1. Ein Neu­wa­gen, der im nor­ma­len Fahr­be­trieb mehr Kraft­stoff ver­braucht als vom Her­stel­ler in ei­ner Kon­for­mi­täts­be­schei­ni­gung (COC) oh­ne je­de Ein­schrän­kung an­ge­ge­ben, lei­det an ei­nem Man­gel, der den Käu­fer auch dann zur Min­de­rung des Kauf­prei­ses be­rech­tigt, wenn der Mehr­ver­brauch nur un­er­heb­lich ist (hier: in­ner­orts 0,9 l/100 km, au­ßer­orts 0,1 l/100km). Denn man­gels ei­nes ein­schrän­ken­den Hin­wei­ses in der Kon­for­mi­täts­be­schei­ni­gung darf ein Neu­wa­gen­käu­fer da­von aus­ge­hen, dass die an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­te nicht nur auf ei­nem Prüf­stand, son­dern auch im nor­ma­len Fahr­be­trieb er­zielt wer­den kön­nen.
  2. Ist die Min­de­rung ge­mäß § 441 III 2 BGB durch Schät­zung zu er­mit­teln, so kann dar­auf ab­ge­stellt wer­den, wel­che Mehr­kos­ten für Kraft­stoff dem Käu­fer vor­aus­sicht­lich ent­ste­hen wer­den, bis die Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs er­reicht ist.
  3. Ein Neu­wa­gen, des­sen Heck­klap­pe sich nicht (mehr) von au­ßen öff­nen lässt und des­sen Kof­fer­raum da­her nicht (mehr) ge­nutzt wer­den kann, ist man­gel­haft. We­gen die­ses Man­gels kann dem Käu­fer ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung zu­ste­hen; die­se ist al­ler­dings nied­ri­ger als die Ent­schä­di­gung, die dem Käu­fer bei ei­nem voll­stän­di­gen man­gel­be­ding­ten Nut­zungs­aus­fall des Fahr­zeugs zu­stün­de.

LG Kiel, Ur­teil vom 29.12.2015 – 9 O 69/15

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der Be­klag­ten, die ein Au­to­haus be­treibt, mit Kauf­ver­trag vom 17.09.2010 ei­nen Neu­wa­gen (Opel In­si­gnia Sports Tou­rer 2.0 CD­TI ecoF­lex in der Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „Edi­ti­on“) zum Preis von 28.610 €. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am 09.11.2010 zu­sam­men mit ei­ner Kon­for­mi­täts­er­klä­rung (COC) über­ge­ben. Dar­in ist der Kraft­stoff­ver­brauch wie folgt an­ge­ge­ben: in­ner­orts 6,5 l/100 km, au­ßer­orts 4,2 l/100 km und kom­bi­niert 5,1 l/100 km.

Der tat­säch­li­che Kraft­stoff­ver­brauch des Pkw, den der Klä­ger haupt­säch­lich im Stadt­ver­kehr ein­setzt, ist hö­her. Dar­über hin­aus kann der Klä­ger seit ei­nem zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­gen Zeit­punkt die Heck­klap­pe des Fahr­zeugs nicht mehr re­gu­lär öff­nen und den Kof­fer­raum nicht mehr nut­zen, weil der Touch­pad-Schal­ter de­fekt ist. Ei­ne Re­pa­ra­tur kos­tet je­den­falls 200 €.

Nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs wur­de der Klä­ger wie­der­holt we­gen Män­geln bei der Be­klag­ten vor­stel­lig. Mit Schrei­ben sei­nes spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 24.09.2012 rüg­te er un­ter an­de­rem, dass der Kraft­stoff­ver­brauch si­gni­fi­kant hö­her sei als in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung an­ge­ge­ben und dass die Heck­klap­pe häu­fig blo­ckie­re. In dem Schrei­ben wur­de der Be­klag­ten zu­gleich ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung bis zum 15.10.2012 ge­setzt.

