Indem ein Kunde bei einem Kfz-Händler schriftlich einen Gebrauchtwagen bestellt, trägt er dem Händler in der Regel den Abschluss eines Kaufvertrags über das Fahrzeug an. Ein Kaufvertrag kommt (erst) zustande, wenn der Händler den in der Bestellung liegenden Antrag annimmt, wobei es insoweit unzureichend sein kann, dass ein Verkaufsmitarbeiter des Händlers die Bestellung gegenzeichnet. Denn damit bestätigt der Verkaufsmitarbeiter unter Umständen lediglich die Entgegennahme der Bestellung.

LG Ravensburg, Urteil vom 19.02.2016 – 3 O 264/15

Sachverhalt: Die Parteien streiten darüber, ob sie einen wirksamen Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen geschlossen haben.

Am 09.07.2014 bestellte der Kläger bei der Beklagten, einer BMW-Vertragshändlerin, einen am 04.02.2010 erstzugelassenen Aston Martin V8 Vantage S Coupé zum Preis von 59.880 €. Das Bestellformular enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb der in den Gebrauchtwagenverkaufsbedingungen geregelten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht.“

Die in Bezug genommenen „Verkaufsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge“ wurden dem Kläger am 09.07.2014 übergeben. In diesen Verkaufsbedingungen heißt es unter anderem:

„I. Vertragsabschluss/…

1. Der Käufer ist an die Bestellung höchstens bis 10 Tage gebunden. Der Kaufvertrag ist abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung des näher bezeichneten Kaufgegenstandes innerhalb der genannten Frist in Textform bestätigt oder die Lieferung ausführt. Der Verkäufer ist jedoch verpflichtet, den Besteller unverzüglich zu unterrichten, wenn er die Bestellung nicht annimmt.“

Außerdem ist in den Verkaufsbedingungen vorgesehen, dass der Verkäufer Schadensersatz in Höhe von pauschal 10 % des Bruttokaufpreises verlangen darf, wenn der Käufer ein gekauftes Fahrzeug nicht abnimmt und der Verkäufer ihn deshalb auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.

Der Kläger leistete eine Anzahlung auf den Kaufpreis in Höhe von 4.000 €.

Mit Schreiben vom 01.08.2014 teilte die Beklagte dem Kläger schriftlich mit, dass das bestellte Fahrzeug zur Abholung bereit sei, und forderte ihn auf, den Wagen bis zum 08.08.2014 gegen Zahlung des restlichen Kaufpreises abzuholen.

Daraufhin erschien die Ehefrau des Klägers zwar am 01.08.2014 bei der Beklagten; die Fahrzeugübergabe scheiterte jedoch, weil die Ehefrau des Klägers zum Teil in Schweizer Franken zahlen wollte und die Beklagte dies ablehnte.

Mit Schreiben vom 01.08.2014 bzw. 02.08.2014 erklärte der Kläger schließlich, dass er von seiner Bestellung zurücktrete; es liege kein Kaufvertrag, sondern lediglich eine Bestellung vor. Daraufhin forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 18.08.2014 erneut zur Abholung des Fahrzeugs auf und setzte ihm hierfür eine Frist bis zum 25.08.2014. Weil der Kläger das Fahrzeug in der Folgezeit nicht abholte, forderte die Beklagte ihn schließlich mit Schreiben vom 04.11.2014 auf, Schadensersatz in Höhe von 5.988 € abzüglich bereits gezahlter 4.000 € zu leisten.

Mit Schreiben vom 08.11.2014 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass er von der Fahrzeugbestellung zurückgetreten sei und er keinen Kaufvertrag unterzeichnet habe und forderte – erfolglos – die geleistete Anzahlung zurück. Die Rückzahlung mahnte der spätere Prozessbevollmächtigte des Klägers unter dem 10.12.2014 an.

