1. Der Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung ist in den Fäl­len, in de­nen es – werk­ver­trag­lich – um die man­gel­haf­te Re­pa­ra­tur ei­nes Kraft­fahr­zeugs geht, re­gel­mä­ßig an dem Ort an­zu­sie­deln, an dem der Werk­un­ter­neh­mer zum Zeit­punkt der Ent­ste­hung des Schuld­ver­hält­nis­ses sei­ne ge­werb­li­che Nie­der­las­sung (§ 269 II BGB) hat­te. Es ist Sa­che des Be­stel­lers, dem Werk­un­ter­neh­mer das an­geb­lich man­gel­haft re­pa­rier­te Fahr­zeug zur Ver­fü­gung zu stel­len, da­mit der Werk­un­ter­neh­mer es über­prü­fen und die Be­rech­ti­gung des Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens prü­fen kann.
  2. Trans­por­tiert der Werk­un­ter­neh­mer das ver­meint­lich man­gel­haf­te Fahr­zeug selbst zu sei­ner Werk­statt und er­weist sich das Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen als un­be­rech­tigt, hat der Be­stel­ler dem Werk­un­ter­neh­mer die die­sem für den Trans­port des Fah­reugs ent­stan­de­nen Kos­ten zu er­setz­ten. Dar­auf, ob die­ser An­spruch aus § 670 BGB oder aus §§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB (Ge­schäfts­füh­rung oh­ne Auf­trag) folgt oder ob es sich um ei­nen be­rei­che­rungs­recht­li­chen An­spruch (§ 812 I 1 Fall 1 BGB) han­delt, kommt es nicht an.

LG Saar­brü­cken, Ur­teil vom 20.09.2013 – 13 S 77/13

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ist Ei­gen­tü­mer ei­nes am 17.03.2000 erst­zu­ge­las­se­nen VW Golf IV 1.4. Die­ses Fahr­zeug brach­te er am 15.07.2010 in die Werk­statt der Be­klag­ten. Nach­dem die Be­klag­te ver­schie­de­ne Ar­bei­ten an dem Pkw durch­ge­führt hat­te, woll­te der Klä­ger da­mit noch am sel­be­nin Ur­laub fah­ren. Er blieb al­ler­dings in der Nä­he von Spey­er lie­gen. Das Fahr­zeug wur­de in die nächst­ge­le­ge­ne VW-Werk­statt ab­ge­schleppt, wo ei­ne ers­te Dia­gno­se ei­nen mög­li­chen Mo­tor­scha­den er­gab. Da­von un­ter­rich­te­te der Klä­ger die Be­klag­te am fol­gen­den Tag. Der VW Golf wur­de an­schlie­ßend von der Be­klag­ten zu de­ren Be­triebs­sitz ab­ge­schleppt und dort von der Be­klag­ten re­pa­riert.

Als der Klä­ger den re­pa­rier­ten Pkw bei der Be­klag­ten ab­ho­len woll­te, ver­lang­te die­se ne­ben den Re­pa­ra­tur­kos­ten (741,33 €) Ab­schlepp­kos­ten in Hö­he von 502,77 €. Da der Klä­ger die Zah­lung der Ab­schlepp­kos­ten ver­wei­ger­te, lehn­te die Be­klag­te ei­ne Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ab.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger ur­sprüng­lich die Her­aus­ga­be sei­nes Fahr­zeugs, die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten so­wie ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit vom 26.07. bis zum 10.10.2010 in Hö­he von (77 Ta­ge × 29 € =) 2.233 € ver­langt. Zur Be­grün­dung hat er vor­ge­tra­gen, die Be­klag­te ha­be ein ei­ge­nes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Scha­den­sur­sa­che ge­habt, so­dass er da­von ha­be aus­ge­hen dür­fen, dass sie sein Fahr­zeug kos­ten­frei ab­holt. Ei­ner ent­gelt­li­chen Ver­brin­gung ha­be er nie zu­ge­stimmt. Die Aus­übung ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­rechts
durch die Be­klag­te sei im Üb­ri­gen un­ver­hält­nis­mä­ßig.

