Wegen eines Sachmangels kann der Käufer nur dann wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn die Kaufsache bereits bei Übergabe mangelhaft war und im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch mangelhaft ist. Ein Rücktritt vom Kaufvertrag kann deshalb nicht erfolgreich auf einen Getriebeschaden gestützt werden, den der Käufer noch vor der Erklärung des Rücktritts hat beheben lassen.
AG Neukölln, Urteil vom 29.05.2015 – 10 C 521/14
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung eines Kfz-?Kaufvertrages.
Die Klägerin erwarb von dem Beklagten mit Kaufvertrag vom 11.03.2014 einen Mercedes-Benz A 170 CDI zum Preis von 3.450 €, wobei die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr abgekürzt wurde. Eine Woche nach der Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs erlitt dieses einen Getriebeschaden.
Die Klägerin ließ das Fahrzeug reparieren. Von den Reparaturkosten übernahm die G-GmbH, mit der die Klägerin einen Garantievertrag geschlossen hatte, 848,36 €. Nach der Reparatur des Getriebeschadens war das Fahrzeug nicht fahrbereit. Mit Schreiben vom 25.06.2014 forderte die Klägerin den Beklagten deshalb (erfolglos) auf, den Wagen bei ihr abzuholen und fachgerecht zu reparieren. Außerdem verlangte sie von dem Beklagten – ebenfalls erfolglos – die nicht von der G-GmbH übernommenen Reparaturkosten zu tragen.
Anschließed erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs.
Die Klägerin hat behauptet, sie sei mit diesem Fahrzeug wegen eines Getriebeschadens, der bereits bei Gefahrübergang vorgelegen habe, bei dem Beklagten vorstellig geworden und habe Nacherfüllung verlangt. Der Beklagte habe das Fahrzeug bei der Firma X vorgeführt, wo der Getriebeschaden festgestellt worden sei. Die Reparaturkosten seien mit 2.142,89 € angegeben worden. An diesen Kosten habe sich der Beklagte nur mit 300 € beteiligen wollen. Deshalb, und weil das Fahrzeug nach der Reparatur des Getriebeschadens nicht mehr fahrbereit gewesen sei, sei sie, die Klägerin, vom Vertrag zurückgetreten.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Kfz-Kaufvertrages … auf Grundlage ihres Sachvortrags nicht zu.
Die Klägerin hat die Voraussetzungen für das einzig in Betracht kommende Rücktrittsrecht wegen behaupteter Mängel (§§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB) weder bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung noch im Rahmen des ihr nach § 139 V ZPO nachgelassenen Schriftsatzes schlüssig dargetan.
Gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 323, 326 V, 440 BGB setzt ein wirksamer Rücktritt voraus, dass die veräußerte Sache bei Gefahrübergang und auch noch zum Zeitpunkt des erklärten Rücktritts mangelhaft war (BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, juris), der Käufer vom Verkäufer die ordnungsgemäße Nacherfüllung verlangt hat und diese fehlgeschlagen ist bzw. endgültig und ernsthaft abgelehnt oder binnen einer gesetzten Nachfrist nicht erbracht wurde. Bereits einen bei Gefahrübergang und auch noch zum Zeitpunkt des Rücktritts vorliegenden Sachmangel hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan.
1. Insoweit kann sie sich nicht auf den von ihr vorgetragenen Getriebeschaden berufen.
Ihr diesbezüglicher Vortrag im nachgelassenen Schriftsatz vom 24.03.2015 war zwar nicht – wie der Beklagte meint – präkludiert, obwohl er nicht innerhalb der der Klägerin nachgelassenen Schriftsatzfrist eintraf. Denn wie sich aus § 296a Satz 2 ZPO ergibt, unterfallen Schriftsätze, die gemäß § 139 V ZPO oder § 283 ZPO nachgelassen worden sind, nicht der Ausschlussregelung nach § 296a Satz 1 ZPO. Geht ein nachgelassener Schriftsatz nach Ablauf der eingeräumten Frist ein, so ist hierauf gemäß § 283 Satz 2 ZPO (ggf. analog) bzw. nach § 296 II ZPO zu verfahren (OLG Brandenburg, Urt. v. 27.11.2008 – 5 U 171/07, juris). Demzufolge hat das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob das verspätete Vorbringen bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist. Hat das Gericht – wie vorliegend – zum Zeitpunkt des Eingangs des verspäteten Schriftsatzes seine Entscheidung noch nicht abgefasst, so ist es regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn es das verspätete Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt (OLG Brandenburg, Urt. v. 27.11.2008 – 5 U 171/07, juris).
Der Vortrag zum von ihr im nachgelassenen Schriftsatz behaupteten Getriebeschaden bei Gefahrübergang war aber wie der übrige Vortrag unerheblich (§ 138 I ZPO), da der Getriebeschaden die Klägerin nicht mehr zum Rücktritt berechtigen konnte. Denn die Klägerin hat sowohl vorgerichtlich … als auch schriftsätzlich ausdrücklich vorgetragen, dass sie diesen Schaden noch vor Erklärung des Rücktritts behoben habe, was eine hierauf beruhende Rücktrittsberechtigung ausschließt.
2. Soweit die Klägerin zusätzlich vorträgt, dass das Auto nach der Reparatur nicht mehr fahrbereit gewesen sei und infolge eines „weiteren Mangels“ … erneut habe repariert werden müssen, so kann sie mit diesem Vortrag ein Rücktrittsrecht nach §§ 437 Nr. 2, 434, 323, 326 V, 440 BGB nicht begründen.
Denn insoweit hat die Klägerin auch auf den Vortrag des Beklagten und den richterlichen Hinweis im Termin hin nicht einmal behauptet, dass der die Fahrbereitschaft des Autos beseitigende Defekt bereits bei Gefahrübergang vorlag. Dies folgt auch nicht aus den sonstigen vorgetragenen Umständen, denn die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs war nach dem klägerischen Vortrag zunächst nach Gefahrübergang gegeben, und zur sonstigen Mangelsymptomatik, die sich nach der Reparatur zeigte, hat die Klägerin überhaupt nicht vorgetragen …