Nach­dem die­se Frist er­folg­los ver­stri­chen war, lei­te­te der Klä­ger mit An­trag vom 05.11.2012 ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein, in dem das schrift­li­che Gut­ach­ten ei­nes Sach­ver­stän­di­gen ein­ge­holt und der Sach­ver­stän­di­ge am 23.01.2015 münd­lich an­ge­hört wur­de. So­dann wur­de dem Klä­ger mit Be­schluss vom 23.01.2015 ei­ne Frist zur Kla­ger­he­bung ge­setzt.

Der Klä­ger be­haup­tet, die Heck­klap­pe sei­nes Fahr­zeugs sei seit 2011 de­fekt; sie las­se sich in­zwi­schen – je­den­falls seit dem 16.05.2013 – über­haupt nicht mehr öff­nen, so­dass der Kof­fer­raum nicht mehr ge­nutzt wer­den kön­ne. Zu den Re­pa­ra­tur­kos­ten in Hö­he von 200 € kä­men Kos­ten in Hö­he von 200 € für die mit De­mon­ta­ge­ar­bei­ten ver­bun­de­ne me­cha­ni­sche Öff­nung der Heck­klap­pe hin­zu. Der Klä­ger meint, der De­fekt der Heck­klap­pe recht­fer­ti­ge über den Er­satz der ge­nann­ten Kos­ten hin­aus ei­ne Kauf­preis­min­de­rung in Hö­he von 1.000 € (42 €/Mo­nat für 24 Mo­na­te).

Wei­ter ist der Klä­ger der Auf­fas­sung, sein Fahr­zeug sei man­gel­haft, weil es mehr Kraft­stoff ver­brau­che als in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung an­ge­ge­ben. Die­ser – aus Sicht des Klä­gers er­heb­li­che – Man­gel lässt sich nach dem Vor­brin­gen des Klä­gers mit ei­nem Kos­ten­auf­wand von 3.800 € be­he­ben. Der Klä­ger hat zu­letzt al­ler­dings nicht die­sen Be­trag von der Be­klag­ten ver­langt, son­dern den Kauf­preis ge­min­dert und be­haup­tet, die Mehr­kos­ten durch den er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch be­lie­fen sich bei ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von min­des­tens 300.000 km und ei­nem durch­schnitt­li­chen Preis für Die­sel­kraft­stoff von 1,25 €/l auf 1.125 € („kom­bi­niert“) bzw. 3.375 € („in­ner­orts“).

Die auf Zah­lung von 5.200 € nebst Zin­sen und den Er­satz vor­ge­richt­li­cher Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 571,44 € nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge hat­te nur teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: I. … Dem Klä­ger steht we­gen des De­fekts an der Heck­klap­pe des bei der Be­klag­ten er­wor­be­nen Fahr­zeugs ein Scha­dens­er­satz­an­spruch in Hö­he von 1.200 € zu (da­zu un­ter 1). Fer­ner ist der Kauf­preis we­gen des er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs um 2.625 € ge­min­dert, so­dass die­ser Be­trag von der Be­klag­ten zu­rück­zu­zah­len ist (da­zu un­ter 2).

1. Auf­grund des Man­gels an der Heck­klap­pe kann der Klä­ger ge­mäß §§ 434, 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 BGB ne­ben dem Er­satz der Re­pa­ra­tur­kos­ten auch ei­nen Er­satz für die Ein­bu­ße von Ge­brauchs­vor­tei­len ver­lan­gen.

a) Das von der Be­klag­ten an den Klä­ger ver­kauf­te Fahr­zeug weist ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 BGB auf, weil die Heck­klap­pe sich nicht über den Touch­pad-Schal­ter öff­nen lässt. Die­ser Man­gel ist von der Ge­währ­leis­tungs­pflicht der Be­klag­ten um­fasst, da er bzw. sei­ne Ur­sa­che be­reits bei Ge­fahr­über­gang i. S. von § 446 BGB, al­so bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger an­ge­legt war. Dies hat der in­so­weit ge­mäß § 363 BGB be­weis­be­las­te­te Klä­ger zur Über­zeu­gung des Ge­richts nach­ge­wie­sen.