Die Be­klag­te hat ur­sprüng­lich wi­der­kla­gend ne­ben den Re­pa­ra­tur- und Ab­schlepp­kos­ten in Hö­he von (502,77 € + 741,33 € =) 1.244,10 € Stand­ge­büh­ren für die Zeit vom 20.08. bis zum 30.11.2010 und vom 01.01. bis zum 08.04.2011 in Hö­he von 2.591,24 €, mit­hin ins­ge­samt 3.835,34 €, gel­tend ge­macht. Au­ßer­dem hat sie die Fest­stel­lung be­an­tragt, dass der Klä­ger mit der Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug sei. Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, der Klä­ger ha­be sie mit der Ver­brin­gung sei­nes Fahr­zeugs be­auf­tragt. Stand­ge­büh­ren sei­en in Hö­he von 11,50 € net­to für je­den Werk­tag und in Hö­he von 5 € net­to für je­den Sonn- oder Fei­er­tag ge­schul­det. Das Fahr­zeug des Klä­gers müs­se an Werk­ta­gen mor­gens aus ih­rer – der Be­klag­ten – Hal­le her­aus- und abends wie­der hin­ein­ge­fah­ren wer­den. Hier­durch ent­ste­he ein nicht un­er­heb­li­cher Ar­beits­auf­wand.

Nach­dem sich die Par­tei­en au­ßer­ge­richt­lich ent­spre­chend ge­ei­nigt hat­ten, hin­ter­leg­te der Klä­ger am 06.04.2011 den Be­trag für die Stand­ge­büh­ren und er­hielt von der Be­klag­ten am 08.04.2011 ge­gen Zah­lung der Re­pa­ra­tur­kos­ten (741,33 €) sein Fahr­zeug.

Im An­schluss dar­an ha­ben die Par­tei­en den Rechts­streit im Hin­blick auf das Her­aus­ga­be­ver­lan­gen des Klä­gers und des­sen An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten für er­le­digt er­klärt, und die Be­klag­te hat ih­ren Zah­lungs­an­trag um 741,33 € er­mä­ßigt. Ih­ren An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Klä­gers hat die Be­klag­te nicht wei­ter­ver­folgt.

Das Amts­ge­richt hat der Kla­ge in Hö­he von 730,73 € statt­ge­ge­ben und den Klä­ger auf die Wi­der­kla­ge der Be­klag­ten ver­ur­teilt, an die Be­klag­te 741,33 € nebst Zin­sen in Hö­he von vier Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 741,33 € seit dem 21.08.2010 ab­züg­lich ei­nes am 06.04.2011 ge­zahl­ten Be­tra­ges in Hö­he von 741,33 € zu zah­len. Im Üb­ri­gen wur­den Kla­ge und Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat das Amts­ge­richt aus­ge­führt, die Be­klag­te ha­be nicht nach­ge­wie­sen, dass zwi­schen den Par­tei­en ein Werk­ver­trag über das Ab­schlep­pen des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs zu­stan­de ge­kom­men sei. Zwar müs­se ein Un­ter­neh­mer kei­ne kos­ten­lo­sen Leis­tun­gen er­brin­gen. Hier ha­be aber im Raum ge­stan­den, dass die ur­sprüng­li­che Werkleis­tung der Be­klag­ten man­gel­haft ge­we­sen sei. Zu de­ren Guns­ten ha­be da­her kein Zu­rück­be­hal­tungs- oder Werk­un­ter­neh­mer­pfand­recht be­stan­den, so­dass sie auch nicht die Zah­lung von Stand­ge­büh­ren be­an­spru­chen kön­ne. Dem­ge­gen­über ha­be der Klä­ger An­spruch auf ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung; er kön­ne al­ler­dings nur Vor­hal­te­kos­ten in Hö­he von täg­lich 9,49 € ver­lan­gen.

Mit ih­rer Be­ru­fung hat die Be­klag­te wei­ter­hin die voll­stän­di­ge Kla­ge­ab­wei­sung er­rei­chen wol­len. Ih­ren wi­der­kla­gend gel­tend ge­mach­ten Zah­lungs­an­spruch hat sie in­so­weit wei­ter­ver­folgt, wie er in ers­ter In­stanz kei­nen Er­folg hat­te.

