1. Ei­ne Klau­sel in den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ei­nes Kfz-Händ­lers, wo­nach der Käu­fer bei der (un­be­rech­tig­ten) Nicht­ab­nah­me ei­nes Neu­wa­gens Scha­dens­er­satz in Hö­he von pau­schal 15 % des Kauf­prei­ses leis­ten muss, ist wirk­sam, wenn dem Käu­fer ge­mäß § 309 Nr. 5b BGB der Nach­weis ge­stat­tet wird, dass ein Scha­den über­haupt nicht ent­stan­den oder we­sent­lich nied­ri­ger als die Pau­scha­le sei.
  2. Der Käu­fer ei­nes Land Ro­ver Dis­co­very kann des­sen Ab­nah­me und Be­zah­lung nicht er­folg­reich we­gen der Be­fürch­tung ver­wei­gern, das Fahr­zeug ver­fü­ge über – tat­säch­lich nicht vor­han­de­ne – Vor­rich­tun­gen zur un­zu­läs­si­gen per­ma­nen­ten Spei­che­rung und Aus­spä­hung per­sön­li­cher Da­ten des Nut­zers.

OLG Hamm, Be­schuss vom 02.07.2015 – 28 U 46/15
(nach­fol­gend: OLG Hamm, Be­schluss vom 28.07.2015 – 28 U 46/15)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von dem Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­gen der Nicht­ab­nah­me ei­nes Neu­wa­gens.

Der Be­klag­te be­stell­te am 13.03.2014 bei der Klä­ge­rin ver­bind­lich ei­nen von ihm in­di­vi­du­ell kon­fi­gu­rier­ten Neu­wa­gen (Land Ro­ver Dis­co­very) zum Preis von 60.450 €. Gleich­zei­tig ver­ein­bar­ten die Par­tei­en, dass die Klä­ge­rin das von dem Be­klag­ten bis da­hin ge­nutz­te Fahr­zeug – eben­falls ein Land Ro­ver – für 17.450 € in Zah­lung nimmt.

In dem Be­stell­for­mu­lar, das der Be­klag­te un­ter­zeich­ne­te, wird auf die „nach­fol­gen­den Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen“ ver­wie­sen. Die­se se­hen vor, dass die Klä­ge­rin im Fall der Nicht­ab­nah­me des Fahr­zeugs ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz in Hö­he von pau­schal 15 % des Kauf­prei­ses hat; al­ler­dings wird dem Käu­fer der Nach­weis ge­stat­tet, dass der Klä­ge­rin als Ver­käu­fe­rin über­haupt kein Scha­den ent­stan­den oder die­ser nied­ri­ger als die Pau­scha­le sei.

In der Fol­ge­zeit ent­stand bei dem Klä­ger der Ein­druck, das be­stell­te Fahr­zeug könn­te mit ei­nem Per­ma­n­ent­spei­cher aus­ge­stat­tet sein, in dem fort­lau­fend Da­ten, ins­be­son­de­re mit In­for­ma­tio­nen aus dem Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem ver­knüpf­te In­for­ma­tio­nen über das Fahr­zeug (Gas- und Brems­stel­lung, Licht, Schei­ben­wi­scher etc.), ab­ge­le­get wer­den, die der Fahr­zeug­nut­zer nicht lö­schen kann.

Am 27.05.2014 ver­lang­te der Be­klag­te die Über­sen­dung ei­ner Be­triebs­an­lei­tung von der Klä­ge­rin und un­ter­sag­te ihr die Wei­ter­ga­be ihn be­tref­fen­der Da­ten an Drit­te. Au­ßer­dem ver­lang­te der Be­klag­te, dass der Land Ro­ver Dis­co­very nicht „Ort, Zeit und Ki­lo­me­ter­stand“ ab­spei­chern dür­fe, ein mit dem Fahr­zeug ver­bun­de­nes Mo­bil­te­le­fon nur mit ein­ge­leg­ter SIM-Kar­te funk­tio­nie­ren und die Na­vi­ga­ti­ons­an­ten­ne kei­ne Da­ten sen­den dür­fe, be­nut­zer­ge­ne­rier­te Da­ten sich lö­schen las­sen müss­ten und Drit­te von au­ßen kei­nen funk­tech­ni­schen Zu­gang zum Fahr­zeug ha­ben dürf­ten. Die Klä­ge­rin lei­te­te die­se An­fra­ge des Be­klag­ten an den Fahr­zeug­her­stel­ler wei­ter, der da­zu mög­li­cher­wei­se nicht Stel­lung nahm.