Der in die­sem Zu­sam­men­hang als Zeu­ge ge­hör­te Be­kann­te des Klä­gers B gab an, dass ihm der Klä­ger die Pro­ble­ma­tik der nicht öff­nen­den Heck­klap­pe be­reits im Herbst 2011 schil­der­te, al­so ein knap­pes Jahr nach Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger. Die An­ga­ben des Zeu­gen wa­ren plau­si­bel; er hat deut­lich ge­macht, so­weit er sich an Ein­zel­hei­ten nicht er­in­nern konn­te, schil­der­te aber zu­gleich für ihn auf­fäl­li­ge De­tails, dass er sich et­wa über den Klä­ger bzw. das auf dem Rück­sitz ge­la­ger­te Ge­päck amü­sier­te oder dass der Klä­ger zum Öff­nen des Kof­fer­raums von in­nen über die Not­ent­rie­ge­lung über die Sit­ze klet­tern muss­te.

Die vom Zeu­gen ge­schil­der­te Sym­pto­ma­tik ent­spricht dem vom Sach­ver­stän­di­gen im Rah­men des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens fest­ge­stell­ten Pro­blem, wie die­ser im Rah­men sei­ner An­hö­rung im Ter­min vom 29.10.2015 für das Ge­richt nach­voll­zieh­bar und plau­si­bel er­läu­tert hat. Dem­nach ist das Blo­ckie­ren der Heck­klap­pe auf ei­nen De­fekt des Touch­pad-Schal­ters zu­rück­zu­füh­ren.

Auf Grund­la­ge die­ser Be­weis­auf­nah­me ist das Ge­richt zur Über­zeu­gung ge­langt, dass hier ein De­fekt vor­liegt, des­sen Ur­sa­che be­reits bei Über­ga­be an den Klä­ger ge­setzt war. Selbst wenn auch der elek­tro­ni­sche Schal­ter nor­ma­lem Ver­schleiß un­ter­lie­gen mag, wirkt sich ein sol­cher näm­lich nicht be­reits ei­ni­ge Mo­na­te nach Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs aus. Auch die Be­klag­te als fach­kun­di­ges Un­ter­neh­men be­haup­tet dies nicht, eben­so we­nig, wie sie ei­ne sons­ti­ge al­ter­na­ti­ve Ur­sa­che für den De­fekt be­nennt.

b) Der Klä­ger hat die Be­klag­te mit Schrei­ben sei­nes jet­zi­gen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 24.09.2012 ver­geb­lich un­ter Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung auf­ge­for­dert (§ 281 I BGB).

c) Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che des Klä­gers sind auch nicht ver­jährt, wo­bei schon nicht klar ist, ob die Be­klag­te die­se Ein­re­de er­he­ben will, so­weit sie ein­wen­det, der als Blo­ckie­ren der Heck­klap­pe ge­rüg­te Man­gel ha­be mit dem De­fekt des Touch­pad-Schal­ters nichts zu tun, und es sei nicht er­kenn­bar, auf­grund wel­cher An­spruchs­grund­la­ge sie für die Re­pa­ra­tur­kos­ten für ei­nen au­ßer­halb jeg­li­cher Ge­währ­leis­tung auf­ge­tre­te­nen De­fekt des Touch­pad-Schal­ters auf­kom­men sol­le.

Wie aus­ge­führt ist das Blo­ckie­ren der Heck­klap­pe auf den De­fekt des Touch­pad-Schal­ters zu­rück­zu­füh­ren, so­dass der Klä­ger durch die Rü­ge des Blo­ckie­rens der Heck­klap­pe im An­trag auf Durch­füh­rung ei­nes selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens die Ver­jäh­rung be­züg­lich des De­fekts des Touch­pad-Schal­ters ge­mäß § 204 Nr. 7 BGB, § 167 ZPO hem­men konn­te. Es ist näm­lich aus­rei­chend, wenn der Klä­ger als nicht fach­kun­di­ger Käu­fer das Sym­ptom die­ses De­fekts, al­so das Blo­ckie­ren der Heck­klap­pe, be­schreibt. Die Hem­mung der Ver­jäh­rung ist da­her recht­zei­tig, näm­lich ge­mäß § 167 ZPO ab dem Ein­gang des An­trags bei Ge­richt am 05.11.2012 ein­ge­tre­ten, da die Zu­stel­lung an die Be­klag­te als­bald am 09.11.2012 er­folgt ist. Am 05.11.2012 war die zwei­jäh­ri­ge Ver­jäh­rungs­frist i. S. von § 438 I Nr. 3, II BGB, die am 08.11.2010 mit Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger be­gon­nen hat­te, noch nicht ab­ge­lau­fen.