Die Klage, mit der der Kläger über die Zahlung von 4.000 € nebst Zinsen hinaus die im Wesentlichen die Feststellung begehrt hat, dass er nicht 1.988 € an die Beklagte zahlen müsse, hatte in der Hauptsache Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Der vorliegende Rechtsstreit zeichnet sich dadurch aus, dass die Beklagte einerseits Vertragsklauseln … und Vertragsbedingungen … verwendet, die den Kaufvertragsschluss besonders regeln, sie sich andererseits daran aber nicht hält bzw. diese von ihr selbst verwendeten Bedingungen nicht vollzieht und einen Kaufvertragsschluss außerhalb der von ihr vorgegebenen Regelungen konstruieren will.

Eine weitere – prozessuale – Besonderheit besteht darin, dass die Beklagte einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt erst mündlich in der mündlichen Verhandlung vorträgt und schriftlich erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Dieser entscheidungserhebliche Gesichtspunkt steht aber mit dem eigentlichen Vortrag (Klageerwiderung) zum Vertragsschluss im Widerspruch. …

2. Der Kläger kann von der Beklagten die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 4.000 € aus § 812 I 1 Fall 1 BGB verlangen. Der Kläger hat an die Beklagte 4.000 € geleistet, dies zur Erfüllung eines (vermeintlich wirksamen) Kaufvertrags. Dies geschah ohne Rechtsgrund.

Als Rechtsgrund kommt hier allein ein – von Beklagtenseite behauptete – geschlossener und wirksam zustande gekommener Kaufvertrag in Betracht. Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass ein Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.

Beweisbelastet für das Nichtvorliegen eines Rechtsgrundes bzw. Kaufvertrages ist der Gläubiger (MünchKomm-BGB/Schwab, 6. Aufl. [2013], § 812 Rn. 363 ff.). Der Kläger, der Ansprüche aus § 812 I 1 Fall 1 BGB geltend macht, muss beweisen, dass der behauptete bzw. von ihm bei Zahlung angenommene Rechtsgrund nicht besteht. Der Kläger muss hier also beweisen, dass ein … Kaufvertrag nicht zustande gekommen ist.

Ein Kaufvertrag entsteht durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen, Angebot und Annahme, nach §§ 145 ff. BGB.

a) Die vom Kläger am 09.07.2014 unterschriebene Bestellung stellt ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrags über den in der Bestellung konkret bezeichneten Aston Martin dar. Das Angebot enthält die essentialia negotii, also die vertragswesentlichen Bestandteile.

Vor dem Hintergrund der gleichzeitig übergebenen Verkaufsbedingungen war der Kläger an sein Angebot zehn Tage gebunden. Diese Bindungsfrist ergibt sich aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB). Eine Abbedingung der Verkaufsbedingungen hat nicht stattgefunden (vgl. unten).

b) Aus objektiver Sicht eines Empfängers (§§ 133, 157 BGB) stellt die Gegenzeichnung der Bestellung durch den Verkäufer V, den Vertreter der Beklagten, allein keine Annahme des Kaufvertrages dar. Denn die Unterschrift erfolgte ausdrücklich über den Worten „zur Bestellung“ und stellt aus objektiver Empfängersicht nicht mehr als eine Bestätigung der Entgegennahme der Bestellung dar. Diese ist auch wegen der zehntägigen Bindungsfrist … veranlasst und erforderlich. Denn durch diese Bestätigung der Entgegennahme der Bestellung wird die zehntägige Bindungsfrist in Lauf gesetzt und zur Kenntnis beider Vertragsparteien dokumentiert.

c) Auch durch eine vermeintlich mündliche Erklärung des Verkäufers V gegenüber dem Kläger, dass er den Vertrag annehme, ist im vorliegenden Fall kein Vertragsschluss zustande gekommen.

aa) Zum einen ergab die Vernehmung des Zeugen V, dass dieser gerade weder ausdrücklich noch stillschweigend mündlich die Annahme des Vertrages erklärt hat. Der Vertragsschluss war – nach Ansicht des Zeugen – durch die Zeichnung der Bestellung zustande gekommen; dieser hatte angenommen, dass der Vertrag so zustande gekommen ist. Über seine einseitige Erwartung aber geht dies nicht hinaus. Der Zeuge hat gerade nicht die mündliche Annahme des Kaufvertrags erklärt.

bb) Darüber hinaus stehen einem Vertragsschluss auf diese Weise die Vertragsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge (Nr. I 1) sowie die Bestimmung auf Seite 2 der Bestellung, entgegen.