Am 10.07.2014 for­der­te die Klä­ge­rin den Be­klag­ten zur Ab­nah­me des be­stell­ten Fahr­zeugs auf. Die­ser Auf­for­de­rung kam der Be­klag­te nicht nach, wes­halb die spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin ihm schließ­lich ei­ne Frist zur Ab­nah­me des Fahr­zeugs bis zum 07.08.2014 set­zen.

Am 02.08.2014 er­wi­der­te der Be­klag­te dar­auf, dass er das be­stell­te Fahr­zeug nicht ab­neh­men müs­se, weil er ei­ne mit der Fahr­zeug­nut­zung ein­her­ge­hen­de Ver­let­zung sei­nes Rechts auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung be­fürch­te und kei­ne Be­reits­schaft be­ste­he, die­ses Recht zu re­spek­tie­ren.

Die Klä­ge­rin ließ dar­auf­hin un­ter dem 08.08.2014 ih­ren Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klä­ren und for­der­te den Be­klag­ten un­ter Hin­weis auf ih­re All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen auf, Scha­dens­er­satz in Hö­he von 9.067,50 € zu leis­ten. Auf die­se Auf­for­de­rung ent­geg­ne­te der Be­klag­te am 16.08.2014, dass der Kfz-Kauf­ver­trag nich­tig sei, weil ihm die Klä­ge­rin arg­lis­tig ver­schwie­gen ha­be, dass bei der Nut­zung des be­stell­ten Fahr­zeugs sein Recht auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung nicht re­spek­tiert wer­de.

Das Land­ge­richt (LG Pa­der­born, Urt. v. 03.02.2015 – 2 O 343/14) hat den Be­klag­ten auf die im An­schluss dar­an er­ho­be­ne Kla­ge ver­ur­teilt, an die Klä­ge­rin 9.067,50 € nebst Zin­sen zu zah­len. Zur Be­grün­dung hat es aus­ge­führt, dass der Be­klag­te nicht be­rech­tigt ge­we­sen sei, die Ab­nah­me des be­stell­ten Fahr­zeugs zu ver­wei­gern. Denn nach den Fest­stel­lun­gen des Kfz-Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. C – dem al­ler­dings das von dem Be­klag­ten be­stell­te Fahr­zeug nicht zur Ver­fü­gung stand – wei­se der be­stell­te Land Ro­ver kei­nen Per­ma­n­ent­spei­cher, wie ihn der Be­klag­te sich vor­stel­le, auf. Ge­spei­chert wür­den le­dig­lich – event-be­zo­gen – Da­ten, die für ei­ne Feh­ler­su­che oder ei­ne Un­fall­aus­wer­tung re­le­vant sei­en, und die­se wür­den nach Ein­schät­zung des Sach­ver­stän­di­gen nicht mit Da­ten aus dem Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät ver­knüpft. Auch das Ri­si­ko ei­ner Da­ten­aus­spä­hung durch Drit­te sei nach Fest­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen nicht ge­ge­ben, weil das Na­vi­ga­ti­ons­sys­tem we­der über WLAN noch über Blue­tooth ver­fü­ge. Schließ­lich sei ei­ne Aus­hän­di­gung der vom Klä­ger an­ge­for­der­ten Be­triebs­an­lei­tung erst bei der Fahr­zeug­über­ga­be ge­schul­det ge­we­sen.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­te­te sich die Be­ru­fung des Be­klag­ten. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat den Be­klag­ten dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es be­ab­sich­ti­ge, das Rechts­mit­tel nach § 522 II ZPO zu­rück­zu­wei­sen, weil es of­fen­sicht­lich kei­ne Aus­sicht auf Er­folg ha­be.