d) Dem Klä­ger steht da­her ein An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung in Hö­he von 200 € zu. Denn für die Re­pa­ra­tur des Touch­pad-Schal­ters fal­len nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen in sei­ner An­hö­rung ne­ben den Ma­te­ri­al­kos­ten 99 € net­to als Lohn­kos­ten an, näm­lich 0,9 Stun­den für den Aus­tausch des Schal­ters und 0,2 Stun­den für das me­cha­ni­sche Öff­nen der Klap­pe bei ei­nem Stun­den­satz von 90 €. Die Fest­stel­lun­gen des dem Ge­richt als zu­ver­läs­sig be­kann­ten Sach­ver­stän­di­gen wa­ren auch in­so­weit nach­voll­zieh­bar und plau­si­bel. Hin­zu kommt der Ma­te­ri­al­auf­wand, den das Ge­richt ge­mäß § 287 ZPO auf 60 € net­to schätzt. Nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen kos­tet näm­lich das Er­satz­teil für den Schal­ter 57 € net­to, wo­bei sich die­ser Be­trag nach An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen auf ei­nem ihm zur Ver­fü­gung ste­hen­den Kal­ku­la­ti­ons­sys­tem er­gibt. Ob je­der Re­pa­ra­tur­be­trieb, wie es die Be­klag­te be­haup­tet, die­ses Teil zu ei­nem ge­rin­ge­ren Preis, näm­lich 11,57 € er­wer­ben kann, kann an die­ser Stel­le da­hin­ste­hen. Denn zu­gleich ist of­fen, ob die An­schaf­fung al­lein die­ses Aus­tausch­teils aus­rei­chend sein wird oder auch das Schloss selbst aus­ge­wech­selt wer­den muss, wo­für eben­falls wei­te­re Kos­ten an­fie­len. Da die­ser Punkt erst bei Durch­füh­rung der Re­pa­ra­tur ge­klärt wer­den kann, war der Scha­den hier zu schät­zen.

Die Mehr­wert­steu­er ist die­sem Be­trag ge­mäß § 249 II 2 BGB nicht zu­zu­rech­nen, da der Klä­ger das Fahr­zeug bis­her nicht re­pa­riert hat.

e) Der Klä­ger hat ge­mäß §§ 280 I, 249 BGB fer­ner ei­nen An­spruch auf Er­satz des Aus­gleichs sei­ner Nut­zungs­be­ein­träch­ti­gung je­den­falls in Hö­he der gel­tend ge­mach­ten 1.000 € für die Zeit vom 11.07.2012 bis je­den­falls 23.01.2015, al­so für mehr als 30 Mo­na­te.

Denn durch die feh­len­de Nutz­bar­keit des Kof­fer­raums ist dem Klä­ger ein fühl­ba­rer wirt­schaft­li­cher Nach­teil ent­stan­den. Seit die­ser Zeit, näm­lich der Ein­gangs­un­ter­su­chung bei dem Sach­ver­stän­di­gen im Rah­men des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens, ließ sich die Heck­klap­pe, wie auch die Be­klag­te ein­räumt, nicht mehr von au­ßen öff­nen. Der Klä­ger hät­te da­her den Kof­fer­raum des Fahr­zeugs nur von in­nen über die Not­ent­rie­ge­lung öff­nen kön­nen, wo­für er über die Rück­bank hät­te klet­tern müs­sen, was kei­ne zu­mut­ba­re Nut­zungs­mög­lich­keit dar­stellt. Da auf­sei­ten des Klä­gers aber der Wil­le be­stand, das Fahr­zeug mit Kof­fer­raum zu nut­zen, ist ihm die­ser ver­lo­re­ne Ge­brauchs­vor­teil zu er­set­zen. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass der Klä­ger über ein Er­satz­fahr­zeug ver­füg­te, da er, wie er im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung vom 29.10.2015 un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen hat, die­ses an­schaff­te, als die Heck­klap­pe des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nicht mehr ging, weil die­ses Fahr­zeug für ihn al­so nutz­los war. Dem Klä­ger ist in die­sem Zu­sam­men­hang auch nicht vor­zu­wer­fen, dass er die Re­pa­ra­tur der Heck­klap­pe vor Ein­rei­chung der Kla­ge nicht durch­ge­führt hat. Denn schon aus Grün­den der Be­weis­si­che­rung war es nicht an­ge­zeigt, wäh­rend des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens ei­ne Re­pa­ra­tur durch­füh­ren zu las­sen. Die­ses Ver­fah­ren en­de­te je­doch erst mit der An­hö­rung des Sach­ver­stän­di­gen am 23.01.2015.

