­gen mit Ver­schie­be­pla­teau nutz­bar sei. Der Sach­ver­stän­di­ge W führt in sei­nem Gut­ach­ten fer­ner aus, das Ab­schlepp­fahr­zeug wei­se oh­ne Aus­schub­ram­pen ei­nen Auf­fahr­win­kel von ca. 20,8° und mit Aus­schub­ram­pen ei­nen Auf­fahr­win­kel von cir­ca 16,7° auf. Da die Bö­schungs­win­kel von durch­schnitt­li­chen, nicht ge­län­de­gän­gi­gen Fahr­zeu­gen bei ma­xi­mal cir­ca 14° lie­gen, sei der Auf­fahr­win­kel des Pla­teaus für Stan­dard­fahr­zeu­ge als zu steil ein­zu­stu­fen und für den All­tags­be­trieb un­taug­lich. Ein Auf­fahr­win­kel von ma­xi­mal 12–15° las­se ei­nen Stan­dard­be­trieb mit an­nehm­ba­ren Ein­schrän­kun­gen zu. Bei dem Ab­schlepp­fahr­zeug müss­ten wei­te­re me­cha­ni­sche Zu­satz­ram­pen ver­wen­det wer­den, um ein be­schä­di­gungs­frei­es Ver­la­den zu ge­währ­leis­ten. Für ein pro­blem­lo­ses Ab­schlep­pen wür­den Ram­pen mit ei­nem Auf­fahr­win­kel von we­ni­ger als 11° emp­foh­len.

1.​1.​3.​4 Der Sach­ver­stän­di­ge W führt in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten aus, dass oh­ne die Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen die meis­ten Pkw we­gen des zu stei­len Auf­fahr­win­kels nicht auf die Platt­form auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Durch Ein­satz mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen, wel­che mit ge­rin­gem Auf­wand an das Fahr­zeug an­ge­passt und mit ge­rin­gem Zeit­auf­wand an dem Ab­schlepp­fahr­zeug po­si­tio­niert wer­den kön­nen, könn­ten al­le aus­ge­wähl­ten Fahr­zeu­ge auf die Platt­form auf­ge­zo­gen wer­den. Die Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen ver­bes­se­re so­mit die Ein­setz­bar­keit des Ab­schlepp­fahr­zeugs.

So­weit der Sach­ver­stän­di­ge in der münd­li­chen An­hö­rung aus­ge­führt hat, das Fahr­zeug sei sei­ner Auf­fas­sung nach nicht un­ge­eig­net, das heißt, es sei für den Ber­ge- und Ab­schlepp­dienst ge­eig­net, da es durch­aus üb­lich sei, dass mit dem Fahr­zeug be­stimm­te Auf­ga­ben nicht er­füllt wer­den kön­nen, schließt sich der Se­nat die­ser Auf­fas­sung nicht an. Der Sach­ver­stän­di­ge hat an­ge­ge­ben, bei dem Fahr­zeug hand­le es sich nicht um ei­nen Fahr­zeug­typ, mit dem mög­lichst vie­le Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Da es je­doch ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­ter Ver­trags­zweck war, Fahr­zeu­ge auf­zu­zie­hen, hät­te die Be­klag­te die Klä­ge­rin dar­auf hin­wei­sen müs­sen, dass mit dem Pla­teau nur we­ni­ge Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten nicht auf die Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen ver­wie­sen wer­den. Die Be­klag­te hät­te die Klä­ge­rin je­den­falls bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags dar­auf hin­wei­sen müs­sen, dass ganz über­wie­gend ein Auf­zie­hen nur mit­hil­fe mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen mög­lich ist.