Aus den Grün­den: II. … 1. Das Land­ge­richt ist zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Klä­ge­rin der in den Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen vor­ge­se­he­ne An­spruch auf pau­scha­lier­ten Scha­dens­er­satz in Hö­he von 15 % des Kauf­prei­ses, im Streit­fall al­so in Hö­he von 9.067,50 €, zu­steht.

a) Die Klä­ge­rin hat die Ein­be­zie­hung die­ser Ver­kaufs­be­din­gun­gen ent­ge­gen dem Be­ru­fungs­an­griff des Be­klag­ten schlüs­sig dar­ge­tan, denn die im obe­ren Drit­tel der vor­ge­leg­ten Ver­trags­ur­kun­de ent­hal­te­ne For­mu­lie­rung „… be­stellt nach Kennt­nis­nah­me und un­ter An­er­ken­nung der nach­fol­gen­den Neu­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen“ wur­de vom Be­klag­ten am 13.03.2014 un­ter­zeich­net. Die Ein­be­zie­hung der Ver­kaufs­be­din­gun­gen ist erst­in­stanz­lich zu­dem un­strei­tig ge­blie­ben …

So­weit der Be­klag­te die Ein­be­zie­hung der Ver­kaufs­be­din­gun­gen mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung erst­mals be­strei­ten lässt, han­delt es sich um ein neu­es Ver­tei­di­gungs­vor­brin­gen, das ei­ner­seits ge­mäß § 531 II ZPO nicht zu be­rück­sich­ti­gen, an­de­rer­seits aber ge­ra­de we­gen der Un­ter­schrifts­leis­tung des Be­klag­ten auch in­halt­lich nicht nach­zu­voll­zie­hen ist. Ge­gen die Ein­be­zie­hung der Ver­kaufs­be­din­gun­gen spricht auch nicht de­ren Al­ter aus 03/2008, denn dies ent­sprach im Jahr 2014 dem ak­tu­el­len Stand der Emp­feh­lun­gen des Zen­tral­ver­ban­des Deut­sches Kraft­fahr­zeug­ge­wer­be e. V. (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl. [2014], Rn. 372). Im Üb­ri­gen folgt auch aus der na­ment­li­chen Er­wäh­nung des Be­klag­ten in der Kopf­zei­le die­ser Be­din­gun­gen, dass das zur Ak­te ge­reich­te Ex­em­plar der Ver­kaufs­be­din­gun­gen zum Be­stand­teil der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den Par­tei­en ge­wor­den ist.

b) Es be­ste­hen kei­ne Be­den­ken ge­gen die in­halt­li­che Wirk­sam­keit der in den Ver­kaufs­be­din­gun­gen vor­ge­se­he­nen Scha­dens­er­satz­klau­sel. Die Pau­scha­lie­rung des An­spruchs auf ei­nen An­teil von 15 % des Kauf­prei­ses ist als an­ge­mes­sen an­zu­se­hen (BGH, Urt. v. 27.09.1995 – VI­II ZR 257/94, NJW 1995, 3380; Beschl. v. 27.06.2012 – VI­II ZR 165/11, NJW 2012, 3230). Auch die For­mu­lie­rung, dass der Käu­fer ei­nen nied­ri­ge­ren Scha­den bzw. das Aus­blei­ben ei­nes Scha­den­s­ein­tritts nach­wei­sen kann, ist vor dem Hin­ter­grund des § 309 Nr. 5b BGB recht­lich un­be­denk­lich (BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 123/09, NJW 2010, 2122).

c) So­weit der Be­klag­te in der Be­ru­fungs­be­grün­dung zur Hö­he des Pau­schal­be­tra­ges an­deu­tet, die In­zah­lung­nah­me sei­nes Alt­fahr­zeugs ha­be im Streit­fall ei­nen ver­steck­ten Ra­batt be­inhal­tet, han­delt es sich pro­zes­su­al ge­se­hen um neu­en Vor­trag, der ge­mäß § 531 II ZPO nicht zu be­rück­sich­ti­gen ist. Ab­ge­se­hen da­von ist die­ser Vor­trag aber auch un­sub­stan­zi­iert, denn für den Se­nat er­ge­ben sich kei­ne greif­ba­ren An­halts­punk­te, dass der In­zah­lung­nah­me­preis für den Land Ro­ver (Erst­zu­las­sung 2011) mit 17.450 € ei­ne über dem Markt­üb­li­chen lie­gen­de Be­güns­ti­gung des Be­klag­ten dar­stell­te, die von dem Kauf­preis für den Land Ro­ver Dis­co­very in Ab­zug ge­bracht wer­den müss­te.