Der Klä­ger hat An­schluss­be­ru­fung ein­ge­legt und da­mit sei­ne Kla­ge um ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­ner Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung für die Zeit vom 11.10.2010 bis zum 06.04.2011 in Hö­he von (176 Ta­ge × 9,49 € =) 1.670,24 € er­wei­tert.

Nur das Rechts­mit­tel der Be­klag­ten hat­te – teil­wei­se – Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist zu­läs­sig und teil­wei­se be­grün­det, die nach § 524 ZPO zu­läs­si­ge An­schluss­be­ru­fung des Klä­gers un­be­grün­det.

Die Be­klag­te hat ge­gen den Klä­ger ei­nen An­spruch auf Er­satz von Ab­schlepp­kos­ten in Hö­he von 502,77 € und Stand­ge­büh­ren in Hö­he von 494,03 €, mit­hin ins­ge­samt 996,80 €. Der Klä­ger kann dem­ge­gen­über ge­gen die Be­klag­te kei­nen An­spruch auf Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung gel­tend ma­chen.

1. Al­ler­dings steht der Be­klag­ten ge­gen den Klä­ger kein An­spruch auf Er­satz von Ab­schlepp­kos­ten als Ver­gü­tung aus ei­nem Werk­ver­trag über die Re­pa­ra­tur des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs zu (§ 631 I BGB).

a) Wen­det sich ein Auf­trag­ge­ber – wie hier der Fall – nach Ab­nah­me der Werkleis­tung un­ter Hin­weis auf ei­nen De­fekt er­neut an den Werk­un­ter­neh­mer, so ist im We­ge der Aus­le­gung nach dem ob­jek­ti­ven Emp­fän­ger­ho­ri­zont un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te zu er­mit­teln, ob er ei­nen wei­te­ren, ent­gelt­li­chen Re­pa­ra­tur­auf­trag er­tei­len oder ei­ne un­ent­gelt­lich zu er­brin­gen­de Nach­er­fül­lung gel­tend ma­chen will. Ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen muss nicht aus­drück­lich ge­stellt wer­den. Es ge­nügt, dass der Auf­trag­ge­ber den Man­gel hin­rei­chend kon­kret be­zeich­net und er­ken­nen lässt, dass er Ab­hil­fe er­war­tet (vgl. BGH, Urt. v. 20.04.1978 – VII ZR 143/77, WM 1978, 953; LG Saar­brü­cken, Urt. v. 28.03.2013 – 13 S 196/12; Münch­Komm-BGB/​Bu­sche, 6. Aufl. [2012], § 635 Rn. 8 f.; Be­ckOK-BGB/​Voit, Stand 01.08.2013, § 635 Rn. 18). Für ein Nach­bes­se­rungs­ver­lan­gen kann et­wa das tat­säch­li­che Be­ste­hen von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen (vgl. BGH, Urt. v. 10.06.2003 – X ZR 86/01, BGH­Re­port 2003, 1254; LG Saar­brü­cken, Urt. v. 28.03.2013 – 13 S 196/12) oder ein Tä­tig­wer­den im Rah­men ei­ner Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung (vgl. BGH, Urt. v. 17.05.1982 – VII ZR 193/81, WM 1982, 1053; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 23.06.1994 – 18 U 4/94, MDR 1995, 152; LG Saar­brü­cken, Urt. v. 28.03.2013 – 13 S 196/12) spre­chen. Für ei­ne neue Auf­trags­er­tei­lung kann hin­ge­gen spre­chen, dass der Werk­un­ter­neh­mer die Er­brin­gung von Ge­währ­leis­tungs­ar­bei­ten be­reits ab­ge­lehnt hat (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 27.11.1992 – 26 U 171/92, ju­ris; OLG Cel­le, Urt. v. 08.05.2002 – 7 U 47/00, BauR 2003, 265; OLG Karls­ru­he, Urt. v. 13.05.2003 – 17 U 193/02, MDR 2003, 1108; LG Saar­brü­cken, Urt. v. 28.03.2013 – 13 S 196/12).