Den ent­gan­ge­nen Ge­brauchs­vor­teil schätzt das Ge­richt ge­mäß § 287 ZPO auf je­den­falls 42 € pro Mo­nat wie vom Klä­ger gel­tend ge­macht. Denn für das klä­ge­ri­sche Fahr­zeug wä­re bei ei­nem voll­stän­di­gen Aus­fall der Nut­zungs­mög­lich­kei­ten auf der Grund­la­ge der Ta­bel­le San­den/Dan­ner/Küp­pers­busch, Stand 2012, ein Wert­er­satz in Hö­he von 59 € pro Tag, al­so 1.770 € für ei­nen Mo­nat zu zah­len. Der vom Klä­ger er­wor­be­ne Pkw dient bei nor­ma­ler Nut­zung je­den­falls auch als Trans­port­mit­tel und war als sol­ches nur noch ein­ge­schränkt ein­setz­bar. Dies ver­an­lass­te den Klä­ger schließ­lich, wie er an­gab, zum Er­werb ei­nes Er­satz­fahr­zeugs. Der al­lein dem Kof­fer­raum zu­kom­men­de Nut­zungs­wert ist da­her mit we­ni­ger als drei Pro­zent des Ge­samt­nut­zungs­werts noch nied­rig be­mes­sen.

2. Nach er­klär­ter Min­de­rung i. S. von §§ 437 Nr. 2 Fall 2, 441 I BGB steht dem Klä­ger ge­mäß § 441 IV BGB zu­dem ein An­spruch auf Er­stat­tung des über­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 2.625 € zu.

a) Denn die Leis­tung der Be­klag­ten ist auch im Hin­blick auf den Kraft­stoff­ver­brauch man­gel­haft i. S. von §§ 434, 437 BGB. Ein Man­gel i. S. von § 434 I BGB liegt vor bei ei­ner Ab­wei­chung des tat­säch­li­chen Zu­stands der Sa­che von dem Zu­stand, den die Par­tei­en ver­ein­bart ha­ben oder ge­mein­sam, auch still­schwei­gend, vor­aus­ge­setzt ha­ben.

Vor­lie­gend weicht der tat­säch­li­che Kraft­stoff­ver­brauch des vom Klä­ger er­wor­be­nen Fahr­zeugs von den Her­stel­ler­an­ga­ben in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung ab, wes­halb das Fahr­zeug man­gel­haft ist. Ob, wie die Be­klag­te meint, die An­ga­ben zum Kraft­stoff­ver­brauch nach ih­rem Ver­ständ­nis oder auch dem der Her­stel­le­rin le­dig­lich für ei­nen Ver­gleich mit an­de­ren Fahr­zeu­gen die­nen soll­ten, kann of­fen­blei­ben. Denn dass dies in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung, die im Rah­men des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens als An­la­ge A 3 vor­ge­legt wor­den ist, deut­lich ge­wor­den wä­re, die Ver­bind­lich­keit der An­ga­ben zum Kraft­stoff­ver­brauch al­so in ir­gend­ei­ner Wei­se ein­ge­schränkt wor­den wä­re, ist nicht er­sicht­lich; dies be­haup­tet die Be­klag­te auch nicht. Der Klä­ger als ob­jek­ti­ver Emp­fän­ger durf­te die Her­stel­ler­an­ga­ben da­her als auch für sein Fahr­zeug im nor­ma­len Fahr­be­trieb – und nicht nur auf ei­nem Prüf­stand – zu­tref­fend ver­ste­hen.