Die Vertragsbedingungen wurden bei Zeichnung der Bestellung übergeben und waren Gegenstand der Vertragsverhandlungen.

Nach den Vertragsbedingungen und der Regelung aus der Bestellung ist der Kaufvertrag abgeschlossen, wenn der Verkäufer die Annahme innerhalb von zehn Tagen in Textform bestätigt oder die Lieferung ausführt. Aus objektiver Empfängersicht (§§ 133, 157 BGB) ist der Vertrag erst mit Bestätigung in Textform oder Ausführung der Lieferung geschlossen. Denn gerade wegen der Regelung in der Bestellung und den Vertragsbedingungen kann und muss ein objektiver Vertragspartner – sei es in der Person des Verkäufers, sei es in der Person des Käufers – nicht davon ausgehen, dass der Vertrag sofort geschlossen ist.

cc) Die Regelung in den Verkaufsbedingungen (Nr. I 1) stellt auch keine bloße Förmelei dar, die unbeachtlich sein könnte, sondern hat ihren Sinn und Zweck. Der Vorbehalt der schriftlichen Bestätigung (oder Ausführung der Lieferung) innerhalb von zehn Tagen soll der Beklagten als Verkäuferin gerade die Möglichkeit einräumen, die Erfüllung des Vertrages zu prüfen und sicherzustellen, bevor der Kaufvertrag zustande kommt bzw. verbindlich wird. Dies ist gerade deshalb sinnvoll und auch von der Beklagten ersichtlich gewollt, weil sie über Verkaufsstellen an verschiedenen Orten verfügt und Autos auch über Internet anbietet, also Gebrauchtwagen nicht ausschließlich vom Hof weg verkauft. Würde der Vertrag bereits vor Ort unmittelbar zustande kommen, könnte die Beklagte in Erfüllungsschwierigkeiten kommen, wenn an einem anderen Ort auch eine weitere „Bestellung“ bzw. ein weiterer Kaufvertrag über das gleiche Fahrzeug abgeschlossen worden wäre. Gerade dies will die Beklagte als Verkäuferin ersichtlich verhindern. Da es durchaus vorkommen kann, dass Fahrzeuge längere Zeit vor Ort stehen und vor dem Verkauf einer technischen Überprüfung bedürfen, ergibt sich auch daraus, also aus einer längeren Standzeit, ein – für Verkaufsinteressenten erkennbares – Interesse, vor Kaufvertragsschluss die Erfüllbarkeit des zu schließenden Vertrages zu überprüfen.

Darüber hinaus ist es alles andere als selbstverständlich, dass ein bei der Beklagten angestellter Verkäufer sowohl über eine entsprechende Vertretungsmacht zum Abschluss von Kaufverträgen über hochpreisige Autos verfügt (§ 56 HGB dürfte hier sowieso nicht zur Anwendung kommen, weil die Beklagte nicht ausschließlich Autos vom Hof weg verkauft) als auch intern – also im Innenverhältnis – eine entsprechende Befugnis hat. Deshalb behält sich die Beklagte als Vertragspartner die schriftliche Bestätigung (oder Ausführung der Lieferung) als zum Abschluss des Kaufvertrages erforderlichen Akt vor.

