1. Die Par­tei­en ei­nes grenz­über­schrei­ten­den Kauf­ver­tra­ges kön­nen die An­wen­dung des UN-Kauf­rechts (CISG) nicht nur bei Ver­trags­schluss, son­dern auch noch nach­träg­lich – auch wäh­rend ei­nes Rechts­streits – aus­schlie­ßen. Ein Aus­schluss kommt ins­be­son­de­re in Be­tracht, wenn die Par­tei­en aus­drück­lich auf das na­tio­na­le Kauf- bzw. Ge­währ­leis­tungs­recht, al­so auf Vor­schrif­ten des BGB und des HGB, als an­wend­ba­res Recht Be­zug neh­men.
  2. Ein Ge­braucht­wa­gen, der ei­nen er­heb­li­chen Un­fall­scha­den er­lit­ten hat, ist man­gel­haft, so­fern der Ver­käu­fer dem Käu­fer den Un­fall­scha­den nicht of­fen­bart hat. Das gilt auch dann, wenn die Ver­trags­par­tei­en nicht i. S. des § 434 I 1 BGB ver­ein­bart ha­ben, dass der Käu­fer ein un­fall­frei­es Fahr­zeug er­hält.
  3. Dass die Par­tei­en ei­nes Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­tra­ges, an dem kein Ver­brau­cher be­tei­ligt ist, die Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel still­schwei­gend aus­ge­schlos­sen ha­ben, kann nicht al­lein des­halb an­ge­nom­men wer­den, weil die Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel im un­ter­neh­me­ri­schen Ge­schäfts­ver­kehr häu­fig ver­trag­lich be­grenzt oder aus­ge­schlos­sen wird.

OLG Ko­blenz, Ur­teil vom 20.01.2016 – 5 U 781/15

Sach­ver­halt: Mit münd­li­chem Kauf­ver­trag vom 10.07.2014 er­warb die Klä­ge­rin, die in Li­tau­en mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, von der Be­klag­ten ei­nen ge­brauch­ten Por­sche Ca­yenne für 54.100 €. Die­ses Fahr­zeug hat­te die Be­klag­te ab Mit­te 2014 im In­ter­net zum Kauf an­ge­bo­ten.

Nach­dem die Klä­ge­rin den Por­sche Ca­yenne nach Li­tau­en über­führt hat­te, rüg­te sie in der Fol­ge­zeit – un­ter an­de­rem nach Kon­sul­ta­ti­on des Kun­den­diens­tes des Por­sche-Im­por­teurs in Lett­land – Män­gel an dem Fahr­zeug. Mit Schrei­ben vom 01.09.2014 er­klär­te sie schließ­lich den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te er­folg­los auf, die­sen Ver­trag bis zum 08.09.2014 rück­ab­zu­wi­ckeln.

Im Ok­to­ber 2014 ließ die Klä­ge­rin das er­wor­be­ne Fahr­zeug von dem Sach­ver­stän­di­gen S be­gut­ach­ten. Die­ser er­stell­te am 24.10.2014 ein Gut­ach­ten, für das der Klä­ge­rin Kos­ten von 1.400 € ent­stan­den.

Zur Be­grün­dung ih­res Rück­ab­wick­lungs­be­geh­rens hat die Klä­ge­rin erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te ha­be ihr be­reits bei der ers­ten (te­le­fo­ni­schen) Kon­takt­auf­nah­me die Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs zu­ge­si­chert. Der Por­sche wei­se je­doch – was un­strei­tig ist – ei­nen Un­fall­scha­den auf; au­ßer­dem sei­en wei­te­re er­heb­li­che Män­gel vor­han­den. Die Be­klag­te hat dem­ge­gen­über be­haup­tet, Un­fall­frei­heit sei zu kei­ner Zeit zu­ge­si­chert wor­den, viel­mehr sei die Klä­ge­rin aus­drück­lich auf den Un­fall­scha­den hin­ge­wie­sen wor­den. Dies er­ge­be sich schon dar­aus, dass der Klä­ge­rin der Kauf­ver­trag, mit dem sie – die Be­klag­te – das Fahr­zeug er­wor­ben ha­be, vor­ge­legt wor­den sei und die­ser Ver­trag ei­nen Hin­weis auf den Un­fall­scha­den ent­hal­te.

Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te – so­weit in der Be­ru­fungs­in­stanz von Be­deu­tung – ver­ur­teilt, an die Klä­ge­rin Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Por­sche Ca­yenne 56.520 € zu zah­len, und fest­ge­stellt, dass sich die Be­klag­te mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug be­fin­de. Der zu zah­len­de Be­trag setzt sich wie folgt zu­sam­men:

Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses 54.100,00 €
Kos­ten für die Über­füh­rung des Fahr­zeugs nach Li­tau­en + 420,00 €
An­mel­dung des Fahr­zeugs in Li­tau­en + 600,00 €
Kos­ten für das Gut­ach­ten des Sach­ver­stän­di­gen S + 1.400,00 €
Ge­samt­be­trag 56.520 €

Zur Be­grün­dung hat das Land­ge­richt aus­ge­führt, die Über­ga­be ei­nes Fahr­zeugs mit ei­nem nicht of­fen­bar­ten er­heb­li­chen Un­fall­scha­den stel­le ei­ne we­sent­li­che Ver­trags­ver­let­zung im Sin­ne des an­zu­wen­den­den UN-Kauf­rechts dar. Die Be­klag­te ha­be we­der hin­rei­chend dar­ge­tan noch be­wie­sen, dass sie die Klä­ge­rin über den Un­fall­scha­den auf­ge­klärt ha­be. Ein Be­weis­an­ge­bot auf Ver­neh­mung prä­sen­ter Zeu­gen zum Nach­weis des be­haup­te­ten Hin­wei­ses auf die vor­han­de­nen Un­fall­schä­den sei nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert und ver­spä­tet und da­her zu­rück­zu­wei­sen. Die Be­haup­tung, es sei ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart wor­den, sei eben­falls nicht hin­rei­chend sub­stan­zi­iert, und es feh­le in­so­weit an ei­nem Be­weis­an­tritt.

Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten wur­de das land­ge­richt­li­che Ur­teil auf­ge­ho­ben und der Rechts­streit an das Land­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.

Aus den Grün­den: II. 1. … Das land­ge­richt­li­che Ver­fah­ren lei­det an ei­nem we­sent­li­chen Ver­fah­rens­feh­ler.

a) Die Be­ur­tei­lung, ob ein Ver­fah­rens­feh­ler vor­liegt, ist vom ma­te­ri­ell-recht­li­chen Stand­punkt des Er­strich­ters aus vor­zu­neh­men, selbst wenn die­ser ver­fehlt ist (vgl. nur Ball, in: Mu­sielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. [2015], § 538 Rn. 8 m. w. Nachw.). Die ma­te­ri­ell-recht­li­che Be­ur­tei­lung durch das Land­ge­richt hin­sicht­lich der An­for­de­run­gen an die Schlüs­sig­keit und Sub­stan­zi­ie­rungs­last sind da­her der Be­ur­tei­lung, ob ein Ver­fah­rens­feh­ler vor­liegt, zu­grun­de zu le­gen (vgl. hier­zu nur BGH, Urt. v. 10.12.1996 – VI ZR 314/95, NJW 1997, 1447 f.). Wird auf­grund ei­ner un­zu­tref­fen­den Be­ur­tei­lung von ei­nem bei rich­ti­ger Be­trach­tung er­for­der­li­chen Hin­weis ab­ge­se­hen, stellt dies kei­nen Ver­fah­rens­feh­ler dar. An­ders ist die Sa­che zu be­ur­tei­len, wenn zu­gleich ei­ne Ver­let­zung der Pflicht zur ma­te­ri­el­len Pro­zess­lei­tung nach § 139 ZPO vor­liegt, weil das erst­in­stanz­li­che Ge­richt die be­trof­fe­ne Par­tei auf die Un­voll­stän­dig­keit ih­res Sach­vor­trags nicht hin­ge­wie­sen hat (vgl. nur Münch­Komm-ZPO/Rim­mel­s­pa­cher, 4. Aufl. [2012], § 538 Rn. 33). Die auf­grund der Auf­klä­rungs­pflicht nach § 139 I ZPO be­ste­hen­de Ver­pflich­tung zur Er­tei­lung ei­nes Hin­wei­ses auf die Un­schlüs­sig­keit bzw. Un­sub­stan­zi­iert­heit des Vor­brin­gens ei­ner Par­tei ist all­ge­mein an­er­kannt (vgl. nur Stad­ler, in: Mu­sielak/Voit, ZPO, 12. Aufl. [2015], § 139 Rn. 8 m. w. Nachw.).

b) Hier­von aus­ge­hend hat das Land­ge­richt ver­fah­rens­feh­ler­haft von der Ver­neh­mung meh­re­rer von der Be­klag­ten be­nann­ter Zeu­gen ab­ge­se­hen.