Dem ge­nüg­te der un­strei­ti­ge Hin­weis der Be­klag­ten, dass sie in ih­rem Pro­gramm auch Fahr­zeu­ge hat, bei de­nen die La­de­flä­che fast kom­plett ab­ge­senkt wer­den kann, und dass man zwar fast al­le Pkw be­för­dern kann, aber je nach Be­schaf­fen­heit des ab­zu­schlep­pen­den Fahr­zeu­ges der La­de­kran ver­wen­det wer­den müs­se, nicht. Dies er­gibt sich zum ei­nen dar­aus, dass die Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen zu ei­nem hö­he­ren Zeit­auf­wand führt. So hat der Sach­ver­stän­di­ge in der münd­li­chen Er­läu­te­rung aus­ge­führt, die Be­nut­zung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen ver­ur­sa­che nach sei­ner Ein­schät­zung ei­nen zu­sätz­li­chen Zeit­auf­wand von cir­ca zehn Mi­nu­ten. Zum an­de­ren ist an dem Ab­schlepp­fahr­zeug kei­ne Ar­re­tier­ein­rich­tung für mo­bi­le Auf­fahr­schie­nen vor­han­den. Der Sach­ver­stän­di­ge hat an­ge­ge­ben, so­fern die Rei­bungs­kräf­te groß ge­nug sei­en, könn­ten die mo­bi­len Auf­fahr­schie­nen nur auf­ge­legt wer­den. Ei­ne Ar­re­tie­rung sei je­doch si­cher sinn­voll. Bei sei­ner Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs ha­be er kei­ne Ar­re­tier­ein­rich­tun­gen für den Ein­satz der mo­bi­len Auf­fahr­schie­nen fest­stel­len kön­nen. Zu be­rück­sich­ti­gen ist fer­ner, dass das Ver­la­den der mo­bi­len Auf­fahr­schie­nen pro­ble­ma­tisch ist. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in­so­weit an­ge­ge­ben, die mo­bi­len Auf­fahr­schie­nen könn­ten auf der La­de­flä­che trans­por­tiert wer­den, auch wenn ein Fahr­zeug auf­ge­zo­gen sei. Die­se könn­ten un­ter den vor­de­ren oder hin­te­ren Auf­bau des zu trans­por­tie­ren­den Fahr­zeugs ge­zo­gen wer­den oder in Fahr­zeug­rich­tung un­ter das Fahr­zeug. Bei ei­ner Längs­ver­la­dung der Auf­fahr­schie­nen könn­ten die­se mit Spann­gur­ten ge­si­chert wer­den, was zum Bei­spiel da­durch mög­lich sei, dass die Spann­gur­te mit ei­nem Be­sen­stiel durch­ge­steckt wer­den. Dass ei­ne Ver­la­dung der 2,40 m lan­gen Auf­fahr­schie­nen quer zur Fahrt­rich­tung auf­grund der Ver­kehrs­si­tua­ti­on nicht im­mer – ge­fahr­los – mög­lich ist, liegt auf der Hand. Ei­ne Be­fes­ti­gung der Auf­fahr­schie­nen im Fal­le ei­ner Längs­ver­la­dung mit­hil­fe ei­nes Be­sen­stiels stellt kei­ne zu­mut­ba­re Al­ter­na­ti­ve zum Auf­zie­hen ei­nes Fahr­zeugs oh­ne mo­bi­le Auf­fahr­schie­nen dar. Häu­fig dürf­te die Ver­wen­dung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen auch ei­nen zwei­ten Mit­ar­bei­ter er­for­dern. Nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen sei in­ner­halb der je­wei­li­gen Rah­men­be­din­gun­gen ein Ein­satz des Fahr­zeugs mit ei­nem Mit­ar­bei­ter mög­lich, wenn­gleich der Ein­satz ei­nes zwei­ten Mit­ar­bei­ters prak­ti­scher sei. Die Auf­fahr­schie­nen könn­ten grund­sätz­lich von ei­ner Per­son al­lei­ne po­si­tio­niert wer­den. Dies er­scheint dem Se­nat je­doch ins­be­son­de­re bei nicht op­ti­ma­len Stra­ßen- und Ver­kehrs­si­tua­tio­nen als pro­ble­ma­tisch. Der Sach­ver­stän­di­ge W hat auch selbst aus­ge­führt, die Nut­zung mo­bi­ler Auf­fahr­schie­nen sei nicht gänz­lich un­üb­lich; üb­lich sei es je­doch, ein Fahr­zeug zum Ein­satz­ort zu er­brin­gen, bei dem die Auf­fahr­schie­nen nicht er­for­der­lich sind, wenn der Ab­schlep­pen­de ei­ne Wahl­mög­lich­keit hat.