In die­sem Zu­sam­men­hang spielt der Um­fang der Ver­brauchs­ab­wei­chung kei­ne Rol­le, da die Fra­ge, ob ein Man­gel bzw. die die­sem zu­grun­de lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung der Be­klag­ten als Ver­käu­fe­rin nur un­er­heb­lich ist, nur da­für von Be­deu­tung ist, ob ein Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nach § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen ist, nicht aber für die Fra­ge des Vor­lie­gens ei­nes Man­gels an sich (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VI­II ZR 19/05, NJW 2007, 2111 Rn. 3). Das Recht, ei­ne Min­de­rung zu er­klä­ren, be­steht ge­mäß § 441 I 2 BGB auch bei Un­er­heb­lich­keit ei­nes Man­gels.

b) Der Klä­ger durf­te da­her nach er­geb­nis­lo­sem Ab­lauf der mit Schrei­ben vom 24.09.2012 ge­setz­ten Nach­frist die Min­de­rung des Kauf­prei­ses er­klä­ren, was je­den­falls mit Schrift­satz vom 21.09.2015 er­folgt ist. Es kommt da­her nicht dar­auf an, dass, an­ders als zu­nächst vom Klä­ger be­haup­tet, ein Aus­tausch der Elek­tro­pla­ti­ne für 3.800 € nicht zu ei­nem Kraft­stoff­ver­brauch ent­spre­chend den in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­ten füh­ren wür­de. Auch der dem Kauf­ver­trags­recht frem­de und da­her un­zu­tref­fen­de Ein­wand der Be­klag­ten, hier dür­fe dann nur ein Vor­schuss (ana­log § 637 III BGB?) zu­ge­spro­chen wer­den, über den der Klä­ger dann ab­zu­rech­nen ha­be, ist oh­ne Be­lang.

c) Die Min­de­rung be­rech­net sich ge­mäß § 441 III BGB. Dem­nach ist der Kauf­preis in dem Ver­hält­nis her­ab­zu­set­zen, in wel­chem zur Zeit des Ver­trags­schlus­ses der Wert der Sa­che in man­gel­frei­em Zu­stand zu dem wirk­li­chen Wert ge­stan­den ha­ben wür­de. Al­ler­dings lässt sich, wie der Sach­ver­stän­di­ge in sei­nem münd­li­chen Gut­ach­ten er­läu­tert hat, der Ver­kehrs­wert ei­nes Kraft­fahr­zeugs des vom Klä­ger er­wor­be­nen Mo­dells mit der zu­ge­hö­ri­gen Aus­stat­tung, et­wa Schie­be­dach und brei­te­ren Rei­fen, mit den in der Kon­for­mi­täts­er­klä­rung an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­ten nicht er­mit­teln, weil nur ein Ba­sis­fahr­zeug die­se Ver­brauchs­wer­te er­rei­chen könn­te, nicht aber ein Fahr­zeug wie das des Klä­gers mit Son­der­aus­stat­tung. Dem­entspre­chend kann das Fahr­zeug des Klä­gers, wie der Sach­ver­stän­di­ge aus­ge­führt hat, auch nicht so um­ge­baut wer­den, dass es die an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­te ein­hiel­te.