Be­reits mit Schrift­satz vom 12.01.2015 hat die Be­klag­te für die Be­haup­tung, sie ha­be nicht zu­ge­si­chert, dass das Kraft­fahr­zeug un­fall­frei sei, die Ver­neh­mung der Zeu­gin K so­wie des Zeu­gen O an­ge­bo­ten. Auch wenn man die­se Be­haup­tung trotz des hier­mit in Zu­sam­men­hang ste­hen­den Vor­trags der Be­klag­ten, sie ha­be über die Un­fall­schä­den auf­ge­klärt, nicht als ent­schei­dungs­er­heb­lich an­sieht, da die Zu­si­che­rung der Un­fall­frei­heit von der Of­fen­ba­rung der Un­fall­schä­den zu tren­nen ist, hät­te es auf­grund des durch­aus in­ter­pre­ta­ti­ons­fä­hi­gen Sach­vor­trags der Be­klag­ten ei­nes Hin­wei­ses nach § 139 ZPO be­durft. Im Be­schluss vom 14.01.2015 hat das Land­ge­richt je­doch nur die Klä­ge­rin dar­auf hin­ge­wie­sen, von ihr sei vor­zu­tra­gen, wann und von wem ge­nau sei­tens der Be­klag­ten die be­haup­te­te Zu­si­che­rung ei­ner Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs aus­ge­spro­chen wor­den sei. Da die­ser Hin­weis an die Klä­ger­sei­te ge­rich­tet war, konn­te die Be­klag­te da­von aus­ge­hen, dass das Land­ge­richt von der Er­for­der­lich­keit wei­te­ren Vor­tra­ges durch die Klä­ge­rin aus­geht. Dass sie auf ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis re­agiert hät­te, zeigt ihr Schrift­satz vom 03.06.2015, in dem sie nach dem Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung die Auf­klä­rung über den Un­fall­scha­den un­ter Be­weis durch die Ver­neh­mung der Zeu­gin K ge­stellt hat.

Zu­dem hat das Land­ge­richt ver­fah­rens­feh­ler­haft von der Ver­neh­mung der Zeu­gen I und S ab­ge­se­hen.

So­weit das Land­ge­richt den ent­spre­chen­den Be­weis­an­tritt in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung als un­sub­stan­zi­iert und ver­spä­tet an­sieht, hät­te hin­sicht­lich der Un­sub­stan­zi­iert­heit des Vor­trags ein Hin­weis nach § 139 ZPO er­teilt wer­den müs­sen. Denn die Be­klag­te hat er­sicht­lich dar­auf ver­traut, dass die­ses Vor­brin­gen zu­min­dest aus­rei­chend ist. Die­ses Ver­trau­en ent­behr­te auch kei­ner Grund­la­ge, da nach der Recht­spre­chung des BGH die Be­weis­er­he­bung grund­sätz­lich ge­ra­de nicht da­von ab­hän­gig ge­macht wer­den darf, wann, wo und wie sich be­stimm­te Ge­sche­hens­ab­läu­fe kon­kret zu­ge­tra­gen ha­ben (vgl. nur BGH, Urt. v. 21.01.1999 – VII ZR 398/97). Der­ar­ti­ge Um­stän­de mö­gen Ge­gen­stand der Be­weis­er­he­bung sein und eben­falls bei der Be­weis­wür­di­gung zu be­rück­sich­ti­gen sein. Die Be­weis­er­he­bung selbst kann hier­von in­des nicht ab­hän­gig ge­macht wer­den (vgl. BGH, Urt. v. 21.01.1999 – VII ZR 398/97).

