- Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen muss auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer entsprechenden Untersuchung gegeben hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 Leitsatz 1 und Rn. 24).
- Ein Verkäufer verweigert eine Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) nicht i. S. von § 281 II Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig, wenn er sich trotz einer entsprechenden Aufforderung des Käufers nicht bereit erklärt, die Kosten zu tragen, die der Käufer für die Instandsetzung der Kaufsache durch einen Dritten aufwenden muss, also keine Kostenübernahmeerklärung abgibt.
AG Köpenick, Urteil vom 14.08.2014 – 9 C 6/14
Sachverhalt: Der Kläger kaufte mit Vertrag vom 02.10.2013 von der Beklagten für 9.900 € einen gebrauchten Pkw der Marke Seat. Dieses Fahrzeug war 2008 erstzugelassen worden und wies bei Abschluss des Kaufvertrags eine Laufleistung von 80.010 km auf.
Bei einer Inspektion am 29.10.2013 wurde festgestellt, dass der Turbolader defekt sei. Der Kläger bat die Beklagte unter dem 04.11.2013 unter Übersendung eines Kostenvoranschlags um Übernahme der Reparaturkosten und setzte ihr dafür eine Frist bis zum 07.11.2013. Die Beklagte äußerte am 06.11.2013 ihr Bedauern darüber, dass der Kläger sie bisher nicht über Probleme mit dem Fahrzeug informiert und das weitere Vorgehen mit ihr besprochen habe. Der – jetzt anwaltlich vertretene – Kläger teilte der Beklagten mit Schreiben vom 21.11.2013 mit, er beabsichtige, vom Kaufvertrag zurückzutreten, würde davon jedoch Abstand nehmen, wenn sich die Beklagte binnen drei Tagen zur Übernahme der Reparaturkosten bereit erklärt würde.
Nach weiterem Schriftverkehr mit der Beklagten ließ der Kläger seinen Pkw instand setzen. Dafür wandte er ausweislich einer Rechnung vom 06.12.2013 Reparaturkosten in Höhe von 2.041,89 € auf, nachdem ihm unter dem 14.11.2013 bereits 114,25 € für die Prüfung des Turboladers berechnet worden waren. Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.12.2013 forderte der Kläger demgemäß von der Beklagten – erfolglos – Schadensersatz in Höhe von (114,25 € + 2.041,89 € =) 2.156,14 €, und zwar unter Fristsetzung bis zum 19.12.2013. Darüber hinaus verlangte der Kläger von der Beklagten unter dem am 08.01.2014 – ebenfalls ohne Erfolg – den Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 €.
Die Klage, mit der der Kläger die in Rede stehenden Ansprüche weiterverfolgt hat, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: Der Kläger hat die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus §§ 433 I, 434 I, 437 Nr. 3 Fall 2, §§ 280 I, III, 281, 440 BGB gegen die Beklagten nicht substanziiert dargelegt. Dieser Anspruch scheitert bereits daran, dass der Kläger kein taugliches Nacherfüllungsverlangen gegenüber der Beklagten erhoben und ihr nicht Gelegenheit zur Nacherfüllung in Berlin gegeben hat. Auch hat die Beklagte weder die Nacherfüllung (endgültig) verweigert hat, noch war eine solche fehlgeschlagen bzw. war dem Kläger eine solche Nacherfüllung unzumutbar. Dies ist ausführlich mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden.
Nach dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger, wie seiner Aufforderung vom 04.11.2013 zu entnehmen ist, unmittelbar nach Entdeckung der Reparaturbedürftigkeit des streitgegenstäncfüchen Wagens die Beklagte zur Übernahme von Reparaturkosten – und somit zur Leistung von Schadensersatz – aufforderte. Der Kläger wollte eine E-Mail vom 04.10.2013 nachreichen, hat dies jedoch nicht gemacht, sodass das Gericht davon ausgeht (wie in der mündlichen Verhandlung besprochen), dass es eine solche nicht gibt und es zu einem Tippfehler im klägerischen Schreiben vom 12.11.2013 kam. Erstmals hatte sich der Kläger am 04.11.2013 an die Beklagte gewandt. Eine E-Mail der Beklagten vom 07.11.2013, in der diese die Nacherfüllung ablehnte, hat der Kläger nicht vorgelegt. Am 06.11.2013 hatte die Beklagte vielmehr dem Kläger geantwortet, sie werde erstmals mit einer Mangelanzeige konfrontiert, und auf ihre Bereitschaft verwiesen „die Verfahrensweise gemeinsam [zu] besprechen“. Darauf hat der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 12.11.2013 reagiert und erneut um Freigabe der Reparatur gebeten, unter Bezugnahme auf den übermittelten Kostenvoranschlag. Am 15.11.2013 wiederholte er diese Bitte und stellte alternativ die Abholung des Fahrzeugs bei dem Kläger oder Übernahme der Transportkosten zur Wahl – unter Fristsetzung bis zum 18.11.2013. Im Schreiben vom 21.11.2013 wird Bezug genommen auf eine nicht eingereichte Nachricht der Beklagten vom 21.11.2013 und betont, der Pkw könne am Wohnort des Klägers besichtigt werden. Es wurde erneut an die Kostenübernahmeerklärung bis zum folgenden Tag erinnert und alternativ gebeten, Bereitschaft zur Abholung des Fahrzeugs und Behebung des Mangels binnen Wochenfrist zu erklären.
Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass ein Mangel des Wagens i. S. des § 434 I BGB vorgelegen hat, ist er seinen Obliegenheiten als Käufer im Zusammenhang mit der Mängelbeseitigung nicht nachgekommen. Insoweit ist der von der Beklagten eingereichte Leitsatz des Urteils des BGH vom 19.12.2012 – VIII ZR 96/12 – zu zitieren:
„Ein taugliches Nacherfüllungsverlangen muss auch die Bereitschaft des Käufers umfassen, dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der erhobenen Mängelrügen für eine entsprechende Untersuchung zur Verfügung zu stellen. Der Verkäufer ist deshalb nicht verpflichtet, sich auf ein Nacherfüllungsverlangen des Käufers einzulassen, bevor dieser ihm am Erfüllungsort der Nacherfüllung die Gelegenheit zu einer solchen Untersuchung gegeben hat.“
Diesen Anforderungen genügen die klägerischen Schreiben nicht. Unstreitig dürfte hier sein, dass der Erfüllungsort der Nacherfüllung Berlin ist. Eine Verpflichtung der Beklagten, den Pkw am Wohnort des Klägers zu untersuchen, existierte nicht.
Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Nacherfüllung – an die strenge Anforderungen zu stellen sind – hat der Kläger nicht substanziiert behauptet; die E-Mail der Beklagten vom 06.11.2013 spricht sogar dagegen. Erkennbar war der Kläger davon überzeugt, einen Anspruch auf eine Kostenübernahmeerklärung der Beklagten zu haben; auf die Kürze der von ihm vorgenommenen Fristsetzungen braucht nicht weiter eingegangen zu werden.
Der Klage ist der Erfolg deshalb in vollem Umfang zu versagen. …