Als Ba­sis für die da­her nach § 441 III 2 BGB i. V. mit § 287 ZPO vor­zu­neh­men­de Schät­zung des Min­der­werts zieht das Ge­richt die Mehr­kos­ten des Klä­gers her­an, die er des­we­gen auf­zu­wen­den hat, weil das Fahr­zeug die in der Kon­for­mi­täts­be­schei­ni­gung an­ge­ge­be­nen Ei­gen­schaf­ten nicht auf­weist. Dies wür­de er­war­tungs­ge­mäß auch im Fall ei­nes Ver­kaufs des Fahr­zeugs Maß­stab für ei­nen ent­spre­chen­den Preis­nach­lass sein. Aus­weis­lich der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen im Gut­ach­ten aus dem selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren und in sei­ner An­hö­rung vom 29.10.2015 be­läuft sich der Kraft­stoff­mehr­ver­brauch des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs in­ner­orts auf 0,9 Li­ter pro 100 Ki­lo­me­ter und au­ßer­orts auf 0,1 Li­ter pro 100 Ki­lo­me­ter. Der Klä­ger nutzt sein Fahr­zeug … vor­wie­gend in­ner­orts. Die­sen Vor­trag des Klä­gers aus dem Schrift­satz vom 21.09.2015 hat die Be­klag­te erst­mals im Ter­min vom 29.10.2015 be­strit­ten, was ge­mäß §§ 296 II, 138 ZPO un­be­acht­lich bleibt. Denn zur Klä­rung des Nut­zungs­ver­hal­tens des Klä­gers wä­re ei­ne wei­te­re Be­weis­auf­nah­me er­for­der­lich ge­wor­den, die je­doch in dem Ter­min vom 29.10.2015 man­gels prä­sen­ter Be­weis­mit­tel nicht durch­ge­führt wer­den konn­te. Die Zu­las­sung die­ses Be­strei­tens der Be­klag­ten hät­te al­so zu ei­ner Ver­zö­ge­rung der Er­le­di­gung des Rechts­streits ge­führt. Die Be­klag­te hat auch kei­ne Grün­de da­für gel­tend ge­macht, war­um sie auf den ihr mit Ver­fü­gung vom 23.09.2015 über­mit­tel­ten klä­ge­ri­schen Schrift­satz im Hin­blick auf den be­reits zu­vor für den 29.10.2015 an­be­raum­ten Ter­min zur Be­weis­auf­nah­me, der auf der Grund­la­ge des bis­he­ri­gen Sach- und Streit­stands ab­schlie­ßend sein soll­te, nicht er­wi­dert hat. Sie trifft da­her der Vor­wurf der gro­ben Nach­läs­sig­keit i. S. von § 296 II ZPO.

Das Ge­richt schätzt da­bei, dass der Klä­ger ¾ sei­ner Fahrt­stre­cken in­ner­orts und ¼ au­ßer­orts zu­rück­legt. Bei ei­ner vom Sach­ver­stän­di­gen be­stä­tig­ten vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von 300.000 Ki­lo­me­tern wür­den al­so 225.000 Ki­lo­me­ter in­ner­orts ge­fah­ren mit ei­nem re­sul­tie­ren­den Mehr­ver­brauch von 2.025 Li­tern (0,9l/100km × 200.000 km) und 100.000 Ki­lo­me­ter au­ßer­orts mit ei­nem re­sul­tie­ren­den Mehr­ver­brauch von 75 Li­tern (0,1l/100km × 100.000 km). Legt man fer­ner ei­nen bis­he­ri­gen und zu­künf­ti­gen Die­sel­preis von durch­schnitt­lich 1,25 € zu­grun­de, er­gibt sich der ge­nann­te Be­trag von 2.625 €. Für die­sen Durch­schnitts­preis sind die Preis­ent­wick­lung in der Ver­gan­gen­heit, der der­zeit be­son­ders güns­ti­ge Die­sel­preis von cir­ca 1 €, aber auch die Er­war­tun­gen für die Preis­ent­wick­lung in der Zu­kunft un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Roh­stoff­be­stän­de und mög­li­cher steu­er­recht­li­cher An­pas­sun­gen im Hin­blick auf die aus Die­sel­kraft­stoff re­sul­tie­ren­den Emis­sio­nen zu be­rück­sich­ti­gen. Dem­entspre­chend geht auch der Sach­ver­stän­di­ge in sei­ner An­hö­rung vom 29.10.2015 von ei­ner Preis­span­ne zwi­schen 1,10 € und 1,40 € aus.

3. Der Zins­an­spruch re­sul­tiert aus §§ 286 I 2, 288 BGB, der An­spruch auf Er­stat­tung der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten aus §§ 280 I, 249 BGB. Zu­grun­de zu le­gen ist ei­ne 1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr i. S. von Nr. 2300 VV RVG zu­züg­lich Por­to­pau­scha­le ge­mäß Nr. 7002 VV RVG und Mehr­wert­steu­er nach ei­nem Streit­wert von bis zu 4.000 €. …

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