Dass die besondere Regelung über den Kaufvertragsschluss zwischen einem Vertragsschluss unter Anwesenden und unter Abwesenden differenziert, ergibt sich weder aus der Regelung selbst noch aus ihrem Sinn und Zweck und begründet damit keinen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt.

dd) Auch wurde die besondere Regelung über den Vertragsschluss nicht abbedungen (vgl. näher unten).

d) Auch sind die Beklagte und der Kläger nicht übereinstimmend von einem verbindlichen Vertragsschluss am 09.07.2014 ausgegangen bzw. haben übereinstimmend einen Vertrag sofort schließen wollen.

aa) Zum einen war auf Grundlage der Aussage des Zeugen davon auszugehen, dass der Kaufvertrag nicht bereits am 09.07.2014 – abweichend von der besonderen Regelung in der Bestellung und den Verkaufsbedingungen – von beiden Vertragsparteien übereinstimmend ausdrücklich als geschlossen gewollt war. Denn darüber wurde nicht explizit gesprochen.

Der Zeuge hat – bezüglich der Beklagtensicht – nur seine einseitige Erwartung bekundet, dass der Vertrag verbindlich geschlossen sei. Diese einseitige Erwartung begründet aber keinen Vertragsinhalt.

Dass der Zeuge V und der Kläger insgeheim möglicherweise davon ausgegangen sind, dass der Vertrag am 09.07.2014 zustande gekommen ist, ist auch allein nicht entscheidend. Denn es kommt auf die Sicht eines objektiven Empfängers auf Verkäufer- und Käuferseite an. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auf Verkäuferseite die Beklagte durch einen Vertreter auftritt, auf den es zwar im Rahmen von Wissensbetrachtungen nach § 166 I BGB ankommt, aber nicht allein und ausschließlich, da bei Handlungen der Beklagten (juristische Person) auch weitere Gesichtspunkte, wie die Regelung in der Bestellung und den Verkaufsbedingungen, mit zu berücksichtigen sind und den – maßgeblichen objektiven – Erklärungswert von Handlungen mitbegründen.

bb) Der Annahme eines übereinstimmend sofortigen Vertragsschlusses stehen die Vertragsbedingungen und die Regelung in der Bestellung entgegen. Diese wurden weder ausdrücklich noch stillschweigend übereinstimmend abbedungen.

Eine Abbedingung dieser Vertragsbedingungen konnte der Aussage des Zeugen V gerade nicht entnommen werden; über die Vertragsbedingungen wurde am 09.07.2014 nicht weiter gesprochen. Auch gibt es über die Abbedingung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen keine schriftliche Dokumentation bzw. Fixierung, die vor dem Hintergrund der Bestimmung in der Bestellung, dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen, aber erforderlich, zumindest aber zu erwarten gewesen wäre. Dazu ist diese Regelung Gegenstand der Bestellung und der Verkaufsbedingungen; diese wurden bei der Bestellung übergeben.

Die Beklagte kann nicht auf der einen Seite – vermeintlich – durch ihren Vertreter (§§ 164, 166 BGB) sofort einen Vertrag schließen wollen, aber auf der anderen Seite das Bestellformular mit der entsprechenden Regelung auf Seite 2 und die Vertragsbedingungen für gebrauchte Fahrzeuge übergeben und auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass mündliche Nebenabreden nicht bestehen. Gerade deshalb ist aus objektiver Verkäufersicht weder ein sofortiger mündlicher Vertragsschluss noch eine Abbedingung dieser besonderen Vertragsschlussregelung anzunehmen.

cc) Ob der Kläger davon ausgegangen ist, dass bereits ein Vertrag zustande gekommen ist, er im Vertrauen darauf eine Anzahlung leistete und zur Abholung seine Frau am 01.08.2014 losschickte, kann deshalb dahinstehen und ist nicht weiter entscheidungserheblich. Dies ist nur Ausdruck der irrigen Annahme des Klägers, der Vertrag sei bereits wirksam zustande gekommen.

e) Eine schriftliche Bestätigung des Kaufvertrags – entsprechend Seite 2 der Bestellung und Nr. I 1 der Verkaufsbedingungen – hat es innerhalb der zehntägigen Bindungsfrist unstreitig nicht gegeben.

f) Ein Vertragsschluss durch Ausführung der Lieferung – entsprechend Seite 2 der Bestellung und Nr. I 1 der Verkaufsbedingungen – liegt ebenso nicht vor.