Auch die Zu­rück­wei­sung des Be­weis­an­trit­tes als ver­spä­tet nach § 296 II ZPO ver­mag die aus­ge­blie­be­ne Ver­neh­mung der Zeu­gen nicht zu tra­gen. Das Land­ge­richt hat die Zu­rück­wei­sungs­ent­schei­dung nicht nä­her be­grün­det. In­so­weit lässt sich be­reits nicht nach­voll­zie­hen, in­wie­fern die Ver­neh­mung der prä­sen­ten Zeu­gen zu ei­ner Ver­zö­ge­rung ge­führt hät­te. Denn aus dem Sit­zungs­pro­to­koll wird le­dig­lich er­sicht­lich, dass von der Zeu­gen­ver­neh­mung auf­grund der „fort­ge­schrit­te­nen Zeit“ ab­ge­se­hen wor­den sei. Die­ser abs­trak­te Hin­weis ge­nügt nicht, um zu über­prü­fen, ob tat­säch­lich ei­ne Ver­zö­ge­rung ver­ur­sacht wur­de. Dar­über hin­aus kann nicht oh­ne Wei­te­res von gro­ber Nach­läs­sig­keit aus­ge­gan­gen wer­den. Er­for­der­lich ist in­so­weit ei­ne Ver­nach­läs­si­gung der Pro­zess­för­de­rungs­pflicht in be­son­ders ho­hem Ma­ße. Bei der Wür­di­gung, ob gro­be Nach­läs­sig­keit vor­liegt, kann auch das Ver­hal­ten des Ge­richts von Be­deu­tung sein (vgl. nur Be­ckOK-ZPO/Ba­cher, 17. Edi­ti­on, § 296 Rn. 60.1). Vor­lie­gend hat das Land­ge­richt die Klä­ge­rin mit Be­schluss vom 14.01.2015 auf die Er­for­der­lich­keit wei­te­ren Vor­trags zur Zu­si­che­rung ei­ner Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs hin­ge­wie­sen. Die Be­klag­te hin­ge­gen wur­de le­dig­lich dar­auf hin­ge­wie­sen, zur Ver­ein­ba­rung des Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses so­wie zur Über­las­sung des vor­an­ge­gan­ge­nen Kauf­ver­tra­ges vor­zu­tra­gen. In­so­fern konn­te die Be­klag­te da­von aus­ge­hen, dass ihr Vor­trag hin­sicht­lich der Un­fall­frei­heit des Fahr­zeugs – an­ders als das Land­ge­richt es letzt­lich in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung be­ur­teilt hat – nicht er­gän­zungs­be­dürf­tig war. Ei­ne Zu­rück­wei­sung des Be­weis­an­tritts als ver­spä­tet nach § 296 II ZPO kam da­her auf der Grund­la­ge der aus der Ver­fah­rens­ak­te er­sicht­li­chen Ge­sche­hens­ab­läu­fe und der feh­len­den Aus­füh­run­gen zur Be­grün­dung der Zu­rück­wei­sung in der an­ge­foch­te­nen Ent­schei­dung nicht in Be­tracht. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin im Schrift­satz vom 29.11.2015 liegt da­her ei­ne un­zu­rei­chen­de Sach­auf­klä­rung durch das Land­ge­richt vor.

2. Die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung be­ruht auf die­sem Ver­fah­rens­feh­ler, da das Land­ge­richt die Fra­ge der Auf­klä­rung über die Un­fall­wa­gen­ei­gen­schaft als ent­schei­dungs­er­heb­lich an­ge­se­hen hat. Es be­steht auch die er­for­der­li­che Ent­schei­dungs­re­le­vanz, da sich die Ent­schei­dung auf dem ak­tu­el­len Er­kennt­nis­stand auch nicht aus an­de­ren Grün­den als zu­tref­fend er­weist. Im Ge­gen­satz zur Fra­ge des Vor­lie­gens ei­nes Ver­fah­rens­man­gels ist in­so­weit die ma­te­ri­ell-recht­li­che Auf­fas­sung des Se­nats zu­grun­de zu le­gen. Da­nach be­darf es ei­ner Ver­neh­mung der von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­nen Zeu­gen zur be­haup­te­ten Auf­klä­rung über den Un­fall­scha­den. Die Fra­ge, in wel­chem Um­fang über den Un­fall­scha­den auf­ge­klärt wur­de, ist letzt­lich durch die Be­weis­er­he­bung zu klä­ren.