b) Vor­lie­gend war das Ver­hal­ten des Klä­gers un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de als Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen zu ver­ste­hen. Der Klä­ger hat die Be­klag­te un­mit­tel­bar nach Ein­tritt des Kfz-Scha­dens auf sei­ner Fahrt in den Ur­laub über das Vor­komm­nis un­ter­rich­tet. Da­bei ging er – wie zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig ist – da­von aus, dass der ein­ge­tre­te­ne Kfz-Scha­den mög­li­cher­wei­se auf ei­ner man­gel­haft er­brach­ten Werkleis­tung der Be­klag­ten am Vor­trag be­ru­hen könn­te. Ent­spre­chend muss­te die Be­klag­te das Be­geh­ren des Klä­gers auch da­hin ge­hend deu­ten, dass er gel­tend ma­chen woll­te, die über­nom­me­ne ver­trag­li­che Ver­pflich­tung sei nicht man­gel­frei er­bracht wor­den und sol­le al­so kos­ten­frei nach­er­füllt wer­den.

Dass der Klä­ger in­so­weit der Be­klag­ten kei­nen ge­son­der­ten Auf­trag zur Ver­brin­gung und Re­pa­ra­tur sei­nes Fahr­zeugs er­tei­len woll­te, er­gibt sich auch aus den wei­te­ren Um­stän­den. Denn das Fahr­zeug des Klä­gers be­fand sich in deut­li­cher räum­li­cher Ent­fer­nung vom Be­triebs­sitz der Be­klag­ten und zu­dem in ei­ner Fach­werk­statt, so­dass ei­ne Ver­brin­gung zur Be­klag­ten of­fen­kun­dig nur Sinn mach­te, wenn es dem Klä­ger dar­auf an­kam, im Rah­men ei­ner Nach­er­fül­lung durch die Be­klag­te ei­ne kos­ten­freie Re­pa­ra­tur zu er­hal­ten. Dass die Be­klag­te – wie sie be­haup­tet – selbst von ei­nem un­be­rech­tig­ten Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen aus­ge­gan­gen ist, än­dert hier­an nichts. Denn auf die Be­rech­ti­gung zur Nach­er­fül­lung kommt es bei der Fra­ge, wie das Ver­hal­ten des Klä­gers zu deu­ten ist, nicht an.

2. Der Be­klag­ten steht in­des aus an­de­rem Rechts­grund ein An­spruch auf Er­satz der gel­tend ge­mach­ten Ab­schlepp­kos­ten in Hö­he von 502,77 € zu.

a) Zwar sieht § 635 II BGB vor, dass der Un­ter­neh­mer die zum Zwe­cke der Nach­er­fül­lung er­for­der­li­chen Auf­wen­dun­gen, ins­be­son­de­re Trans­port-, We­ge-, Ar­beits- und Ma­te­ri­al­kos­ten zu tra­gen hat. Die Kos­ten­tra­gungs­pflicht nach die­ser Vor­schrift setzt al­ler­dings ei­nen Nach­er­fül­lungs­an­spruch, mit­hin die Man­gel­haf­tig­keit des Werks vor­aus (vgl. stell­ver­tre­tend für al­le: Pa­landt/​Sprau, BGB, 72. Aufl., § 635 Rn. 6; Mou­fang/​Koos, in: Mes­ser­schmidt/​Voit, Pri­va­tes Bau­recht, 2. Aufl., § 635 Rn. 78). Da­von kann hier aber nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Denn es ist un­strei­tig, dass der ein­ge­tre­te­ne Kfz-Scha­den nicht auf ei­ne man­gel­haf­te Re­pa­ra­tur durch die Be­klag­te zu­rück­zu­füh­ren ist.

b) Die an­ge­fal­le­nen Ab­schlepp­kos­ten stel­len sich da­nach als Kos­ten dar, die auf ei­nem un­be­rech­tig­ten Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Klä­gers be­ru­hen. Die­se Kos­ten sind vor­lie­gend von dem Klä­ger zu er­set­zen. Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob Kos­ten aus der Über­prü­fung ei­ner un­be­rech­tig­ten Män­gel­rü­ge des Be­stel­lers all­ge­mein er­satz­fä­hig sind (vgl. be­ja­hend OLG Karls­ru­he, Urt. v. 13.05.2003 – 17 U 193/02, BauR 2003, 1241; Mou­fang/​Koos, in: Mes­ser­schmidt/​Voit, a. a. O., § 635 Rn. 76 ff. m. w. Nachw.; ab­leh­nend OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.12.1998 – 22 U 148/98, NJW-RR 1999, 746; LG Kon­stanz, Urt. v. 22.11.1996 – 1 S 156/96, NJW-RR 1997, 722; Stau­din­ger/​Pe­ters/​Ja­co­by, BGB, Neu­be­arb. 2008, § 635 Rn. 5; of­fen­ge­las­sen durch BGH, Urt. v. 02.09.2010 – VII ZR 110/09, NJW 2010, 3649). Denn die Ab­schlepp­kos­ten stel­len sich hier nicht als Kos­ten der Über­prü­fung ei­ner un­be­rech­tig­ten Män­gel­rü­ge dar, son­dern als Auf­wen­dun­gen, die er­for­der­lich wa­ren, um dem Un­ter­neh­mer das ver­meint­lich man­gel­haf­te Werk zu über­las­sen, da­mit die­ser ei­ne Män­ge­l­über­prü­fung durch­füh­ren konn­te.