2. Der Be­klag­te hat­te kein Recht, die Ab­nah­me des Neu­fahr­zeugs zu ver­wei­gern.

a) Ein sol­ches Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs­recht ließ sich nicht aus dem An­schrei­ben des Be­klag­ten vom 27.05.2014 her­lei­ten.

So­weit der Be­klag­te dar­in die Über­sen­dung ei­ner Be­triebs­an­lei­tung ver­lang­te, be­stand dar­auf vor Fahr­zeug­über­ga­be kein Rechts­an­spruch. Auch der vom Be­klag­ten aus­ge­spro­che­nen Un­ter­sa­gung ei­ner Da­ten­wei­ter­ga­be an Drit­te kam kei­ne recht­li­che Re­le­vanz zu, weil die Klä­ge­rin kei­nen An­lass für die An­nah­me ge­ge­ben hat­te, sie wer­de per­sön­li­che Da­ten des Be­klag­ten un­be­fugt an Drit­te wei­ter­ge­ben. So­weit die Klä­ge­rin per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten des Be­klag­ten für ei­ge­ne Zwe­cke im Rah­men der Ver­trags­ab­wick­lung, der Kun­den­be­treu­ung und -in­for­ma­ti­on ver­ar­bei­ten woll­te, hat­te der Be­klag­te sich da­mit am 13.03.2014 durch sei­ne Un­ter­schrifts­leis­tung ein­ver­stan­den er­klärt.

So­weit der Be­klag­te in sei­nem Schrei­ben an­führ­te, der Land Ro­ver Dis­co­very dür­fe nicht „Ort, Zeit und km-Stand“ ab­spei­chern, das fahr­zeug­ver­bun­de­ne Han­dy dür­fe nur mit ein­ge­leg­ter SIM-Card funk­tio­nie­ren, die Na­vi­ga­ti­ons­an­ten­ne dür­fe kei­ne Da­ten sen­den, be­nut­zer­ge­ne­rier­te Da­ten müss­ten zu lö­schen sein, und Drit­te dürf­ten von au­ßen kei­nen funk­tech­ni­schen Zu­gang zu dem Fahr­zeug ha­ben, han­del­te es sich recht­lich ge­se­hen um Vor­ga­ben, die die Be­schaf­fen­heit der Kauf­sa­che be­tra­fen. Es be­stand aber kei­ne Rechts­pflicht der Klä­ge­rin, sich mehr als zwei Mo­na­te nach Un­ter­zeich­nung der ver­bind­li­chen Neu­wa­gen­be­stel­lung auf die­se Vor­ga­ben des Be­klag­ten ein­zu­las­sen, zu­mal die Klä­ge­rin oh­ne­hin nicht Her­stel­le­rin des Neu­fahr­zeugs war und so­mit auf des­sen Bau­tei­le kei­nen Ein­fluss neh­men konn­te.

3. Der Be­klag­te durf­te die Ab­nah­me des Land Ro­ver Dis­co­very auch nicht des­halb ab­leh­nen, weil das Fahr­zeug i. S. des § 434 I BGB als man­gel­haft an­zu­se­hen ge­we­sen wä­re.

Das Land­ge­richt konn­te sich nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen mit Recht die Über­zeu­gung bil­den, dass das an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug kei­nen Man­gel auf­wies. Es be­ste­hen kei­ne An­halts­punk­te i. S. des § 529 I 1 ZPO, die Zwei­fel an der Rich­tig­keit oder Voll­stän­dig­keit der vom Land­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen ge­bie­ten.

a) So­weit in der Be­ru­fungs­be­grün­dung aus­ge­führt wird, der Kfz-Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. C sei we­gen feh­len­der Sach­kun­de nicht in der La­ge ge­we­sen, die auf­ge­wor­fe­nen schwie­ri­gen EDV-tech­ni­schen Fra­gen zu be­ant­wor­ten, bie­tet dies kei­nen An­lass, ein wei­te­res Gut­ach­ten durch ei­nen an­de­ren Sach­ver­stän­di­gen er­stel­len zu las­sen (§ 412 ZPO).