aa) Nach der Regelung der Bestellung und den Verkaufsbedingungen ist ein Kaufvertrag auch dann geschlossen, wenn innerhalb der zehntägigen Bindungsfrist die Lieferung ausgeführt wird. Unter der Annahme des Beklagtensitzes als Lieferort (§ 269 I BGB) ist unter „Ausführung der Lieferung“ ein Leistungsangebot in Annahmeverzug begründender Weise zu verstehen (vgl. § 295 Satz 1 Halbsatz 2 BGB).

Ob dieses Leistungsangebot schriftlich bzw. in Textform erfolgen muss, kann dahinstehen. Für ein Formerfordernis würde sprechen, dass nach Nr. II 1 Liefertermine schriftlich anzugeben sind. Auch die Bestimmung Nr. I 1, wonach die Annahme in Textform zu bestätigen ist, dürfte dafür sprechen. Das Erfordernis eines bloß mündlichen Leistungsangebots würde auch mit der Regelung der Bestellung, wonach mündliche Nebenabreden nicht bestehen, nicht in Einklang zu bringen sein: Die Beklagte verlangt gerade schriftliche Erklärungen und Abreden. Dies kann aber dahinstehen.

bb) Eine solche Ausführung der Lieferung innerhalb der zehntägigen Bindungsfrist hat die Beklagte bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu keiner Zeit schriftlich behauptet. Zu keiner Zeit hat die Beklagte vor Schluss der mündlichen Verhandlung schriftlich zur Bereitstellung des streitgegenständlichen Fahrzeuges vorgetragen; dementsprechend hatte der Kläger auch keinerlei Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen (rechtliches Gehör!).

Soweit die Beklagte nun im Schriftsatz vom 15.02.2016, also nach Schluss der mündlichen Verhandlung, das erste Mal schriftlich vorträgt, ist dieser schriftliche Vortrag verspätet (§ 296a ZPO).

cc) Zwar trifft es zu, dass die Beklagtenvertreterin zu Beginn der Verhandlung vom 29.01.2016 im Rahmen der Güteverhandlung mündlich mitteilte, dass sie gerade von dem Zeugen V erfahren habe, dass dieser den Kläger eine Woche nach der Bestellung zur Abholung aufgefordert habe. Damit hat sie behauptet, dass dem Kläger binnen einer Woche eine entsprechende Bereitstellungsanzeige gemacht worden sei, und die Auffassung vertreten, dass jedenfalls dadurch der Kaufvertrag zustande gekommen sei.

Auch hat der Zeuge V im Rahmen seiner Zeugenvernehmung dazu Angaben gemacht und wurde auch dazu näher befragt. Diese Beklagtenbehauptung ist damit zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden.

Der Kläger hat sich im Schriftsatz vom 04.02.2016 dazu schriftlich geäußert und damit – wenn auch erst nach der Beweisaufnahme – die Möglichkeit zum rechtlichen Gehör gehabt. Er hat dies bestritten, was – vor dem Hintergrund der Beweislastverteilung bei § 812 I 1 BGB (vgl. oben) – so zu verstehen ist, dass es eine entsprechende Mitteilung nach einer Woche nicht gegeben habe.

dd) Dieser Beklagtenvortrag ist aber bereits deshalb unbeachtlich, weil sich die Beklagte damit zu ihrem bisherigen Vortrag in Widerspruch setzt. Denn zum einen behauptet sie, die besonderen Regelungen über den Kaufvertragsschluss (Seite 2 der Bestellung und Nr. I 1 der Verkaufsbedingungen) seien abbedungen worden, und es sei sofort ein Vertrag geschlossen worden (dies ist durch die Vernehmung des Zeugen V widerlegt), jetzt aber will sie aus den besonderen Bestimmungen der Bestellung (Seite 2) und den Verkaufsbedingungen Rechte herleiten.