aa) Im Kauf­ver­trags­recht ist an­er­kannt, dass der Ver­käu­fer nicht ver­pflich­tet ist, sich auf ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen des Käu­fers ein­zu­las­sen, be­vor die­ser ihm am Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung die Ge­le­gen­heit zu ei­ner Män­gel­un­ter­su­chung ge­ge­ben hat (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24 m. w. Nachw.). Will der Käu­fer Nach­er­fül­lung be­züg­lich ei­ner ver­meint­lich man­gel­haf­ten Kauf­sa­che gel­tend ma­chen, muss er dem Ver­käu­fer da­nach die Kauf­sa­che am Er­fül­lungs­ort der Nach­er­fül­lung zur Ver­fü­gung stel­len (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VI­II ZR 96/12, NJW 2013, 1074 Rn. 24). Ent­spre­chen­des gilt für Werk­ver­trä­ge wie hier. Denn auch das Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen nach § 635 BGB setzt vor­aus, dass der Werk­un­ter­neh­mer in die La­ge ver­setzt wird, das er­stell­te Werk auf et­wai­ge Män­gel zu un­ter­su­chen. In­so­weit trifft auch den Be­stel­ler im Rah­men ei­nes Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gens die Pflicht, dem Werk­un­ter­neh­mer das Werk zur Un­ter­su­chung auf et­wai­ge Män­gel zur Ver­fü­gung zu stel­len (vgl. hier­zu Pa­landt/​Sprau, a. a. O., § 634 Rn. 2, § 635 Rn. 2; zur Ob­lie­gen­heit des Be­stel­lers zur Mit­wir­kung vgl. auch §§ 642, 643 BGB).

bb) Hier­von aus­ge­hend traf den Klä­ger vor­lie­gend die Ob­lie­gen­heit, der Be­klag­ten das Fahr­zeug an de­ren Be­triebs­sitz zur Ver­fü­gung zu stel­len, um der Be­klag­ten Ge­le­gen­heit zu ge­ben, das Fahr­zeug auf et­wai­ge Män­gel der am Vor­tag durch­ge­führ­ten Re­pa­ra­tur un­ter­su­chen zu kön­nen. Der Er­fül­lungs­ort für ei­ne et­wai­ge Nach­er­fül­lung war im Streit­fall näm­lich der Be­triebs­sitz der Be­klag­ten. Denn es ist an­er­kannt, dass die Nach­er­fül­lung bei Kfz-Re­pa­ra­tu­ren an dem Ort durch­zu­füh­ren ist, wo sich die Werk­statt be­fin­det (vgl. nur OLG Mün­chen, Beschl. v. 22.06.2005 – 22 AR 56/05, DAR 2006, 28; ju­risPK-BGB/Ker­wer, 6. Aufl., § 269 Rn. 18; Zöl­ler/​Voll­kom­mer, ZPO, 28. Aufl., § 29 ZPO Rn. 25 – Werk­ver­trä­ge).