Der Sach­ver­stän­di­ge Dr.-Ing. C ist dem Se­nat seit Jah­ren be­kannt; er konn­te sich in un­ter­schied­lichs­te tech­ni­sche Fra­ge­stel­lun­gen ein­ar­bei­ten und die­se über­zeu­gend be­ar­bei­ten. Zu dem Tä­tig­keits­feld ei­nes Kfz-Sach­ver­stän­di­gen ge­hört in den letz­ten Jah­ren auch zu­neh­mend der Be­reich der Fahr­zeu­ge­lek­tro­nik, so­dass die­ses Sach­ge­biet für den Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. C nicht fremd ist. Im Üb­ri­gen konn­te der Sach­ver­stän­di­ge im Rah­men der münd­li­chen Gut­ach­ten­er­stat­tung vor dem Land­ge­richt auch die Nach­fra­gen des Be­klag­ten be­ant­wor­ten. Selbst mit der Be­ru­fung wer­den kei­ne in­halt­li­chen Feh­ler bei der Be­ant­wor­tung der Be­weis­fra­gen auf­ge­zeigt.

Der Be­klag­te ver­weist zwar auf ei­ne – ver­meint­li­che – in­halt­li­che Wi­der­sprüch­lich­keit, weil der Sach­ver­stän­di­ge doch selbst … aus­ge­führt ha­be: „Der Per­ma­n­ent­spei­cher sitzt nicht di­rekt im Na­vi-Ge­rät, son­dern im Fahr­zeug selbst.“ Al­ler­dings be­ruht dies of­fen­bar auf ei­nem Miss­ver­ständ­nis der Sit­zungs­nie­der­schrift, denn die zi­tier­te Pas­sa­ge be­inhal­tet ei­ne wört­li­che Wie­der­ga­be der Be­haup­tun­gen des „Klä­gers“ (ge­meint wohl: des Be­klag­ten) bei der An­hö­rung. Die­se Mut­ma­ßun­gen wur­den aber ge­ra­de durch die nach­fol­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen wi­der­legt.

b) So­weit der Be­klag­te be­an­stan­det, dass der Sach­ver­stän­di­ge das ver­kauf­te Fahr­zeug gar nicht un­ter­sucht, son­dern sei­ne Er­ör­te­run­gen auf ein bei eBay ge­kauf­tes Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät be­schränkt ha­be, greift die­ser Ein­wand nicht durch.

Der Vor­trag des Be­klag­ten geht nicht da­hin, dass ein­zig und al­lein der ihm an­ge­bo­te­ne Land Ro­ver über Vor­rich­tun­gen zum Aus­spä­hen und zur Per­ma­n­ent­spei­che­rung sei­ner per­sön­li­chen Da­ten ver­fügt ha­be, son­dern der Be­klag­te be­haup­tet, die­se Da­ten­spei­che­rung hän­ge bau­art­be­dingt da­mit zu­sam­men, dass das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät Da­ten über die zeit­li­che und ört­li­che Be­find­lich­keit des Fahr­zeugs emp­fan­ge, die an­schlie­ßend in be­stimm­ten Bau­tei­len des Fahr­zeugs für ihn un­zu­gäng­lich ab­ge­legt wür­den.