1.​1.​3.​5 Auf­grund der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen stellt nach An­sicht des Se­nats – auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Vor­trags der Be­klag­ten in dem nicht nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 31.05.2016 – die Ein­satz­mög­lich­keit des Krans kei­ne Al­ter­na­ti­ve in den Fäl­len dar, dass die über­wie­gen­de An­zahl von Fahr­zeu­gen auf­grund des zu stei­len Auf­fahr­win­kels nicht auf­ge­zo­gen wer­den kann. In dem schrift­li­chen Gut­ach­ten hat der Sach­ver­stän­di­ge W aus­ge­führt, die Ein­satz­mög­lich­keit des Krans stel­le ei­ne wirt­schaft­li­che Al­ter­na­ti­ve zu der Be­la­de­mög­lich­keit „Auf­zie­hen“ dar, wenn ein Auf­zie­hen der Pkw aus an­de­ren Grün­den als ei­ner zu gro­ßen Steil­heit des Auf­fahr­win­kels nicht mög­lich ist. Der Kran stel­le dann kei­ne wirt­schaft­li­che Al­ter­na­ti­ve dar, wenn Ziel die Fä­hig­keit des Ab­schlepp­fahr­zeugs ist, Fahr­zeu­ge, tie­fer­ge­leg­te Fahr­zeu­ge und Fahr­zeu­ge mit Front- und Heck­spoi­ler oh­ne den Ein­satz von Aus­schub­ram­pen oder mo­bi­len Auf­fahr­schie­nen auf­zie­hen zu kön­nen. Der Sach­ver­stän­di­ge hat dies münd­lich da­hin ge­hend er­läu­tert, dass die Be­nut­zung des Krans ei­ne wirt­schaft­li­che Al­ter­na­ti­ve dar­stel­le, wenn ein Fahr­zeug ent­fernt wer­den soll, bei dem ein Auf­zie­hen nicht mög­lich ist, weil da­vor und da­hin­ter an­de­re Fahr­zeu­ge par­ken. Die Nut­zung des Krans be­an­spru­che mehr Zeit als ein Auf­zie­hen auf die Platt­form. Der Kran­ein­satz be­dür­fe ei­nes ge­wis­sen Plat­zes, da Ab­stüt­zun­gen aus­ge­fah­ren müs­sen. Ge­ge­be­nen­falls müss­ten auch Stra­ßen ge­sperrt wer­den. Beim Kran­ein­satz sei ein Ein­satz mit ei­nem Mit­ar­bei­ter in­ner­halb der je­wei­li­gen Rah­men­be­din­gun­gen mög­lich, wenn­gleich der Ein­satz ei­nes zwei­ten Mit­ar­bei­ters prak­ti­scher und bei ei­nem Mit­ar­bei­ter hin­sicht­lich des Ein­sat­zes ei­ne ge­wis­se Krea­ti­vi­tät oder Im­pro­vi­sa­ti­on er­for­der­lich sei. Prak­ti­scher­wei­se wer­de ein hoch­ge­ho­be­nes Fahr­zeug ge­gen ein Dre­hen durch ei­nen zwei­ten Mit­ar­bei­ter ge­si­chert. Es ge­be aber auch krea­ti­ve oder im­pro­vi­sa­to­ri­sche Mög­lich­kei­ten, die es er­mög­lich­ten, dass nur ein Mit­ar­bei­ter das Fahr­zeug ge­gen Dre­hen si­chert. So kön­ne zum Bei­spiel ein Seil von der Ab­schlep­pö­se des Fahr­zeugs zum Kran ge­legt wer­den. Es sei auch mög­lich, ein Fahr­zeug zu fi­xie­ren, dann zu be­we­gen und an­schlie­ßend wie­der zu fi­xie­ren, um es dann wei­ter zu be­we­gen.

1.2 Die Klä­ge­rin hat mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.05.2013 die An­fech­tung und hilfs­wei­se den Rück­tritt vom Ver­trag er­klärt. Zwar han­delt es sich bei dem Rück­tritt vom Ver­trag um ei­ne be­din­gungs­feind­li­che Ge­stal­tungs­er­klä­rung. Un­be­denk­lich sind je­doch Be­din­gun­gen, die den Er­klä­rungs­emp­fän­ger nicht in ei­ne un­ge­wis­se La­ge ver­set­zen, sei­ne be­rech­tig­ten In­ter­es­sen al­so nicht be­ein­träch­ti­gen (Pa­landt/El­len­ber­ger, a. a. O., vor § 158 Rn. 13). Dies ist vor­lie­gend der Fall, da die Klä­ge­rin in dem Schrei­ben die An­fech­tung des Kauf­ver­trags er­klärt hat und da­mit für die Be­klag­te un­miss­ver­ständ­lich ist, dass die Klä­ge­rin den Kauf­ver­trag rück­ab­ge­wi­ckelt wis­sen will (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 182/08, ju­ris Rn. 16).