cc) In­dem die Be­klag­te das Fahr­zeug des Klä­gers an ih­ren Be­triebs­sitz ab­ge­schleppt hat, hat sie dem­nach auch ei­ne Ob­lie­gen­heit des Klä­gers er­füllt. Je­den­falls un­ter den ge­ge­be­nen Um­stän­den steht ihr da­her ein An­spruch auf Er­satz der in­so­weit ent­stan­de­nen Kos­ten zu. Ob die­ser An­spruch aus ei­nem be­dingt er­teil­ten Auf­trag (§ 670 BGB), aus ei­ner Ge­schäfts­füh­rung oh­ne Auf­trag (§§ 677, 683 Satz 1, 670 BGB) oder aus Be­rei­che­rungs­recht (§ 812 I 1 Fall 1 BGB) folgt, be­darf da­bei kei­ner Ent­schei­dung (vgl. hier­zu OLG Karls­ru­he, Urt. v. 13.05.2003 – 17 U 193/02, BauR 2003, 1241; Mou­fang/​Koos, in: Mes­ser­schmidt/​Voit, a. a. O., § 635 Rn. 76 ff.; Kniff­ka, FS Hei­er­mann, 1995, S. 201, 205). Sub­stan­zi­ier­te Be­den­ken ge­gen die Hö­he der Ab­schlepp­kos­ten sind nicht gel­tend ge­macht und auch im Üb­ri­gen nicht er­sicht­lich.

3. Der Be­klag­ten steht auch ein An­spruch auf Er­satz von Stand­ge­büh­ren ge­mäß § 304 BGB zu. Nach die­ser Vor­schrift darf der Schuld­ner im Fal­le des Gläu­bi­ger­ver­zugs Er­satz der Mehr­auf­wen­dun­gen ver­lan­gen, die er für das er­folg­lo­se An­ge­bot so­wie für die Auf­be­wah­rung und Er­hal­tung des ge­schul­de­ten Ge­gen­stands ma­chen muss­te. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen hier vor.

a) Der Klä­ger be­fand sich mit der An­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug nach § 293 BGB.

aa) Die Be­klag­te hat dem Klä­ger die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs so, wie sie zu be­wir­ken wa, an­ge­bo­ten (§ 294 BGB), in­dem sie dem Klä­ger die Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs an ih­rem Be­triebs­sitz an­ge­bo­ten hat.

bb) Dem steht nicht ent­ge­gen, dass die Be­klag­te die Her­aus­ga­be an die Be­din­gung der Zah­lung der Ab­schlepp­kos­ten ge­bun­den hat. Der Be­klag­ten stand näm­lich – wie ge­zeigt – ein An­spruch auf Er­satz der Ab­schlepp­kos­ten zu, so­dass sie die Her­aus­ga­be des Wa­gens an den Klä­ger bis zur Zah­lung der Ab­schlepp­kos­ten ver­wei­gern durf­te (§ 273 I BGB). Die Be­klag­te war in­so­weit le­dig­lich zur Her­aus­ga­be Zug um Zug ge­gen Zah­lung der Ab­schlepp­kos­ten ver­pflich­tet (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 25.09.1985 – VI­II ZR 270/84, WM 1985, 1421; KG, Urt. v. 07.01.2011 – 13 U 31/10, DWW 2011, 222).

Die Aus­übung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts durch die Be­klag­te war auch nicht treu­wid­rig, wie der Klä­ger meint. Zwar ist an­er­kannt, dass das Zu­rück­be­hal­tungs­recht nicht in ei­ner ge­gen Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ver­sto­ßen­den Wei­se aus­ge­übt wer­den darf. So wi­der­spricht es dem Ge­bot von Treu und Glau­ben, wenn ei­ne hoch­wer­ti­ge Leis­tung zum Zwe­cke der Durch­set­zung ei­nes ver­hält­nis­mä­ßig ge­ring­fü­gi­gen, mög­li­cher­wei­se so­gar un­si­che­ren Rechts zu­rück­ge­hal­ten wird. Fer­ner kann die Aus­übung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts un­an­ge­mes­sen sein, wenn der Geg­ner auf die Leis­tung an­ge­wie­sen ist oder ihm ein un­ver­hält­nis­mä­ßi­ger Scha­den droht oder die Durch­set­zung der Haupt­for­de­rung auf lan­ge Zeit ver­ei­telt wä­re, weil die Ge­gen­for­de­rung ei­ner be­son­ders um­fang­rei­chen zeit­rau­ben­den Klä­rung be­darf. Ob die Aus­übung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts da­nach an­ge­mes­sen ist, ist stets nach den Ver­hält­nis­sen des Ein­zel­falls zu be­ur­tei­len. Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass das Recht auf Zu­rück­be­hal­ten nicht not­wen­dig ei­ne Gleich­wer­tig­keit von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung vor­aus­setzt; denn das Recht wür­de sei­nem Zweck, Druck aus­üben zu kön­nen, nicht ge­recht wer­den, wenn stets ei­ne Gleich­wer­tig­keit vor­aus­ge­setzt wür­de. Bei der Ab­wä­gung ist auch zu be­rück­sich­ti­gen, ob die gel­tend ge­mach­te Ge­gen­for­de­rung über­höht und ob der Geg­ner auf die Leis­tung an­ge­wie­sen ist. Eben­falls ist aber auch die dem Gläu­bi­ger zur Ver­fü­gung ste­hen­de Mög­lich­keit der Ab­wen­dung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts ge­mäß § 273 III BGB zu be­rück­sich­ti­gen (vgl. zu Vor­ste­hen­dem KG, Urt. v. 07.01.2011 – 13 U 31/10, DWW 2011, 222 m. w. Nachw.).