Deshalb kommt es auf diesen (mündlichen) – widersprüchlichen – Vortrag nicht weiter an. Der Kläger braucht diese Beklagtenbehauptung deshalb nicht weiter zu widerlegen bzw. „wegzubeweisen“.

ee) Auf die Aussage des Zeugen V, dessen Glaubhaftigkeit, die Beweislast des Klägers und das Erfordernis der Anhörung des Klägers zu diesem Thema kommt es deshalb nicht weiter an.

g) Auch ist bei der (gescheiterten) Abholung … kein Kaufvertrag zustande gekommen.

aa) Zwar ist eine Bereitstellungsanzeige vom 01.08.2014 als Angebot auf Kaufvertragsschluss auslegbar. Mit Rücksicht auf die Bestellung vom 09.07.2014 war Gegenstand des Angebots die Nebenbestimmung der Zahlung des Restkaufpreises in Euro (55.880 €).

bb) Indem die Ehefrau des Klägers aber am Sitz der Beklagten … zur Abholung erschien und die Kaufpreisschuld teilweise mit Schweizer Franken bezahlen wollte, hat sie bzw. der Kläger das Angebot abgelehnt und ein neues Angebot unterbreitet (§ 150 II BGB). Dass die Bestellung vom 09.07.2014 eine Restzahlung in Euro vorsieht, ändert an dieser Beurteilung nichts.

cc) Dieses neue Angebot wurde von der Beklagten nicht angenommen.

h) Auch ist es dem Kläger nach § 242 BGB (Treu und Glauben) nicht verwehrt, sich auf das formale Nichtzustandekommen des Kaufvertrages zu berufen.

Wenn auch einiges dafür spricht, dass der Kläger am 09.07.2014 von einem wirksamen Kaufvertragsschluss ausging und die Unwirksamkeit erst geltend gemacht hat, als die Erfüllung in (auch) Schweizer Franken von der Beklagten abgelehnt wurde, so ergeben sich daraus keine Gesichtspunkte i. S. des § 242 BGB, sondern belegt nur dessen irrige Annahme eines vermeintlichen Vertragsschlusses. Dieser ist aber gerade Grundlage für einen Bereicherungsanspruch aus § 812 I 1 Fall 1 BGB (Leistungskondiktion). Es stellt keinen Verstoß gegen Treu und Glaube dar, sich jetzt auf den unterbliebenen Kaufvertragsschluss zu berufen.

Eine andere Frage ist es, ob sich aus der gesamten „Vertragsbeziehung“ eine Haftung des Klägers wegen Verletzung vorvertraglicher Vertragsbeziehungen (Abbruch von Vertragsverhandlungen, §§ 280 I, 311 II BGB) ergibt; diese ist jedoch nicht streitgegenständlich.

3. Mit der Hauptforderung befindet sich die Beklagte infolge der Mahnung vom 08.11.2014 jedenfalls ab dem 09.11.2014 in Verzug (§ 286 I BGB).

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten kann der Kläger ersetzt verlangen, weil sich die Beklagte infolge der Mahnung vom 08.11.2014 vor Einschaltung des Klägervertreters in Verzug befand (§§ 280 I, II, 286 I BGB). Die Hälfte einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Pauschale und Mehrwertsteuer ist erstattungsfähig, jedoch nur aus einem Gegenstandswert von 4.000 €, nicht aus 5.000 €. Weshalb ein Gegenstandswert vom 5.000 € anzusetzen ist, trägt der Kläger nicht weiter vor; Gegenstand seiner Beauftragung war die Rückforderung der vorausbezahlten 4.000 €. Erstattungsfähig sind also 206,82 €. Darüber hinaus war die Klage abzuweisen. …

4. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

a) Der Antrag ist zulässig, weil sich die Beklagte eines … Anspruchs auf (pauschalen) Schadensersatz berühmt (§ 256 I ZPO).

b) Der Antrag ist auch begründet, weil ein vertraglicher Schadensersatzanspruch mangels Vertragsschluss (vgl. oben) nicht besteht. …

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