1.3 Die Be­klag­te kann sich nicht auf den im Kauf­ver­trag ver­ein­bar­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen, da sie den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (§ 444 BGB).

1.3.1 Die Par­tei­en ha­ben in dem Kauf­ver­trag ver­ein­bart, das Fahr­zeug wer­de „ver­kauft wie be­sich­tigt, ge­prüft und Pro­be ge­fah­ren un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung und Män­gel­rü­ge“. Die­ser Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss konn­te grund­sätz­lich wirk­sam ver­ein­bart wer­den. Ins­be­son­de­re hat die Klä­ge­rin nicht vor­ge­tra­gen, dass es sich in­so­weit um All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen han­delt. Zu­dem wä­re ge­mäß § 309 Nr. 8 lit. b aa BGB ein Haf­tungs­aus­schluss nur bei neu her­ge­stell­ten Wa­ren un­wirk­sam.

1.3.2 Ge­mäß § 444 BGB kann sich der Ver­käu­fer auf ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen, so­weit er den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen oder ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit der Sa­che über­nom­men hat.

1.​3.​2.​1 Die Be­klag­te hat nicht die Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit des Ab­schlepp­fahr­zeugs über­nom­men (Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 444 Rn. 12; s. oben 1.1.1).

1.​3.​2.​2 Die Be­klag­te hat den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen.

1.​3.​2.​2.1 Arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen setzt vor­aus, dass der Ver­käu­fer den Feh­ler kennt oder ihn zu­min­dest für mög­lich hält und zu­gleich weiß oder doch da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Feh­ler nicht kennt und bei Of­fen­ba­rung den Ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, ju­ris Rn. 12; Urt. v. 12.04.2013 – V ZR 266/11, ju­ris Rn. 12). Ent­schei­dend ist al­lein, ob der Ver­käu­fer die den Feh­ler be­grün­den­den Um­stän­de kann­te; ob er sie zu­tref­fend als Feh­ler im Sin­ne des Ge­set­zes ein­ord­ne­te, ist oh­ne Be­lang (BGH, Urt. v. 07.03.2003 – V ZR 437/01, ju­ris Rn. 16). Leicht­fer­ti­ge oder grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis ge­nügt nicht, eben­so we­nig, wenn sich dem Ver­käu­fer das Vor­lie­gen von Tat­sa­chen hät­te auf­drän­gen müs­sen, die ei­nen Man­gel be­grün­den (BGH, Urt. v. 12.04.2013 – V ZR 266/11, ju­ris Rn. 13). Zu be­rück­sich­ti­gen ist, dass beim Ge­braucht­wa­gen­han­del an den Händ­ler an­de­re und we­sent­lich hö­he­re An­for­de­run­gen zu stel­len sind als an ei­nen pri­va­ten Ver­käu­fer (Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 444 Rn. 11).

Im vor­lie­gen­den Fall hat die Be­klag­te je­den­falls da­mit ge­rech­net, dass mit dem Ver­schie­be­pla­teau nur sehr we­ni­ge Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen. Dies er­gibt sich zum ei­nen dar­aus, dass die Be­klag­te in der Auf­trags­be­stä­ti­gung Nr. 42 … aus­ge­führt hat, dass der Auf­fahr­win­kel auf­grund der „Hilfs­rah­men­an­pas­sung für … Heck­tra­ver­se“ ins Ne­ga­ti­ve ver­än­dert wird, er un­güns­ti­ger wer­de. Um ei­nen güns­ti­gen Auf­fahr­win­kel zu hal­ten, soll­te man die Op­ti­on 947 da­zu wäh­len. Der Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten hat in­so­weit in der münd­li­chen Ver­hand­lung er­klärt, un­ter der Op­ti­on 947 sei­en die hy­drau­li­schen Auf­fahr­schie­nen zu ver­ste­hen, die un­ter Po­si­ti­on 14 der Auf­trags­be­stä­ti­gung auf­ge­führt sind. Dies zeigt, dass die Be­klag­te wuss­te, dass der Auf­fahr­win­kel pro­ble­ma­tisch ist, und sie da­her da­mit ge­rech­net hat, dass es beim Auf­zie­hen von Fahr­zeu­gen zu Pro­ble­men kom­men kann. Zum an­de­ren wur­de un­strei­tig der Auf­bau von der Be­klag­ten selbst her­ge­stellt. Die Be­klag­te kann­te da­her den Auf­fahr­win­kel, auch wenn es sich nach dem Vor­trag der Be­klag­ten bei dem Fahr­zeug um ei­nen Lea­sing­rück­läu­fer han­delt und die­ses sich zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­tra­ges in Bam­berg be­fand.

