Ein Verkäufer handelt subjektiv nicht schon dann arglistig, wenn er einen Mangel kennt und dem Käufer nicht offenbart. In subjektiver Hinsicht setzt Arglist vielmehr auch voraus, dass der Verkäufer weiß oder zumindest für möglich hält, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Offenbarung den Kaufvertrag nicht oder jedenfalls nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.

LG Dortmund, Urteil vom 07.12.2011 – 2 O 124/11

Sachverhalt: Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Wohnwagen.

Der Ehemann der Beklagten, der Zeuge E, hatte den Wohnwagen (Erstzulassung 1999) am 02.02.2008 von dem Fahrzeughändler H erworben. In dem Kaufvertragsformular war in der Rubrik „Mängel“ vermerkt: „Gebrauchsspuren, Frontmaske aus Kunststoff war an mehreren Stellen gerissen und wurde geklebt“.

Nach vorausgegangener Besichtigung des Fahrzeugs erwarb der Kläger den Wohnwagen von der Beklagten. Der hierzu ausgefüllte ADAC-Kaufvertrag enthält einen Gewährleistungsausschluss. Unter Nr. 2 (Frage nach Unfallschäden und verschiedenen Beschädigungen „in der übrigen Zeit – soweit ihm bekannt“, d. h. vor der Zeit, in der das Fahrzeug Eigentum des Verkäufers war) ist vermerkt: „Parkrempler hinten links“.

Der Kläger holte ein Gutachten zu dem Zustand des Wohnwagens ein und bemängelte gegenüber der Beklagten Risse der Bugwand. Mit Schreiben vom 18.02.2011 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihn arglistig getäuscht, indem sie ihm die Risse nicht offenbart habe. Durch die Risse würde Feuchtigkeit in den Wohnwagen eindringen. Es komme zu Wassereinbrüchen. Die aufzuwendenden Reparaturkosten betrügen 3.144,21 €. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass aufgrund der Feuchtigkeit weitere Schäden an der Holzkonstruktion vorlägen und sich daher eine Reparaturausweitung in Höhe von 1.000 € bis 2.000 € ergeben könnte.

Mit der Klage verlangt der Kläger den Kaufpreis zurück. Er beansprucht ferner Sachverständigenkosten in Höhe von 562,51 € sowie Reparaturkosten für die Erneuerung des Heckfensters in Höhe von 582,21 €. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Dem Kläger stehen die mit der Klage verfolgten Ansprüche unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu, weil die Beklagte sich mit Erfolg auf den Gewährleistungsausschluss berufen kann. Anderes würde nur dann gelten, wenn dem Kläger der Arglistnachweis gelungen wäre. Dies ist indes nicht der Fall. Weder steht fest, dass die Beklagte arglistig handelte, noch dass Arglist bei dem Ehemann der Beklagten vorlag, welche der Beklagten zuzurechnen wäre.

1. Dass die Beklagte selbst arglistig handelte, kann nicht festgestellt werden. Dass sie überhaupt Kenntnis von den Rissen hatte, wie sie in dem Kaufvertrag mit dem Fahrzeughandel H dokumentiert sind, ist nicht bewiesen. Ihre Behauptung, ihr Ehemann habe den Wohnwagen allein gekauft und ihr sodann geschenkt, hat der Kläger nicht widerlegen können.

2. Es liegt aber auch keine Arglist bei dem Ehemann der Beklagten vor, die der Klage zum Erfolg verhelfen könnte.

a) Allerdings scheitert dies nicht bereits an einer fehlenden Zurechnung der subjektiven Seite des Ehemanns. Der Zeuge E trat sowohl als Verhandlungsgehilfe als auch als Wissensvertreter für die Beklagte bei den Kaufvertragsverhandlungen in Erscheinung, sodass dessen subjektive Seite der Beklagten über § 166 BGB analog zuzurechnen ist (vgl. hierzu Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 2084; BGH, NJW-RR 1996, 1332; OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2006 – 1 U 67/06, BeckRS 2007, 04969). So hat der Zeuge E Besichtigungen des Wohnwagens mit dem Kläger durchgeführt. Er hat ihm nach seinen eigenen Bekundungen den Unfallschaden gezeigt und damit als Gehilfe bei den Verhandlungen gehandelt. Dazu hat er als Wissensvertreter agiert, als er – offenbar in Anwesenheit der Beklagten – Nr. 2 des ADAC-Kaufvertrags ausfüllte.

b) Es kann indes nicht festgestellt werden, dass der Zeuge E arglistig handelte, als er die (reparierten) Risse nicht angab. In subjektiver Hinsicht setzt Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraus, dass der Verkäufer bzw. sein Vertreter (§ 166 I BGB) weiß oder für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, Urt. v. 15.07.2011 – V ZR 171/10, NJW 2011, 3640). Ein solches Fürmöglichhalten kann bei dem Zeugen E nicht festgestellt werden. Dieser hat plausibel bekundet, er habe die Risse nicht angegeben, weil sie für ihn keine Beschädigungen (im Sinne der Vorgaben des Kaufvertragsformulars) gewesen seien. Für ihn habe es sich um einen reparierten Bagatellschaden gehandelt. Dies steht im Einklang damit, dass auch der Zeuge H die Risserscheinungen als gewöhnlich dargestellt hat. Dieser hat bekundet, dass Risse regelmäßig bei allen Fahrzeugen mit einer Kunststoffmaske entstehen. Danach erscheint es plausibel, dass der Zeuge den Rissen keine Bedeutung mehr beimaß – dies, zumal nach den glaubhaften Angaben des Zeugen Feuchtigkeitserscheinungen durch die reparierten Risse nicht bedingt waren, was wiederum mit der Erklärung des Klägers im Einklang steht, der – in Widerspruch zu seinem schriftsätzlichen Vortrag – eigeräumt hat, dass er noch keinen Feuchtigkeitsschaden in seiner Besitzzeit festgestellt habe. Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls Privatverkäufer häufig nur „echte“ Unfallschäden für offenbarungspflichtig halten (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 4432). Damit wiederum steht im Einklang, dass der Kläger unstreitig über den Unfallschaden aufgeklärt worden ist. Letztlich streitet auch der persönliche Eindruck, den das Gericht von dem Zeugen gewonnen hat, gegen die Annahme von Arglist. Danach erscheint es eher fernliegend, dass der Zeuge den Kläger in unredlicher Weise übervorteilen wollte.

Das Gericht hat noch erwogen, ob die Erklärung unter Nr. 2 des Kaufvertrags als Beschaffenheitsvereinbarung anzusehen ist mit der Folge, dass der Gewährleistungsausschluss überwunden werden könnte. Nach zutreffender Auffassung in Rechtsprechung und Literatur liegt jedoch nur eine Wissensmitteilung vor, wenn Formulierungen wie „soweit bekannt“ oder „nach Angaben des Vorbesitzers“ oder „laut Fahrzeugbrief“ verwandt werden (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2450 und 2499; BGH, Beschl. v. 02.11.2010 – VIII ZR 287/09).

Letztlich wäre noch denkbar, dass unter Nr. 2 des Kaufvertragsformulars eine fahrlässig falsche Wissensmitteilung erfolgte, welche eine Haftung begründet. Die Regeln der culpa in contrahendo sind vorliegend jedoch nicht anwendbar, da die §§ 434 ff. BGB vorrangig sind. Nach zutreffender Auffassung gehen diese der allgemeinen Haftung aus culpa in contrahendo in der vorliegenden Konstellation vor (siehe hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2453 m. w. Nachw.).

Nach alledem war zu erkennen wie geschehen …

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