Hier­von aus­ge­hend ver­stieß die Aus­übung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts hier nicht ge­gen Treu und Glau­ben. Zum ei­nen ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die von der Be­klag­ten zu er­brin­gen­de Leis­tung nicht teil­bar war, da sie nur ent­we­der den Pkw her­aus­ge­ben und ih­rer­seits ge­gen den Klä­ger ih­re be­rech­tig­te For­de­rung, not­falls ge­richt­lich, ver­fol­gen oder aber die Her­aus­ga­be ver­wei­gern konn­te. Zum an­de­ren wird der Klä­ger nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig be­las­tet, wenn er dar­auf ver­wie­sen wird, ent­we­der die For­de­rung, die in der Re­gel nicht schwer auf­zu­brin­gen ist, un­ter Vor­be­halt zu zah­len oder für sie – wie letzt­lich er­folgt – Si­cher­heit zu leis­ten. Die Mög­lich­keit der Si­cher­heits­leis­tung ge­mäß § 273 III BGB ist ge­ra­de für den Fall, dass ei­ne Ge­gen­for­de­rung strei­tig ist, vor­ge­se­hen. So­fern die­se nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig er­schwert ist, et­wa weil – an­ders als hier – die Ge­gen­for­de­rung be­son­ders hoch ist, ist die In­an­spruch­nah­me die­ser Mög­lich­keit zu­mut­bar, auch wenn sie läs­tig sein mag (KG, Urt. v. 07.01.2011 – 13 U 31/10, DWW 2011, 222 [eben­falls für Ab­schlepp­kos­ten]).

Die Aus­übung des Zu­rück­be­hal­tungs­rechts ist auch durch Zeit­ab­lauf we­gen des fort­schrei­ten­den Nut­zungs­aus­falls nicht un­zu­läs­sig ge­wor­den. Dies wä­re schon im Hin­blick dar­auf nicht prak­ti­ka­bel, dass der Un­ter­neh­mer nicht in der La­ge sein wird, zu be­wer­ten, wel­chen Wert ein Fahr­zeug hat oder in wel­cher Hö­he ei­ne Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung an­fal­len wür­de, was von dem Al­ter, der Bau­art und der Aus­stat­tung des je­wei­li­gen Fahr­zeugs ab­hän­gig ist. Ei­ne an­de­re Be­wer­tung mag ge­bo­ten sein, so­fern sich nach­träg­lich ein drin­gen­des Be­dürf­nis für die so­for­ti­ge Her­aus­ga­be er­gibt (zu al­lem KG, Urt. v. 07.01.2011 – 13 U 31/10, DWW 2011, 222). Da­für lie­gen hier in­des kei­ne An­halts­punk­te vor.

b) Die Stand­ge­büh­ren stel­len auch Mehr­auf­wen­dun­gen i. S. des § 304 BGB dar.