3. Die wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Zu­rück­ver­wei­sung nach § 538 II 1 Nr. 1 ZPO lie­gen vor.

Die Be­klag­te hat die Zu­rück­ver­wei­sung hilfs­wei­se be­an­tragt. Dies ge­nügt, da ei­ne un­mit­tel­ba­re Se­nats­ent­schei­dung im Sin­ne der Kla­ge­ab­wei­sung, wie die Be­klag­te sie in ers­ter Li­nie er­strebt, nicht oh­ne Wei­te­res mög­lich ist (vgl. nur Zöl­ler/Heß­ler, ZPO, 30. Aufl. [2014], § 538 Rn. 4). Zu­dem be­darf es zur Auf­klä­rung der Fra­ge ei­ner Er­ör­te­rung des Un­fall­scha­dens im Zu­ge der Ver­äu­ße­rung des Kraft­fahr­zeugs ei­ner um­fang­rei­chen Be­weis­auf­nah­me. Hier­zu sind nicht nur die Zeu­gin K so­wie die Zeu­gen I und S, die sich zu ei­ner Of­fen­ba­rung der Un­fall­schä­den äu­ßern sol­len, zu ver­neh­men. Viel­mehr be­darf es eben­falls ei­ner er­neu­ten Ver­neh­mung des Zeu­gen V, so­weit die­ser nach ei­ner vom Land­ge­richt vor­zu­neh­men­den Prü­fung der von der Be­klag­ten er­ho­be­nen Ein­wän­de als Zeu­ge und nicht als Par­tei an­zu­se­hen ist. Letz­te­ren­falls wä­re er eben­so wie die Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ge­rin und der Be­klag­ten noch­mals per­sön­lich un­ter dem Ein­druck des Er­geb­nis­ses der er­gän­zen­den Be­weis­auf­nah­me an­zu­hö­ren. So­weit die an­ge­bo­te­ne Ver­neh­mung des Zeu­gen O zu der Be­haup­tung, es sei kei­ne Un­fall­frei­heit zu­ge­si­chert wor­den, im Sin­ne ei­ner Auf­klä­rung über den Un­fall­scha­den zu ver­ste­hen sein soll­te, be­darf es auch des­sen Ver­neh­mung. Die mit dem Ver­lust ei­ner Tat­sa­chen­in­stanz ver­bun­de­nen Nach­tei­le las­sen die Zu­rück­ver­wei­sung sach­dien­lich er­schei­nen.

4. Für den wei­te­ren Fort­gang des Ver­fah­rens weist der Se­nat auf fol­gen­de Ge­sichts­punk­te hin:

a) Das Land­ge­richt hat – oh­ne die Par­tei­en zu­vor dar­auf hin­zu­wei­sen – die Vor­schrif­ten des UN-Kauf­rechts an­ge­wandt. Nach Art. 6 CISG kann der Aus­schluss ei­ner An­wen­dung des Ein­heitskauf­rechts in­des nicht nur bei Ver­trags­schluss, son­dern auch noch nach­träg­lich – auch wäh­rend ei­nes Rechts­streits – er­fol­gen. Da­bei ist ein nach­träg­li­cher Aus­schluss auch durch still­schwei­gen­de Er­klä­rung mög­lich (vgl. nur MünchKomm-BGB/Mar­ti­ny, 6. Aufl. [2015], Art. 6 CISG Rn. 77). Ein Aus­schluss kommt ins­be­son­de­re dann in Be­tracht, wenn die Par­tei­en aus­drück­lich auf das Kauf­recht des BGB/HGB bzw. auf in­län­di­sches Ge­währ­leis­tungs­recht als an­wend­ba­res Recht Be­zug ge­nom­men ha­ben (vgl. MünchKomm-BGB/Mar­ti­ny, a. a. O., Art. 6 CISG Rn. 80, so­wie zur Rechts­wahl nach dem Kol­li­si­ons­recht auch BGH, Urt. v. 21.10.1992 – XII ZR 182/90, NJW 1993, 385 [386]).

Dies er­scheint vor­lie­gend kei­nes­wegs ab­we­gig. Kla­ge- und Ver­tei­di­gungs­vor­brin­gen zi­tie­ren nicht nur die Vor­schrif­ten des kauf­ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rechts des BGH, son­dern ba­sie­ren auch in ih­ren Ar­gu­men­ta­ti­ons­li­ni­en hier­auf. Dies deu­tet dar­auf hin, dass die Par­tei­en die An­wen­dung des Ein­heitskauf­rechts aus­schlie­ßen woll­ten.

b) Von der Ver­ein­ba­rung ei­nes Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses kann – wie das Land­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men hat – nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Die von der Be­klag­ten be­haup­te­te, von der Klä­ge­rin aber in pro­zes­su­al zu­läs­si­ger Wei­se be­strit­te­ne Ver­ein­ba­rung ei­nes Haf­tungs­aus­schlus­ses lässt sich dem – of­fen­bar nach­träg­lich – er­stell­ten schrift­li­chen Kauf­ver­trag vom 10.07.2014 nicht ent­neh­men. Ein Be­weis­an­tritt für die münd­li­che Ver­ein­ba­rung des Haf­tungs­aus­schlus­ses ist – trotz Hin­wei­ses des Land­ge­richts – nicht er­folgt. Für ei­nen still­schwei­gen­den Haf­tungs­aus­schluss (vgl. hier­zu et­wa Be­ckOK-BGB/Faust, § 444 Rn. 5) be­ste­hen kei­ne hin­rei­chen­den An­halts­punk­te. Al­lein die Häu­fig­keit von haf­tungs­be­gren­zen­den bzw. -aus­schlie­ßen­den Ver­ein­ba­run­gen im un­ter­neh­me­ri­schen Rechts­ver­kehr ge­nügt hier­für nicht.