1.​3.​2.​2.2 Fer­ner setzt arg­lis­ti­ges Ver­schwei­gen ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht vor­aus, die der Käu­fer auf­grund der Ver­kehrs­an­schau­ung nach Treu und Glau­ben er­war­ten durf­te (Pa­landt/Wei­den­kaff, a. a. O., § 442 Rn. 18). Bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen be­steht ei­ne Rechts­pflicht zur Auf­klä­rung auch oh­ne Nach­fra­ge dann, wenn der an­de­re Teil nach Treu und Glau­ben un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­an­schau­ung red­li­cher­wei­se die Mit­tei­lung von Tat­sa­chen er­war­ten durf­te, die für die Wil­lens­bil­dung des an­de­ren Teils of­fen­sicht­lich von aus­schlag­ge­ben­der Be­deu­tung sind (BGH, Urt. v. 11.08.2010 – XII ZR 192/08, ju­ris Rn. 22). Da­von wird ins­be­son­de­re bei sol­chen Tat­sa­chen aus­ge­gan­gen, die den Ver­trags­zweck ver­ei­teln oder er­heb­lich ge­fähr­den kön­nen (BGH, Urt. v. 11.08.2010 – XII ZR 192/08, ju­ris Rn. 22). Dies gilt je­doch nicht für Män­gel, die ei­ner Be­sich­ti­gung zu­gäng­lich und da­mit er­kenn­bar sind, da der Käu­fer sol­che Män­gel bei der im ei­ge­nen In­ter­es­se ge­bo­te­nen Sorg­falt selbst wahr­neh­men kann (BGH, Urt. v. 02.02.1996 – V ZR 239/94, ju­ris Rn. 17; Urt. v. 05.06.2012 – V ZR 198/11, ju­ris Rn. 17 ).

Vor­lie­gend be­stand ei­ne Auf­klä­rungs­pflicht der Be­klag­ten. Der ver­trag­lich ver­ein­bar­te Ver­wen­dungs­zweck war, dass Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den sol­len. Die­ser Ver­trags­zweck wird da­durch ver­ei­telt, dass mit dem Ab­schlepp­fahr­zeug nur sehr we­ni­ge Fahr­zeu­ge auf­ge­zo­gen wer­den kön­nen (s. oben 1.1.2). Die Be­klag­te kam ih­rer Auf­klä­rungs­pflicht al­lein mit dem un­strei­ti­gen Hin­weis, dass sie in ih­rem Pro­gramm auch Fahr­zeu­ge hat, bei de­nen die La­de­flä­che fast kom­plett ab­ge­senkt wer­den kann, und dass man zwar fast al­le Pkw be­för­dern kann, aber je nach Be­schaf­fen­heit des ab­zu­schlep­pen­den Fahr­zeu­ges der La­de­kran ver­wen­det wer­den müs­se, nicht nach. Die Be­klag­te hät­te viel­mehr dar­auf hin­wei­sen müs­sen, dass die über­wie­gen­de An­zahl von Pkw nicht auf­ge­zo­gen wer­den kann. Un­ab­hän­gig da­von, dass die Klä­ge­rin bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges das Ab­schlepp­fahr­zeug un­strei­tig nicht be­sich­ti­gen konn­te, wä­re der zu stei­le Auf­fahr­win­kel auch nicht bei ei­ner blo­ßen Be­sich­ti­gung er­kenn­bar ge­we­sen; die Klä­ge­rin hät­te viel­mehr Auf­fahr­ver­su­che durch­füh­ren müs­sen. Sol­che Ver­su­che er­for­dert je­doch die im ei­ge­nen In­ter­es­se ge­bo­te­ne Sorg­falt nicht.