Zu Mehr­auf­wen­dun­gen nach die­ser Vor­schrift zäh­len auch Kos­ten der Auf­be­wah­rung und Er­hal­tung (vgl. nur Pa­landt/​Grü­ne­berg, BGB, 72. Aufl., § 304 Rn. 2). So­weit all­ge­mein ge­for­dert wird, dass im Rah­men des § 304 BGB nur tat­säch­lich auf­ge­wand­te Be­trä­ge, die ob­jek­tiv er­for­der­lich wa­ren, er­satz­fä­hig sind, steht dies der Er­satz­fä­hig­keit vor­lie­gend nicht ent­ge­gen. Denn es ist an­er­kannt, dass ein Kauf­mann – wie hier die Be­klag­te – grund­sätz­lich als Mehr­auf­wen­dun­gen die üb­li­chen La­ger­kos­ten ver­lan­gen kann (vgl. BGH, Urt. v. 14.02.1996 – VI­II ZR 185/94, WM 1996, 826 m. w. Nachw.).

c) Al­ler­dings kann die Be­klag­te Stand­ge­büh­ren le­dig­lich in Hö­he von 494,03 € be­an­spru­chen.

Die Kam­mer geht da­bei im Rah­men des ihr zu­ste­hen­den Schät­zungs­er­mes­sens nach § 287 I ZPO da­von aus, dass für ei­ne Un­ter­stell­mög­lich­keit ei­nes Fahr­zeugs in der Re­gi­on ein Be­trag von mo­nat­lich 50 € an­ge­mes­sen ist. Da­bei hat sich die Kam­mer ins­be­son­de­re an den durch­schnitt­li­chen Miet­prei­sen für ei­ne Ga­ra­ge in der Re­gi­on ori­en­tiert, wie sie sich aus all­ge­mein zu­gäng­li­chen Quel­len nach­voll­zie­hen las­sen. Im Üb­ri­gen hält die Kam­mer ei­nen Auf­schlag auf die­sen Be­trag von mo­nat­lich 25 € für an­ge­mes­sen, aber auch aus­rei­chend, um den zu­sätz­li­chen Auf­wand, der mit der Ver­wah­rung des Fahr­zeugs für die Be­klag­te ver­bun­den ist, aus­zu­glei­chen. In­so­weit be­rück­sich­tigt die Kam­mer ins­be­son­de­re, dass das Fahr­zeug nach den nicht sub­stan­zi­iert be­strit­te­nen Aus­füh­run­gen der Be­klag­ten werk­täg­lich mor­gens aus der Hal­le her­aus- und abends wie­der hin­ein­ge­fah­ren wer­den muss.

Da­nach er­gibt sich ein An­spruch auf Stand­ge­büh­ren für die Zeit vom 20.08.2010 bis zum 30.11.2010 so­wie vom 01.01.2011 bis zum 06.04.2011 (Zeit­punkt der Si­cher­heits­leis­tung durch den Klä­ger) in Hö­he von 494,03 €.

4. Der An­spruch der Be­klag­ten auf Er­satz von au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten, die der Hö­he nach nicht be­strit­ten sind, folgt aus dem Ge­sichts­punkt des Schuld­ner­ver­zugs (§§ 280 I, II, 286 BGB).

Der Aus­spruch über die Zin­sen re­sul­tiert aus § 288 I BGB, be­schränkt durch den An­trag der Be­klag­ten.

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung für die ers­te In­stanz be­ruht auf § 92 I ZPO und – so­weit die Par­tei­en den Rechts­streit über­ein­stim­mend für er­le­digt er­klärt ha­ben, was auch im Hin­blick auf den nicht wei­ter­ver­folg­ten An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs des Klä­gers mit der Ent­ge­gen­nah­me des Wa­gens gilt – auf § 91a ZPO. Im Hin­blick auf die Kos­ten des er­le­dig­ten Teils des Rechts­streits hat die Kam­mer be­rück­sich­tigt, dass der Klä­ger sei­ne Kla­ge ver­lo­ren und die Be­klag­te mit ih­rem An­trag auf Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs Er­folg ge­habt hät­te, da dem Klä­ger ein un­be­schränk­ter An­spruch auf Her­aus­ga­be – wie ge­zeigt – nicht zu­stand. Es ent­spricht da­her bil­li­gem Er­mes­sen, dem Klä­ger die Kos­ten des Rechts­streits in­so­weit auf­zu­er­le­gen.

Die Kos­ten­ent­schei­dung für die Be­ru­fung be­ruht auf § 92 I ZPO. …

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