Vor die­sem Hin­ter­grund war das Vor­ge­hen des Kfz-Sach­ver­stän­di­gen Dr.-Ing. C durch­aus sach­ge­recht, der Fra­ge nach­zu­ge­hen, wel­che Bau­tei­le das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät auf­weist, das in Fahr­zeu­gen vom Typ Land Ro­ver Dis­co­very Ver­wen­dung fin­det. Der Sach­ver­stän­di­ge hat die­se Bau­tei­le bei sei­ner An­hö­rung im Ein­zel­nen auf­ge­führt und er­gänzt, dass im Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät selbst al­len­falls das Flash­mo­dul (64 MB) als Spei­cher für ein­ge­hen­de Da­ten über den Fahr­zeug­stand­ort in Be­tracht kom­me. Ei­ne Vor­rich­tung, nach der die­se Da­ten an an­de­re Bau­tei­le des Fahr­zeugs wei­ter­ge­lei­tet wür­den, konn­te der Sach­ver­stän­di­ge nicht fest­stel­len. Der Sach­ver­stän­di­ge hielt ei­ne sol­che Da­ten­wei­ter­lei­tung tech­nisch auch nicht für plau­si­bel, weil die­se Da­ten zum Bei­spiel für ei­ne Feh­ler­aus­wer­tung nicht re­le­vant sei­en. Nach der Fest­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen ist die vom Be­klag­ten ver­mu­te­te Per­ma­n­ent­spei­che­rung al­len­falls mit­tels CD mög­lich. Sol­che CD-Lauf­wer­ke sei­en aber we­der in Steu­er­ge­rä­ten noch in Na­vi­ga­ti­ons­sys­te­men ver­baut.

c) Im Üb­ri­gen ist der mit der Be­ru­fungs­be­grün­dung wei­ter­ver­folg­te An­satz des Be­klag­ten, ei­ne Da­ten­spei­che­rung im Fahr­zeug sei we­gen ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen das Recht auf in­for­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung per se als Sach­man­gel an­zu­se­hen, oh­ne­hin ver­fehlt. Denn der Be­klag­te soll­te das Fahr­zeug, in dem nach sei­ner Ein­schät­zung Da­ten ab­ge­legt wer­den, über­eig­net be­kom­men, so­dass er dar­über selbst ver­fü­gen konn­te. Ähn­lich ver­hält es sich bei der An­schaf­fung ei­nes Com­pu­ters oder ei­nes Smart­pho­nes, bei de­nen eben­falls Da­ten der Nut­zer ge­spei­chert wer­den, oh­ne dass die­ser Um­stand ei­nen tech­ni­schen Feh­ler die­ser Ge­rä­te be­deu­tet.

Vor die­sem Hin­ter­grund ver­fängt auch der erst­in­stanz­li­che Ver­weis auf ei­ne un­zu­läs­si­ge Vor­rats­da­ten­spei­che­rung oder et­wai­ge Ver­stö­ße ge­gen das Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz nicht.

Al­len­falls wenn ei­ne nicht be­ein­fluss­ba­re Wei­ter­lei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten von dem Fahr­zeug an un­be­fug­te Drit­te zu be­fürch­ten stün­de, wä­re in Er­wä­gung zu zie­hen, ob dies ei­ne Be­schaf­fen­heit aus­macht, die bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen nicht üb­lich ist und die ein Käu­fer nicht er­war­ten muss (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

Ei­ne sol­che Ne­ga­tiv­ab­wei­chung ist aber nach den Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen aus­zu­schlie­ßen, weil es nicht zu ei­ner Per­ma­n­ent­spei­che­rung per­sön­li­cher Da­ten des Fahr­zeug­nut­zers kommt und das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät auch kei­ne Schnitt­stel­len im Sin­ne von WLAN oder Blue­tooth auf­weist, die ei­ne Da­ten­ab­fra­ge von au­ßen er­mög­li­chen wür­den. Der Sach­ver­stän­di­ge hält viel­mehr fest, dass in dem ver­kauf­ten Land Ro­ver elek­tro­ni­sche Tei­le ver­baut sei­en, die auch bei an­de­ren Fahr­zeug­her­stel­lern (Ford, Ja­gu­ar, Maz­da, Vol­vo) ver­wen­det wür­den. Dar­aus konn­te das Land­ge­richts rechts­feh­ler­frei die Schluss­fol­ge­rung zie­hen, dass der dem Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne PKW dem tech­ni­schen Stand der Au­to­mo­bil­in­dus­trie ent­sprach. …

Hin­weis: Mit Be­schluss vom 28.07.2015 hat das OLG Hamm die Be­ru­fung des Be­klag­ten „aus den im Se­nats­be­schluss vom 02.07.2015 dar­ge­stell­ten Grün­den“ zu­rück­ge­wie­sen.

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