1.4 Die Klä­ge­rin muss­te der Be­klag­ten kei­ne Frist zu ei­ner – wei­te­ren – Nach­er­fül­lung set­zen. Zu­tref­fend ist zwar, dass der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag im Re­gel­fall den er­folg­lo­sen Ab­lauf ei­ner Frist zur Nach­er­fül­lung vor­aus­setzt. Dies er­gibt sich aus §§ 437 Nr. 2, 323 I BGB. Dies gilt je­doch dann nicht, wenn be­son­de­re Um­stän­de vor­lie­gen, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen die so­for­ti­ge Aus­übung des Rück­tritts­rechts recht­fer­ti­gen (§§ 323 II, 440 BGB). Dies ist un­ter an­de­rem der Fall, wenn der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen ihm be­kann­ten Man­gel bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges ver­schwie­gen hat, da dann da­von aus­zu­ge­hen ist, dass die für ei­ne Nach­er­fül­lung er­for­der­li­che Ver­trau­ens­grund­la­ge be­schä­digt ist (BGH, Urt. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, ju­ris Rn. 12 f.).

1.5 Das Rück­tritts­recht der Klä­ge­rin ist nicht auf­grund der Ge­neh­mi­gungs­fik­ti­on des § 377 II HGB aus­ge­schlos­sen. Da­hin­ge­stellt blei­ben kann, ob die Klä­ge­rin nach der von der Be­klag­ten durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rung – der Ver­set­zung des Hub­zy­lin­ders – un­ver­züg­lich er­neut das Ab­schlepp­fahr­zeug un­ter­sucht und den ver­blie­be­nen Man­gel wie­der­um un­ver­züg­lich ge­gen­über der Be­klag­ten ge­rügt hat (vgl. BGH, Urt. v. 22.12.1999 – VI­II ZR 299/98, ju­ris Rn. 20). Da die Be­klag­te den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat, kann sie sich nicht auf die Ge­neh­mi­gungs­fik­ti­on be­ru­fen (§ 377 V HGB).

1.6 Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 53.550 € so­wie des von der Klä­ge­rin für das Hub­joch und die Rad­klam­mern ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 3.000 € Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des Ab­schlepp­fahr­zeu­ges nebst Hub­joch und Rad­klam­mern. Da die Klä­ge­rin un­strei­tig das Ab­schlepp­fahr­zeug nicht ge­nutzt hat, ist sie nicht zur Leis­tung von Wert­er­satz für ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen ver­pflich­tet. …

So­weit die Klä­ge­rin hin­sicht­lich der Rück­erstat­tung des Kauf­prei­ses für Hub­joch und Rad­klam­mern Zin­sen ab 18.05.2013 gel­tend ge­macht hat, war die Be­ru­fung zu­rück­zu­wei­sen.

2. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Fest­stel­lung, dass die­se sich seit 18.05.2013 in An­nah­me­ver­zug be­fin­det.

Ge­mäß § 293 BGB kommt der Gläu­bi­ger in Ver­zug, wenn er die ihm an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­nimmt. Ein wört­li­ches An­ge­bot des Schuld­ners ge­nügt ge­mäß § 295 Satz 1 BGB dann, wenn ei­ne Hand­lung des Gläu­bi­gers er­for­der­lich ist, ins­be­son­de­re wenn der Gläu­bi­ger die ge­schul­de­te Sa­che ab­zu­ho­len hat. Dies ist vor­lie­gend der Fall, da ge­mein­sa­mer Leis­tungs­ort für den Rück­tritt ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 440 BGB der Ort ist, an dem sich die Sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det (Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 75. Aufl. [2016], § 269 Rn. 16). Die Klä­ge­rin hat die Be­klag­te mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.05.2013 auf­ge­for­dert, das Fahr­zeug bei der Klä­ge­rin bis zum 17.05.2013 ab­zu­ho­len. Dies hat die Be­klag­te un­strei­tig nicht ge­macht. Die­se Auf­for­de­rung an die Be­klag­te, das Ab­schlepp­fahr­zeug ab­zu­ho­len, steht dem An­ge­bot der Leis­tung gleich (§ 295 Satz 2 BGB). …

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