c) Bei ei­nem feh­len­den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ist in der Un­fall­ei­gen­schaft des Kfz auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­äu­ße­rung als Ge­braucht­wa­gen ein Sach­man­gel zu se­hen (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53). Dies gilt auch dann, wenn nach der Be­weis­auf­nah­me nicht da­von aus­zu­ge­hen sein soll­te, dass die Un­fall­frei­heit zum Be­stand­teil ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. des § 434 I 1 BGB ge­wor­den ist. Denn auch dann wä­re das Fahr­zeug – so­fern sich nicht die Of­fen­ba­rung des Un­fall­scha­dens fest­stel­len lässt – nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB als man­gel­haft an­zu­se­hen (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53 [54]).

d) Die Be­weis­last da­für, dass sich die ver­trag­li­che Be­schaf­fen­heit auf ein Un­fall­fahr­zeug be­zog, trägt die Be­klag­te (vgl. nur Be­ckOK-BGB/Faust, § 434 Rn. 118). Da­bei muss – in­so­weit ist auf die Of­fen­ba­rungs­pflicht von Schä­den und Un­fäl­len beim Ge­braucht­wa­gen­kauf zu­rück­zu­grei­fen – um­fas­send über den Un­fall­scha­den auf­ge­klärt wer­den (vgl. et­wa MünchKomm-BGB/Wes­ter­mann, 6. Aufl. [2012], § 434 Rn. 68 m. w. Nachw.).

Von ei­ner Über­las­sung des Kauf­ver­tra­ges zwi­schen Vor­be­sit­zer und Be­klag­ter, aus dem sich die Un­fall­schä­den er­ge­ben, an die Klä­ge­rin kann nach dem ge­ge­be­nen Sach- und Streit­stand nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Die Be­klag­te hat dies zwar be­haup­tet. Der ein­zig zum Be­weis an­ge­bo­te­ne Zeu­ge H hat in­des aus­ge­führt, er sei erst­mals nach Ver­trags­schluss von der Klä­ge­rin kon­tak­tiert wor­den. Sei­ne Be­kun­dun­gen sind da­her für die Be­weis­füh­rung un­er­gie­big.

So­weit sich aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen H An­halts­punk­te da­für er­ge­ben, dass die Klä­ge­rin von ei­ner „La­ckie­rung“ des Fahr­zeugs Kennt­nis ge­habt ha­be, folgt hier­aus nicht die Kennt­nis von dem vor­han­de­nen Un­fall­scha­den. Denn La­ckie­run­gen und Un­fall­schä­den ei­nes Ge­braucht­fahr­zeugs sind nach der Recht­spre­chung des BGH aus­ein­an­der­zu­hal­ten (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 20.05.2009 – VI­II ZR 191/07, NJW 2009, 2807).

Bei der Wür­di­gung der An­ga­ben des Ge­schäfts­füh­rers der Be­klag­ten in der erst­in­stanz­li­chen An­hö­rung ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Hin­weis dar­auf, die Be­schä­di­gung des Fahr­zeugs sei „auf­grund der er­höh­ten Lack­wer­te an dem Fahr­zeug fest­ge­stellt“ wor­den, nicht mit dem vor­an­ge­gan­ge­nen Vor­trag über­ein­stimmt, nach dem die Kennt­nis hin­sicht­lich des Un­fall­scha­dens durch die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers im Zu­ge der vor­an­ge­gan­ge­nen Ver­äu­ße­rung an die Be­klag­te er­langt wur­de.

e) Bei der durch­zu­füh­ren­den Be­weis­auf­nah­me so­wie der An­hö­rung der Par­tei­en soll­te zur bes­se­ren Nach­voll­zieh­bar­keit im Sit­zungs­pro­to­koll kennt­lich ge­macht wer­den, wel­che Aus­sa­gen durch ei­nen Dol­met­scher über­setzt wur­den und wel­che Aus­sa­gen in deut­scher Spra­che vor­ge­nom­men wur­den.

5. Ge­richts­kos­ten für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren wer­den nach § 21 I 1 GKG nicht er­ho­ben …

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